Ted Grant: Rüstungswettlauf, Krieg in den achtziger Jahren: „Politik mit anderen Mittel“

[‘Militant International Review’, Nr. 29, Juni 1985, S. 5-11]

Für Marxist*innen sind Krieg und Revolution grundlegende Fragen. Die grundlegenden Positionen in diesen Fragen wurden von den großen marxistischen Denkern der Vergangenheit großartig ausgearbeitet: Marx, Engels, Lenin und Trotzki.

Während eines Zeitraums von vierzig Jahren wurden diese Ideen durch die unverfälschte Strömung des modernen Marxismus erweitert und entwickelt, die von Militant und Militant International Review vertreten wird.

Es ist notwendig, die grundlegenden Begriffe des Marxismus in jedem Stadium zu bekräftigen, um nicht durch den Gang der Ereignisse völlig aus der Bahn geworfen zu werden.

Das gilt nirgends mehr als in den großen Fragen der Unterschiede, die zwischen den Nationen auftreten. Der große deutsche Militärhistoriker Clausewitz erklärte, dass der Krieg die ernsthafteste Frage sei, weil letztlich alle großen Probleme auf diese Weise gelöst werden. Nicht nur Krieg zwischen Nationen, sondern auch der Krieg zwischen den Klassen entscheidet die Fragen.

Die Strateg*innen des Kapitals verstehen aus ihrem Blickwinkel den Charakter des Krieges ebenso wie die Marxist*innen. Im Unterschied dazu haben die sogenannten „Theoretiker*innen“ der Kommunistischen Partei ebenso wie die des rechten und linken Flügels der Labour Party die grundlegendsten Lehren von Marx vergessen.

Der ideologische Niedergang aller Führungen der Arbeiterbewegung international – egal ob „kommunistisch“ oder sozialistisch – ist an ihrer Haltung zu Krieg und Frieden deutlich.

Die klaren, präzisen Formulierungen von Marx und Lenin wurden zugunsten aller Arten von Mittelschicht- und pazifistischen Ideen zur Seite gestoßen.

Dies ist im Fall der „Kommunistischen“ Partei besonders klar, die sich einbildet, dass „Druck“ das Entstehen eines Weltkriegs verhindern könne und über die „Einheit aller fortschrittlichen Kräfte“ redet, um die herrschende Klasse höflich von dem Aufgeben der atomaren Aufrüstung zu überzeugen!

Diese bemitleidenswerten ahnungslosen Reformist*innen betrachten jetzt die Lehren von Marx und Lenin als „altmodisch“. Sie haben vor langer Zeit den Klassenblickwinkel aufgegeben, sowohl in der innen – als auch in der internationalen Politik. Und wie der alte Clausewitz erklärte: „Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“.

Zum Wohle dieser Damen und Herren ist es notwendig, das ABC des Marxismus zu wiederholen, das vor langer Zeit die wirtschaftlichen Grundlage der Gesellschaft und Politik erklärte. Wie es Lenin kurz und bündig sagte: „Politik ist konzentrierte Ökonomie.“

Auf der Grundlage der bestehenden Eigentumsverhältnisse erhebt sich der nationale und internationale Überbau, auf dem die Politik beruht.

Die Politik der herrschenden Klasse im Westen und der herrschenden Bürokratien der stalinistischen Staaten wird durch die Notwendigkeit bestimmt, ihre materielle Macht, Einkommen, Prestige und Privilegien zu verteidigen, und im Falle der Kapitalist*innen sind dabei ihre Profite entscheidend. Das bestimmt ihre Handlungen sowohl im Inland als auch im Ausland.

Beiläufig gesagt kommen die ernsthaften Strateg*innen der Bourgeoisie immer tendenziell zu ähnlichen Schlussfolgerungen wie die Marxist*innen. In Wirklichkeit sind viele von ihnen von den Ideen des Marxismus beeinflusst, ohne dass sie diese Tatsache zugeben.

Sie verstehen die materielle Grundlage der Weltpolitik ausgezeichnet. Ihre Haltung ist Millionen Mal ernsthafter als das kleinbürgerliche leere Gerede der Pazifist*innen und Reformist*innen.

Der zentrale Widerspruch

Der zentrale Widerspruch unserer Epoche im Weltmaßstab ist der Widerspruch zwischen dem mächtigen stalinistischen Russland auf der einen Seite und dem gigantischen amerikanischen Imperialismus auf der anderen. Dieser grundlegende Widerspruch bestand vor dem Zweitem Weltkrieg, hat sich jetzt aber tausendfach vergrößert.

1939 konnten es sich der deutsche und britische Imperialismus den Luxus leisten, Krieg zu führen, weil sie sich einbildeten, dass dieser grundlegende Gegensatz – zwischen dem Weltkapitalismus und dem deformierten Arbeiter*innenstaat in Russland – während oder nach dem Krieg beseitigt würde.

Angesichts der Tatsache, dass dieses Jahr der vierzigste Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs ist, passt es vielleicht, dass wir uns damit befassen, was der Krieg wirklich darstellte.

Der Zweite Weltkrieg war die größte Fehlkalkulation in der Geschichte des Weltkapitalismus. Die britischen, deutschen und amerikanischen Imperialist*innen zahlten alle einen hohen Preis für ihren Fehler. Weil die Verbrechen Stalins und der Bürokratie die Sowjetarmee und -wirtschaft schwer geschwächt hatten, bildete sich Hitler ein, dass er in Russland einen leichten Sieg haben würde.

Die Kriegspläne der „demokratischen“ Bourgeoisie von Großbritannien ihrerseits beruhten auf der Idee, dass Deutschland und Russland sich miteinander verkämpfen würden, und dass dann, wenn sie beide erschöpft wären, Großbritannien „beide einkassieren“ könne.

Aber die Kalkulationen aller imperialistischen Mächte wurden zunichte gemacht. Der Zweite Weltkrieg in Europa löste sich tatsächlich auf in einen gigantischen Kampf zwischen dem stalinistischen Russland, auf der Grundlage der verstaatlichten Planwirtschaft, und Nazideutschland, das die Ressourcen des Großteils von Europa hinter sich hatte.

Trotz der Verbrechen des Stalinismus schlugen die russischen Arbeiter*innen und Bäuer*innen die Nazis bei Stalingrad, Kursk, Leningrad und Moskau und führten den größten militärischen Vormarsch in der ganzen Menschheitsgeschichte durch.

Dies war eine Katastrophe für den europäischen und amerikanischen Kapitalismus. 1945 hatten sie halb Europa verloren. Die deutschen Kapitalist*innen verloren am meisten, weil ihr Land in zwei Teile geteilt wurde. Der Abwurf der Atombomben auf Hiroschima und Nagasaki war als Warnung gegen Russland gedacht, weil Japan schon besiegt war. Er erreichte jedoch nicht sein beabsichtigtes Ziel, die Rote Armee vom Vormarsch in die Mandschurei abzuhalten, wo sie die japanische Armee in zehn Tagen besiegte.

Stalinismus gestärkt

Der Sieg des russischen Stalinismus im Krieg und der folgende Sieg Maos in China schufen ein neues weltweites Kräfteverhältnis, das der modernen Epoche entscheidend seinen Stempel aufgedrückt hat.

Die eigenartige Entwicklung des Krieges konnte vom größten Genie nicht vorhergesehen werden. Alle Imperialist*innen hatten sich verkalkuliert – nicht zu reden von Stalin und der Moskauer Bürokratie, deren falsche und kriminelle Politik zusammen mit den Imperialist*innen auch für den Krieg verantwortlich war.

Vor seiner Ermordung durch einen stalinistischen Agenten hatte Leo Trotzki vorhergesagt, dass der Krieg entweder mit der sozialistischen Weltrevolution oder der militärischen Niederlage der UdSSR enden würde. (Allerdings hat Trotzki in seiner letzten Arbeit, Stalin, die bei seinem Tod unvollendet war, schon die Idee vertreten, dass das stalinistische Regime für eine ganze Geschichtsepoche überleben könnte.)

Tatsächlich ging das stalinistische Regime durch seinen Sieg über Hitler aus dem Krieg gestärkt hervor Die Errichtung von Regimes des proletarischen Bonapartismus – oder totalitärer bürokratischer Militär- und Polizeistaaten mit Einparteienregime nach dem Vorbild Moskaus – in Osteuropa schwächte die Bürokratie nicht, sondern stärkte sie, wie es die chinesische Revolution 1945-49 machte.

Die gesellschaftliche Grundlage in Osteuropa und China wurde umgestaltet. Kapitalismus und Großgrundbesitz wurden beseitigt. Dies war ein ungeheurer Schritt vorwärts, obwohl die Errichtung von Militär- und Polizei-Regimes statt proletarischen oder sozialistischen Demokratien ein Schritt rückwärts waren. Gleichzeitig hatten wir die mächtige Bewegung der Massen in der kolonialen und halbkolonialen Ländern von Afrika, Asien und Lateinamerika, die die früheren Kolonialmächte zwang, ihre direkte Militärherrschaft schrittweise zugunsten indirekterer Beherrschung durch die Mechanismen des Weltmarkts, die „Terms of Trade“, Zinsen und „Hilfe“ aufzugeben.

All dies schuf eine völlig neue Lage im Weltmaßstab, die nicht im Voraus vorhergesehen werden konnte. Unter dem Druck der Ausdehnung des Stalinismus, der kolonialen Revolution und der Drohung von Revolution in Westeuropa und Japan, war der US-Imperialismus gezwungen, die Verluste des Kapitalismus in den entwickelten kapitalistischen Ländern abzuschreiben und gleichzeitig zu versuchen, die verfaulten und degenerierten kapitalistischen Regime in Afrika, Asien und Lateinamerika zu stützen.

Nachtkriegsboom

Die Gründe für den Nachkriegsboom wurden in anderen Artikeln und Dokumenten erklärt. Die Vorbedingung dafür war die Entgleisung der Revolution in Europa nach dem Krieg durch die falsche Politik der sozialdemokratischen und stalinistischen Führungen.

Die Spaltung der ganzen Welt zwischen den beiden gigantischen Supermächten – der USA und der Sowjetunion – zwang die anderen kleineren Mächte, sich bei Strafe der Vernichtung zusammenzufinden. Aus strategischen, politischen und wirtschaftlichen Gründen schuf der US-Imperialismus den Marshallplan, der die wirtschaftliche Erholung in Westeuropa und Japan unterstützte.

Die vom Krieg selbst verursachten Verheerungen eröffneten neue Märkte und Investitionsmöglichkeiten. Auf der anderen Seite bedeutete die erdrückende Vorherrschaft des US-Imperialismus als herrschender Weltmacht, dass der allmächtige Dollar, der direkt mit dem Gold verbunden war (in geringerem Ausmaß auch das Pfund), die Rolle der Weltwährung und des Handelsmittels spielen konnte.

Die USA waren bei Strafe der Vernichtung gezwungen, die Weltwirtschaft in Gang zu halten. Der Hauptantrieb des beispiellosen Wirtschaftsaufschwungs, der von den fünfziger Jahren bis zur Mitte der siebziger Jahre stattfand, war eine beispiellose Intensivierung der weltweiten Arbeitsteilung, des Welthandels und der Weltwirtschaft, in einem viel größeren Ausmaß als in der Vergangenheit.

Dies war der Hauptgrund für den Boom, auch wenn es andere beitragende Faktoren gab. Die allgemeine Anwendung von keynesianischer Politik und Defizitfinanzierung und die vergrößerten Staatsausgaben, besonders Rüstungsausgaben, halfen, den Boom anzuheizen, aber nur um den ungeheuren Preis, das Feuer der Inflation zu schüren. In der Periode wurden riesige Mengen von fiktivem Kapital erzeugt, einschließlich von Billionen Dollar an Eurodollars, die heute in Westeuropa herumgeistern.

Dieses glänzende Feuerwerk, das den Niedergang des Kapitalismus erleuchtete, schuf gewaltige Illusionen in die Möglichkeiten einer neuen Ära von Frieden und Wohlstand. Die Bourgeoisie sprach von einer „Pax Americana“, und „dem Amerikanischen Jahrhundert“. Im Vergleich zu den Bedingungen der zwanziger und dreißiger Jahre gingen alle fortgeschrittenen kapitalistischen Länder durch eine Periode der Vollbeschäftigung und verhältnismäßigem Wohlstand für die Massen.

Natürlich fielen die reformistischen und stalinistischen „Ideologen“ auf all das herein. Sie verstanden nicht, dass die Bourgeoisie durch diese beispiellose Entwicklung des Welthandels und der weltweiten Arbeitsteilung den Grundwiderspruch (das heißt den Widerspruch zwischen der Entwicklung der Produktivkräfte und der Zwangsjacke des Privateigentums und des Nationalstaats) teilweise und vorübergehend überwunden hatte.

In einer brillanten Bestätigung dessen, was Marx und Engels 1847 geschrieben hatten, wurde die Welt eine einzige, wechselseitig abhängige Wirtschaftseinheit, ein einziger Markt, dem jeder Nationalstaat untergeordnet ist.

Selbst die stalinistischen Staaten wurden in den Weltmarkt hineingezogen und mussten unter dem Zwang der Wirtschaftskrise der bürokratischen Regime den reaktionären Traum der „Autarkie“ und den Wahnsinn des Aufbaus „unabhängiger“ Wirtschaften in Russland, China, der Tschechoslowakei, Polen etc. unter dem Banner des „Sozialismus in einem Lande“ aufgeben.

Die Entwicklung der Atomwaffen ist die endgültige und vernichtende Antwort auf die reaktionäre Utopie von Stalins „Theorie“ des „Sozialismus in einem Lande“. Alles, was in Jahrzehnten von Arbeit und Entbehrungen aufgebaut wurde, kann in Minuten zerstört werden. Das Schicksal der Arbeiter*innen in allen Ländern ist durch die Bande der Weltwirtschaft miteinander verbunden. Es ist auch durch den weltweiten Klassenkampf verbunden. Nur der Sieg in den wichtigsten Ländern kann den Marsch vorwärts zur demokratischen Arbeiter*innenmacht und dann zum Sozialismus garantieren.

In der ganzen langen Periode des Booms nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Hauptwiderspruch zwischen den kapitalistischen und nichtkapitalistischen Staaten nicht beseitigt. Aber aus Gründen, die wir unten erklären werden, hat er nicht zu einem neuen Weltkrieg geführt. Statt dessen findet er seinen Ausdruck in dem wahnsinnigen Rüstungswettlauf mit den teuflischsten Waffen auf dem Land, unter der Erde, im Meer und jetzt auch im Weltraum.

Trotzdem hat das geänderte Kräfteverhältnis international bedeutet, dass die sogenannten kleinen Kriege, die seit 1945 jedes Jahr geführt werden, nicht zu einem umfassenden Konflikt zwischen Russland und Amerika geführt haben. In gewissem Umfang hat der Wirtschaftsaufschwung die Gegensätze vorübergehend gedämpft.

Trotz der Bürokratie zeigten sich die Vorteile der verstaatlichten Planwirtschaften durch die Errungenschaften der Sowjetunion seit dem Krieg. Noch in den fünfziger Jahren wuchs die Sowjetunion etwa um 10% pro Jahr. Diese gewaltigen Errungenschaften der Sowjetunion müssen vor dem Hintergrund der schrecklichen Zerstörungen des Krieges gesehen werden, als Russland mit mehr als 20 Millionen Toten mehr als jedes andere Land litt.

Marx und Engels erklärten vor langer Zeit, dass kein Gesellschaftssystem jemals zu bestehen aufhört, bevor es sein ganzes ihm innewohnendes Potenzial für die Entwicklung der Produktivkräfte erschöpft hat.

Das Geheimnis der verhältnismäßigen Stabilität der bürokratischen Regimes in Russland und Osteuropa seit dem Krieg war, wie Trotzki erklärte, teilweise der Angst der Massen vor imperialistischer Intervention geschuldet, lag aber hauptsächlich daran, dass die Bürokratie immer noch in der Lage war, eine verhältnismäßig fortschrittliche Rolle bei der Entwicklung der Wirtschaft zu spielen, allerdings zu Kosten, die um ein Vielfaches höher als unter dem Kapitalismus sind.

Und hier haben wir einen neuen und schlagenden Widerspruch. Auf der anderen Seite hat sich der Gegensatz zwischen der russischen Bürokratie und dem US-Imperialismus seit 1939 ungeheuer verstärkt. Auf der anderen Seite macht es das Vorhandensein von totalitären Regimes des proletarischen Bonapartismus viel leichter, vorübergehende Vereinbarungen zu bekommen, als es zu Lebzeiten von Lenin und Trotzki auf der Grundlage eines gesunden Arbeiter*innenstaates unter der Führung einer revolutionären internationalistischen Bolschewistischen Partei der Fall war.

Friedliche Koexistenz“

Der Grund dafür ist, dass nicht nur die Bourgeoisie, sondern auch die bürokratischen stalinistischen Regimes die sozialistische Revolution ablehnen. Das gilt besonders für die entwickelten kapitalistischen Länder, aber auch für die koloniale Welt, wo es die Gefahr geben würde, dass diese Revolutionen zur Errichtung eines gesunden Arbeiter*innenstaates führen würden. Tatsächlich fürchtet die Bürokratie den Sieg der Arbeiter*innenklasse und die Errichtung eines Regimes der proletarischen Demokratie noch mehr als die Bourgeoisie, weil das eine direkte Herausforderung ihrer Macht und Privilegien wäre.

Dies erklärt, warum es, zumindest für vorübergehende Perioden, möglich ist, eine Form des Zusammenlebens auf der Grundlage des Status Quo zu finden, als Versuch, die Interessen der Imperialist*innen und der Bürokratie zu schützen.

Trotz aller Drohungen, Beleidigungen und allen Fäusteschwingens wissen die Strateg*innen des Kapitals, dass die stalinistischen Bürokratien bloß eine neue Variante des Reformismus sind. Was ihre subjektiven Absichten angeht, stellen sie keine Bedrohung dar. Tatsächlich, soweit gesellschaftliche Stabilität unter dem Kapitalismus überhaupt möglich ist, tragen die sozialdemokratischen und „stalinistischen“ Führer*innen zu ihr bei. Die sogenannten „Kommunistischen“ Parteien in Westeuropa, den USA und Japan haben jahrzehntelang „ihren Teil getan“, um den Kapitalismus zu festigen.

Moskaus konterrevolutionäre Rolle

Die als „Eurokommunismus“ bekannte neue und abstoßende Degeneration ist die geschichtliche Strafe und gerechte Belohnung für die bankrotten „Theoretiker*innen“ des Stalinismus, die hochmütig die von Trotzki 1928 vertretene Idee abtaten, dass das Anerkennen des Sozialismus in einem Lande den Beginn der national-reformistischen Degeneration der Kommunistischen Parteien in der Welt darstellen würde, egal ob sie an der Macht sind oder nicht.

Nur die Dummheit des US-Imperialismus verhindert den Eintritt der italienischen KP in die Regierung – zumindest für den Moment. Das Beispiel Frankreichs zeigt, wie diese Damen und Herren sich aufführen, wenn sie „im Amt“ sind – wie gute „respektable“ Reformist*innen, die für die Kapitalist*innen eifrig die Drecksarbeit machen, bis sie mit einem Tritt in den Hintern unzeremoniell hinausgeworfen werden!

Die Krise des Kapitalismus bereitet allen „Kommunistischen“ Parteien interne Krämpfe, wie wir in Großbritannien, Spanien, Griechenland, Finnland etc. sehen.

Diese Leute stellen keine Bedrohung für die herrschenden Klassen im Westen dar. Die scharfsinnigeren Bourgeois haben das verstanden und sind bereit, zu einer Übereinkunft mit den „Kommunist*innen“ zu kommen, wenn sie einer Bewegung der Arbeiter*innen gegenüberstehen. Warum ist es dann nicht möglich, eine ähnliche Vereinbarung mit den „vernünftigen“ Männern im Kreml zu haben?

Was sie betrifft, wäre die russische Bürokratie nur zu willig, eine Vereinbarung zu erreichen. Sie haben kein Interesse an der Weltrevolution. Alles, was sie wollen, ist ihre Macht, Einkommen, Prestige und Privilegien zu bewahren und mit dem Job der Organisierung „ihrer“ Länder weiterzumachen.

Die Gesetze, die die verstaatlichen Planwirtschaften beherrschen, sind nicht die selben wie die, die unter dem Kapitalismus wirken. Die stalinistische Bürokratie muss nicht expandieren, ausländische Gebiete und Märkte erobern.

Die Moskauer Bürokratie hat seit Jahrzehnten eine konterrevolutionäre Rolle gespielt. Selbst in der kolonialen Welt haben die Revolutionen, die stattgefunden haben, nicht wegen, sondern trotz der Bürokratie stattgefunden. Im Irak [1958] und Sudan [1969] hielt die KP Kundgebungen von mehr als einer Million Menschen ab. Sie hätten die Macht friedlich übernehmen können, ohne Bürgerkrieg und Blutvergießen. Statt dessen übergaben sie die Macht wissentlich an angeblich „fortschrittliche“ Armeeoffiziere, die ihnen dankten, indem sie an den Kommunist*innen, Arbeiter*innen und Bäuer*innen ein Massaker verübten.

In Indonesien spielte die KP genau die selbe Rolle, die nach eigenen Angaben drei Millionen Mitglieder hatte, von denen [1965-66] wahrscheinlich eine Million von reaktionären Armeeoffizieren ermordet wurde. In diesem Fall liegt die Verantwortung bei der chinesischen Bürokratie, die die indonesische Partei kontrollierte und ermutigte, nicht die Macht zu übernehmen, obwohl sie 10 Millionen organisierte Arbeiter*innen und 40% der Armee hinter sich hatte – viel mehr, als sich Lenin 1917 erträumte!

Die russische Bürokratie lehnte die chinesische Revolution 1945-49 ursprünglich ab. Stalin wies Mao an, dass er mit Tschiang Kai-schek eine Koalitionsregierung eingehen solle! Es war nicht Moskau zu verdanken, dass Mao diese Einladung zum Selbstmord nicht befolgte.

Auf Kuba unterstützte die korrupte und völlig degenerierte „Kommunistische“ Partei den Diktator Batista und griff Castro an. Erst als Castro nach dem Generalstreik in Havanna die Macht übernahm und mit dem US-Imperialismus brach, leistete der Kreml schließlich Hilfe. Wenn es von den Stalinist*innen abgehangen hätte, hätte die kubanische Revolution nie stattgefunden.

Auf den Philippinen wurde die moskau-orientierte KP, die PKP, seit 1974 von Marcos legalisiert und toleriert. Heute versucht sie verzweifelt, die oppositionelle Kommunistische Partei, die CPP, und ihre Guerillakräfte zu spalten, die früher maoistisch waren, aber jetzt unabhängig sind. Die sogenannten Hardliner*innen vom Morning Star1 hat diesen konterrevolutionären reformistischen „Kommunist*innen“ zugestimmt, die das Marcos-Regime stillschweigend toleriert haben, wie ihre Schwesterpartei Batista tolerierte. So unterstützt der Morning Star „Kommunist*innen“, die schlimmer als die Euro-Kommunist*innen sind – aber in diesem Fall unterstützt Moskau die PKP und daher müssen sie unterstützt werden! Ironischerweise veröffentlichte der Morning Star zum Ersten Mai 1985 ein Interview mit dem Führer der pro-Moskau Philippinischen „Kommunistischen“ Partei, in dem er diese konterrevolutionären Pläne offen erklärte. Die verfaulten Kommunistischen Parteien in Asien, Afrika und Lateinamerika haben nirgends die sozialistische Revolution durchgeführt, außer in karikierter und verzerrter Form in China und Indochina, wie wir erklärt haben. Es ist kein Zufall, dass die Times empfahl, dass die KP im Sudan in die neue Regierung aufgenommen werde. Letztes Mal haben sie bei Numeiri gute Arbeit geleistet!

Trotz dem reaktionären Gefasel Reagans war Moskau für die nicaraguanische Revolution nicht verantwortlich. Im Gegenteil haben die russische und kubanische Bürokratie Druck auf die Sandinistas ausgeübt, die Revolution nicht zu Ende zu führen, mit der (in Wirklichkeit nicht vorhandenen) „fortschrittlichen“ nicaraguanischen Bourgeoisie eine Übereinkunft zu treffen und mit dem US-Imperialismus einen Kompromiss zu machen.

Die Bürokratie strebt eine Übereinkunft mit dem US-Imperialismus an. Das letzte, was sie wollen, ist Ärger in Lateinamerika, der Reagan „lästig sein“ und die Chance für eine „Verständigung“ beseitigen könnte.

Keine „russische Bedrohung“

Der Traum Gorbatschows übersieht jedoch die grundlegende Frage: den Grundwiderspruch zwischen einem Regime auf der Grundlage von Verstaatlichung der Wirtschaft und Plan und dem niedergehenden Kapitalismus.

Die Bürokratie strebte immer wieder eine Vereinbarung mit dem US-Imperialismus auf der Grundlage von „friedlicher Koexistenz“ zwischen verschiedenen Gesellschaftssystemen an. Sie entstellen zynisch Lenins Lehren in der Kriegsfrage, um ihre Drehungen und Wendungen zu rechtfertigen. Vergeblich! Die bloße Existenz von deformierten Arbeiter*innenstaaten untergräbt den Kapitalismus – unabhängig von den subjektiven Absichten der Bürokratie.

Es ist wahr, dass die monströsen Regime der totalitären Einparteienstaaten keine Anziehungskraft auf die Massen in den fortgeschrittenen kapitalistischen Staaten Japans, Westeuropas und der Vereinigten Staaten ausüben.

Aber in den ex-kolonialen und halbkolonialen Welt stellt sich die Frage völlig anders. Unter den Bedingungen von Massenelend schauen die Massen angesichts der Sackgasse des Kapitalismus auf der Suche nach einem Ausweg immer noch nach Russland und China.

Daher stellt das Vorhandensein mächtiger verstaatlichter Planwirtschaften trotz der Bürokratien immer noch einen Anziehungspunkt für die Massen in den unterentwickelten Ländern und einen mächtigen Anreiz für die antikapitalistischen und antiimperialistischen Bewegungen der Massen dar.

Es ist dies und nicht die angebliche „russische Bedrohung“, die den Strategen des Kapitals am meisten Sorge macht. Russlands Wirtschaftssystem braucht keine Ausdehnung. Obwohl die Rote Armee leicht einen konventionellen (das heißt nichtatomaren) Krieg in Europa gewinnen könnte, hat Moskau in Wirklichkeit keine Absicht zum Angreifen.

Abgesehen von allem anderen könnten sie die Arbeiter*innen von Frankreich, Italien, Deutschland und Großbritannien nicht niederhalten. Sie haben alle Hände voll zu tun, die Pol*innen niederzuhalten! In Wirklichkeit wäre eine militärische Besetzung Westeuropas das Ende der Bürokratie. Die heutige Rote Armee besteht hauptsächlich aus Arbeiter*innen in Uniform und ist nicht die selbe wie 1945. Sie würde von den Keimen der Revolution schnell angesteckt werden.

Alle ernsthaften Militäranalyst*innen stimmen heute zu, dass in einem konventionellen Krieg in Europa nichts die Kräfte des Warschauer Pakts stoppen könnte. Innerhalb einer Woche oder so hätten sie ganz Europa unter Kontrolle. Deutschland würde sich wahrscheinlich keine 24 Stunden halten, höchstens 48 Stunden.

Die deutsche Armee versuchte in diesem Jahrhundert zweimal, mit preußischer Militärdisziplin die Welt zu erobern. Jetzt ist das durch das geänderte Kräfteverhältnis ausgeschlossen. Die NATO-Kräfte würden durch die unermesslich überlegenen Kräfte des Warschauer Pakts zur Seite gefegt werden.

Das geänderte Lage wird von der herrschenden Klasse in Westdeutschland klar anerkannt, die zum Status einer Art Satellit der Vereinigten Staaten reduziert ist. Dass die kapitalistischen Herrscher*innen das klar verstehen, zeigt sich an der Stellung der früher mächtigen deutschen Armee. Ihre preußische Militärdisziplin wurde so verwässert, dass der Großteil der Armee an den Wochenende frei hat! Die frühere preußische Offizierskaste würde bei so etwas einen Schlaganfall kriegen! Beiläufig ist das auch eine schlagende Bestätigung dafür, wie ernst sie ihr eigene Propaganda über die oft beschworene „Bedrohung“ einer Invasion durch Russland oder den Warschauer Pakt nehmen!

Die Folgerung ist klar. Ein größerer Krieg zwischen den zwei Supermächten wäre notwendigerweise ein Atomkrieg. Er würde die Zerstörung der Menschheit und wahrscheinlich die Vernichtung allen Lebens auf dem Planeten bedeuten.

Klassenstandpunkt erforderlich

Die Gefahr eines Atomkriegs hat die Vorstellung von Millionen ergriffen, besonders der Jugend. In den letzten Jahren gab es große Bewegungen in vielen Ländern gegen Atomrüstungen, gegen die NATO und gegen die skandalöse Verschwendung von Ressourcen, die die für die Waffenproduktion ausgegebenen atemberaubenden Summen darstellen.

Marxist*innen haben alle Sympathie mit dem brennenden Abscheu gegen diese Widerwärtigkeiten, die sogar das Vorhandensein des Lebens selbst bedrohen. Die Sehnsucht, gegen den Militarismus, imperialistische Bündnisse wie die NATO und das monströse Ausbluten der Gesellschaft durch den „militärisch-industriellen Komplex“ zu kämpfen, beinhaltet einen grundlegend fortschrittlichen Aspekt, der unterstützt werden muss.

Es ist jedoch die Pflicht von Marxist*innen, die innerhalb der Gesellschaft stattfindenden Prozesse zu erklären, nicht bloß über den Rüstungswettlauf und „Krieg im Allgemeinen“ zu heulen und fluchen. Wie Lenin unermüdlich erklärte, ist nichts so vergeblich wie leere und sentimentale pazifistische Rhetorik.

Krieg ist keine Frage der Moral. Er ist eine Klassenfrage. Er ist genau die „Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“, wie Clausewitz sagte und Lenin oft wiederholte. Die völlige Degeneration der Reformist*innen und besonders der jüngsten Variante des „eurokommunistischen“ Reformismus zeigt sich in ihrer Haltung zum Krieg.

Sie haben vor dem platten Mittelschichtpazifismus leerster und oberflächlichster Art völlig kapituliert. Sie stellen sich ernsthaft vor, dass es möglich sei, Krieg zu vermeiden, indem man auf die Bourgeoisie „Druck ausübt“, mittels der „öffentlichen Meinung“ und „Vereinigung aller fortschrittlichen Kräfte“, Appelle an die Kirche, die Vereinten Nationen etc.

Die erste Frage, die Marxist*innen bei einem Krieg wie bei allem anderen stellen würden, ist: Welche Klasse steckt dahinter? Um wessen Interessen geht es? Nützt oder schadet es den Interessen der Arbeiter*innenklasse?

In der Zeit von Marx und Engels war es immer noch möglich, von fortschrittlichen Kriegen in Europa zu sprechen, zum Beispiel den italienischen und deutschen Einigungskriegen. In der gegenwärtigen Epoche haben die kolonialen Befreiungskriege auch einen fortschrittlichen Charakter und müssen unterstützt werden.

Der Krieg von Nicaragua gegen die „Contras“ ist in Wirklichkeit ein Klassenkrieg gegen Imperialismus und Kapitalismus, der von der sandinistischen Führung entstellt wird, um den wirklichen Charakter des Klassenkampfs zu verbergen.

Marxist*innen haben keine Haltung zum Krieg „im Allgemeinen“, sondern unterstützen die fortschrittlichen Kämpfe der unterdrückten Massen, um sich von nationaler und Klassensklaverei zu befreien.

Massendruck und „öffentliche Meinung“ können manchmal eine gewisse Wirkung haben und die herrschende Klasse zwingen, ihre Haltung in zweitrangigen Fragen zu ändern. Aber er kann die Bourgeoisie nie zwingen, in wichtigen Fragen den Kurs zu ändern, die sich auf ihre grundlegenden Interessen auswirken. Und das umfasst grundlegende Fragen der Militärpolitik, das heißt die Fähigkeit der herrschenden Klasse, ihre Macht und Einfluss notfalls mit Gewalt zu verteidigen.

Die Vergeblichkeit dieser kleinbürgerlichen Illusionen zeigt sich durch die Rolle der Ver(un)einten Nationen. In Wirklichkeit ist die UNO das Forum, auf dem die kleineren Mächte – wie Nicaragua – ihrem Ärger über die größeren imperialistischen Mächte Luft machen können.

Die Grenzen dieser Schwatzbude zeigen sich jedoch an der Stellung des Sicherheitsrats, in dem jede der Großmächte ein Vetorecht hat. Die Entscheidungen werden von den großen Wirtschafts- und Militärmächten getroffen. Gegen alles, was die grundlegenden Interessen der Supermächte berührt, wird daher automatisch ein Veto eingelegt.

Die UNO war von Anfang an eine Farce. Als „Friedenserhaltungsmacht“ hat sie eine Bilanz, die wirklich großartig ist: seit 1945 jedes Jahr vier bis fünf Kriege! Sie war mit anderen Worten so ohnmächtig wie der Völkerbund vor dem Krieg.

Dies ist kaum überraschend, da sie ein „Forum“ für grundlegend entgegengesetzte Kräfte darstellt. Es ist wie die reformistische Idee, „die Arbeiter*innen und Bosse zusammen an einen Tisch zu kriegen“. Nichts Grundlegendes wird gelöst und der wirkliche Kampf wird anderswo mit anderen Mitteln entschieden.

Wenn es keinen Krieg – im Sinne eins Weltkriegs zwischen Russland und Amerika – gegeben hat, lag das weder an der UNO noch an pazifistischen Antikriegsbewegungen im Westen, sondern am nationalen und internationalen Kräfteverhältnis der Klassen.

Nuklearer Winter

Die Pazifist*innen und ihre reformistischen und stalinistischen Gesinnungsfreunde haben kein wirkliches Verständnis der Mechanik des Krieges in der modernen Epoche. Die Kapitalist*innen führen nicht aus Jux und Tollerei, aus Patriotismus oder aus moralischen Erwägungen Krieg. Sie machen Krieg, um materielle Vorteile zu erlangen: Märkte, Territorien, Einflusssphären, Rohstoffe und Profit.

1939 konnten sie sich aus den oben erklärten Gründen den Luxus erlauben, in den Krieg zu ziehen. Aber jetzt sind sie in einem Spiel nach völlig neuen Regeln. In Europa gegen Russland vorzugehen, hieße eine vernichtende Niederlage in einem konventionellen Krieg herauszufordern. Was ist dann die Wahrscheinlichkeit eines Atomkriegs?

In der jüngsten Periode haben Wissenschaftler*innen das volle Ausmaß der Katastrophe enthüllt, die ein Atomkrieg darstellen würde. Wenn nur ein kleiner Prozentsatz des Atomwaffenarsenals einer der Supermächte detonieren würde, würde es einen „nuklearen Winter“ verursachen. Große Mengen von Dreck würden in die Atmosphäre geschleudert werden und das Sonnenlicht abschirmen. Für viele Monate würde die Nordhalbkugel in ständiger Dunkelheit leben, mit sibirischen Temperaturen. Alles pflanzliche und tierische Leben, das nicht schon durch Hitze, Druckwelle und Strahlung zerstört wäre, würde vergehen. Die selbe Wirkung würde sich auf die Südhalbkugel ausdehnen und die Erde in einen toten Planeten verwandelt.

Unter diesen Umständen ist ein größerer Krieg zwischen den Supermächten Russlands und des US-Imperialismus ausgeschlossen. Kein Seite hätte das geringste Interesse an einem solchen Krieg.

Der zentrale Gegensatz zwischen der UdSSR und dem US-Imperialismus erschöpft jedoch die Frage der internationalen Beziehungen nicht. Es gibt auch Widersprüche zwischen den imperialistischen Mächten. So haben wir die wachsenden Spannungen zwischen den USA, Japan und Westeuropa, die auf dem jüngsten Weltwirtschaftsgipfel an die Oberfläche kamen.

Tatsächlich hätte das Ausmaß der Gegensätze, die zwischen Japan, der Europäischen Gemeinschaft und den USA bestehen, in der Vergangenheit zweifellos zum Krieg zwischen ihnen geführt. Dies ist jedoch unter modernen Bedingungen ausgeschlossen.

Deutschland, das stärkste Mitglied im europäischen „Club der Reichen“, erlitt 1945 einen lähmenden Schlag, als das Land zweigeteilt wurde. Mit den mächtigen Kräften des Warschauer Pakts vor der Haustür weiß der deutsche Kapitalismus, dass er nicht in der Stellung ist, sich in Europa oder anderswo auf militärische Abenteuer einzulassen.

Der Fall Japans ist noch schlagender. In der Vergangenheit expandierten die japanischen Militaristen immer über Nordkorea und die Mandschurei in Richtung Nordchinas und des Rohstoffreichtums Sibiriens. Geographisch gesprochen ist Japan selbst eine Fortsetzung der mandschurischen Halbinsel. Aber jetzt ist die Idee, dass Japan in Korea einmarschiert oder es mit der militärischen Macht des chinesischen oder russischen Stalinismus aufnimmt, einfach lächerlich.

Sowohl der japanische als auch der deutsche Kapitalismus haben die unausweichlichen Schlussfolgerungen gezogen. Ein Teil der Gründe für den herausragenden Erfolg des japanischen Wirtschafts„wunders“ ist die Tatsache, dass sie nur einen winzigen Betrag für Waffen ausgegeben haben, weniger als ein Prozent des BSP, zumindest bis zur jüngsten Periode, und das so gesparte Geld in produktive Investitionen, Maschinen und Technologie geleitet haben.

Kolossale Verschwendung

Riesige Geldbeträge werden jedes Jahr für Rüstungsausgaben verschwendet, die unter modernen Bedingungen hauptsächlich die Produktion von teurem Metallschrott ist. Die große Mehrheit davon, besonders der gigantischen Arsenale der Supermächte, wird nie genutzt werden. Der Wahnsinn des Rüstungswettlaufs zeigt sich an Reagans Krieg der Sterne, der bloß für die Forschung die atemberaubende Summe von 26 Milliarden Dollar kosten wird! Die Waffen wiederum zu stationieren, würde Billionen Dollar kosten.

Der Hauptgrund dafür ist der Druck der unersättlichen Rüstungsmonopole, die eine mächtige Lobby in Washington haben. Dies enthüllte sich schlagend in dem jüngsten Skandal, in dem es um die Korruption bei General Dynamic, dem drittgrößten Rüstungslieferanten ging, der eine Strafe von 676.283$ erhielt, weil er Geschenke an einen Admiral gab, um sich Aufträge des Pentagon zu sichern. Letzteres hatten 6.900$ für einen gewöhnlichen Schraubenschlüssel und 640$ für einen Toilettensitz bezahlt!

Die Times wies kürzlich darauf hin, dass „die Arbeitsplätze von jedem zehnten Amerikaner direkt oder indirekt von den Rüstungsausgaben abhängen. Das Pentagon ist der größte einzelne Käufer von Waren und Dienstleistungen des Landes. Die Rüstungsindustrie macht 10 Prozent der produzierenden Industrie des Landes aus. In manchen Bundesstaaten, vor allem Kalifornien, ist Beschäftigung im Zusammenhang mit der Rüstung die größte einzelne Quelle von persönlichem Einkommen. Die Rüstung beschäftigt 25% der Wissenschaftler und Ingenieure des Landes. Es gibt doppelt so viele Rüstungsbeschäftigte wie Farmer.

Der Einfluss dieses riesigen militärisch-industriellen Komplexes wurde durch Reagans beispiellose Rüstungsausgaben von 2,3 Billionen Dollar sehr ausgedehnt. Das Pentagon gibt jetzt im Durchschnitt 28 Millionen Dollar pro Stunde aus, 24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche.“ (The Times, 23. Mai 1985, meine Hervorhebung, EG)

Eines der Merkmale des jüngsten Booms in den USA war die Zunahme öffentlicher Ausgaben, hauptsächlich für Rüstungsausgaben, während das Geld für die Alten, Kranken und Arbeitslosen brutal gekürzt wurde.

Dies ist eine besondere Variante von Görings berüchtigter Redewendung „Kanonen statt Butter!“ Vor dem Krieg half Hitlers Wiederaufrüstungsprogramm der deutschen Wirtschaft, aus der Rezession herauszukommen. Aber 1939 hatten sich die Wirkungen der Wiederaufrüstung erschöpft. Die Waffen mussten verwendet werden!

Jetzt können die aufgehäuften Waffen jedoch nicht verwendet werden, außer in blutigen Überfällen in der kolonialen Welt. Und Rüstungsausgaben sind ihrem Wesen nach inflationär. Es ist Produktion von fiktivem Kapital. Auf einer gewissen Stufe hört sie auf, ein Anreiz für die Wirtschaft zu sein und wird sich in das Gegenteil verwandeln. Wahrscheinlich wird der Boom nächstes Jahr in eine neue Rezession eintreten, die durch die aufgehäufte Inflation der letzten Periode verschärft wird.

Auf ähnliche Weise ist die stalinistischen Bürokratie gezwungen große Beträge für Rüstungsausgaben zu verwenden. Der russische Arbeiter*innenstaat unter Lenin und Trotzki gab einen relativ kleinen Betrag für Verteidigung aus, weil die Hauptgrundlage seiner Außenpolitik die Kommunistische Internationale und die Ausdehnung der Weltrevolution war.

Heute ist die russische Bürokratie unwillig und unfähig, sich auf die Unterstützung der internationale Arbeiter*innenklasse zu stützen. Aber die einzige wirkliche Verteidigung der Sowjetunion besteht letztlich im Sturz des Kapitalismus und der Errichtung des Weltsozialismus.

Die großzügigen Ausgaben der Bürokratie für teure Spielzeuge fürs Militär, große Paraden, Raketen etc. sollen die russischen Arbeiter*innen mit dem Schreckgespenst eines neuen Weltkriegs und dem Schrecken imperialistischer Intervention einschüchtern. Auf der anderen Seite soll es den militärischen Flügel der Bürokratie zufrieden stellen, der eifersüchtig über sein Prestige und seine Pfründen wacht.

Vor nicht langer Zeit wurde ein „Atomkriegs-Alarm“ in Moskau durchgeführt. Westliche Militäranalyst*innen kommentierten die Wertlosigkeit dieser Übung aus einem rein praktischen Blickwinkel. Die wirkliche Absicht war jedoch, die Kriegsangst unter den Massen der sowjetischen Arbeiter*innen zu verstärken, und ihre Aufmerksamkeit von der unerträglichen Herrschaft der Bürokratie abzulenken.

Was die Weltbeziehungen betrifft, stehen wir vor einem dialektischen Widerspruch. Der Hauptwiderspruch in unserer Epoche ist der Gegensatz zwischen dem russischen Stalinismus und dem US-Imperialismus. Aber während sie einander unversöhnlich entgegengesetzt sind, brauchen sie einander und stützen sich auf einander.

In Wirklichkeit ist das Vorhandensein von abscheulich deformierten bürokratisch-totalitären Staaten im Osten für die westlichen Kapitalist*innen genauso nützlich wie die imperialistische Bedrohung und alle Schrecken des Kapitalismus – Massenarbeitslosigkeit, Armut, Rassismus – für die Bürokratie.

Das Zusammenschweißen der Weltwirtschaft liefert die materielle Grundlage für die sich entfaltende Weltrevolution. Zum ersten Mal sucht das Gespenst der Weltrevolution die drei Hauptgebiete der Welt gleichzeitig heim: die fortgeschrittenen kapitalistischen Länder, die unterentwickelten Länder der „Dritten Welt“ und die stalinistischen Staaten.

Die Periode, in die wir eintreten, wird die explosivste in der menschlichen Geschichte.

Auf der Grundlage des Kapitalismus und des Nationalstaats gibt es keinen Ausweg für die Arbeiter*innenklasse des Westens oder für die Arbeiter*innen und Bäuer*innen von Afrika, Asien und Lateinamerika. Auf ähnliche Weise zeigt die Sackgasse der Wirtschaften Russlands und Osteuropas an, dass das Regime der bürokratischen Planung jetzt seine Grenzen erreicht hat.

In den letzten zehn Jahren war [die Wachstumsrate der] Produktion in Russland niedriger als die der Vereinigten Staaten!. Dies ist das erste Jahrzehnt seit der Annahme der Fünfjahrespläne, dass das geschehen. Aber der Marxismus lehrt, dass der Sozialismus über den Kapitalismus siegreich sein wird, weil er höhere Arbeitsproduktivität und höhere Produktion liefern wird. Was das bedeutet, ist, dass die stalinistische Bürokratie die Wirtschaft erstickt und die bürokratische Ineffizienz, Korruption, Diktatur und Vetternwirtschaft die Vorteile von Staatseigentum und Planwirtschaft an der Verwirklichung hindert. Die Wirtschaft frisst sich fest. Die Herrschaft der Bürokratie hat aufgehört, relativ fortschrittlich zu sein und ist absolut reaktionär geworden.

Aber Kapitalismus und Imperialismus sind in einer noch schlimmeren Notlage. Neue wirtschaftliche und politische Krämpfe sind unvermeidlich. Die letzten zehn Jahre werden im Vergleich zu der grimmigen Wirklichkeit der nächsten zehn Jahre wie ein Goldenes Zeitalter erscheine. Dies wird ein Jahrzehnt von Sturm und Drang sein.

Die einzige Lösung für die Menschheit ist die sozialistische Revolution im Westen und die politische Revolution in den deformierten Arbeiter*innenstaaten. Dies ist der einzige Weg, um die Schrecken von Arbeitslosigkeit und Krieg in der Zukunft zu vermeiden.

Engstirniger Nationalismus der Bürokratie

Die Frage des Kriegs ist in der modernen Epoche wie in der Vergangenheit eine Funktion des Klassenkampfs. Der Grund, warum es in der vergangenen Periode keinen Weltkrieg gegeben hat, obwohl es Konflikte gab, die in der Vergangenheit unausweichlich zu einem allgemeinen Flächenbrand geführt hätten, liegt nicht daran, dass die Imperialist*innen und Kapitalist*innen sich plötzlich zum Pazifismus bekehrt hätten.

Es liegt an kalter Kalkulation und materiellen Interessen. Die überwältigende Überlegenheit der Sowjetunion bei konventionellen Waffen bedeutet, wie wir erklärt haben, dass jeder Krieg zwischen Russland und Amerika notwendig ein Atomkrieg wäre. Aber das hieße, „die Gans zu töten, die die goldenen Eier legt“. Es wäre auch das Ende der Kapitalist*innen selbst. Deshalb stellt sich die Frage eines Weltkrieges oder Atomkrieges unmittelbar oder kurzfristig nicht.

So lange die Bourgeoisie die Kontrolle über den Staat behält, ist so eine Möglichkeit ausgeschlossen. Dieser Zustand wird jedoch nicht ewig andauern.

Wenn die Arbeiter*innenklasse es in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren nicht schafft, den Kapitalismus und Imperialismus zu stürzen, wird die Bourgeoisie beginnen, auf der Grundlage der Errichtung monströser bonapartistischer Militär- und Polizeistaaten einen Ausweg zu suchen. Solch ein Regime in den Vereinigten Staaten hätte einen äußerst instabilen Charakter. Aber genau aus diesem Grund würde ein US-amerikanischer Pinochet nach der Möglichkeit schauen, das Problem mittels eines atomaren „Erstschlags“ gegen die Sowjetunion zu „lösen“.

Also ist die Frage des Überlebens der menschlichen Rasse mit dem Kampf für Sozialismus international verbunden. Unter modernen Bedingungen ist Krieg keine nationale Frage. Atomwaffen kennen keine Grenzen. Strahlung, radioaktiver Niederschlag und nuklearer Winter respektieren keine Neutralität.

Der enge, reaktionäre Nationalismus der stalinistischen Bürokratie, die sich einbildet, dass sie die Sowjetunion „verteidigen “ kann, indem sie eine Übereinkunft mit dem Imperialismus erreicht, stellt in Wirklichkeit die größte Bedrohung der Sowjetunion und der Zukunft der Menschheit dar.

Die kleinbürgerliche Illusionen des Pazifismus und „Neutralismus“ werden genauso ohnmächtig sein, Krieg zu verhindern, trotz der positiven Seite der Mobilisierung von großen Zahlen von Jugendlichen, Frauen und Arbeiter*innen gegen die Bedrohung der atomaren Vernichtung. Nur wenn diese Bewegungen mit dem Kampf für die sozialistische Umgestaltung der Gesellschaft verbunden werden, können sie wirklich eine Rolle bei der Lösung der Probleme des Krieges spielen.

Lenin wies darauf hin, dass es einen zweiten, dritten und zehnten Weltkrieg geben würde, bis die Zivilisation zerstört wäre, wenn die Arbeiter*innenklasse nicht die Macht übernehmen würde. Trotz der Tatsache, dass es seit 1945 keinen Weltkrieg gegeben hat, bleibt diese Idee heute richtig. Abgesehen davon, dass ein Atomkrieg nicht nur die Zerstörung der Zivilisation, sondern allen Lebens auf dem Planeten bedeuten würde.

Die kommende Periode wird eine Periode von Kriegen, Revolutionen und Konterrevolutionen sein. Sie wird eine langgezogene und verschleppte Periode des Todeskampfs des Kapitalismus sein.

In dieser Periode ist zwar ein Weltkrieg zwischen Russland und Amerika ausgeschlossen, es wird aber viele „kleine“ Kriege in der kolonialen Welt geben. Der Krieg zwischen dem Iran und dem Irak, der hinsichtlich der Verluste schon dem Ersten Weltkrieg ähnelt, zeigt dass unter modernen Bedingungen konventioneller Krieg fast so schrecklich sein kann wie Atomkrieg. Alle Arten von teuflischen Waffen sind jetzt verfügbar: Nicht nur Splitterbomben und Explosivgeschosse, sondern Napalm, Giftgas, chemische und bakteriologische Kriegführung.

In Vietnam wurden mehr Bomben abgeworfen als im ganzen Verlauf des Zweiten Weltkriegs. Die Amerikaner*innen bombardierten Kambodscha in die Steinzeit zurück – was ein wichtiger Grund für den mörderischen Wahnsinn der Bäuer*innentruppen der Roten Khmer war, als sie die Städte betraten. Ähnliche Scheußlichkeiten sind unvermeidlich, bis die Arbeiter*innenklasse in den ex-kolonialen und den fortgeschrittenen kapitalistischen Ländern die Macht übernimmt.

Wegen der ungeheuren Steigerung der weltweiten Arbeitsteilung hat der revolutionäre Prozess einen internationaleren Charakter als in der ganzen Geschichte. Ein einziger Erfolg der Revolution in einem führenden Land wird eine elektrisierende Wirkung auf andere Länder haben.

Trotz der zugrunde liegenden Gegensätze haben sich die russische Bürokratie und der US-Imperialismus jahrzehntelang auf einander gestützt. Beide Seiten sehen die Möglichkeit mit Grauen, dass die Arbeiter*innenklasse in irgend einem Land an die Macht kommt. Der Sieg der Arbeiter*innen in Spanien, Griechenland, Frankreich, Großbritannien oder den USA würde die Grundlage der Bürokratie völlig untergraben.

Auf der anderen Seite würde die politische Revolution und die Errichtung einer wirklichen Arbeiter*innendemokratie in der UdSSR das Ende des Kapitalismus und Imperialismus international einläuten.

Die beispiellose Entwicklung von Industrie, Wissenschaft und Technik, besonders im Verlauf der letzten paar Jahrzehnte, bedeutet, dass die materiellen Bedingungen für den Sozialismus jetzt zum ersten Mal im Weltmaßstab vorhanden sind.

Am Ende der siebziger Jahre wurde eine Billion Pfund alle vier Jahre für Rüstungsausgaben auf der ganzen Welt vergeudet. Jetzt beträgt die Zahl eine Billion Pfund in weniger als zwei Jahren. Dieser Geldbetrag allein könnte das Leben für jeden Mann, jede Frau und jedes Kind auf dem Planeten umgestalten, wenn er für produktive Zwecke eingesetzt würde.

Auf der Grundlage von geplanter und harmonischer Anwendung der neuen Techniken – Industrieroboter, Computer, Mikroelektronik, Satelliten – könnten die Ressourcen des ganzen Planeten voll genutzt werden, um ein besseres Leben für alle zu schaffen. Im Gegensatz zu den pessimistischen Behauptungen der Bourgeoisie gibt es potenziell genug Ressourcen, um jedem Menschen auf dem Planeten ein volles und glückliches Leben zu garantieren.

Das einzige, was dem Erreichen dieser Dinge im Weg steht, sind das veraltete Eigentum einer kleinen Handvoll Privilegierter an den Produktions-, Verteilungs- und Austauschmitteln und die engstirnigen Begrenzungen des Nationalstaats, die jetzt zu absoluten Hindernissen der Entwicklung der Produktivkräfte geworden sind.

Eine Sozialistische Weltföderation würde eine neue und qualitativ höhere Phase der menschlichen Zivilisation einleiten. Die Menschheit würde in einer Welt, die von den Schrecken von Krieg, Arbeitslosigkeit, Analphabetismus und Krankheiten befreit ist, um einen Kopf höher dastehen.

1 britische KP-Zeitung, die den „Euro-Kommunismus“ ablehnte


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