Leo Trotzki: Brief an Emil Ludwig

[17. Dezember 1932, eigene Rückübersetzung der französischen Übersetzung]

Prinkipo, den 17. Dezember 1932

Sehr geehrter Herr Ludwig!

Es liegt an meiner Reise, dass ich Ihren freundlichen Brief so spät beantwortet habe: Ihr Brief musste mir folgen, und die demokratische Polizei hat mich schneller aus allen Ländern herausgebracht, als die Post Briefe befördern kann.

Den Auszug aus Ihrem Buch über Stalin, den Sie mir zukommen ließen, kannte ich bereits, und auch andere Passagen waren mir bekannt. Aufgrund meines Berufs habe ich meine Aufmerksamkeit natürlich eher auf den politischen Aspekt als auf die Psychologie gerichtet. Bereits vor meiner Abreise nach Dänemark habe ich mit der Abfassung eines polemischen Artikels begonnen, den ich gerade fertigstelle. Was ich Ihnen in diesem Artikel in gewisser Weise vorwerfe, ist, dass Sie keine unbestreitbaren Dokumente verwendet haben, um Ihre Eindrücke und die Ihnen mündlich erteilten Informationen zu überprüfen. Das Testament Lenins zum Beispiel, das in Ihrer Darstellung eine so große Rolle spielt, wurde schon vor langer Zeit bei verschiedenen Gelegenheiten und in verschiedenen Sprachen veröffentlicht. Leider sind Radeks Informationen bei weitem nicht immer zuverlässig.

Was das tschechoslowakische Einreisevisum betrifft, so halte ich diesen Fall für völlig aussichtslos. Wie dem auch sei, ich danke Ihnen von ganzem Herzen für Ihr freundliches Angebot.


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