(Militant Nr. 30, Oktober 1967, S. 2)
von Lynn Walsh (Basingstoke Labour-Kreisverband)
Vorbei sind die Zeiten, in denen sich der britische Imperialismus mit „Würde“ aus seinen Kolonien zurückziehen konnte. Die Fahnen der Befreiungsbewegung wehen bereits überall in der Föderation Aden und trotzen offen den britischen Streitkräften, obwohl die Zeremonie des Einholens der Fahnen für den 9. Januar 1968 angesetzt ist. Die alte Politik der Übergabe an die politischen Vertreter des einheimischen Großgrundbesitzes und der kapitalistischen Elemente in dem Bestreben, eine tragfähigere Grundlage für die weitere Ausbeutung, für Rüstungsgeschäfte usw. zu schaffen, hat ein unüberwindbares Ende gefunden.
Die Staaten der Föderation sind wirtschaftlich so verarmt, dass Großbritannien nicht in der Lage war, aus den feudalen Herrscher*innen und Ausbeuter*innen, die durch die britische Herrschaft geschützt und gefördert wurden, auch nur den Schatten einer herrschenden Klasse zu bilden.
Angesichts der Notwendigkeit, die Verpflichtungen „östlich von Suez“ zu verringern, die weit über die tatsächliche wirtschaftliche und politische Macht Großbritanniens auf internationaler Ebene hinausgehen, und vorwärts getrieben durch die Volksunruhen in Aden selbst, kündigte die Labour-Regierung (im Juni letzten Jahres) Pläne an, die Unabhängigkeit im Januar 1968 zu gewähren.
Eine solche Politik musste einfach ein Misserfolg sein. Nur wenige Stunden nach George Browns Ankündigung brach in der Föderationsarmee und der Polizei von Aden eine Meuterei aus. Ausgelöst durch den Versuch, vier Obersten (die „fortschrittliche“ Führung der Armee) zu entlassen, und unterstützt von der Jugend in diesen Armeeeinheiten, zerstörte sie die Illusionen in die Unterstützung der Armee für ein Marionettenregime auf der Grundlage der Sultane und Scheichs, von denen die meisten ohnehin abgesetzt worden oder aus dem Land geflohen waren.
Ende August hatten die britischen Streitkräfte völlig die Kontrolle über die Lage verloren. Die kapitalistische Presse in diesem Land versucht systematisch, die Schuld an der Krise den „Terroristen und Aufrührern“ in die Schuhe zu schieben. Aber wie abstoßend der Terrorismus auch sein mag, er ist nur die Reflexhandlung in konzentrierter Form auf die 130-jährige britische Gewaltherrschaft und nicht zuletzt die in den letzten Jahren.
Für eine sozialistische Union
Die Föderationsregierung offenbarte ihre eigene Ohnmacht und ihr mangelndes Vertrauen, als Scheich Babakr und der einzige andere von ursprünglich 17 verbliebenen Föderationsministern zurücktraten, als die Armee ihre Bitte, die Kontrolle zu übernehmen, ablehnte. Die Armee war nicht bereit, einen gescheiterten Versuch zu unterstützen. Babakr räumte ein, dass mit 15 der 17 Bundesstaaten in nationalistischer Hand die Föderationsregierung „vom Winde verweht“ sei.
Die endemische soziale Krise und die Unterdrückung jeder legalen Opposition gegen das Regime ließen den Adenischen Massen keine andere Wahl, als einen Befreiungskampf zur Vertreibung des britischen Imperialismus zu unterstützen, die eine Voraussetzung für jeglichen Fortschritt nach modernen Prinzipien darstellt.
Die Lage wird jedoch durch die Existenz von zwei nationalistischen Organisationen erschwert: FLOSY und NLF.
Die FLOSY, die Organisation, die von Nasser stark unterstützt wurde, stand einst zweifellos an der Spitze der nationalistischen Bewegung. Sie hatte eine starke Unterstützung durch die Gewerkschaften. 1965 wurde die Sozialistische Volkspartei verboten, und ihr Anführer, Abdullah al-Asnag, der auch Generalsekretär des Gewerkschaftsdachverbands in Aden war, schloss sich nach seiner Entlassung wegen der Forderung nach einem Rückzug der Briten und der anschließenden Aussetzung der Verfassung der FLOSY an.
In den letzten sechs Monaten scheint sich die Unterstützung der nationalistischen Bewegung jedoch entscheidend auf die NLF verlagert zu haben. In den letzten Wochen scheint die NLF ihre überwältigende Unterstützung unter den Gewerkschaften in Aden unter Beweis gestellt zu haben.
Ursprünglich war die NLF eine Abspaltung der FLOSY, ohne den, insbesondere angesichts der Niederlage Ägyptens gegen Israel, zweifelhaften Vorteil, an ägyptische Hilfe gebunden zu sein. Die führenden Vertreter*innen, wie Quana Ashaabi, lebten im Untergrund in Aden, während die meisten führenden FLOSY-Vertreter*innen im Exil waren. Die Weigerung der FLOSY, ihre Rival*innen anzuerkennen, machte den Weg für die NLF frei.
Der endgültige Niedergang der maroden Föderationsregierung im letzten Monat zwang die britische Regierung dazu, die ehemals verbotene NLF anzuerkennen und zu verhandeln zu versuchen. Die NLF befindet sich in einer Position der Stärke. Sie hat vor den Verhandlungen einen vollständigen Rückzug gefordert, und Großbritannien war bereits gezwungen, sich aus bestimmten Gebieten zurückzuziehen und zahlreiche politische Gefangene freizulassen. Wer wird die Macht von den Briten übernehmen? Das ist jetzt die Frage, und so lange die Föderationsarmee nicht eingriff, um einen Waffenstillstand zu erzwingen, lieferten sich FLOSY und die NLF einen Kampf in den Straßen.
Die mögliche Rolle der Föderationsarmee ist ein großer Unsicherheitsfaktor. Bislang hat sie die erfolgreiche nationalistische Bewegung stillschweigend unterstützt und sich dabei eine gewisse Bewegungsfreiheit bewahrt. Nach der früheren Politik Großbritanniens hätte sie bis zu 60 Millionen Pfund Militärhilfe erhalten, aber die scharfe Kehrtwende dieser Politik stellt dies in Frage. Der britische Imperialismus hat das Schlimmste aus beiden Welten erwischt: einen völligen Zusammenbruch seiner Politik in Aden und enorme Verpflichtungen zur Verteidigung einer Position, die er nicht mehr hält. Die Föderationsarmee wird keinen Verlierer unterstützen. Jetzt versucht sie, die Einheit der nationalistischen Bewegung zu bewahren. Teile ihrer Führung könnten sich durchaus als Schiedsrichter*innen über die Zukunft Adens sehen.
Der Sieg der nationalistischen Bewegung und der Kampf um die Macht innerhalb dieser Bewegung stellt die Frage in den Vordergrund: auf welcher Grundlage werden die Staaten Adens unabhängig werden. Die nationale Unabhängigkeit wird, wie Beispiele wie Indien, Westafrika. Ostafrika, etc. zeigen, an sich keines der Probleme lösen. Die fortgesetzte wirtschaftliche Abhängigkeit von Großbritannien und dem westlichen Kapitalismus ist kein Ausweg.
Von Anfang an mussten die führenden Vertreter*innen des nationalistischen Kampfes die Unterstützung von Stammesangehörigen, Bäuer*innen und Adenischen Arbeiter*innen rechtfertigen. Es wird berichtet („Financial Times“, 4. 9. 67), dass das Programm der NLF „die Notwendigkeit einer Landreform und einer staatlich gelenkten Wirtschaft umreißt“.
Die Enteignung der Großgrundbesitzer*innen und der kapitalistischen Elemente, die ein Interesse an den bestehenden gesellschaftlichen Verhältnissen und Verbindungen zum Imperialismus haben, ist die Voraussetzung für die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung. Nur wenn die Politik, die Massen aus der Vormundschaft des Großgrundbesitzes und des Kapitalismus zu befreien und die Produktion zu vergesellschaften, in die anderen Staaten des Nahen Ostens getragen würde, könnte eine Entwicklung auf demokratisch-sozialistischer Grundlage beginnen. Durch die Integration der Volkswirtschaften des Nahen Ostens und einen gemeinsamen Produktionsplan, der frei vom kapitalistischen Weltmarkt ist, wäre ein Fortschritt möglich.
Eine Verbindung mit der sozialisierten Wirtschaft Syriens, zusammen mit einem Appell an die Arbeiter*innen und Bäuer*innen der arabischen Staaten und Israels, wäre ein erster Schritt zu einer sozialistischen Föderation des Nahen Ostens, der einzigen Alternative zur Ausbeutung, Unterdrückung und Intrige des Weltimperialismus in der Region.
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