Die neoliberale Ära bricht zusammen
[eigene Übersetzung des englischen Textes in Socialism Today, Nr. 120, Juli-August 2008]
„Sie mögen uns nicht, aber sie wollen unser Geld“, sagt der Chef von Norwegens Staatsfonds. Mit dem Hut in der Hand haben die in Geldnot geratenen US- und europäischen Banken um Kapitalzufuhr gebeten. Staatlich geförderte Staatsfonds haben kürzlich 60 Milliarden Dollar in wackelige Banken investiert, aber auch Immobilien gekauft und Unternehmen übernommen. Dies hat unter Strateg*innen der Großunternehmen eine beklommene Debatte ausgelöst: Sind sie unverzichtbare Retter oder eine Bedrohung für den westlichen Kapitalismus? Lynn Walsh berichtet.
Das Chrysler-Gebäude in der 42. Straße ist mit seinem prächtigen Edelstahlturm eines der ikonischsten Gebäude New Yorks. Abu Dhabis Staatsfonds verhandelt seit kurzem über den Kauf eines 90%igen Anteils an dem Gebäude für 800 Millionen Dollar. Gleichzeitig erwägen Katars Staatsfonds und die Temasek Holdings aus Singapur, 400 Milliarden Dollar in die Barclay’s Bank zu pumpen, um deren erodierte Kapitalbasis zu stärken. Dies sind nur zwei Beispiele für die verstärkte Investitionstätigkeit von Staatsfonds in den USA und Europa.
Ihr öffentlichkeitswirksames Eingreifen hat unter kapitalistischen Entscheidungsträger*innen eine beklommene Debatte ausgelöst. Handelt es sich dabei um eine willkommene Rettung der westlichen Wirtschaften, die durch die Subprime-Krise und die anschließende Kreditklemme in ihren Grundfesten erschüttert wurden? Oder handelt es sich um eine Invasion potenziell feindlicher Kräfte, die die Grundlagen des westlichen Kapitalismus bedrohen könnten?
In der zweiten Hälfte des Jahres 2007 wandten sich große Investmentbanken wie UBS, Citigroup, Morgan Stanley und Merrill Lynch mit dem Hut in der Hand an die Staatsfonds und baten um Mittel, um sie vor dem Bankrott zu retten. Seitdem haben Staatsfonds über 60 Milliarden Dollar in US- und europäische Banken gesteckt, und es werden zweifellos noch mehr werden. Sie kauften auch erhebliche Anteile an privaten Beteiligungsfirmen wie Carlyle und Blackstone. Staatsfonds kauften seit Anfang 2007 für schätzungsweise für 85 Milliarden Dollar US-Aktien und sich in großem Umfang an der Londoner Börse und der schwedischen Börse OMX beteiligt.
Es gibt keinen Zweifel, dass Staatsfonds neben der US-Notenbank eine wichtige Rolle dabei gespielt haben, einen Zusammenbruch des globalen Finanzsystems – zumindest bisher – zu verhindern. Die Erleichterung, durch Staatsfonds gerettet zu werden, steht, zumindest in Finanzkreisen, im Gegensatz zu der feindseligen Haltung, die die US-Großunternehmen ihnen gegenüber früher an den Tag legte.
Im Jahr 2005 wurde beispielsweise ein Vorhaben der staatlichen chinesischen Ölgesellschaft CNOOC, ein kleines US-Ölunternehmen, Unocal, zu kaufen, vom US-Kongress blockiert, obwohl Unocal ein relativ kleines Unternehmen war, das hauptsächlich in Ostasien tätig war. Die Übernahme eines internationalen Unternehmens, zu dem sechs US-Häfen gehörten, durch Dubai Ports World (DPW) führte in den USA zu Aufruhr. Obwohl das Regime in Dubai ein treuer Verbündeter des US-Imperialismus ist, wurde arabischer Besitz mehrerer großer US-Häfen als Bedrohung der nationalen Sicherheit der USA angesehen. Als Ergebnis war DPW gezwungen, die US-Häfen (wahrscheinlich mit Verlust) weiterzuverkaufen.
Investor*innen des letzten Auswegs?
Aber die Dinge haben sich jetzt geändert. Seit dem Beginn der Kreditklemme sehen Teile des Finanzkapitals die Staatsfonds als „unverzichtbare Investor*innen des letzten Auswegs“ an.
Ein Investmentbanker, Peter Weinberg, kommentiert: „Nach der Unterstützung von JP Morgan Chase durch die Fed in der Bear Stearns-Situation waren die Staatsfonds möglicherweise der nächste entscheidende Akteur, der geholfen hat, eine weltweite Marktkrise zu vermeiden“. Sie haben einen „längeren Investmenthorizont“ als die meisten Banken und Hedgefonds (die mehr und mehr von kurzfristigen Profiten getrieben werden). Obendrein investieren sie eher ihre eigenen Barmittel, als dass sie sich auf eine massive „Fremdfinanzierung“ verlassen, d.h. auf Schulden, die sie sich auf den kurzfristigen Geldmärkten (die jetzt ausgetrocknet sind) aufgenommen haben. Im Gegensatz zu denjenigen, die argumentieren, dass Staatsfonds rein passive Investor*innen bleiben sollten, argumentiert Weinberg, dass sie in den Vorständen der Unternehmen, in die sie investieren, vertreten sein sollten. Er sieht die amerikanische und europäische Abneigung gegen Staatsfonds als „eine beunruhigende Bewegung, die die Globalisierung zurückzudrängen droht…“.
„Führende Konzernvertreter, Marktteilnehmer und Politiker sollten der Versuchung widerstehen, eine Bunkermentalität anzunehmen, nur weil die Sicherheits-, Finanz- und politischen Systeme angespannt sind. Gerade wegen dieser Spannungen brauchen wir sie“. („Sovereign Funds Offer a Wealth of Benefits to the West” [Staatsfonds bieten dem Westen eine Fülle von Vorteilen], „Financial Times“, 23. Mai 2008)
Ein weiterer Spekulant, Stephen Schwarzman, der Chef der privaten Beteiligungsfirma Blackstone (an der die China Investment Corporation letztes Jahr einen Anteil von 9,4% erwarb), beklagt die steigende politische Opposition gegen Investitionen in Staatsfonds. „Es ist schwer vorstellbar, wie viel schlechter wir in der aktuellen Finanzkrise ohne Staatsfonds dran wären … Das Nutzen von Staatsfonds, um die Beteiligungen von Ländern mit großen Überschüssen im Westen zu recyceln, der das Kapital braucht, anstatt das Geld im eigenen Land zu behalten, ist ein großer Vorteil für uns alle“. (Reject Sovereign Wealth Funds at Your Peril [Weist Staatsfonds zu eurem eigenen Schaden zurück], „Financial Times“, 19. Juni 2008)
Schwarzman warnt: „Die USA sind die größte Schuldnernation der Welt, und wir befinden uns jetzt in einem gespannten Verhältnis zu unseren Gläubigern“. Mit anderen Worten: Der US-Kapitalismus hängt davon ab, dass die Wirtschaften der Überschussländer in die USA investieren, sowohl in Staatsanleihen, um die US-Staatsschulden zu finanzieren, als auch in die Wirtschaft allgemein. Die Staatsfonds, warnt er, „haben andere Optionen“ und werden anderswo investieren, wenn sie in den USA nicht willkommen sind. Er malt das Schreckgespenst an die Wand, dass die Überschussländer, besonders China, ihre Dollar, US-Staatsanleihen und andere auf Dollar lautende Finanzanlagen verkaufen könnten, was einen Einbruch des Dollarwertes und einen unvermeidlichen Abschwung der US-Wirtschaft zur Folge hätte.
Investitionsprotektionismus?
Nicht alle Teile der Großunternehmen teilen jedoch diese offene Haltung gegenüber den Staatsfonds. Ein Finanzjournalist fasste die gemischten Gefühle einiger Banker zusammen: „Wollen wir, dass die Kommunisten [China?] die Banken besitzen oder die Terroristen [Abu Dhabi, Katar?]? Ich würde sie alle nehmen, weil wir so verzweifelt sind“. (Jim Cramer, CNBC Finance News Network, „New York Times“, 20. Januar 2008) Der Chef des norwegischen Staatsfonds (mit einem Vermögen von 322 Milliarden Dollar der zweitgrößte nach dem von Abu Dhabi) sagte: „Sie mögen uns nicht, aber sie wollen unser Geld“.
Letztes Jahr stärkte der US-Kongress die Machtbefugnisse des Ausschusses für ausländische Investitionen in den USA (CFIUS), der Staatsfonds am Kauf von sechs US-Häfen und der Ölgesellschaft Unocal hinderte.
Politiker*innen der Großkonzerne in den USA haben, den protektionistischen Druck widerspiegelnd, mehr „Transparenz“ und „Verantwortung“ seitens der Staatsfonds gefordert. Dies ist eine Forderung nach einer strengeren staatlichen Regulierung der Investitionen von Staatsfonds, in Wirklichkeit nach Beschränkungen ihrer aktiven Beteiligung an privatwirtschaftlichen Unternehmen. Viele US-Politiker*innen spiegeln die weit verbreitete Feindseligkeit gegenüber Investitionen von Staatsfonds in den USA wider. „Public Strategies, eine Forschungs- und Beratungsfirma, sagte im Februar, dass 55% aller Amerikaner … denken, dass Investitionen ausländischer Regierungen den nationalen Interessen der USA schaden“. („Financial Times“, 23. Mai 2008) Zweifellos spiegelt dies zum Teil die Feindseligkeit gegenüber arabischen Regimen und die allgemeine Islamophobie wider, die vom Bush-Regime seit dem 11. September 2001 hochgepeitscht wurde. Aber noch tiefer gehend spiegelt es die schrecklichen Auswirkungen auf die Arbeiter*innen wider – Arbeitsplatzverluste, Lohnkürzungen und eine Verschlechterung des Lebensstandards –, die sich aus der Globalisierung, der Politik des ultra-freien Marktes und der Abschaffung aller Beschränkungen für das Finanzkapital ergeben.
„Verantwortung“ ist in Wirklichkeit eine verschlüsselte Forderung, dass Staatsfonds sich nicht aktiv am Management von Unternehmen beteiligen sollten, in denen sie Vermögenswerte kaufen, eine Position, mit der sie in Zukunft wohl kaum zufrieden sein werden. Viele der führenden Vertreter*innen des US-Kapitalismus befürchten, dass die Staatsfonds zunehmend von rein finanziellen Zielen zu politischen oder strategischen Zielen übergehen oder davon, passive Investor*innen zu sein, zu einer aktiven Beteiligung an der Gestaltung der Unternehmenspolitik übergehen könnten.
In der Zeitschrift „Foreign Affairs“ (Jan./Feb. 2008) äußerte der stellvertretende US-Finanzminister Robert Kimmitt unter dem Titel „Public Footprints in Private Markets“ [Öffentliche Fußspuren auf privaten Märkten] die Befürchtungen von Teilen der herrschenden Klasse der USA. Er leugnete jegliche Unterstützung für Investitionsprotektionismus. Nationale Sicherheitsgründe seien die Hauptbegründung für eine verstärkte Kontrolle der Investitionen von Staatsfonds. Jedoch „gibt es“ zur gleichen Zeit „auch nicht-nationale-Sicherheits-Aspekte, die mit der potenziellen Zunahme von ausländischem Staatseigentum an Privatunternehmen verbunden sind. Erstens beruht die US-Wirtschaft auf der Überzeugung, dass private Unternehmen Kapital effizienter einsetzen als Regierungen. Zweitens könnten vorstellbarerweise ausländische Regierungen große Kapitalpools auf eine nicht kommerziell motivierte Weise einsetzen, die politisch sensibel ist, auch wenn sie keine direkten Auswirkungen auf die nationale Sicherheit hat. Beispiele hierfür sind Investitionsentscheidungen, die zur Förderung einer bestimmten Außen- oder Sozialpolitik getroffen werden. Drittens gibt es das Potenzial für vermeintliche oder tatsächliche unfaire Konkurrenzvorteile in Bezug auf den privaten Sektor. So könnte eine Regierung beispielsweise ihre Nachrichtendienste oder Sicherheitsdienste nutzen, um Informationen zu sammeln, die einem kommerziellen Investor nicht zur Verfügung stehen. Mit einer Staatsgarantie könnte ein Staatsfonds auch Finanzierungen (falls erforderlich) zu Zinssätzen erhalten oder verlängern, die ein kommerzieller Investor nicht hätte. Es ist auch möglich, dass ein Staatsfonds eine indirekte Herangehensweise verfolgt, indem er Devisen über inländische Staatsunternehmen leitet, die ihrerseits im Ausland investieren“. (S. 123-124)
Kimmitt lehnt zwar Investitionsprotektionismus ab, liefert aber dennoch reichlich Munition für diejenigen, die eine stärkere Einschränkung der Rolle von Staatsfonds in den USA befürworten. Er wirft auch eine wichtige Frage auf (ohne sie zu beantworten): Ist „die Akkumulation von Vermögenswerten durch Staatsfonds … überhaupt angemessen? … die zugrunde liegende makroökonomische Politik, die Ressourcen für Staatsfonds schafft, sollte ständig überprüft werden, um sicherzustellen, dass auch sie angemessen bleibt, sowohl für die Länder mit Staatsfonds als auch für das internationale Finanzsystem“.
Ist es nicht ein bisschen spät für Kimmitt, die Legitimität der „ Akkumulation von Vermögenswerten durch Staatsfonds“ in Frage zu stellen? Die massiven Leistungsbilanzüberschüsse, die die Staatsfonds speisen, sind das Gegenstück zum massiven Leistungsbilanzdefizit des US-Imperialismus, gegenwärtig unhaltbare 7% des BIP. Dies ist das Ergebnis des schuldengetriebenen Wachstums der USA, der treibenden Kraft des unausgewogenen globalen Wachstums, das nun an ernste Grenzen stößt. Eine „Überprüfung“ ist bereits im Gange, nicht einfach eine erzwungene Neubewertung der Regierungspolitik, sondern der Beginn einer schmerzhaften Korrektur, die von den Ereignissen diktiert wird. In den USA bremst die schwere Kreditklemme bereits das schuldengetriebene Wachstum, und es zeichnet sich eine Rezession ab, die einen Abbau der US-Innen- und Außendefizite erzwingen wird. Später wird die Verlangsamung des weltweiten Wachstums zu einem Rückgang der Öl-, Gas- und anderer Rohstoffpreise führen, die die Überschüsse der Exportländer senken werden. Viele der Regime, die heute bezüglich ihrer Stabilität von Öleinnahmen abhängt, werden vor einer sozialen und politischen Krise stehen.
Das Ende einer Ära
Die wachsende Einmischung von Staatsfonds in die westlichen Wirtschaften und die Debatte über ihre Rolle zeigen die wachsenden Widersprüche innerhalb des Weltkapitalismus in einer Periode sich vertiefender Krise. Es wird unweigerlich zu Konflikten zwischen dem Westen und den Überschussländern kommen, die Staatsfonds finanzieren, die unterschiedliche wirtschaftliche und strategische Interessen haben. Die massiven Überschüsse der Ölproduzent*innen und der asiatischen Exporteur*innen wie China sind ein Symptom für das unausgewogene Wachstum der vergangenen Periode. Die Phase der beschleunigten Globalisierung, die sich nach Mitte der 1990er Jahre entwickelte, bricht unter ihren eigenen inneren Widersprüchen zusammen. Als Ergebnis der Subprime-Krise und der Kreditklemme gibt es nun den Beginn einer Umkehrung der in den letzten zwei Jahrzehnten ausgelösten Trends zu einem ultra-freien Markt.
Seit den 1980er Jahren war die Privatisierung der ideologische Talisman der Bourgeoisie. Jetzt ist sie gezwungen, sich zur Rettung des angeschlagenen Finanzsystems an Staatsfonds zu wenden, praktisch staatlich geleiteten Einrichtungen. In Großbritannien war die Labour-Regierung widerstrebend gezwungen, die bankrotte Bausparkasse Northern Rock zu verstaatlichen. In den USA zahlte die Federal Reserve 30 Milliarden Dollar an JP Morgan, um Bear Stearns zu retten, was praktisch eine staatlich geförderte Rettung durch die Hintertür war. Als Ergebnis einer Reihe von Unternehmensskandalen und -betrügereien besteht in den USA, in Europa und anderswo ein massiver Druck, zu einer Rückkehr zur Regulierung und einer Eindämmung des marktwirtschaftlichen Fundamentalismus des räuberischen Finanzsektors.
Aus Angst vor den politischen Auswirkungen der Subprime-Krise, die viele Tausende von Arbeiter*innenfamilien in den Ruin getrieben hat, war Bush gezwungen, ein 150 Milliarden Dollar schweres Konjunkturpaket zu schnüren, eine Rückkehr zu keynesianischen Maßnahmen – wie begrenzt auch immer –, eine Ketzerei für Neoliberale.
Die Krise, die 2007 ausbrach, markiert das Ende einer Ära. Die der Periode beschleunigter Globalisierung zugrunde liegenden wirtschaftlichen Beziehungen lösen sich auf, und die wirtschaftspolitischen Werkzeuge der führenden bürgerlichen Vertreter*innen werden zunehmend unwirksam.
Dies zeigt sich an ihrer widersprüchlichen Haltung zu Staatsfonds. Nehmen wir zum Beispiel den französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy. Bei einem Besuch in Saudi-Arabien im Januar sagte er: „Frankreich wird immer offen für Staatsfonds sein, deren Absichten eindeutig sind, deren Führung transparent ist und die ausländischem Kapital Gegenseitigkeit anbieten“. Vor einem französischen Publikum zuhause sagte er: „Frankreich wird angesichts der wachsenden Zahl von Hedgefonds und Staatsfonds, deren Strategie keine wirtschaftliche Logik hat, nicht passiv bleiben“. (Zitiert von Ibrahim Warde, Sovereign Wealth Funds to the Rescue: Saviours, Predators, or Dupes? [Staatsfonds als Rettung: Retter, Räuber oder Betrogene] „Le Monde Diplomatique“, englische Ausgabe, Mai 2008)
Kasten: Der Aufstieg der Staatsfonds
Staatsfond [Sovereign Wealth Fund] ist ein neuer Begriff, der in den letzten Jahren in den Vordergrund gerückt ist, da Staatsfonds ihr Vermögen vergrößert haben und sich zu vermehren beginnen. Staatseigene Kapitalfonds gibt es jedoch schon seit den 1950er Jahren. Zu den frühen Beispielen gehören das Kuwait International Oil Board (1953), das gegründet wurde, um überschüssige Öleinnahmen im Namen der kuwaitischen Herrscherklasse zu investieren (heute mit Vermögenswerten von 250 Mrd. $), und die Government of Singapore Investment Corporation und die Singapore Temasek Holdings, die Deviseneinnahmen nutzen, um den Stadtstaat als globalen Finanzplatz zu stärken.
Staatsfonds sind Investmentfonds, die unter der weitgehenden Kontrolle von Regierungen stehen, aber gewöhnlich außerhalb des offiziellen staatlichen Finanzapparats. Ihr Vermögen stammt aus Devisenanlagen (und wird getrennt von den offiziellen Währungsreserven verwaltet), Einnahmen aus Öl und anderen Rohstoffen oder aus einer Kombination von beidem. Die Vermögenswerte werden in der Regel im Privatsektor in Übersee angelegt, um eine höhere Rendite als bei Staatsanleihen zu erzielen.
Jetzt gibt es über 40 Fonds, von denen die „Super Seven“ jeweils ein Vermögen von über 100 Milliarden Dollar verwalten. Zwölf neue Staatsfonds wurden seit 2005 begonnen.
Staatsfonds haben sich aufgrund des Anstiegs der Devisenreserven und der Öleinnahmen in einigen Exportländern stark vermehrt. Nach der ostasiatischen Währungskrise von 1997-98 beschlossen einige Regierungen (einschließlich Chinas, das von den Turbulenzen 1997 nicht ernsthaft betroffen war), viel größere Reserven anzuhäufen, um sich gegen künftige Anstürme auf ihre Währungen zu schützen. Jetzt haben sie Devisenreserven, die weit über wahrscheinliche Erfordernisse bezüglich der Verwaltung ihrer Außenbilanzen und Währungen hinausgehen (obwohl große Überschüsse die Unfähigkeit oder den Unwillen widerspiegeln, ihre Binnenwirtschaften zu entwickeln). Sie haben diese daher in Staatsfonds eingebracht.
Gleichzeitig haben die wachsende Nachfrage nach Öl und der Anstieg der Ölpreise die Einnahmen der nahöstlichen und anderer Ölproduzent*innen erhöht. Angesichts niedriger Zinssätze und verringerter Rendite aus US-Staatsanleihen (verstärkt durch den Rückgang des Dollars) haben sie ihre überschüssigen Reserven zunehmend in Investmentfonds für langfristige Investitionen im Privatsektor im Ausland angelegt. Neben Staatsanleihen haben Staatsfonds auch Unternehmensaktien, Derivate (Finanzinstrumente verschiedener Art), Immobilien und ganze Unternehmen gekauft. Während Devisenreserven in liquiden Mitteln gehalten werden müssen, auf die schnell zugegriffen werden kann, zielen Staatsfonds auf langfristige Investitionen ab.
Der City-Think-Tank IFSL (International Financial Services London) schätzt, dass das Vermögen der Staatsfonds im Jahr 2007 um 18% auf 3,3 Billionen Dollar gestiegen ist. (Sovereign Wealth Funds 2008, www.ifsl.org.uk/research) Das meiste dieses Wachstums kam aus der Zunahme der Devisenreserven in einigen asiatischen Ländern und den steigenden Einnahmen aus Ölexporten, besonders von nahöstlichen Produzent*innen.
Neben den Staatsfonds gibt es noch andere staatliche Investitionsvehikel, wie Pensionsreservefonds, Entwicklungsfonds und staatseigene Unternehmen. Der IFSL schätzt, dass diese jetzt 6,1 Billionen Dollar halten. Gleichzeitig betragen die offiziellen Devisenreserven, die nicht von anderen Anlageinstrumenten gehalten werden, 5,3 Billionen Dollar.
Die IFSL schätzt, dass die Staatsfonds im Jahr 2010 auf 5 Billionen Dollar und im Jahr 2015 auf über 10 Billionen Dollar ansteigen werden. „Rund 45% der Staatsfonds kamen Ende 2007 aus den ölreichen Ländern im Nahen Ostens. Asien folgte mit über einem Viertel der Gesamtsumme, wobei die meisten Fonds dort aus überschüssigen Devisenreserven stammen. Europa, vor allem Norwegen, machte den größte Teil der verbleibenden Mittel aus“. (IFSL Research)
Staatsfonds haben ein größeres Vermögen als Hedgefonds und private Beteiligungsgesellschaften zusammen, sind aber immer noch klein im Vergleich zu den geschätzten 75 Billionen Dollar an Vermögenswerten, die von institutionellen Investor*innen gehalten werden, d.h. von Pensionsfonds, Investmentfonds und Versicherungsgesellschaften. (John Willman, „Financial Times“, 31. März 2008) Ihre aktiveren Investitionen in den fortgeschrittenen kapitalistischen Ländern, besonders im Finanz- und im Immobiliensektor, haben jedoch zu einer verstärkten Überprüfung geführt.
In der Vergangenheit waren Staatsfonds hauptsächlich „passive“ Investor*innen, die im Stillen Anteile an Großkonzernen und Immobilien kauften, ohne sich in die Verwaltung einzumischen. Da Staatsfonds jedoch mehr investieren, gibt es Ängste unter führenden westlichen Vertreter*innen, dass sie aktiver werden und Sitze in den Vorständen verlangen. Grenzüberschreitende Übernahmen durch Staatsfonds beliefen sich 2007 auf insgesamt 49 Mrd. $, ein Anstieg um 165% gegenüber 2006, als die Summe 19 Mrd. $ betrug. In den ersten drei Monaten des Jahres 2008 wurden bereits weitere 24 Milliarden Dollar in Übernahmen investiert. In den Korridoren der Macht läuten die Alarmglocken.
Schreibe einen Kommentar