(eigene Übersetzung des englischen Textes in Militant Nr. 1004, 10. August 1990, S. 11)
Der gegenwärtige Anstieg des Ölpreises ist nur ein Bruchteil dessen, was 1973 und 1979 geschah, und doch hat er an den Weltbörsen Panik ausgelöst.
Der wirtschaftliche Rahmen ist weltweit so wackelig, dass die Kapitalist*innen befürchten, dass die Wachstumslokomotive, die in den 1980er Jahren als so dynamisch gepriesen wurde, entgleisen und die Welt in eine Rezession stürzen werde.
Der erste „Schock“ während des arabisch-israelischen Krieges von 1973 ließ den Preis für Rohöl vom Persischen Golf von nur 1,80 Dollar im Jahr 1971 auf 11,65 Dollar pro Barrel steigen.
Obwohl dies nur einen langfristigen Rückgang des realen Ölpreises aufhob, reichte es aus, um eine weltweite Rezession auszulösen. Höhere Ölpreise waren nicht die zugrunde liegende Ursache. Der Abschwung kam durch die weltweite Beschleunigung der Inflation, den Rückgang der Gewinne der Großkonzerne und den Beinahe-Zusammenbruch des Weltgeldsystems.
Die Preiserhöhung durch die Opec (Organisation erdölexportierender Länder) löste bei diesen gegebenen Zutaten eine Kettenreaktion der Krise aus.
Der zweite Schock des Jahres 1979 kam nach der iranischen Revolution. Der Preis stieg auf 30 $ pro Barrel und erreichte 1982 einen Höchststand von etwa 40 $. Da die Voraussetzungen für eine Rezession bereits gegeben waren, löste der Ölpreisanstieg erneut eine Umkehrung der nach 1974 ins Stocken geratenen weltweiten Erholung aus.
1986 gab es jedoch einen starken Rückgang des Ölpreises, der kurzzeitig auf nur noch 8 $ pro Barrel fiel. Die Ölproduzent*innen waren uneins und überschritten ihre Förderquoten, während der hohe Preis die fortgeschrittenen kapitalistischen Länder dazu veranlasst hatte, den Ölverbrauch zu senken und mehr in die heimische Produktion zu investieren (wie in Alaska und der Nordsee).
Im Jahr 1987 erholten sich die Ölpreise auf etwa 18 Dollar und fielen anschließend wieder um einige Dollar. Das billige Öl war ein wichtiger Faktor für das anhaltende Wachstum der Weltwirtschaft in den letzten Jahren. Die großen Konzerne wissen, dass sie sich glücklich schätzen können, so lange mit billigen Preisen davongekommen zu sein.
Jede Erhöhung muss, wenn sie anhält, eine negativ Auswirkung auf das Wachstum haben. Nur das Ausmaß ist ungewiss.
Wird das neue Preisniveau von 25 Dollar pro Barrel, das sich aus Saddams Militärschlag ergibt, beibehalten werden? Dies scheint sehr wahrscheinlich zu sein.
Schon vor Saddams Schritt hatten sich die Marktkräfte zugunsten der Opec-Produzent*innen verschoben. Relativ niedrige Ölpreise veranlassten fortgeschrittene Volkswirtschaften wie die USA, von ihren eigenen, relativ teuren Quellen auf Lieferungen aus dem Nahen Osten zurückzugreifen.
Die nach 1973 beschlossenen Energiesparmaßnahmen wurden gelockert. Die USA importieren derzeit über 50 Prozent ihres Öls, verglichen mit 30 Prozent im Jahr 1985.
Höhere Preise könnten natürlich eine Rückverlagerung nach Alaska, zur Nordsee und anderen Feldern bedeuten. Dies würde jedoch massive Neuinvestitionen erfordern, die zwar die Versorgung sicherstellen, aber den Preis nicht senken würden.
Der Iran verlangt 30 Dollar pro Barrel, und es gibt keinen Grund, warum sich der Irak mit weniger zufrieden geben sollte. Wenn Saddam mit seinem militärischen Trick durchkommt, ist es unwahrscheinlich, dass Saudi-Arabien oder ein anderer arabischer Produzent es wagen würde, dem katastrophalen Beispiel Kuwaits zu folgen und seine Opec-Quote zu überschreiten und damit den Zielpreis der Opec zu untergraben.
Wenn die USA mit militärischer Gewalt ein Embargo gegen irakische Ölexporte verhängen, gibt es jedoch noch keine Garantie, dass der Preis nach unten gedrückt wird. Der Irak produziert derzeit etwa drei Millionen Barrel pro Tag (bpd), während Kuwaits Produktion bei etwa 1,5 Millionen lag.
Saudi-Arabien hat unmittelbare freie Produktionskapazitäten von etwa einer Million Barrel pro Tag. Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), Katar, Libyen und Nigeria haben zusammen freie Kapazitäten von etwa 1,4 Mio. bpd.
Sowohl Saudi-Arabien als auch die großen Ölgesellschaften verfügen jetzt über riesige Vorräte, die sie nutzen könnten, um den Markt abzufedern, während neue Bohrlöcher in Betrieb genommen werden. Der Preis für eine solche Zusammenarbeit wären jedoch zweifelsohne höhere Einnahmen für ihr Öl.
Unabhängig davon, ob Saddams Strategie erfolgreich ist oder nicht, wird der Ölpreis also wahrscheinlich weiter steigen. Wie in der Periode nach 1973 werden die großen Ölgesellschaften zweifellos die Gelegenheit nutzen, die höheren Rohölpreise mit einem noch größeren Aufschlag als bisher an die Verbraucher*innen weiterzugeben.
Teureres Öl wird vor allem Japan und Deutschland treffen, die sehr stark von Importen abhängig sind. Diese beiden Volkswirtschaften waren in letzter Zeit die Motoren des Weltwirtschaftswachstums. Alles, was sie verlangsamt, wie es eine höhere Energierechnung unweigerlich tun wird, wird sich zwangsläufig negativ auf das weltweite Wachstum auswirken.
Es gibt es bereits Anzeichen in den USA für ein Abgleiten in eine Rezession. Höhere Ölpreise, vor allem in Form höherer Importrechnungen (und damit eines noch größeren Handelsdefizits), werden weiter in diese Richtung stoßen. Alle Wirtschaftsexpert*innen sind sich einig, dass höhere Ölpreise für die fortgeschrittenen kapitalistischen Volkswirtschaften einen Anstieg der Inflation, eine höhere Arbeitslosigkeit und eine geringere Produktion bedeuten werden. Sie sind sich nur über das Ausmaß und den Zeitpunkt uneinig.
In der unterentwickelten Welt werden die arbeitenden Armen vor noch größerer Armut stehen. Der hohe Ölpreis wird zu Preissteigerungen und weiteren sozialen Explosionen führen. Es ist noch zu früh, um vorherzusagen, wie sich der neue Ölschock auf die wichtigsten Währungen und Zinssätze auswirken wird. Aber er hat die wirtschaftspolitischen Entscheidungsträger der Kapitalist*innen bereits in Verwirrung gestürzt.
Von Lynn Walsh
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