Lynn Walsh: Ölpreisschock – das Chaos des Kapitalismus

[eigene Übersetzung des englischen Textes in The Socialist, Nr. 537, 11. Juni 2008]

Jahre der rasenden Spekulation auf den Rohstoffmärkten

Wir wurden von einem Tsunami von Energiepreissteigerungen getroffen. Eine Flut von Spekulation auf den Ölmärkten hat eine riesige Blase entstehen lassen, die in den kommenden Monaten unweigerlich in sich zusammenfallen wird. Die Rekordtreibstoffpreise haben die Inflation in die Höhe getrieben und die Lebenshaltungskosten der Arbeiter*innen überall hochgetrieben. Die höheren Treibstoffkosten treiben die USA, Großbritannien und andere Volkswirtschaften immer näher an eine schwere Rezession heran.

Warum hat der rasante Anstieg der Ölpreise eine so verheerende Wirkung? Was steckt hinter dem Preisanstieg? Welche Auswirkungen haben der hohe Ölpreis und die Spekulation auf die globale Wirtschaft?

Lynn Walsh geht der Frage nach.

Der Rohölpreis ist vor kurzem auf ein Allzeithoch von 139,12 $ pro Barrel (42 US-Gallonen/159 Liter) angestiegen. Ende 2006 lag der Ölpreis bei etwa 60 $/b und Ende 2007 bei etwa 90 $/b. Seit Anfang dieses Jahres sind die Preise sprunghaft von etwa 100 $/b auf das derzeitige Niveau gestiegen.

Dies hat zu einem sprunghaften Anstieg der Zapfsäulenpreise für Benzin und insbesondere Diesel in Großbritannien, Europa und den USA geführt. Der teurere Dieselkraftstoff hat zu Blockaden von Lkw-Fahrer*innen, Landwirt*innen und Fischer*innen geführt. Die Fluggesellschaften erheben Zuschläge und kürzen ihre Flüge. In Großbritannien, den USA und anderswo sind auch die Rechnungen für Gas, Strom und Heizöl in die Höhe geschnellt.

Die höheren Energiekosten sind außerdem ein wichtiger Faktor für die weltweite Explosion der Lebensmittelpreise. Die gestiegenen Kosten für Düngemittel, Verpackung und Transport haben sich auf die Märkte und Geschäfte ausgewirkt. Gleichzeitig hat die Umstellung der landwirtschaftlichen Produktion auf Biokraftstoffe (hauptsächlich als Reaktion auf die hohen Ölpreise) dazu beigetragen, dass das Angebot an Grundnahrungsmitteln wie Getreide und Speiseöl zurückgegangen ist und die Preise in die Höhe getrieben wurden. Lebensmittelunruhen in vielen Ländern sind ein Symptom für zunehmende Not, Hunger und Verarmung.

Klar kann Geld, das für Treibstoff und Lebensmittel ausgegeben wird, nicht für andere Waren und Dienstleistungen verwendet werden kann. Der Lebensstandard wird also gedrückt, während die fallenden Verbraucher*innenausgaben (für andere Güter als für Treibstoffe und Lebensmittel) das Wirtschaftswachstum untergraben. Zusammen mit der durch die Subprime-Hypothekenkrise ausgelösten schweren Kreditklemme wird der Ölpreisanstieg wahrscheinlich das Abgleiten der Weltwirtschaft in einen schmerzhaften Abschwung beschleunigen.

Wer trägt die Schuld?

Was sind die wirklichen Gründe für das plötzlichen Emporschnellen der Ölpreise? Einige, wie Gordon Brown, geben den ölproduzierenden Staaten der OPEC (12 Staaten, darunter Saudi-Arabien, der Iran, Irak, Nigeria und Venezuela) die Schuld, die in der Vergangenheit ihre Produktion beschränkt haben, um die Preise hoch zu halten.

Der australische Premierminister Kevin Rudd ging noch weiter und forderte die G8-Staaten am vergangenen Sonntag auf, den „Schweißbrenner anzuwenden“, um die OPEC zu zwingen, die Produktion zu steigern.

Andere beschuldigen die Großen Ölkonzerne, die fünf kolossalen Weltkonzerne (Exxon/Mobile, ChevronTexaco, ConocoPhillips, BP und Shell), die die Raffinerie und den Vertrieb von Erdölprodukten beherrschen.

In jüngster Zeit wurden jedoch anklagende Finger auf die Spekulant*innen gerichtet, die an den Rohstoffbörsen in New York, Chicago und London fieberhaft spielen und versuchen, von den anschwellenden Öl-, Mineralien- und Lebensmittelpreisen zu profitieren. Was ist die Wahrheit?

1973 (als Reaktion auf den arabisch-israelischen Krieg) und 1979 (nach der iranischen Revolution) verhängten die OPEC-Erzeuger*innen Ölembargos, die den Ölpreis 1973 vervierfachten und 1979 verdoppelten. Bei beiden Gelegenheiten löste der Ölpreis„schock“ einen Einbruch der Weltwirtschaft aus.

In der jüngsten Periode haben die OPEC-Erzeuger*innen sicherlich, ebenso wie Nicht-OPEC-Erzeuger*innen wie Russland, riesige Steigerungen der Öleinnahmen erzielt, weil der Preis für Rohöl stark angestiegen ist. Aber es scheint unwahrscheinlich, dass sie ihre Produktion beschränkt haben (auf alle Fälle macht die OPEC nur noch 40% der Weltölproduktion aus). In der Tat haben sie wahrscheinlich mit nahezu ihrer maximalen Kapazität Öl gefördert.

Die Ölregime haben Preiserhöhungen als Ausgleich für den starken Wertverlust des US-Dollars (in dem Öl gehandelt wird) begrüßt. Real, inflationsbereinigt wurde der Höchststand von 39,50 $ aus dem Jahr 1979 erst im Mai dieses Jahres übertroffen. Aber ihre Strateg*innen fürchten nun, dass exzessiv hohe Rohölpreise eine Weltrezession auslösen würden, die zu einem Rückgang der Ölnachfrage und einem katastrophalen Einbruch ihrer Öleinnahmen führen werde. Sie geben den Spekulant*innen die Schuld.

Auch die Großen Ölkonzerne geben den Spekulant*innen die Schuld. Diese hochprofitablen Konzerne sind jedoch bei weitem nicht schuldlos. So wie die Produzent*innen immer versucht haben, ihre Einnahmen zu maximieren, haben diese Oligopole immer versucht, ihre Profite aus der Förderung, der Raffinerie und dem Vertrieb von Erdölprodukten zu maximieren. Zum Beispiel, als die Rohölpreise zwischen 1999 und 2006 stiegen, konnten die US-Ölraffinerien ihre Gewinnspanne pro Gallone Benzin von 22,8% auf 53,5% erhöhen. Heute ist ihre Gewinnspanne zweifellos noch höher.

Jedoch waren die großen Ölkonzerne sehr zögerlich, in größere Explorationsprojekte oder zusätzliche Raffineriekapazitäten zu investieren, da sie befürchten, dass die Preise in den nächsten Jahren fallen würden, weil sich die Wirtschaft verlangsamt. Seit 2005 haben die großen Fünf durch Aktienrückkäufe 170 Milliarden Dollar an ihre Aktionär*innen zurückgegeben, anstatt diese Profite in mehr Kapazitäten – oder erneuerbare Energiequellen – zu investieren.

In der gegenwärtigen Lage scheint die Hauptverantwortung für das Anschwellen der Ölpreise jedoch bei den großen Finanzspekulanten zu liegen, die auf den instabilen Rohstoffmärkten spielen. Der Preis für Erdöl, ein für das Funktionieren der Gesellschaft absolut unverzichtbares Produkt, wird in den Kasinos des Finanzkapitalismus festgelegt.

Erdöl als Finanzanlage

Mit dem Fall der Zinssätze (da die Zentralbanken versuchen, den Auswirkungen der Kreditkrise entgegenzuwirken) haben sich Großinvestor*innen wie Hedgefonds, Investmentbanken und Pensionsfonds auf der Suche nach höheren Erträgen den Rohstoffmärkten zugewandt. Während die niedrigen Zinssätze die Erträge einiger anderer Finanzanlagen geschmälert haben, bietet der Anstieg der Rohöl- und anderer Rohstoffpreise die Aussicht auf große Profite aus Rohstoff-Termingeschäften.

Ein „Termingeschäft“ ist ein Vertrag über den Kauf einer Lieferung von Öl oder eines anderen Rohstoffs zu einem bestimmten Preis an einem bestimmten Datum. Normalerweise werden sie von denjenigen genutzt, die mit dem physischen Rohstoff handeln – Produzent*innen, Händler*innen und Vertreiber*innen – um Preisschwankungen auszugleichen und ihre Geldflüsse zu kontrollieren.

Spekulant*innen auf der anderen Seite behandeln Rohstoffe als Finanzanlage. Sie kaufen Terminverträge in der Erwartung, dass die Lieferung am Fälligkeitstag mehr wert sein wird, als sie im Rahmen des Terminvertrags tatsächlich dafür bezahlt haben, so dass sie sie mit Profit verkaufen können. Selbst wenn die Preisdifferenz verhältnismäßig klein ist, können Spekulant*innen große Profite machen, wenn sie in großem Umfang handeln.

Das Kapital, das in die großen Rohstofffonds fließt, ist von 13 Milliarden Dollar im Jahr 2003 auf heute 260 Milliarden Dollar angestiegen. Es überrascht nicht, dass Hedgefonds (unregulierte, private Clubs hyperreicher Spekulant*innen) und Investmentbanken beteiligt sind, die riesige Summen an geliehenem Geld einsetzen, um mit Futures und anderen komplexen Finanzinstrumenten wie Optionen und Swaps zu spekulieren.

Obendrein können sie einen Terminvertrag erwerben, indem sie eine „Marge“ von nur 7% des Vertragswerts hinterlegen. Aber die größten Spekulant*innen im Rohstoffbereich waren in letzter Zeit die großen Pensionsfonds. Sie investieren in so genannte „Indexfonds“, Gruppen von Großanleger*innen, die automatisch Terminverträge kaufen, wenn deren prognostizierte Rendite den Durchschnitt eines breiten Aktien- oder Anleihenindexes übersteigt.

In Zusammenarbeit mit großen Investmentbanken (die ein Vermögen an Gebühren kassieren) haben die Pensionsfonds Schlupflöcher gefunden, die es ihnen ermöglichen, Vorschriften zu umgehen, die den spekulativen Handel auf den Rohstoffmärkten einschränken.

Im Jahr 2000 lockerte die US-Regierung als Reaktion auf die Lobbyarbeit von Energiehändler*innen wie Enron die Vorschriften für den Handel auf den Rohstoffmärkten. Seitdem ist das Handelsvolumen um das Sechsfache angeschwollen. „In den letzten fünf Jahren sind die Investoren auf den Rohstoffmärkten eine so starke Kraft geworden, dass ihr Appetit auf Ölverträge dem Anstieg der chinesischen Nachfrage im selben Zeitraum entspricht, sagte ein Hedgefondsmanager, der letzten Monat vor dem Kongress aussagte…“ („Washington Post“, 6. Juni 2008)

Rentenfonds machen Glücksspiele

George Soros, der sein eigenes Vermögen mit Glücksspielen auf den Weltdevisenmärkten gemacht hat, warnt, dass der Indexhandel der Pensionsfonds den Preisanstieg übertreibt und eine gefährliche Blase auf den Öl- und anderen Rohstoffmärkten erzeugt. Die Pensionsfondsmanager leugnen dies natürlich vehement.

Ein Sprecher des California Public Employees‘ Retirement Plan [Pensionsplan für die öffentlichen Angestellten Kaliforniens] bestritt, dass ihre Termingeschäfte irgendeinen signifikanten Einfluss auf den Markt hätten. „Die Preisspitzen entstammen der fundamentalen Dynamik von Angebot und Nachfrage. („Financial Times“, 4. Juni 2008) Ihre Argumentationslinie ist, dass ihre Investitionen einfach dem Anstieg der Ölpreise folgen, der sich aus der gestiegenen Nachfrage und dem knappen Angebot ergibt.

Die Erzählung der Spekulant*innen wird von führenden Politiker*innen gestützt. Sowohl Gordon Brown als auch US-Finanzminister Paulson geben einem „mangelndes Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage“ die Schuld. Die US Commodity Futures Trading Commission [Kommission für Rohstoffterminhandel] – ein schlafender Wachhund – sagt, dass „breit angelegte manipulative Kräfte“ „nicht die Ursache für die jüngsten höheren Termingeschäftspreise bei Rohstoffen im Allgemeinen“ seien. („Financial Times“, 29. Mai 2008)

Was ist die Wahrheit? Es gibt keinen Zweifel, dass als ein breiter Trend in den letzten Jahren die Ölpreise aufgrund von Angebot- und Nachfragefaktoren in die Höhe getrieben wurden. Das starke Wachstum der Weltwirtschaft nach 2003 (durchschnittlich 5% pro Jahr) und das noch höhere Wachstum in China und Indien (über 10% pro Jahr) haben zweifellos zu einer außergewöhnlichen Nachfrage nach Öl geführt.

Gleichzeitig wurde das Angebot durch eine Reihe von Problemen eingeschränkt. Weltweit steigt die Rohölproduktion schneller als die Entdeckung und Erschließung neuer Reserven. Manche Expert*innen argumentieren, dass der „Peak Oil“ bereits erreicht sei und die Reserven von nun an unweigerlich zurückgehen würden.

In jedem Fall sind die neu entdeckten Reserven aufgrund ihrer Lage (arktische Regionen, Tiefsee usw.) oder ihrer schlechten Qualität (z. B. hoher Schwefelgehalt, der eine kostspieligere Raffinerie erfordert) in der Regel teurer auszubeuten und zu transportieren.

Geopolitische Faktoren haben auch die Preise in die Höhe getrieben und Instabilität auf den Ölmärkten hervorgerufen. Der Aufruhr im Nahen Osten, die durch die Invasion im Irak durch den US-amerikanischen und britischen Imperialismus ausgelöst wurden – mit dem Ziel, die Ölfelder der Region zu kontrollieren und sich billiges Öl zu sichern – haben die Ölpreise zweifellos in die Höhe getrieben.

Die Unterbrechung der Lieferungen aus dem Irak und Nigeria, die Auswirkungen der Wirbelstürme im Golf von Mexiko und die Angst vor Störungen (z. B. die Befürchtung eines US-Angriffs auf den Iran) haben zur Instabilität beigetragen.

Obendrein hat der Verfall des US-Dollars, der Währung, in der der Ölpreis festgelegt wird, die Produzent*innen dazu veranlasst, den Dollarpreis zu erhöhen, um ihre Öleinnahmen in stärkeren Währungen wie dem Euro zu halten.

Aber sind diese Kräfte von Angebot und Nachfrage ausreichend, um das jüngste Anschwellen der Rohölpreise zu erklären? Angebot und Nachfrage haben nur geringfügig geschwankt, seit der Ölpreis Ende 2006 bei 60 $ pro Barrel lag. In jüngster Zeit gab es keine großen Angebotsschocks. Obendrein ist die Nachfrage infolge der Konjunkturabschwächung in den USA und einigen europäischen Ländern leicht zurückgegangen. „Der Verbrauch ist in den letzten zweieinhalb Jahren zurückgegangen. („The Economist“, 29. Mai 2008) Normalerweise würden die Ölpreise unter diesen Bedingungen nach unten gehen. Doch sie sind explodiert – und die offensichtliche Ursache ist die Spekulation.

Der wirkliche Grund für die Ölpreisexplosion wurde kürzlich von einem altgedienten Ölanalysten der Wall Street in einer Aussage vor einem Ausschuss des US-Kongresses, der den Ölmarkt untersucht, ausgesprochen. Fadel Gheit von Oppenheimer & Co sagte dem Ausschuss: „Ich glaube, dass die derzeit hohen Ölpreise um bis zu 100% überhöht sind. Ich glaube nicht, dass die Fundamentaldaten von Angebot und Nachfrage in der Branche die derzeit hohen Preise rechtfertigen, die meiner Meinung nach durch exzessive Spekulationen getrieben werden.“ („Wall Street Journal“, 20. Februar 2008)

„Es besteht eine völlige Entkopplung zwischen Angebot und Nachfrage“ und dem Ölpreis, sagte Gheit aus. Ölfirmen können Rohöl profitbringend für 15 bis 20 Dollar pro Barrel erlangen. In der Vergangenheit lag der Rohölpreis etwa beim Dreifachen des Förderpreises. Also sollte Öl bei 45 $/b gehandelt werden. „Alles, was über 45 Dollar pro Barrel liegt, ist nur Fett.“

In einem Interview mit der Zeitschrift „Foreign Policy“ (www.foreignpolicy.com, November 2007) sagte Gheit: „Ich glaube wirklich, dass die großen Investmentbanken und eine große Anzahl risikofreudiger Finanzakteure die Kontrolle über die Ölmärkte übernommen haben, vor allem in den letzten sechs Monaten … Die Finanzinstitute machen zwar Milliardenprofite, zerstören aber das globale Wirtschaftswachstum. Die gleiche Blase, die es bei den Immobilien- und Technologieaktien gab, wird zurückkommen und uns heimsuchen.“

Wenn die Blase platzt

Soros hat davor gewarnt, dass die Ölblase unweigerlich platzen werde. Die heutige Spekulationsraserei, sagt er, ist ähnlich der Lage vor dem Börsencrash 1987. „Wenn sich der Trend umkehren würde und die [Pensionsfonds und andere] Institutionen als Gruppe den Rückzug antreten würden, wie sie es 1987 taten, würde es einen Crash geben.“ In der Tat hat der Zustrom von spekulativem Kapital in Energieunternehmen die Aktienkurse an den großen Börsen künstlich in die Höhe getrieben. Eine Flucht aus diesen Unternehmen würde zweifelsohne einen großen Crash auslösen.

Der Zusammenbruch des Hedgefonds Amaranth Advisors im Jahr 2006 mit Verlusten in Höhe von 6 Milliarden Dollar aus dem Öl- und Gasterminhandel ist eine Warnung vor den Dingen, die da kommen werden. Wenn es zu einem größeren Fall bei Energietermingeschäften kommt, warnt ein Finanzanalyst, werden alle aussteigen wollen, und es wird sein, „als würde man eine Drehtür zur falschen Zeit in der falschen Richtung betreten.“ (Peter Beutel, „MarketWatch“, 30. Mai)

Die steigenden Benzin- und Dieselpreise verschärfen bereits den durch die Kreditklemme ausgelösten Abschwung der US-Wirtschaft. Die Auswirkungen der Steuererleichterungen, die im Rahmen des 150-Milliarden-Pfund-Konjunkturpakets der US-Regierung gerade ausgegeben wurden, werden durch die gestiegenen Treibstoffpreise zunichte gemacht. Die US-Konjunkturabschwächung wirkt sich zudem bereits jetzt als Bremse für Europa, Japan und andere Länder aus.

Die OPEC-Preiserhöhungen von 1973 und 1979 trafen die Weltwirtschaft wie plötzliche Schocks. In den letzten Jahren hat es einen Schock in Zeitlupe gegeben, der bald in einem sich selbst zugefügten K.O.-Schlag für die fortgeschrittenen kapitalistischen Volkswirtschaften gipfeln wird.

Die Anzeichen deuten darauf hin, dass sich das Öl rasch seinem „Bruchpunkt“ oder „Nachfragezerstörungspunkt“ nähert, an der es so teuer wird, dass die Nachfrage nach Öl wegbricht. Dies passiert bereits in den USA. Infolgedessen werden die Ölpreise unweigerlich sinken, wahrscheinlich ab einem bestimmten Punkt ziemlich schnell.

Chaos oder Planung?

„Weil der Preis durch spekulatives Geld in die Höhe getrieben wurde, wird der Fall dramatisch sein“, sagt ein Ökonom der Commerzbank. („Financial Times“, 28. Mai 2008) Aber die Rückkehr zu niedrigeren Preisniveaus wird zu spät kommen, um einen wirtschaftlichen Abschwung zu verhindern. Obendrein werden niedrigere Preise – und damit geringere Öleinnahmen – für viele der ölproduzierenden Regime eine wirtschaftliche und politische Krise bedeuten.

Nun, nach acht Jahren ungehemmter spekulativer Aktivitäten auf den Rohstoffmärkten hat die US Commodity Futures Trading Commission [Kommission für Rohstoffterminhandel] unter dem intensiven Druck des Kongresses eine Untersuchung in Zusammenarbeit mit der britischen Financial Services Authority [Finanzdienstleistungsbehörde] angekündigt.

Rufe nach mehr Transparenz und strengeren Vorschriften wird immer lauter. Führende politische Vertreter*innen wurden durch die Treibstoffproteste durchgerüttelt, während die Firmen der verarbeitenden Industrie schreien, dass ihre Profite durch die höheren Rohstoffpreise zusammengedrückt werden.

Es könnte durchaus Schritte geben, um einige der räuberischsten Aktivitäten der Spekulant*innen zu beschränken. Im Kapitalismus hat die Regulierung jedoch nie eine große Wirkung.

Spekulant*innen finden immer einen Weg, neue Vorschriften zu umgehen, insbesondere auf globalisierten Finanzmärkten. In jedem Fall wird es für neue Vorschriften zu spät sein. Die Rohstoffblase steht kurz vor dem Platzen, und der Schaden wird angerichtet sein, bevor neue Kontrollen eingeführt werden können.

Die wilden Spekulationen auf den Rohstoffmärkten – wie auch die Subprime-Krise – sind das Ergebnis des Chaos des Kapitalismus, in dem große Ölkonzerne und ultrareiche Finanziers um den größten Anteil an den Gewinnen konkurrieren.

Der Kapitalismus ist nicht in der Lage, lebenswichtige Energie, Nahrungsmittel und Rohstoffe in einer ausgewogenen Weise zu sichern und zu liefern, die den Bedürfnissen der Gesellschaft insgesamt gerecht würde. Sie werden niemals angemessene Maßnahmen ergreifen, um die natürlichen Ressourcen zu erhalten, die Umwelt zu schützen und die globale Erwärmung zu bekämpfen. Kapitalistische Regierungen und riesige Konzerne ergreifen nur symbolische Maßnahmen zur Entwicklung alternativer Quellen für sichere, erneuerbare Energie.

Kasten: Die Großen Ölkonzerne übernehmen

Die himmelhohen Energiepreise sind eine Katastrophe für die arbeitenden Menschen überall. Das Chaos auf den Rohstoffmärkten schreit nach einem Systemwechsel. Wir brauchen eine sozialistische Herangehensweise, beruhend auf:

=> Verstaatlichung der Öl- und Gaskonzerne (mit einer minimalen Entschädigung auf der Grundlage erwiesener Bedürftigkeit). Leitung der Energiewirtschaft als öffentliche Einrichtung unter demokratischer Arbeiter*innenkontrolle und -verwaltung.

=> Planung der Entwicklung und Verteilung von Energie, um den tatsächlichen Bedürfnissen der Wirtschaft und der arbeitenden Menschen gerecht zu werden.

=> Wiederverstaatlichung der großen Strom-, Gas- und Wasserversorgungsunternehmen (die derzeit von fünf großen Monopolen beherrscht werden) nach ähnlichen Grundsätzen.

=> Appell an die Arbeiter*innenbewegung in anderen Ländern, für ein ähnliches Programm zu kämpfen, um einen internationalen Plan für die Energie zu entwickeln.

=> Lenkung massiver Ressourcen in die Forschung und Entwicklung von sicheren, alternativen Quellen für erneuerbare Energien.


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