Lynn Walsh: Nordkorea: Die Korea-Krise

(eigene Übersetzung des englischen Textes in Socialism Today, Nr. 72, Februar 2003)

Im Oktober 2002 provozierte der US-Imperialismus eine Konfrontation mit dem isolierten und taumelnden stalinistischen Regime Nordkoreas. Als die Bush-Regierung öffentlich die (der US-Regierung seit einiger Zeit bekannte) Nachricht verbreitete, dass das Regime Kim Jong-ils sein Atomwaffenprogramm unter Verletzung des „vereinbarten Rahmens“ von 1994 wieder aufgenommen hatte, ignorierte sie die Tatsache, dass die USA ihre eigenen Versprechen von 1994 konsequent gebrochen hatten.

Im letzten Herbst, als sich die Bush-Regierung auf einen Showdown mit dem Irak vorbereitete, entwickelte sich auf der koreanischen Halbinsel eine ausgewachsene diplomatische und militärische Krise, die erneut das Schreckgespenst eines Krieges und eines Atomkonflikts aufkommen ließ. Lynn Walsh analysiert dieses neue und beunruhigende Merkmal der Weltbeziehungen.

Die koreanische Krise

Indem die USA sich auf Südkorea und Japan stützten, unterbrachen sie die Öllieferungen an Nordkorea im Rahmen des Abkommens von 1994. Die USA verkündeten, dass es keine Gespräche oder weitere Wirtschaftshilfe geben werde, bis Nordkorea sein Atomwaffenprogramm bedingungslos aufgebe. Die Falken im Weißen Haus waren sich offenbar sicher, dass Kim Jong-il einlenken würde – doch das war eine schwere Fehleinschätzung. Nordkorea kündigte trotzig an, dass es sein Atomprogramm so lange fortsetzen werde, bis die USA ernsthafte Gespräche zur Normalisierung der Beziehungen zwischen Nordkorea, Südkorea und den USA aufnehmen würden. Obendrein würde der Norden im Falle eines militärischen Angriffs der USA – was in Bushs „Achse des Bösen“-Rede und den jüngsten US-Aktionen angedroht zu werden schien – Vergeltung üben.

Trotz seiner Festlegung zu präventiven Militäraktionen gegen jeden Staat, der Massenvernichtungswaffen entwickelt, war der US-Imperialismus gezwungen, sich zurückzuziehen. Während die USA ihre harten Drohungen gegen Nordkorea aufrechterhielten, begannen sie, der Welt zu versichern, dass sie eine „diplomatische Lösung“ der Krise anstreben würden. Colin Powell und andere US-Vertreter*innen begannen, in etwas verschlüsselter Sprache von neuen Gesprächen und wirtschaftlichen Zugeständnissen zu sprechen. In Wirklichkeit war die Regierung der Falken gezwungen, die Grenzen der militärischen Macht der USA zu erkennen. „Unter vier Augen“, so die „New York Times“, ‚sagten einige Berater des Präsidenten …, dass Nordkoreas vorhandene atomare Kapazitäten und seine Fähigkeit, Seoul mit seinen konventionellen Waffen enormen Schaden zuzufügen, sie zu dem Schluss gebracht hätten, dass die USA keine gangbaren militärischen Optionen im Umgang mit dem Norden hätten, zumindest ohne das Risiko eines Wiederentfachens des Koreakriegs“. (2. Januar)

Obendrein mussten die US-Strateg*innen trotz Rumsfelds öffentlicher Behauptungen, dass es für die USA durchaus möglich sei, zwei regionale Kriege gleichzeitig zu führen, erkennen, dass zwei Kriege in Wirklichkeit die strategischen Fähigkeiten der USA massiv belasten würden. Die diplomatischen und politischen Kosten der Vorbereitung eines zweiten Krieges würden die Bemühungen der USA, Unterstützung für einen Angriff auf den Irak zu mobilisieren, erheblich beeinträchtigen.

Powell und andere bemühten sich, die Folgen der konfrontativen Politik der USA herunterzuspielen. Es gebe keine „Krise“, sagte Powell, nur eine „ernste Lage“. Es gebe keine „Verhandlungen“, aber es gebe „Gespräche“. Der eklatante Widerspruch zwischen der US-Politik gegenüber dem Irak auf der einen Seite und Nordkorea auf der anderen Seite zerstört jedoch die für einen Angriff auf den Irak geltend gemachte Legitimation. Diese verheerende Entlarvung der US-Heuchelei ist ein schwerer Schlag für das Prestige der Supermacht.

Anatomie einer Krise

Wie schon 1993/94 nutzt Nordkorea die Drohung mit Atomwaffen (ob tatsächlich oder potenziell) und sein gewaltiges konventionelles Arsenal, um die Supermacht USA zu Verhandlungen zu zwingen. Kim Jong-ils Regime braucht wirtschaftliche Zugeständnisse, um einen Zusammenbruch zu vermeiden, und ebenso wichtig ist ein Ende der strategischen Belagerung durch die USA seit dem Ende des Koreakriegs (1950-53). Die waghalsige atomare Politik Pjöngjangs ist zwar potenziell gefährlich, wird aber eher von Angst als von militaristischen Ambitionen angetrieben. Der verrotteten stalinistischen Diktatur droht eine Implosion. Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion, durch den Nordkorea die lebenswichtige wirtschaftliche Unterstützung entzogen wurde, hat das Regime immer wieder versucht, von den USA einen Nichtangriffspakt, die Anerkennung seiner Souveränität und wirtschaftliche Unterstützung zu erhalten. Die ebenso konsequente Weigerung der USA, direkte Verhandlungen mit Nordkorea aufzunehmen, was einen Friedensvertrag zur formellen Beendigung des Koreakrieges von 1950-53 praktisch ausschloss, hat das Regime ermutigt, auf atomare Erpressung zurückzugreifen.

Der „vereinbarte Rahmen“ von 1994 bot eine Gelegenheit zur Entschärfung des Korea-Konflikts. Die USA haben jedoch ihre Zusagen nie eingehalten, was Nordkorea dazu veranlasste, seine Atomwaffenpolitik heimlich zu erneuern. Die aggressive, rücksichtslose Politik der Bush-Regierung war die Hauptursache für eine erneute Konfrontation, die erneut das Schreckgespenst eines Krieges und eines Atomkonflikts aufkommen ließ.

In den Jahren 1993-94 entdeckte die CIA, dass Nordkorea trotz der Unterzeichnung des Atomwaffensperrvertrags im Jahr 1985 ein Atomwaffenprogramm auf der Grundlage seines Plutonium produzierenden Reaktors in Yongbyon entwickelte. Es ist nicht sicher, ob Nordkorea tatsächlich Waffen produzierte (oder jetzt im Besitz brauchbarer Waffen ist), obwohl es nicht die Art von Atomtests durchgeführt hat, die als Voraussetzung für die Herstellung einer funktionsfähigen Waffe gelten. Nichtsdestotrotz hat Clinton kürzlich zugegeben, dass „wir tatsächlich Pläne für einen Angriff auf Nordkorea und die Zerstörung ihrer Reaktoren ausgearbeitet haben und ihnen gesagt haben, dass wir angreifen würden, wenn sie ihr Atomprogramm nicht beenden“. Die eigene militärische Einschätzung des US-Imperialismus kam jedoch zu dem Schluss, dass die Kosten einer Offensive gegen Nordkorea zu hoch wären. Ein umfassender Krieg auf der Halbinsel würde bis zu einer Million Tote fordern, darunter bis zu 100.000 Amerikaner*innen. Die unmittelbaren Kosten für die USA würden sich auf über 100 Milliarden Dollar belaufen, während die Kosten für Zerstörung und wirtschaftliche Verwerfungen über 1 Billion Dollar betragen würden. Ganz abgesehen von den schrecklichen Folgen eines Atomkonflikts.

Stattdessen handelten die USA (unter Vermittlung des ehemaligen Präsidenten Carter) den vereinbarten Rahmen aus. Als Gegenleistung für die Einstellung des nordkoreanischen Atomwaffenprogramms würden die USA Wirtschaftshilfe in Form von Öl, Nahrungsmitteln und dem Bau von zwei (kein Plutonium produzierenden) Leichtwasserreaktoren zur Stromerzeugung leisten. Genauso wichtig für den Norden war jedoch die Zusage der USA, sich auf eine „vollständige Normalisierung der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen“ hinzubewegen.

Abgesehen von der Lieferung von Öl haben die USA ihre Versprechen jedoch nicht eingehalten. Der Bau der beiden Atomkraftwerke wurde immer wieder verschoben, und es gab keine ernsthaften Gespräche über eine Normalisierung der Beziehungen. Clinton stand zweifellos unter dem Druck des von den Republikaner*innen dominierten Kongresses, die Wirtschaftssanktionen nicht zu beenden und die Zusagen der USA nicht einzuhalten. Gleichzeitig glaubte die Clinton-Regierung, dass der Norden kurz vor dem Zusammenbruch stünde: Sie rechneten damit, dass die wirtschaftlichen Probleme das Regime zu einseitigen militärischen Zugeständnissen zwingen würden, selbst wenn die USA nicht liefern würden.

1998 nahm Nordkorea die Raketentests wieder auf und feuerte einige Raketen über Japan ab. Dies geschah zum einen, um den Verkauf von Raketen zu fördern (schätzungsweise für 50 bis 100 Millionen Dollar pro Jahr an Staaten wie Pakistan, Syrien, Iran, Irak und Jemen) und zum anderen, um Druck auf die USA auszuüben, damit diese die Verhandlungen wieder aufnehmen.

Im Juni 2000 kam es zu einem Gipfeltreffen zwischen Kim Jong-il und dem südkoreanischen Präsidenten Kim Dae-jung. Ein großer Teil der Kapitalist*innenklasse im Süden befürwortet nachdrücklich eine Einigung mit dem Norden, um einen Zusammenbruch zu verhindern und die verheerenden Folgen eines Massenexodus zu vermeiden. Auch der japanische Kapitalismus ist an einer Annäherung an Nordkorea interessiert. Die Verhandlungen wurden jedoch durch die schockierte Reaktion Japans auf das Eingeständnis Nordkoreas verzögert, dass das Regime in den 1970er und 1980er Jahren mehr als ein Dutzend japanische Staatsbürger*innen entführt hatte. Dieses Eingeständnis und die Entschuldigung sollten Japan offenbar beschwichtigen, hatten aber den gegenteiligen Effekt (obwohl Kim auch auf die Forderung Nordkoreas nach Reparationen aus Kriegszeiten verzichtete).

Die Machtübernahme in Washington durch Bush und seine außenpolitischen Falken durchkreuzte jedoch den sich zwischen den nordostasiatischen Staaten entwickelnden Entspannungsprozess. Bush brach die Gespräche mit Nordkorea ab und nahm eine konfrontative Herangehensweise an. In seiner Rede zur Lage der Nation (Januar 2002) erklärte Bush Nordkorea in einer Sprache, die einer Kriegserklärung gleichkam, zum Teil einer „Achse des Bösen“. Später genehmigte die Nationale Sicherheitserklärung der USA eine Politik der militärischen Präventivschläge gegen jeden Staat, der über Massenvernichtungswaffen verfügt.

Im Juni 2002 legte die CIA einen geheimen Geheimdienstbericht vor, aus dem hervorging, dass Nordkorea seit 1998 sein Atomwaffenprogramm wieder aufgenommen hatte, diesmal auf der Grundlage des Urananreicherungsprozesses (als Alternative zu in Reaktoren hergestellten Plutonium). Ein stellvertretender Außenminister, James Kelly, wurde nach Pjöngjang geschickt, um Kim Jong-il ein Ultimatum zu stellen: Geben Sie Ihr Atomprogramm auf, oder Sie werden die Konsequenzen tragen. Bush und seine Falken glaubten offensichtlich, dass Kim nachgeben würde. Stattdessen gab das Regime zu, sein Atomprogramm wieder aufgenommen zu haben, und drohte damit, die Entwicklung von Atomwaffen zu beschleunigen, falls die USA nicht ihre Zusagen aus dem Rahmenabkommen einhielten und ernsthafte Verhandlungen zur Normalisierung der Beziehungen aufnähmen.

Nach Kellys Besuch gaben die USA öffentlich die Existenz des neuen nordkoreanischen Atomprogramms bekannt, klar in der Absicht, eine weitere Konfrontation mit Nordkorea anzuheizen. Einem Schlüsselelement des CIA-Berichts, nämlich dem Nachweis, dass die Technologie zur Urananreicherung vom pakistanischen Musharraf-Regime an Nordkorea geliefert wurde, wurde jedoch kaum Beachtung gegeben. Pakistan hat ein Atomwaffenarsenal, braucht aber die Raketen, um sie operativ einzusetzen. Das pakistanische Regime, das 1997 mit einer akuten Wirtschaftskrise konfrontiert war, lieferte Nordkorea Uranaufbereitungsanlagen im Tausch gegen seine neuesten ballistischen Raketen. Ein weiterer eklatanter Widerspruch. Der wichtigste Verbündete der USA im Krieg gegen das Taliban-Regime in Afghanistan arbeitete aktiv an einem Atomwaffenprogramm mit einem „Schurkenstaat“ mit, der Teil von Bushs „Achse des Bösen“ war.

Die USA übten Druck auf Südkorea und Japan aus, um die Öllieferungen an den Norden zu stoppen. Als Vergeltung nahm Nordkorea seinen Reaktor in Yongbyon wieder in Betrieb, entfernte die UN-Überwachungsgeräte und wies die Inspektor*innen der Internationalen Atomenergiebehörde an, das Land zu verlassen. Am 10. Januar dieses Jahres trat Nordkorea formell aus dem Atomwaffensperrvertrag aus.

Die unvorhergesehenen Folgen der provokativen Politik Bushs gegenüber Nordkorea haben erneut die tiefe Spaltung innerhalb der Bush-Regierung zwischen den Falken, die auf Konfrontation setzen, und den Tauben, die für „Engagement“ und Verhandlungen eintreten, offenbart. „Ich habe in den 30 Jahren, in denen ich mich mit Außenpolitik beschäftige, noch nie eine so gespaltene Gruppe gesehen“, kommentierte ein Veteran des außenpolitischen Establishments der Republikaner*innen („New York Times“, 13. Januar). Sie scheinen zwischen dem Schwingen der großen Peitsche und dem Baumeln-Lassen des Zuckerbrot hin und her zu schwanken. Bush besteht darauf, Nordkorea wegen Verstoßes gegen den Atomwaffensperrvertrag vor den UN-Sicherheitsrat zu bringen, ein Schritt in Richtung neuer Sanktionen. Gleichzeitig bringen Powell und andere die Möglichkeit weiterer wirtschaftlicher Unterstützung ins Gespräch. Sowohl Russland als auch Südkorea haben Gespräche aufgenommen, um eine Verhandlungslösung für den Konflikt zu finden. Vorläufig überwiegt in Washington der diplomatische Herangehensweise, vor allem weil der Irak Vorrang hat. Es bestehen jedoch wenig Zweifel daran, dass die Falken Nordkorea als nächstes Ziel sehen, sobald sie sich mit dem Irak befasst haben.

Das nordkoreanische Regime

Unter dem Druck einer tiefen inneren Krise hat das Regime Kim Sung-ils seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der anderen stalinistischen Staaten nach 1990 verzweifelt versucht, aus seiner extremen Isolation auszubrechen. Unter Ausnutzung seiner Fähigkeit, Atomwaffen zu entwickeln, versuchte Nordkorea, die wirtschaftlichen Beziehungen zu seinen Nachbar*innen und dem Rest der Welt zu öffnen und gleichzeitig einen „Nichtangriffspakt“ mit den USA auszuhandeln. Obwohl die Wirtschaftskrise des Landes tiefgreifend ist, mit der Möglichkeit selbst eines Zusammenbruchs, ist das nordkoreanische Regime jedoch nicht willens, sich seine potenziellen atomaren Kapazitäten allein als Gegenleistung für wirtschaftliche Unterstützung abhandeln zu lassen – das Überleben des Regimes, Kims wichtigstes Ziel, hängt von einer strategischen Entspannung mit dem US-Imperialismus ab.

1994 erklärte sich Nordkorea im Rahmen des Rahmenabkommens bereit, die Entwicklung von Atomwaffen auszusetzen, doch aus Angst, dass die Clinton-Regierung ihre Zusagen nicht einhalten würde, setzte das Regime sein Atomprogramm heimlich fort. Anstatt sich jedoch auf einen Krieg vorzubereiten, der zweifellos zur totalen Zerstörung Koreas führen würde, besteht das Hauptziel des Regimes darin, die USA mit der Androhung von Atomwaffen zu „Gesprächen“ (Verhandlungen) über ein „Nichtangriffsabkommen“ (praktisch einen dreiseitigen Vertrag zwischen Nordkorea, Südkorea und den USA) zu drängen, das den Koreakrieg von 1950-53 formell beendet und das Existenzrecht Nordkoreas anerkennt. Das wahre Motiv Nordkoreas wird vom ehemaligen US-Präsidenten Carter anerkannt, der kürzlich sagte: „Sie benutzen diese feurigen und öffentlichen Erklärungen [über die Vorbereitung eines Krieges], um ihr langjähriges Ziel zu erreichen, eine dauerhafte und positive Beziehung mit den USA auszuhandeln“. („New York Times“, 17. Januar)

Nordkorea ist eine zum Fossil gewordene Form des Stalinismus, eine groteske Verzerrung der Idee des Sozialismus nach dem Vorbild der bürokratischen Planwirtschaften der ehemaligen Sowjetunion und Osteuropas. Durch den Koreakrieg und die anhaltende militärische Bedrohung durch die USA während des Kalten Krieges verhärtet, ist Nordkorea weitaus isolierter, monolithischer und rigider als andere Varianten des Stalinismus. Kim Jong-il ist ein erblicher Diktator, der 1994 die Macht von seinem Vater Kim Il-sung übernahm. Er hat den Personenkult um den „Großen Führer“ und die Ideologie des „Juche“ (Selbstgenügsamkeit) fortgeführt, verbunden mit einer fremdenfeindlichen Haltung gegenüber allen Ausländer*innen. Kim Jong-il hat jedoch Berichten zufolge die Rolle der Spitzen der Armee und des Sicherheitsapparats im Regime gestärkt und versucht, dem Gewicht der „alten Garde“ in der Führung der regierenden Arbeiter*innenpartei Koreas entgegenzuwirken, die sich seinen Bemühungen um wirtschaftliche Reformen und eine Entspannung mit dem Imperialismus widersetzt.

Das Regime ist ideologisch monolithisch und regiert mit totalitären Methoden. Man schätzt, dass es mehr als 200.000 politische Gefangene gibt, die meisten davon in Arbeitslagern. Der Militärapparat dominiert den Staat. Es gibt rund eine Million Soldat*innen, von denen die meisten nördlich der entmilitarisierten Zone (DMZ) und nur etwa 30 Meilen nördlich von Seoul stationiert sind. Nordkorea verfügt über ein riesiges Arsenal an konventionellen Waffen: Panzer, schwere Artillerie, Raketen, Militärflugzeuge und Kriegsschiffe, von denen die meisten allerdings technisch veraltet sind. Dies stellt eine enorme Belastung für die Wirtschaft dar.

Die sichtbare Paranoia des Regimes – oder die ständige Belagerungsmentalität – ist nicht ohne historische Ursachen. Nach einem langen und erbitterten Guerillakampf gegen die Besetzung der koreanischen Halbinsel durch den japanischen Imperialismus sah sich die Führung der Kommunistischen Partei Koreas mit einer Intervention des US-Imperialismus konfrontiert, um die Wiedervereinigung Koreas nach dem Zweiten Weltkrieg zu verhindern. Während des Koreakriegs (1950-53) befürwortete der US-Militärbefehlshaber, General McArthur, den Abwurf von 20 bis 30 Atombomben auf den Norden – dies war nur fünf Jahre nach Hiroshima und Nagasaki. Die konventionelle Bombardierung des Nordens, der bis dahin die am stärksten industrialisierte Region Koreas war, forderte enorme Opfer und zerstörte die Infrastruktur des Landes massiv. Nach dem Krieg (der nie formell durch einen Friedensvertrag beendet wurde) unterstützten die USA eine extrem repressive Diktatur im Süden und unterhielten von 1957 bis 1991 ein Atomwaffenarsenal in Südkorea. Washington hat sich stets geweigert, mit Nordkorea über einen Friedensvertrag zu verhandeln, wobei es sich hinter der Fiktion versteckte, dass die USA nicht direkt Partei bei den Feindseligkeiten gewesen sei, sondern lediglich eine Teilnehmerin an einer UN-Truppe. Angesichts dieser Geschichte ist es kaum verwunderlich, dass sich das nordkoreanische Regime vom US-Imperialismus bedroht fühlt.

Nordkorea ist ein überwiegend urbanisiertes, industrialisiertes Land, nicht wie China, Vietnam usw., die noch immer eine überwiegende Bäuer*innenschaft haben. Der größte Teil der Industrieanlagen ist jedoch veraltet, und der bürokratische Planungsapparat leidet unter der Art von organischer Sklerose, die auch die ehemalige Sowjetunion untergraben hat. Die Produktion ist zweifellos ständig gefallen (obwohl es unmöglich ist, einige westliche Behauptungen bezüglich eines Falls um 50% in den letzten Jahren zu bestätigen). Die Schulden bei europäischen und japanischen Banken belaufen sich auf rund 3,2 Mrd. $, und der Ausfall vieler dieser Schulden stellt ein Hindernis für potenzielle Investitionen aus dem Ausland dar. Die Wirtschaft wurde durch den Zusammenbruch der Sowjetunion nach 1990 sehr hart getroffen, durch den Nordkorea billige Einfuhren von Öl, Düngemitteln und Maschinen entzogen wurden. Schwere Überschwemmungen in den Jahren 1995-96, die insbesondere die „Brotkorb“-Gebiete im Süden des Landes betrafen, führten zu einer schweren Hungersnot und hinterließen ein Vermächtnis der Unterernährung bei Kindern. Es gibt Schätzungen, wonach zwischen einer und zwei Millionen Menschen an den Folgen der Hungersnot starben, und viele Tausende von Flüchtlingen nach Nordostchina (mit einer überwiegend koreanischen Bevölkerung) flohen.

Die Hungersnot zwang die Führung unter Kim Jong-il, das Wachstum privater Bäuer*innenmärkte zu tolerieren und höhere Preise für Lebensmittel zu verlangen. Anfang 2001 begann das Regime, begrenzte Reformen im chinesischen Stil durchzuführen und die Agrarpreise sowie einige Verbraucher*innenpreise anzuheben. Dies wird jedoch nicht automatisch die gleiche Wirkung haben wie in China in den 80er Jahren, wo höhere Preise für die Landwirt*innen das rasche Wachstum der ländlichen Industrien anregten. Nordkorea hat eine ganz andere Sozialstruktur als China, Vietnam usw., wo sich das Wachstum des ländlichen Sektors viel stärker auf die Wirtschaft auswirkt, als es in Nordkorea möglich wäre.

Im Sommer 2002 kündigte das Regime die Entwicklung von zwei Sonderwirtschaftszonen an (Kaesong nördlich der DMZ und Sinuiju nahe der Grenze zu China). In ganz Ostasien gibt es keinen Mangel an Kapitalist*innen, die begierig sind, Nordkoreas billige Arbeitskräfte auszubeuten. Vor allem südkoreanische Kapitalist*innen sehen in Investitionen im Norden eine Möglichkeit, die Wirtschaft zu öffnen, einen überstürzten Zusammenbruch des Nordens zu vermeiden und eine „weiche Landung“ für das zerfallende stalinistische Regime zu erreichen. Die wirtschaftliche Entwicklung des Nordens wird sich jedoch nicht automatisch aus den Investitionen im Ausland ergeben. In jedem Fall dürfte das Wachstum in ganz Ostasien durch den Abschwung in den Entwicklungsländern beeinträchtigt werden. Eine „weiche Landung“ für den Norden hängt außerdem von einer friedlichen Überwindung der Spaltungen der Halbinsel aus der Zeit des Kalten Krieges ab, die keineswegs garantiert ist.

Nordkorea ist ein groteskes Regime. Aber seine Entwicklung ist in hohem Maße durch die unablässige militärisch-strategische Bedrohung durch den US-Imperialismus bedingt. Weder die US-Diplomatie noch eine militärische Aggression (die in der Tat katastrophal wäre) können die Korea-Krise lösen. Nur die Arbeiter*innenklasse kann durch die Anwendung sozialistischer Lösungen einen Ausweg aus der gefährlichen Sackgasse finden, die von Stalinismus und Imperialismus geschaffen wurde.

Südkorea und die USA

„,In gewisser Hinsicht ist das Problem in Südkorea schwieriger zu handhaben als das von Nordkorea‘, sagte ein Korea-Spezialist mit Verbindungen zu vielen Mitgliedern von Bushs außenpolitischem Team“. („New York Times“, 2. Januar) Südkorea ist jetzt für die USA ein ebenso großes Problem wie der Norden. Roh Moo-hyun, Kandidat der Millennium Democratic Party (MDP), gewann die Präsidentschaftswahlen (19. Dezember) auf einer Welle antiamerikanischer Gefühle. Roh, der vom Bush-Regime als gefährlicher Populist und Nationalist angesehen wird, unterstützt – wie ein großer Teil der südkoreanischen herrschenden Klasse – die Fortsetzung der „Sonnenscheinpolitik“ und lehnt die US-Politik einer aggressiven Konfrontation mit dem nordkoreanischen Regime entschieden ab. Obwohl Roh, der jetzt ein liberaler bürgerlicher Politiker ist, seine antiamerikanische Rhetorik abgeschwächt hat, werden politische Veränderungen im Süden unweigerlich eine Herausforderung für die weitere Präsenz des US-Imperialismus in Südkorea, einem seiner wichtigsten Stützpunkte in Ostasien, darstellen.

Kurz vor den Wahlen kam es zu Massendemonstrationen und Kerzen-Mahnwachen, nachdem bekannt wurde, dass ein US-Militärgericht zwei US-Soldat*innen vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen hatte, nachdem ihr gepanzertes Fahrzeug im Juni zwei 14-jährige Schulmädchen überfahren hatte. Die Demonstrationen hielten wochenlang an, an denen sich vor allem junge Menschen beteiligten, aber auch breitere Schichten von Arbeiter*innen, Angestellten, Hausfrauen und Ladenbesitzer*innen. Die Bewegung spiegelte die tiefe Verärgerung über die anhaltende Präsenz von 37.000 US-Soldat*innen im Land wider (die Südkorea jährlich 3 bis 4 Milliarden Dollar kosten). Nach dem Koreakrieg (1950-53) unterstützten die USA jahrzehntelang eine brutal repressive Diktatur im Süden, die erst durch die massive Bewegung der Arbeiter*innenklasse in den späten 1980er Jahren beseitigt werden konnte. Außerdem wächst die Unterstützung für die Idee der Wiedervereinigung der koreanischen Halbinsel und der Widerstand gegen die Politik der USA, von der viele befürchten, dass sie zu einem weiteren verheerenden Krieg führen könnte. Es gibt ein überwältigendes Gefühl, dass Südkorea von den USA als gleichberechtigter Partner und nicht nur als bequemer Militärstützpunkt behandelt werden sollte. Sogar der Präsidentschaftskandidat der ultrakonservativen Grand National Party (GNP), Lee Hoi-chang, schloss sich opportunistisch der Kerzen-Mahnwache vor der US-Botschaft in Seoul an. Ironischerweise war es Roh Moo-hyun, der versuchte, sich bei Washington als „gemäßigt“ zu profilieren, der die Demonstrant*innen aufforderte, ihre Forderungen abzuschwächen.

Die wachsende Welle der Opposition gegen die Rolle des US-Imperialismus in Korea war der Schlüsselfaktor für Rohs knappen Sieg (48,9% gegenüber 46,6% für Lee Hoi-chang). Die Unterstützung für Rohs MDP wurde in den letzten Jahren durch die Wirtschaftspolitik von Präsident Kim Dae-jung untergraben, insbesondere durch die Umstrukturierung der Industrie und die Einführung neuer Arbeitsgesetze, die die lebenslange Arbeitsplatzsicherheit beenden. Diese Maßnahmen werden als von den USA diktierte IWF-Politik angesehen, die wirtschaftliche Facette der US-Herrschaft. Es gab massive Arbeitsplatzverluste (Schätzungen zufolge sind etwa ein Viertel der 15- bis 29-Jährigen arbeitslos). Vor zwei Jahren setzte Präsident Kim Dae-jung die Bereitschaftspolizei gegen Daewoo-Arbeiter*innen ein, die gegen Entlassungen protestierten. Die Enttäuschung über die MDP-Regierung, die die politischen Errungenschaften der Massenbewegung der Arbeiter*innen, die Ende der 80er Jahre die Demokratisierung Südkoreas durchsetzte, zunichte machte, führte zu einem Rückgang der Wahlbeteiligung um 10% im Vergleich zu den Wahlen von 1997 (auf 70,2%). Die Enttäuschung über die MDP spiegelte sich auch in der Zunahme der Stimmen für den Kandidaten der Demokratischen Arbeiter*innenpartei, Kwon Young-ghil, den Vorsitzenden des Koreanischen Gewerkschaftsbundes (KCTU), wider, der fast 4% der Stimmen erhielt, gegenüber 1,2% im Jahr 1997.

Das ominöse Patt zwischen den USA und dem Norden stärkte den konservativen Lee, einen ehemaligen Richter am Obersten Gerichtshof, der früher mit der von den USA unterstützten Diktatur in Verbindung stand, nicht. Dies deutet auf eine große Veränderung gegenüber den politischen Ausrichtungen des Kalten Krieges hin. Zum Zeitpunkt von Bushs Rede zur Achse des Bösen (Januar 2002) schloss sich sogar ein Teil der parlamentarischen Vertreter*innen der GNP der MDP an und verurteilte Bushs provokative Politik gegenüber dem nordkoreanischen Regime. Dies zeigt Unterstützung in der herrschenden Klasse in Südkorea für die Sonnenscheinpolitik. Sie befürchten, dass eine US-Politik der Isolierung des nordkoreanischen Regimes und die Androhung eines Militärschlages zu einem katastrophalen Atomkrieg führen könnte. Sie fürchten aber auch eine Implosion von Kim Sung-ils Regime, sei es durch innere Schwäche oder durch verstärkten wirtschaftlichen Druck in Form von durch die USA erzwungenen Sanktionen.

Ein plötzlicher Zusammenbruch könnte zu einer massiven Abwanderung aus dem Norden in den Süden führen, was sich verheerend auf die ohnehin schon angespannte südkoreanische Wirtschaft auswirken würde. Die Mehrheit der südkoreanischen Kapitalist*innen will die Wiedervereinigung des Landes, aber sie wollen sie über einen Zeitraum von 20 bis 30 Jahren, beginnend mit einer Art lockerer Föderation und allmählich hin zu einer Integration auf kapitalistischer Grundlage. Eine schnelle Wiedervereinigung nach dem Vorbild Deutschlands 1990-91 würde ihrer Ansicht nach das südkoreanische Wirtschafts„wunder“ zerstören.

Eine Schätzung („Financial Times“, 8. November 2002) beziffert die Kosten einer raschen Wiedervereinigung auf 3.200 Mrd. Dollar, eine für Südkorea phänomenale Summe. Die hohen Kosten ergeben sich aus dem enormen Wohlstandsgefälle zwischen den beiden Ländern: Der Süden mit seinen 50 Millionen Einwohner*innen hat ein BIP von fast 500 Milliarden Dollar, während der Norden mit seinen 23 Millionen Einwohner*innen ein BIP von schätzungsweise nur 15 Milliarden Dollar hat. Dieser Unterschied ist etwa fünfmal größer als der wirtschaftliche Unterschied zwischen Westdeutschland und dem Osten in den Jahren 1990-91.

Hinter der „Sonnenscheinpolitik“ des früheren Präsidenten Kim Dae-jung, die von Roh unterstützt wird, steht die Strategie der schrittweisen Öffnung des Nordens für den Kapitalismus des Südens. Südkorea, nun Mitglied der OECD, ist kein Billiglohnland mehr und gerät in letzter Zeit stark unter Druck durch China mit seinen riesigen Reserven an extrem billigen Arbeitskräften und Rohstoffen. Die koreanischen Großunternehmen verlagern Teile ihrer Produktion (z. B. in der Elektronik- und Automobilbranche) nach China, während ein Teil versucht, den Norden zu erschließen, um dessen billige Arbeitskräfte auszubeuten. Ein großer südkoreanischer Kapitalist, Kim Yoon-kyu, beginnt beispielsweise mit dem Bau eines 49 Quadratkilometer (19 Quadratmeilen) großen, 9 Milliarden Dollar teuren Industrieparks und einer neuen Stadt in Gaeseong nördlich der entmilitarisierten Zone, nur etwa 70 Kilometer nördlich von Seoul. Wenn sie im Jahr 2010 fertiggestellt ist, wird diese Sonderwirtschaftszone 3.000 Fabriken, 100.000 Wohneinheiten und über 1.000 Hotelzimmer umfassen. Südkoreanische Kapitalist*innen planen auch die Eröffnung von Eisenbahn- und Straßenverbindungen durch Nordkorea, um dem Süden Zugang zu Energie, Rohstoffen und Märkten in Sibirien und China zu verschaffen. Die schrittweise wirtschaftliche Kolonisierung des Nordens ist also eine attraktive Perspektive für die südkoreanischen Kapitalist*innen, während eine schnelle Wiedervereinigung der Halbinsel eine Katastrophe wäre.

Nach seiner Wahl versuchte Roh (der im Februar die Präsidentschaft antritt), seinen radikalen „populistischen“ Ruf herunterzuspielen und die Bush-Regierung zu beruhigen. Er bezeichnete George W. als „cool“ und bestritt seinen angeblichen Antiamerikanismus (in den 1980er Jahren forderte Roh den Abzug der US-Truppen aus Südkorea).

Roh wird jedoch gezwungen sein, der tiefgreifenden Stimmung für Wiedervereinigung und ein Ende der US-Vorherrschaft Rechnung zu tragen. „Ich habe keine antiamerikanischen Gefühle“, sagte Roh, „aber ich werde auch keinen Kotau vor den Amerikanern machen“. Die Massenproteste wegen der Tötung der zwei südkoreanischen Schülerinnen durch ein US-Militärfahrzeug werden dafür sorgen, dass zumindest die Frage der Überarbeitung des „Truppenstatuts“, das US-Personal faktisch Immunität vor südkoreanischem Recht gewährt, auf der Tagesordnung stehen wird.

Roh betont die Notwendigkeit einer „reifen Beziehung zu den Vereinigten Staaten“ und meint damit klar, dass seine neue Regierung und nicht die USA die Führung im Umgang mit Nordkorea übernehmen sollte. Im Lande, einschließlich in der herrschenden Elite, gibt es großen Unmut darüber, dass die US-Politik gegenüber dem Norden (einschließlich Clintons Manövern von 1994, die beinahe zu einem bewaffneten Konflikt geführt hätten) über den Kopf der südkoreanischen Regierung hinweg betrieben wurde. Während er versucht, das Weiße Haus zu beschwichtigen, hat Roh seinen Widerstand gegen die provokative und unverantwortliche Politik des Bush-Regimes deutlich gemacht.

„Die USA mögen von einer Politik der harten Hand profitieren, aber wir werden es nicht “, sagt Roh. „Wir müssen einen Dialog mit dem Norden und mit den USA haben“, sagte Roh nach seinem Wahlsieg. „Auf diese Weise müssen wir dafür sorgen, dass der Streit zwischen dem Norden und den USA nicht zu einem Krieg eskaliert. Jetzt muss die Republik Korea eine zentrale Rolle übernehmen. Wir können keinen Krieg haben.“

Es ist klar, dass in einem Krieg der Süden das erste Ziel wäre und wahrscheinlich ausgelöscht werden würde. Später sagte Roh, er sei entsetzt gewesen, als er von den US-Plänen für einen Schlag gegen Nordkoreas Atomanlagen erfuhr. „Zum Zeitpunkt der Wahlen“, so Roh, „sprachen einige US-Beamte, die in der Regierung große Verantwortung trugen, über die Möglichkeit eines Angriffs auf Nordkorea. Damals war ich der Meinung, dass ich einen Angriff auf Nordkorea ablehnen würde, egal welche Differenzen ich mit den USA bekommen würde.“

Roh Moo-hyun, der aus einer armen Bäuer*innenfamilie kommt, machte sich in den 1980er Jahren einen Namen als Menschenrechtsanwalt. Die kapitalistische Presse hat ihn als Populisten dargestellt, der „dem Großkapital misstraut und die Umverteilung des Reichtums befürwortet“. („Financial Times“, 20. Dezember) In Wirklichkeit gibt es keinen Hinweis darauf, dass Roh eine antikapitalistische Politik verfolgt, die die Interessen der Arbeiter*innenklasse verteidigen würde. In der Tat sagte Roh zur Frage der „Flexibilität“ der Arbeitskräfte (wobei sich Großunternehmer*innen darüber beschweren, dass ihre Möglichkeiten, Arbeiter*innen zu entlassen, trotz der von Kim Dae-jung vorgenommenen Änderungen des Arbeitsrechts immer noch eingeschränkt sind): „Ich denke, es gibt immer noch einige starre Faktoren auf dem Arbeitsmarkt. Ich werde versuchen, alle unvernünftigen Hürden zu beseitigen“. Die koreanische Industrie- und Handelskammer hat bereits deutlich gemacht, dass sie die oberste Priorität des neuen Präsidenten in der „Stärkung der industriellen Wettbewerbsfähigkeit und [der] wirtschaftlichen Erholung“ sieht. Trotz der teilweisen Erholung von der Krise von 1997 steht Südkorea jedoch wie das übrige Asien vor einer Zeit wirtschaftlicher Turbulenzen und politischer Umwälzungen. Die Arbeiter*innenklasse, die in den 1980er Jahren die Diktatur gestürzt hat, wird sich erneut in Massenaktionen engagieren, um die Interessen der Arbeiter*innenklasse zu verteidigen und für eine Chance der Gesellschaft auf sozialistischer Grundlage zu kämpfen.

Die Krise zwischen den USA und Nordkorea kann in den kommenden Wochen durch Diplomatie entschärft werden. Aber die Auswirkungen werden weitreichend sein. Der Massendruck für den Rückzug der US-Militärpräsenz aus Südkorea und Japan wird zunehmen. Der Rahmen des Kalten Krieges wird schnell zerfallen, und die Rivalität zwischen Japan, China und anderen regionalen Mächten wird zunehmen. Wenn Nordkorea seine (tatsächliche oder potenzielle) atomare Abschreckung einsetzt, um die USA zum Rückzug zu zwingen, wird dies mit ziemlicher Sicherheit zu einer weiteren „atomaren Proliferation“ führen, wobei Japan und andere Staaten zu dem Schluss kommen werden, dass sie nur dann internationalen Einfluss ausüben können, wenn sie über Atomwaffen verfügen. Eine neue und gefährlichere Periode der Weltbeziehungen ist angebrochen.


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