Ted Grant: Gegen die Theorie des Staatskapitalismus: Antwort auf Cliff. Die marxistische Staatstheorie, angewandt auf die stalinistischen Staaten

[1949, nachgedruckt unter dem Titel ,The Marxist Theory of the State’, London August 1980, unter dem Titel ,Against the Theory of State Capitalismus’ in: ,The Unbroken Thread – The Development of Trotskyism over 40 years’, London 1989, S. 197-246, die ausführlichen Titel der beiden Teildokumente sind ,Unbroken Thread’, S. 189 entnommen]

Gegen die Theorie des Staatskapitalismus: Antwort auf Cliff

[Staatskapitalismus und historische Perspektive]

Das Dokument des Genossen Cliff mit dem Titel „Die Natur des stalinistischen Russland“ gibt auf den ersten Blick den Eindruck von Gelehrsamkeit und wissenschaftlicher Analyse. Jedoch nach sorgfältiger Prüfung wird man sehen, dass nicht eines der Kapitel eine ausgearbeitete These enthält. Die Methode ist eine Reihe von auf Zitaten beruhenden Parallelen, und seine grundlegende Schwäche zeigt sich darin, dass Schlussfolgerungen nicht in der Analyse verwurzelt sind. Aus seiner These kann man nicht folgern, ob das stalinistische Russland (trotz seiner Deformationen) ein fortschrittliches System bleibt oder ob es für Cliff jetzt die gleiche reaktionäre Rolle wie ,individueller‘ Kapitalismus oder Faschismus angenommen hat. Die Schwäche wird durch die Tatsache scharf verdeutlicht, dass keine praktischen Schlussfolgerungen auftauchen. Muss man Russland verteidigen oder muss die revolutionäre Partei defätistisch sein? Statt dass die Antwort in der Analyse verwurzelt ist und sich aus ihr ergibt, muss sie im Nachhinein ausgearbeitet werden.

Obwohl Genosse Cliff behauptet, dass die stalinistische Bürokratie eine neue Klasse sei, wird nirgendwo in seiner These eine wirkliche Analyse gemacht oder der Beweis erbracht, warum und wie solch eine Klasse eine kapitalistische Klasse darstellt und nicht eine Art neue Klasse ist.

Und dies ist nicht zufällig. Es ergibt sich aus der Methode. Ausgehend von der vorgefassten Idee des Staatskapitalismus wird alles künstlich in diese Auffassung eingepasst. Statt die theoretische Methode der marxistischen Lehrer auf die russische Gesellschaft in ihrem Bewegungs- und Entwicklungsprozess anzuwenden, hat er die Werke durchstöbert, um Zitate zu sammeln und versucht, sie in eine Theorie zu pressen.

Nirgendwo in seinem Dokument stellt Cliff das Hauptkriterium für Marxisten auf, wenn sie Gesellschaftssysteme untersuchen: Führt die neue Formation zur Entwicklung der Produktivkräfte?Die Theorie des Marxismus beruht auf der materiellen Entwicklung der Produktionskräfte als der Triebkraft des geschichtlichen Fortschritts. Der Übergang von einem System zu anderen wird nicht subjektiv entschieden, sondern ist in den Notwendigkeiten der Produktion selbst verwurzelt. Auf dieser Grundlage und nur dieser Grundlage wird der Überbau errichtet: Staat, Ideologie, Kunst, Wissenschaft. Es ist wahr, dass der Überbau eine wichtige zusätzliche Wirkung auf die Produktion hat und innerhalb bestimmter Grenzen, wie Engels erklärte, seine eigene unabhängige Bewegung entwickelt. Aber letztlich ist die Entwicklung der Produktion entscheidend.

Marx erklärte die historische Rechtfertigung des Kapitalismus – trotz der Schrecken der industriellen Revolution, trotz der Sklaverei der Schwarzen in Afrika, trotz der Kinderarbeit in den Fabriken, der Eroberungskriege auf dem ganzen Erdball – durch die Tatsache, dass er eine notwendige Stufe in der Entwicklung der Produktionskräfte war. Marx zeigte, dass ohne Sklaverei, nicht nur antike Sklaverei, sondern auch Sklaverei in der Epoche der frühen Entwicklung von Kapitalismus, die moderne Entwicklung der Produktion unmöglich gewesen wäre. Ohne das hätte die materielle Grundlage für Kommunismus nie vorbereitet werden können. Im ,Elend der Philosophie’ schrieb Marx:

„Die direkte Sklaverei ist ebenso der Angelpunkt der bürgerlichen Industrie wie Maschinen etc. Ohne Sklaverei keine Baumwolle; ohne Baumwolle keine moderne Industrie. Nur die Sklaverei hat den Kolonien ihren Wert gegeben; die Kolonien haben den Welthandel geschaffen; und der Welthandel ist die Bedingung der Großindustrie. So ist die Sklaverei eine ökonomische Kategorie von der höchsten Wichtigkeit.

Ohne die Sklaverei würde Nordamerika, das vorgeschrittenste Land, sich in ein patriarchalisches Land verwandeln. Man streiche Nordamerika von der Weltkarte, und man hat die Anarchie – den vollständigen Verfall des Handels und der modernen Zivilisation.“ (Marx Engels Werke, Band 4, S. 132)

Selbstverständlich ist die Haltung von Marx gegenüber den Schrecken der Sklaverei und der industriellen Revolution weithin bekannt. Es wäre eine grobe Verzerrung der Haltung von Marx, zu argumentieren, dass er, weil er obiges schrieb, für Sklaverei und Kinderarbeit gewesen wäre. Genauso wenig kann gegen die heutigen Marxisten argumentiert werden, dass sie, weil sie Staatseigentum in der UdSSR unterstützen, folglich die Sklavenlager und andere Verbrechen des Stalin-Regimes rechtfertigen.

Marxens Unterstützung von Bismarck im französisch-preußischen Krieg wurde durch ähnliche Erwägungen vorgeschrieben. Trotz Bismarcks ,Blut-und-Eisen‘-Politik und dem reaktionären Charakter seines Regimes, gab Marx kritische Unterstützung für den Krieg Preußens gegen Frankreich, weil die Entwicklung der Produktivkräfte durch die nationale Einigung Deutschlands erleichtert würde. Das grundlegende Kriterium war die Entwicklung der Produktivkräfte. Langfristig würde sich alles andere daraus ergeben.

Jede Analyse der russischen Gesellschaft muss von dieser Grundlage ausgehen. Sobald Cliff zulässt, das der Kapitalismus zwar im Weltmaßstab niedergeht und verfällt, jedoch in Russland eine fortschrittliche Rolle in Bezug auf die Entwicklung der Produktivkräfte spielt, dann würde er logischerweise sagen müssen, dass Staatskapitalismus die nächste Stufe vorwärts für die Gesellschaft ist, oder zumindest für die rückständigen Länder. Im Widerspruch dazu zeigt er, dass die russische Bourgeoisie nicht zum Erfüllen der Rolle fähig war, die die Bourgeoisie im Westen erfüllte und folglich die proletarische Revolution stattfand.

Wenn wir Staatskapitalismus in Russland (eingeleitet durch eine proletarische Revolution) haben, dann ist es klar, dass die Krise des Kapitalismus, auf die wir uns während der letzten Jahrzehnten gestützt haben, nicht unlösbar war, sondern lediglich Geburtswehen eines neuen und höheren Stadiums des Kapitalismus. Die Zitate, die er selbst von Marx gibt – dass keine Gesellschaft die Bühne verlässt, bis alle in ihr enthaltenen Möglichkeiten erschöpft sind – würden bedeuten, dass, wenn sein Argument korrekt wäre, sich eine neue Epoche, die Epoche des Staatskapitalismus, vor uns eröffnet. Dieses würde die gesamte theoretische Grundlage der leninistisch-trotzkistischen Bewegung erschüttern. Cliff sagt, ohne den Grund zu erklären, dass wir, wenn wir an der Theorie der degenerierten Revolution festhalten, die Theorie der permanenten Revolution aufgeben müssen. Er kann jedoch nicht sehen, dass wir (wenn wir die Theorie des Staatskapitalismus akzeptieren) die Theorie der Permanenten Revolution aufgeben müssen, die gerade auf der Idee beruht, dass sich der Kapitalismus im Weltmaßstab erschöpft hat, dass er unfähig ist, auch nur die Aufgaben der bürgerlich-demokratischen Revolution in den rückständigen Ländern durchzuführen. Denn in Osteuropa hätten ,die Staatskapitalisten’ die Aufgaben der bürgerlichen Revolution in Bezug auf das Land usw. durchgeführt. Cliff umschifft diese Frage der Agrarrevolution, die, wie Trotzki argumentierte, in den rückständigen Ländern nur das Proletariat durchführen könne. Wenn die ,staatskapitalistischen’ Parteien der Stalinisten diese Aufgabe durchführen können, muss nicht nur die Theorie der Permanenten Revolution aus dem Fenster geworfen werden, sondern die Gangbarkeit des neuen Staatskapitalismus in historischem Sinne muss allen klar sein.

Wenn die These des Genossen Cliff richtig ist, dass in Russland heute Staatskapitalismus besteht, dann kann er nicht die Schlussfolgerung vermeiden, dass Staatskapitalismus seit der Russische Revolution bestand und die Funktion der Revolution selbst die Einführung dieses staatskapitalistischen Gesellschaftssystems war. Denn trotz seiner Eiertänze, einen Strich zwischen die wirtschaftliche Grundlage der russischen Gesellschaft vor und nach dem Jahr 1928 zu ziehen, ist die die wirtschaftliche Grundlage der russischen Gesellschaft tatsächlich unverändert geblieben.

Unrichtiger Gebrauch von Zitaten

Genosse Cliff versucht zu beweisen, dass Trotzki sich auf die Position zu bewegte, dass die Bürokratie eine neue herrschende Klasse sei. Zu diesem Zweck gibt er Zitate aus dem Buch ,Stalin’ und und dann aus ,The Living Thought of Karl Marx’.

Cliff schreibt:

„In Trotzkis letzter Schrift ,Stalin’ zeichnet sich ein deutlicher Schritt zur Neueinschätzung der Bürokratie als einer herrschenden Klasse ab. Er schreibt:

,Die Substanz des Thermidor war sozialen Charakters und konnte nur sozialen Charakters sein. Sie war die Kristallisierung einer neuen privilegierten Schicht, die Schöpfung eines neuen Unterbaus für die ökonomisch herrschende Klasse. Zwei Anwärter für diese Rolle waren vorhanden: das Kleinbürgertum und die Bürokratie selbst. Sie kämpften Schulter an Schulter (in der Schlacht um die Brechung) des Widerstandes der proletarischen Avantgarde. Als diese Aufgabe erfüllt war, brach ein wütender Kampf zwischen ihnen los. Die Bürokratie in ihrer Isolierung und Trennung vom Proletariat bekam Angst. Alleine war sie nicht imstande, weder den Kulaken niederzuhalten noch das Kleinbürgertum, das auf der Basis der NEP gewachsen war und weiter wuchs. Sie brauchte die Hilfe des Proletariats. Daher ihre planmäßigen Anstrengungen, den Kampf mit dem Kleinbürgertum um das Überprodukt und die Macht als der Kampf des Proletariats gegen die kapitalistischen Restaurierungsversuche darzustellen.“ [,The Nature of Stalinist Russia’, Juni 1948, S. 10, ähnlich in ,Staatskapitalismus in Russland’, Frankfurt am Main 1975, S. 184 f. Das Trotzki-Zitat ist erschienen in Trotzki: Stalin. Eine Biographie II, Reinbek 1971, S. 253]

Und Genosse Cliff kommentiert:

„Die Bürokratie, sagt Trotzki, gab vor, gegen die kapitalistische Restauration zu kämpfen, benutzte aber in der Wirklichkeit das Proletariat nur, um die Kulaken zu vernichten, mit dem Ziel der ,Kristallisierung einer neuen privilegierten Schicht, (der) Schöpfung eines neuen Unterbaus für die ökonomisch herrschende Klasse’. Einer der Anwärter um die Position der ökonomisch herrschenden Klasse – sagt er – ist die Bürokratie. Dieser Formulierung muss große Bedeutung beigemessen werden, besonders wenn man seine Analyse des Kampfs zwischen der Bürokratie und den Kulaken im Zusammenhang mit seiner Definition des Klassenkampfs sieht. Er schreibt:

,Der Klassenkampf ist nichts anderes als der Kampf um das Mehrprodukt. Wer das Mehrprodukt besitzt, ist Herr der Lage – er besitzt Reichtum, ihm gehört der Staat, der Schlüssel zur Kirche, zu den Höfen, zu Wissenschaften und Künsten liegt in seiner Hand.’“ [,The Nature of Stalinist Russia’, S. 10, ,Staatskapitalismus in Russland’, S. 185, das Trotzki-Zitat ist aus ,Marxism in our Time’, Trotzkis Vorwort zu ,The Living Thought of Karl Marx’, Abschnitt ,Inequality and Exploitation’, London 1940, S. 9)

Und Cliff folgert:

„Der Kampf zwischen der Bürokratie und Kulaken war deshalb nach Trotzkis letzter Schlussfolgerung ein ,Kampf … um das Mehrprodukt’.“ [‘The Nature of Stalinist Russia’, leicht geändert in ,Staatskapitalismus in Russland’, S 185]

Um die Weise zu veranschaulichen, auf die Genosse Cliff seine Beweisführung konstruiert hat, wollen wir diese Zitaten im Zusammenhangüberprüfen und wir werden sehen, dass die Schlussfolgerung, die sich ergibt, seiner Argumentation gerade entgegengesetztist:

„der Kulak arbeitete Hand in Hand mit dem Kleinindustriellen, an der vollständigen Wiedererrichtung des Kapitalismus. So begann der unversöhnliche Kampf um das Überprodukt der Volkswirtschaft. Wer sollte in nächster Zukunft darüber verfügen, die neue Bourgeoisie oder die Sowjetbürokratie? Das wurde die Hauptfrage, denn wer über das Überprodukt verfügt, verfügt über den Staat. Das erzeugte den Konflikt zwischen dem Kleinbürgertum, das der Bürokratie geholfen hatte, den Widerstand der werktätigen Massen und ihres Wortführer, der linken Opposition, zu brechen und der thermidorianischen Bürokratie selbst, die dem Kleinbürgertum geholfen hatte, das Bauerntum zu beherrschen. Dieser Konflikt war ein direkter Kampf um die Macht und um das Einkommen. Natürlich hatte die Bürokratie nicht die proletarische Vorhut zerschmettert, hatte sie sich nicht den Anforderungen der internationalen Revolution entzogen, hatte sie nicht die Philosophie der Ungleichheit eingeführt, um vor der Bourgeoisie zu kapitulieren, ihr Diener zu werden und von der Futterkrippe des Staats weggestoßen zu werden.“, (Trotzki, ,Stalin’, a.a.O., S. 239, unsere Hervorhebung)

Cliff lässt Trotzki dadurch, das er die zwei Zitate gegenüberstellt und damit anführt, dass Trotzki seine Meinung über den Klassencharakter der Bürokratie geändert habe, als widersprüchlich und damit töricht erscheinen. Ein paar Seiten später erklärt Trotzki seine Idee. Er zeigt die organische Zerfallstendenz des Kapitalismus überall. Nur auf dieser Grundlage wurden die verstaatlichten Produktivkräfte in Russland beibehalten. Die ganze Tendenz der Wirtschaft in den letzten 50 Jahren im Weltmaßstab ist in Richtung auf Verstaatlichung der Produktivkräfte gewesen. Die Kapitalisten selbst haben teilweise gezwungenermaßen „die gesellschaftliche Natur der modernen Produktivkräfte tatsächlich anerkannt“ (Engels [‘Anti-Dühring’, Marx Engels Werke, Band 20, S. 260]). Tatsächlich ist dies der Schlüssel zur Erklärung davon, warum Russland der Krieg überlebte. Die Verwirrung der Bewegung, die in Cliffs Dokument ausgedrückt ist, liegt weitgehend in dem Versagen, die Auswirkung dieser Tendenz zu verstehen. In seinem Buch über Stalin wirft Trotzki die theoretische Möglichkeit auf, dass die Bürokratie ihre Herrschaft für mehrere Jahrzehnte fortsetzt.

Ein paar Seiten nach dem von Cliff gegeben Zitat sagt Trotzki:

„Die Konterrevolution installiert sich, wenn sich der Knäuel der sozialen Eroberungen abzuwickeln beginnt. Es scheint dann, dass das Abwickeln kein Ende nehmen wird. Ein Teil der revolutionären Errungenschaften wird jedoch immer bewahrt. So bleibt trotz der monströsen bürokratischen Entstellungen die Klassenbasis der UdSSR proletarisch. Vergessen wir aber nicht, dass der Abwicklungsprozess noch nicht zu Ende und dass die Zukunft Europas für die nächsten Jahrzehnte noch nicht entschieden ist. Der russische Thermidor hätte sicher eine neue Ära der Herrschaft der Bourgeoisie eröffnet, wenn die Herrschaft der Bourgeoisie nicht in der ganzen Welt hinfällig geworden wäre. Auf jeden Fall haben der Kampf gegen die Gleichheit und die Herstellung sehr tiefer sozialer Differenzierungen bis jetzt noch nicht das sozialistische Bewusstsein der Massen auslöschen, noch die Nationalisierung der Produktionsmittel und des Bodens beseitigen können, die die Haupterrungenschaften der Revolution sind.“ [a.a.O., S. 250]

Wir glauben, dass dies genügend zeigt, dass Cliff ein Zitat aus Trotzkis ,Stalin’ aus dem Zusammenhang genommen und etwas in es hineingelesen hat, was nicht da ist. In seiner letzten Arbeit hatte Trotzki, wie in allen anderen zur russischen Frage, ein gleichbleibendes Thema bei seiner Kennzeichnung des Sowjetunion. Es ist nicht möglich, aus irgendeiner seiner Schriften die Schlussfolgerung zu ziehen, dass er seine grundlegende Position änderte.

Kann es einen Kampf zwischen zwei Sektionen derselben Klasse geben?

Französische Revolution – Russische Revolution

Um die Russische Revolution zu verstehen, können wir die Analogie der Französischen Revolution nehmen, die in ihrer Ähnlichkeit und in ihrem Verlauf bemerkenswert ist, obgleich offensichtlich auf einer anderen wirtschaftlichen Basis. Wie bekannt ist, wurde die Herrschaft der Bourgeoisie in Frankreich in der Revolution von 1789 eingeleitet. Marx erklärt die fortschrittliche Herrschaft der revolutionären Jakobiner. Diese revolutionäre Diktatur der Sansculotten ging weiter als das bürgerliche Regime. Deshalb machten sie mit allem feudalen Abfall reinen Tisch und machten in Monaten, wofür die Bourgeoisie Jahrzehnte benötigt hätte. Dem folgte die thermidorianische Reaktion und die bonapartistische Konterrevolution.

Jeder, der die bonapartistische Konterrevolution mit der Revolution verglich – mindestens in ihrem Überbau – hätte einen so großen Unterschied wie zwischen dem Regime von Lenin und von Trotzki in Russland und dem von Stalin in den späteren Jahren gefunden. Für oberflächliche Beobachter war der Unterschied zwischen den zwei Regimen grundlegend – und tatsächlich wandte sich die englische kleinbürgerliche Intelligenz, die mit der französischen Revolution sympathisiert hatte, wegen der Napoleonischen Tyrannei heftig gegen sie. Tatsächlich war der Unterschied deutlich, so weit es den Überbau betraf. Napoleon hatte viele der Ordnungen, der Dekorationen und der Ränge, ähnlich denen des Feudalismus, wieder eingeführt; er hatte die Kirche wiederhergestellt; er hatte sogar sich selbst zum Kaiser gekrönt. Aber trotz dieser Konterrevolution ist es klar, dass das nichts mit dem Ancien Régime gemein hatte. Es war Konterrevolution auf der Grundlage der durch die Revolution selbst eingeführten neuen Eigentumsformen. Bürgerliche Eigentumsformen oder Eigentumsbeziehungen blieben die Grundlage der Wirtschaft.

Wenn wir die weitere Geschichte Frankreichs studieren, sehen wir die Vielfalt der Regierungsformen und des Überbaus, die sich im Verlauf des Klassenkampfs entwickelten. Die Wiederherstellung der Monarchie nach der Niederlage Napoleons, die Revolutionen von 1830 und von 1848 – was war da der Klassenkampf? Es gab eine andere Verteilung des Einkommens, aber, nach all diesen Revolutionen blieb die Wirtschaft bürgerlich.

Die folgende Geschichte Frankreichs sah die Diktatur Louis Bonapartes, die Wiederherstellung der bürgerlichen Demokratie und der Republik und kürzlich des Regimes Petains. Unter all diesen Regimen gab es Unterschiede bezüglich der Verteilung des Volkseinkommens zwischen den Klassen und zwischen unterschiedlichen Schichten der herrschenden Klasse selbst. Dennoch nennen wir alle diese Regime bürgerlich. Warum? Es kann nur wegen der Eigentumsform sein.

Angesichts der Rückständigkeit der Sowjetunion, die von Cliff sehr gut erklärt wird, und der Isolierung der Revolution, warum sollte nicht ein ähnlicher Prozess stattfinden? Tatsächlich geschah das. Kehren wir zu Trotzkis Buch ,Stalin’ zurück. Der Alte war klar. Nach dem Zitat, in dem Trotzki zeigt, dass das Wesen des Thermidor sozialen Charakter haben musste und der Kampf um das Mehrprodukt war, fuhr er fort, zu erklären, was das hieß. Fahren wir fort, wo Cliff stoppte:

„Hier hört die Analogie mit französischem Thermidor auf. Die neue soziale Basis der Sowjetunion wurde vorherrschend. Die Nationalisierung der Produktionsmittel und des Bodens aufrechtzuerhalten, das ist für die Bürokratie eine Frage auf Leben und Tod, denn sie ist die soziale Quelle ihrer Vormachtstellung. Das war der Grund für ihren Kampf gegen die Kulaken. Die Bürokratie konnte diesen Kampf nur führen und zu einem Ende bringen mit Unterstützung des Proletariats. Dass es ihr gelang, diese Unterstützung zu erhalten, wird durch nichts besser bewiesen als durch die Lawine von Kapitulationen der Vertreter der neuen Opposition. Der Kampf gegen die Kulaken und der Kampf gegen die Rechtsfraktion – das waren die offiziellen Losungen dieser Periode – erschienen den Arbeitern und vielen Linksoppositionellen als die Wiedergeburt der Diktatur des Proletariats und der sozialistischen Revolution. Wir warnten sie damals: es geht nicht nur darum, was getan wird, sondern auch darum, wer es tut. Unter Bedingungen der Sowjetdemokratie, das heißt der Arbeiterregierung, hätte der Kampf gegen die Kulaken nicht die Form angenommen, die er damals annahm: konvulsivisch, panikartig und bestialisch; er hätte zu einer allgemeinen Hebung der ökonomischen und kulturellen Niveaus der Massen auf der Grundlage von Industrialisierung geführt. Aber der Kampf der Bürokratie gegen die Kulaken war nur ein Kampf auf dem Rücken der Arbeiter, und da die Kämpfenden kein Vertrauen in die Massen hatten, denn alle beide fürchteten sie, bekam er einen krampfartigen und mörderischen Charakter. Dank der Unterstützung durch das Proletariat endete er mit Sieg der Bürokratie, einem Sieg, der das spezifische Gewicht des Proletariats im Lande nicht erhöhen konnte.“, (,Stalin’, S. 253 f. 408, Fettdruck von uns, Kursivierung im Original)

Wenn Trotzki hier von „der Schöpfung eins neuen Unterbaus für die ökonomisch herrschende Klasse“ spricht, ist klar das Proletariat gemeint, das durch die Eigentumsform herrscht. Cliff sagt: „Einer der Thronbewerber um die Position der ökonomisch herrschenden Klasse – sagt er – ist die Bürokratie. Dieser Formulierung muss große Bedeutung beigemessen werden…“ Hier sehen wir die Gefahr der Arbeitsmethode auf der Grundlage vorgefertigter Ideen und des Versuchs, Zitate passend zu den Ideen auszuwählen. In gerade diesem Kapitel zeigt Trotzki die Ähnlichkeit und die Unterschiede mit der Französischen Revolution und warum die Reaktion in Frankreich eine andere Gestalt als in Russland annahm:

„Die Privilegien der Bürokratie haben einen anderen Ursprung. Die Bürokratie schreibt sich den Teil des Nationaleinkommens zu, den sie sich durch ihre Kraft oder durch Ausübung ihrer Autorität verschaffen kann oder durch direkten Eingriff in die Wirtschaftsverhältnisse. Wegen des Überschusses der nationalen Produktion wurden die Bürokratie und das mit ihr verbundene Kleinbürgertum bald zu Feinden. Die Kontrolle des Überproduktes eröffnete für die Bürokratie den Weg zur Macht.“ (,Stalin’, S. 257)

Das Thema Trotzkis ist ausreichend klar. Der Kampf um das Mehrprodukt kann nicht nur zwischen unterschiedlichen Klassen, sondern auch zwischen unterschiedlichen Schichten und unterschiedlichen Gruppierungen geführt werden, die die selbe Klasse vertreten.

Gilt das Wertgesetz innerhalb der russischen Wirtschaft?

Der ganze Teil von Cliffs Dokument über das Wertgesetz ist aus einem marxistischen Blickwinkel nicht stichhaltig. Auf die verwickeltste und eigenartigste Weise argumentiert er, dass das Wertgesetz nicht innerhalb der russischen Wirtschaft gültig sei, sondern nur in seinen Beziehungen zum Weltkapitalismus. Er findet die Grundlage des Wertgesetzes nicht in der russischen Gesellschaft, sondern in der weltkapitalistischen Umwelt.

„Finden wir jetzt heraus, welche Bedeutung die inneren Verhältnisse in Russland haben, wenn man vom Einfluss der Weltwirtschaft abstrahiert.“

„Die Abstraktion hat eine grundlegende Frage gelöst: dass die Quelle der Tätigkeit des Wertgesetzes nicht in den inneren Beziehungen der russischen Wirtschaft selbst gefunden wird. Mit anderen Worten hat es uns so weit näher an die Lösung des Problems gebracht, ob die russische Wirtschaft dem Wertgesetz unterworfen ist, indem es uns zeigt, wo man nicht nach seiner Quelle sucht.“ (Cliff, [The Nature of Stalinist Russia], Seite 98. Hervorhebung im Original)

Nach der marxistischen Sicht zeigt sich das Wertgesetz im Austausch. Und dies gilt für alle Gesellschaftsformen. Zu Beispiel fand das Aufbrechen des Urkommunismus statt durch den Austausch und Tauschhandel zwischen verschiedenen Urgemeinschaften statt. Dies führte zur Entwicklung des Privateigentums. In der Sklavengesellschaft wurdenin der gleichen Weise die Produkte des Sklaven Waren, wenn sie ausgetauscht wurden. Durch diese Entwicklung erschien die ,Ware der Waren’: Geld. Dadurch versklavte das Produkt den Produzenten und schließlich führte der durch die Geldwirtschaft verursachte Widerspruch zur Zerstörung der alten Sklavengesellschaft. Unter dem Feudalismus wurde der Austausch des von den autarken Grundherren und Baronen in ihrer ,natürlichen Wirtschaft‘ produzierten ÜberschussesWaren, und tatsächlich der Ausgangspunkt der kapitalistischen Entwicklung durch den Aufstieg des Handelskapitals.

Wenn sich folglich das Wertgesetz nur im Austausch zwischen Russland und der äußeren Welt zeigen würde, würde dies nur bedeuten, dass der russische Überschuss auf der Grundlage des Wertgesetzes ausgetauscht würde. Welche Folgen dies für die innere Wirtschaft hätte, ist eine andere Frage, die ausgearbeitet werden müsste.

Wegen des geringen Grads der Teilnahme der Sowjetunion am Weltmarkt im Vergleich zur Gesamtproduktion von Russland, erkennt Cliff unausweichlich die Schwäche seines Arguments. So findet Cliff erstaunlicherweise das Wertgesetz, nicht im Austauschsondern in der Konkurrenzverwirklicht. Sogar dies wäre nicht so falsch, wenn er argumentierte, dass dies Konkurrenz auf dem Weltmarkt um Märkte im klassischen kapitalistischen Stil wäre. Aber er kann nicht so argumentieren, weil es im Gegensatz zu den Tatsachen stünde. So führt er eine neue Auffassung ein. Er findet seine ,Konkurrenz‘ und sein ,Wertgesetz‘ in der Rüstungsproduktion!

Der Druck von Weltkapitalismus zwingt Russland, einen enormen Anteil des Volkseinkommens für Rüstungsproduktion und Verteidigung auf der einen Seite und die im Verhältnis zum Volkseinkommen größte Kapitalbildung in der Geschichte für Verteidigungsbedürfnisse auf der anderen Seite zu verwenden. Hier findet Cliff sein Wertgesetz. Das Wertgesetz zeigt sich in der Rüstungskonkurrenz zwischen zwei Gesellschaftssystemen! Dieses kann nur als Zugeständnis an Shachtmans Theorie des bürokratischen Kollektivismus beschrieben werden. Wenn diese Theorie korrekt wäre, würde die Theorie einer völlig neuen Wirtschaft gelten, die nie vorher in der Geschichte gesehen oder durch die Marxisten vorausgesehen wurde.

Hier würden wir wieder auf die Gefahren des wahllosen Gebrauchs von Zitaten und die Vermischung von Ideen zur Bildung einer ,These’ hinweisen. In Wirklichkeit ist dieses Dokument nicht ein staatskapitalistisches Dokument; es ist ein Zwitter, der bürokratischen Kollektivismus und Staatskapitalismus verbindet. Wenn dieser Teil des Dokuments von Cliff überhaupt etwas bedeutet, führt er geradewegs auf den Weg von Shachtmans bürokratischem Kollektivismus.

Diese Idee wird teilweise von Hilferding* ausgeliehen, der wenigstens konsequent argumentierte, dass in Russland und in Nazi-Deutschland das Wertgesetz nicht gelte und dass dies völlig neue Gesellschaftsordnungen seien. Sie stützt sich auch auf ein Missverständnis einiger Abschnitte in Bucharins „Imperialismus und Weltwirtschaft“, wo er auf der Grundlage von „Staatskapitalismus“ – der organischen Verbindung von Konzernen mit Finanzkapital – argumentierte und wo er zusammen mit Lenin glänzend eine Form der Diktatur vorhersagte, die später im italienischen Faschismus und im Nazismus verwirklicht wurde. Nicht Staatseigentum an den Produktionsmittel, aber Verschmelzung des Finanzkapitals mit dem Staat. Tatsächlich wählte Bucharin als eins seiner klassischen Beispiele solch eines Staates … Amerika.

Das Argument zu Rüstungen gehört in eine mystische und nicht ökonomische Kategorie. Wenn wir es als richtig akzeptierten, würde es bestenfalls erklären, warumRussland Waffen produziert, aber nicht wieoder auf welcher wirtschaftlichen Grundlage die Waffen produziert werden. Selbst wenn Russland ein vom Imperialismus umzingelter gesunder Arbeiterstaat wäre, gäbe es die absolute Notwendigkeit zur Produktion von Waffen und der Konkurrenz mit der Rüstungstechnik und -produktion der rivalisierenden kapitalistischen Systeme. Aber dieses Argument zur Rüstung ist völlig falsch. Das größere Teil der Produktion in Russland besteht nicht aus Rüstung, sondern aus Produktionsmitteln. Dies würde wieder erklären, warum die Bürokratie versucht, die Produktionsmittel mit einer verzweifelten Geschwindigkeit zu akkumulieren, aber es erklärt nichts über das Wirtschaftssystem der Produktion selbst. Es ist wahrscheinlich wahr, dass in einem gesunden Arbeiterstaat aus gesellschaftlichen Gründen die Anhäufung von Waffen kleiner wäre (internationalistische und revolutionäre Politik gegenüber den Arbeitern in anderen Ländern), aber sie würde unter dem Druck des Weltimperialismus dennoch stattfinden.

Ein schnelleres oder langsameres Entwicklungstempo der Produktionsmittel erklärt uns nicht notwendigerweise die Methode, mit der sie produziert werden. Cliff sagt, dass die Bürokratie die Produktionsmittel unter dem Druck des Weltimperialismus entwickelt. Gut. Aber alles, was uns dies erklärt, ist wieder, warum das Tempo schnell ist. Sogar aus dem Blickwinkel der klassischen bürgerlichen politischen Ökonomie ist das Argument Cliffs eine reine Ausflucht. Es behauptet bloß, was nachgewiesen werden muss.

Nicht umsonst wies Trotzki in der „Verratenen Revolution“ darauf hin, dass der ganze fortschrittliche Inhalt der Tätigkeit der stalinistischen Bürokratie und ihre Aufgabe die Steigerung der Arbeitsproduktivität und die Landesverteidigung war.

Wir haben gesehen, dass, wenn das Wertgesetz nurwegen des Bestehens von Kapitalismus in der Weltwirtschaft gälte, es dann nur für die Produkte gelten würde, die auf dem Weltmarkt ausgetauscht wurden. Aber Cliff vertritt zwei unvereinbare Thesen in Beziehung zu der russischen Wirtschaft. Einerseits sagt er:

Das bedeutet nicht, dass das Preissystem in Russland willkürlich ist und allein von den Launen der Bürokratie abhängt. Die Grundlage des Preises sind auch in Russland die Produktionskosten. Wenn der Preis als Transmissionsriemen verwendet werden soll, durch den die Bürokratie die Produktion als Ganzes leitet, muss er seinem Zweck entsprechen und so genau wie möglich die wirklichen Kosten, das heißt die gesellschaftlich notwendige Arbeit widerspiegeln, die in den unterschiedlichen Produkten. aufgesogen wird …“ (Cliff, [The Nature of Stalinist Russia], Seite 94 [die ersten beiden Sätze auch in ,Staatskapitalismus in Russland, S. 205 f.], unsere Hervorhebung)

Zwei Seiten später beschreibt Cliff als den zentralen Punkt, den er zu beweisen versucht:

„… dass man in den Wirtschaftsbeziehungen innerhalb Russlands selbst nicht die Autonomie der Wirtschaftstätigkeit, die Quelle des Wertgesetzes, in Aktion finden kann.“ (Cliff, [The Nature of Stalinist Russia], Seite 96, Hervorhebung im Original)

Im ersten Zitatzeigt Cliff genau die Weise, in der sich das Wertgesetz innerhalb der russischen Gesellschaft zeigt. Selbst wenn man vom Weltmarkt und der Wechselwirkung, die er zweifellos hat, abstrahiert – wenn Cliff sagt, dass die wirklichen Kosten, das heißt die in verschiedenen Produkten aufgesogene gesellschaftlich notwendige Arbeit, die wirklichen Preise widerspiegelt, dann sagt er, dass das gleiche Gesetz in der russischen Gesellschaft wie in der kapitalistischen Gesellschaft zutrifft. Der Unterschied ist, dass es in der kapitalistischen Gesellschaft blind durch die Gesetze des Marktes zum Ausdruck kommt und in Russland die bewusste Tätigkeit eine wichtige Rolle spielt. In diesem Zusammenhang widerlegt das zweite Zitat schlagend Cliffs Argument, dass es Kapitalismus sei, was in Russland unter diesen gegebenen Bedingungen besteht, weil das Wertgesetz nicht blind funktioniert, sondern bewusst in Dienst genommen wird. In der kapitalistischen Gesellschaft kommt das Wertgesetz, wie er sagt, durch die ,Autonomie der Wirtschaftstätigkeit‘ zum Ausdruck, das heißt: der Markt herrscht. Das erste Zitat zeigt klar, dass der Markt – und das ist der Punkt – innerhalb gewisser Grenzen bewusst kontrolliert wird, und daher ist es nicht Kapitalismus, wie er von Marxisten verstanden wird.

Vorher sagte Cliff, dass das Wertgesetz in Russland nicht wirke. Hier zeigt er genau, wie es wirkt: nicht wie im klassischen Kapitalismus, sondern wie in einer Übergangsgesellschaft zwischen Kapitalismus und Sozialismus.

Wir sehen daher, dass Cliff behauptet, dass Russland eine kapitalistische Gesellschaft sei – aber er findet die Quelle des Hauptgesetzes der kapitalistischen Produktion außerhalb Russlands. Nun, in jeder kapitalistischen Gesellschaft, in der der Reservefonds in der Hand der Kapitalistenklasse ist, wie Engels erklärte,

„wenn dieser Produktions- und Reservefonds in den Händen der Kapitalistenklasse tatsächlich besteht, wenn er tatsächlich durch die Aufhäufung von Profit entstanden ist (…): so besteht er notwendig aus dem aufgehäuften Überschuss des der Kapitalistenklasse von der Arbeiterklasse gelieferten Arbeitsprodukts über die der Arbeiterklasse von der Kapitalistenklasse gezahlte Summe Arbeitslohn. Dann bestimmt sich aber der Wert nicht durch den Arbeitslohn, sondern durch die Arbeitsmenge; dann liefert die Arbeiterklasse der Kapitalistenklasse im Arbeitsprodukt eine größere Wertmenge, als sie von ihr im Arbeitslohn bezahlt erhält, und dann erklärt sich der Kapitalprofit wie alle anderen Formen der Aneignung fremden, unbezahlten Arbeitsproduktes als bloßer Bestandteil dieses von Marx entdeckten Mehrwerts.“ (,Anti-Dühring’, a.a.O., S. 181)

Dies zeigt an, dass da, wo es Lohnarbeit gibt, wo es Akkumulation von Kapital gibt, das Wertgesetz gelten muss, egal in welcher komplizierten Form es zum Ausdruck kommt. Darüber hinaus erklärt Engels bei der Antwort auf Dührings* fünf Wertarten und die ,natürlichen Produktionskosten’, dass Marx im ,Kapital’ Warenwerte behandelt und „im ganzen Abschnitt des ,Kapitals’, der den Wert behandelt, gibt es nicht das kleinste Anzeichen, ob und in welchem Ausmaß Marx die Werttheorie der Waren für auf andere Gesellschaftsformen anwendbar gehalten habe.“ In diesem Sinne ist es klar, dass in der Übergangsgesellschaft auch „der Wert selbst nicht mehr als ein Ausdruck der im Objekt vergegenständlichten gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit ist.“ Hier ist es nur notwendig, zu fragen: Was bestimmt den Wert der Maschinen, Konsumgüter etc., die in Russland produziert werden? Ist er willkürlich? Was bestimmt die Berechnungen der Bürokratie? Was messen sie mit dem Preis? Was bestimmt Löhne? Sind Löhne Bezahlung von Arbeitskraft? Was bestimmt das ,Geld’? Was bestimmt den Unternehmensprofit? Gibt es Kapital? Ist die Arbeitsteilung abgeschafft?

Cliff gibt zwei widersprüchliche Antworten auf diese Fragen. Auf der einen Seite stimmt er zu, dass es das Wertgesetz ist, auf dessen Grundlage alle Berechnungen und die Bewegung der russischen Gesellschaft sich entwickeln. Auf der anderen Seite findet er, dass das Wertgesetz nur als Ergebnis des Drucks der Außenwelt wirksam sei, obwohl er überhaupt nicht auf ernsthafte Weise erklärt, wie.

Die Rolle des Geldes in Russland

Das Überraschende ist, dass Cliff selbst darauf hinweist, dass die Bürokratie Preise nicht willkürlich bestimmt und bestimmen kann. Dass sie auch die zirkulierende Geldmenge nicht willkürlich bestimmt und bestimmen kann. Und das ist so in jeder Gesellschaft gewesen, in der Geld (erinnern wir uns: die Ware der Waren) eine Rolle gespielt hat. Engels stellte bei der Behandlung dieses Problems Dühring die wichtige Frage:

„Wenn der Degen die ihm von Herrn Dühring zugeschriebene ökonomische Zaubermacht hat, warum hat dann keine Regierung es fertigbringen können, schlechtem Geld auf die Dauer den ,Verteilungswert’ von gutem, oder Assignaten denjenigen von Gold aufzuzwingen?“ (‘Anti-Dühring’, a.a.O., S. 177)

In der ,Verratenen Revolution’ erklärt Trotzki das Problem sehr klar: Er zeigt, dass die dem Kapitalismus eigentümlichen wirtschaftlichen Kategorien in der Diktatur des Proletariats, der Übergangsgesellschaft zwischen Kapitalismus und Kommunismus, immer noch bleiben. Hier liegt der Schlüssel: die Gesetze bleiben, werden aber abgewandelt. Einige der Gesetze des Kapitalismus gelten, andere sind außer Kraft gesetzt. Zum Beispiel argumentiert Trotzki:

„Die Rolle des Geldes in der Sowjetwirtschaft ist nicht nur noch nicht ausgespielt, sondern soll sich, wie schon gesagt, erst voll entfalten. Die Übergangsperiode zwischen Kapitalismus und Sozialismus bedeutet, als Ganzes genommen, keine Verminderung, sondern umgekehrt eine außerordentliche Ausdehnung des Warenumlaufs. Alle Industriezweige wandeln und vergrößern sich, ständig entstehen neue, und alle sind gezwungen, ihre gegenseitigen Verhältnisse quantitativ und qualitativ zu bestimmen. Die gleichzeitige Liquidierung der bäuerlichen Subsistenzwirtschaft und des isolierten Familienhaushalts bedeuten, alle jene Arbeitsenergien in die Sprache des gesellschaftlichen Verkehrs und damit des Geldumlaufs zu übertragen, die bisher innerhalb der Grenzpfähle des Bauernhofs oder der Wände der Privatwohnung verausgabt wurden. Alle Produkte und Dienstleistungen beginnen sich nun, zum ersten Mal in der Geschichte, gegeneinander auszutauschen.“ (Trotzki, ,Die verratene Revolution’, Schriften 1.2, Hamburg 1988, S. 761)

Was ist der Schlüssel zu diesem Rätsel? Er kann nur in der Tatsache gefunden werden, dass wir hier eine Übergangsgesellschaft haben. Der Staat kann jetzt regeln, aber nicht willkürlich, nur innerhalb der Beschränkungen des Wertgesetzes. Jeder Versuch, die durch die Entwicklung der Produktivkräfte selbst gesetzten strengen Grenzen zu verletzen und zu überschreiten führt unmittelbar zur Bestätigung der Herrschaft der Produktion über die Produzenten. Das musste Stalin in Bezug auf die Preise und das Geld entdecken, als die russische Wirtschaft von der Krise der Inflation heimgesucht wurde, die den Plan völlig verzerrte und störte. Das Wertgesetz ist nicht abgeschafft, sondern abgewandelt. Das meinte Trotzki, als er sagte:

„Die Nationalisierung der Produktionsmittel und des Kredits, die Vergesellschaftlichung oder Verstaatlichung des Binnenhandels, das Außenhandelsmonopol, die Kollektivierung der Landwirtschaft und die Erbgesetzgebung stecken der individuellen Geldakkumulation enge Grenzen und erschweren die Umwandlung solchen Geldvermögens in privates (Wucher-, Kaufmanns-, und Industrie-)kapital. Diese mit der Ausbeutung verknüpfte Funktion des Geldes ist jedoch zu Beginn der proletarischen Revolution noch nicht aufgehoben; sie geht vielmehr in veränderter Gestalt an den Staat über, den universellen Kaufmann, Gläubiger und Industriellen. Zugleich bleiben die elementaren Funktionen des Geldes als Wertmaßstab, Tausch- und Zahlungsmittel nicht nur erhalten, sondern bekommen auch ein viel breiteres Wirkungsfeld als unter dem Kapitalismus.“ [a.a.O., S. 760]

Man muss das Problem nur auf diese Weise stellen, um zu sehen, dass eine Wirtschaftsanalyse einen zu der Schlussfolgerung führen muss, dass wir hier eine Übergangsgesellschaft haben, in der einige dem Sozialismus eigentümliche Gesetze gelten und einige dem Kapitalismus eigentümliche. Das ist schließlich die Bedeutung von Übergang.

Obwohl Cliff das nicht erkennt, gibt er es tatsächlich zu. Denn wenn er sagt, dass die Bürokratie die Investitionsrate, das Verhältnis zwischen Produktionsmitteln und Konsumgütern, den Preis der Konsumgüter etc. (in gewissem Rahmen) bewusst regulieren kann, beweist er, dass gewisse Grundgesetze des Kapitalismus nicht gelten.

Gibt es in Russland eine Umwandlung von Geld in Kapital? In der Polemik gegen Stalin beantwortete Trotzki das, indem er zeigte, dass die Investitionen auf der Grundlage eines Plans gemacht werden, aber dass trotzdem das, was investiert wird, der von den Arbeitern produzierte Mehrwert ist. Hier zeigt Trotzki den grundlegenden Denkfehler von Stalins Idee, dass der Staat ohne Bezug auf die Wirtschaft entscheiden und regeln könne. Wir können hinzufügen, dass Stalin nie leugnete, dass es Warenproduktion in Russland gebe.

Trotz der Tatsache, dass es nur einen ,Arbeitgeber’ in Russland gibt, kauft der Staat trotzdem Arbeitskraft. Es ist wahr, dass wegen der Vollbeschäftigung, die normalerweise den Verkäufer der Arbeitskraft in eine starke Position versetzen würde, der Staat dem freien Verkauf der Arbeitskraft viele Beschränkungen auferlegt hat, genau wie in einer Periode der Vollbeschäftigung unter dem Faschismus. Oder selbst im Labour-regierten Großbritannien, wo die selbe Lage besteht, lassen die Arbeitgeber den Staat durch Regelungen und Hilfsmittel eingreifen, um die Vorteile auszugleichen, die sich aus dieser Lage für den Verkauf der Arbeitskraft ergeben. Aber nur jemand, der in Abstraktionen argumentierte, könnte argumentieren, dass dies die Arbeitskraft negiere.

Es ist wahr, dass es in der klassischen kapitalistischen Wirtschaft freien Verkauf der Arbeitskraft gab. Marx hat jedoch im ,Kapital’ selbst einen ganzen Abschnitt verwendet, um die grausamen Gesetze zu zeigen, die gegen das entstehende Proletariat angewandt wurden, nachdem die Pest in England die Bevölkerung so verringert hatte, dass die Proletarier in einer günstigen Lage waren, um höhere Löhne zu fordern. Hieß das, dass das grundlegende marxistische Gesetz nicht galt? Im Gegenteil behandelte Marx einen ,reinen’ Kapitalismus, den es nie gab, aus dem er die grundlegenden Gesetze ableitete. Die Verzerrung dieses oder jenes Elements wird das grundlegende Gesetz nicht ändern. Deshalb blieb Nazi-Deutschland trotz vieler Perversionen grundlegend ein System der kapitalistischen Wirtschaft, weil die Wirtschaft von Produktion auf der Grundlage des Privateigentums beherrscht war.

Man muss nur die Sklavenarbeiter in Sibirien mit dem Proletariat in den russischen Städten zu vergleichen, um den Unterschied zu sehen. Der eine ist ein Sklave auf der Grundlage von Sklavenarbeit, der andere ist ein Lohnsklave. Der eine verkauft seine Arbeitskraft, der andere ist selbst ein reines Arbeitsinstrument. Es gibt eine grundlegende Unterscheidung.

Es ist überhaupt kein Zufall, dass das vom Staat verwendete ,Geld’ notwendigdie gleiche Basis wie Geld in der kapitalistischen Gesellschaft hat. Nicht zufällig muss, wie Trotzki erklärte, das einzige wirkliche Geldin Russland (oder in irgendeiner Übergangswirtschaft – selbst einem idealen Arbeiterstaat) Gold zur Grundlage haben. Die jüngste Rubelabwertung war an sich eine schlagende Bestätigung der Tatsache, dass das Gesetz der Geldzirkulation, und also der Warenzirkulation, seine Gültigkeit in Russland beibehält. In einer Übergangswirtschaft müssen die wirtschaftlichen Kategorien des Geldes, Werts, Mehrwerts etc. notwendig als Elemente der alten Gesellschaft innerhalb der neuen weiterbestehen.

Cliff argumentiert, dass „die wichtigste Quelle des Staatseinkommens eine Umsatzsteuer ist, die eine indirekte Steuer ist.“ Er bringt interessantes Material, das die gewaltige Belastung zeigt, die die Umsatzsteuer den Massen auferlegt.

Die Umsatzsteuer, die er im Zusammenhang mit der Ausbeutung der Massen anführt, beweist jedoch auf indirekte Weise, dass das Wertgesetz für die russische Gesellschaft gilt. Cliff zeigt, wie die Umsatzsteuer in Russland gilt. Aber er sieht nicht, dass die Steuer irgend eine Grundlage haben muss. Egal, wie viel der Staat dem Preis hinzufügt, indem er eine zusätzliche Steuer auferlegt, der Preis muss eine Grundlage haben: was anderes kann das sein als der Wert des Produkts, die in ihm enthaltene gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit?

Engels macht Dührings Steuer mit dem Degen lächerlich, aus der der Mehrwert entwickelt wird, wenn er sagt:

„Oder aber, die angeblichen Besteuerungsaufschläge repräsentieren eine wirkliche Wertsumme, nämlich diejenige, die von der arbeitenden, Wert erzeugenden Klasse produziert, aber von der Monopolistenklasse angeeignet wird, und dann besteht diese Wertsumme einfach aus unbezahlter Arbeit; in diesem Fall kommen wir, trotz dem Mann mit dem Degen in der Hand, trotz der angeblichen Besteuerungsaufschläge und dem behaupteten Verteilungswert wieder an – bei der Marxschen Theorie vom Mehrwert.“ (‘Anti-Dühring’, a.a.O., S. 176, letzte Hervorhebung im Original]

Die Umsatzsteuer in Russland und die anderen Manipulationen der Bürokratie machen das Wertgesetz auf keine Weise bedeutungslos. Was ist das Wesen des Wertgesetzes? Dass der Wert des Produktes durch den durchschnittlichen Betrag von gesellschaftlich notwendiger Arbeitszeit bestimmt ist. Das muss der Ausgangspunkt sein. Es zeigt sich notwendigerweise durch Austausch. Marx widmete einen großen Teil des ersten Bandes des ,Kapitals’ der Erklärung der geschichtlichen Entwicklung der Warenform vom zufälligen Austausch unter Wilden durch ihre Umgestaltungen bis wir zur Warenproduktion par excellence, der kapitalistischen Produktion kommen.

Selbst in einer klassischen kapitalistischen Wirtschaft enthüllt sich das Wertgesetz nicht direkt. Wie bekannt ist, werden Waren über oder unter ihrem Wert verkauft. Nur zufällig würde eine Ware zu ihrem Wert verkauft werden. Im dritten Band des ,Kapital’ erklärt Marx die Produktionspreise der Waren. Das heißt, dass der Kapitalist nur die Produktionskosten seiner Ware plus die durchschnittliche Profitrate erhält. So werden manche Kapitalisten unter der tatsächlichen Rate bezahlt werden, andere darüber. Wegen der verschiedenen organischen Zusammensetzung der verschiedenen Kapitale enthüllt sich das Wertgesetz nur in dieser komplizierten Weise. Das findet natürlich durch die Konkurrenz statt. Monopole sind nur eine kompliziertere Entwicklung des Wertgesetzes in der Gesellschaft. Wegen der Kontrollposition, die manche Monopole einnehmen, können sie einen Preis über dem Wert der Waren herausschlagen, aber nur dadurch, dass andere Waren unter ihrem Wert verkauft werden. Der durch die Gesellschaft erzeugte Gesamtwert wäre immer noch der selbe.

Gab es vor 1928 Mehrwert? Cliffs willkürliche Einteilung

In diesem Zusammenhang ist Cliff überhaupt nicht konsequent. Shachtman argumentiert wenigstens konsequent bei seinem Bemühen, zu leugnen, dass Russland eine Übergangsgesellschaft ist, in der weiterhin kapitalistische Gesetze und ebenso die Gesetze der künftigen Gesellschaft wirken. Er sagt, dass das Wertgesetz nicht wirksam ist und folglich alle Gesetze, die aus ihm entspringen, auch nicht wirksam sind. Es wird nicht Mehrwert produziert, sondern Mehrprodukt; die Arbeiter verkaufen keine Arbeitskraft, weil sie Sklaven sind etc. etc. Cliff gibt jedoch zu, dass die Warenproduktion weitergeht, Arbeitskraft und Mehrwert bleiben. Aber sobald diese marxistischen Kategorien als für die russische Gesellschaft gültig akzeptiert werden, dann muss das Wertgesetz klar im Innern wirken, oder die ganze Position wird unsinnig.

Der ganze Widerspruch, ein Widerspruch innerhalb der Gesellschaft selbst, der nicht willkürlich auferlegt ist – ist in der Vorstellung der Diktatur des Proletariats selbst enthalten. Wen man die Probleme abstrakt betrachtet, kann man sehen, dass dies ein widersprüchliches Phänomen ist: die Abschaffung des Kapitalismus, aber das Fortbestehen von Klassen. Das Proletariat verschwindet nicht. Es erhebt sich selbst in die Stellung der herrschenden Klasse und schafft die kapitalistische Klasse ab. Aber in der Übergangszeit bleibt es die Arbeiterklasse. Also wird ein Mehrprodukt in der Form von Mehrwert produziert. Das ist heute der Fall, wie er es unter Lenin und Trotzki war. Wir müssen nur das Problem aufwerfen: Was war der produzierte Mehrwert, als Russland noch ein Arbeiterstaat war – wenn auch damals schon mit bürokratischen Deformationen? Was war der Prozess, durch den etwas, was vor 1928 ein Mehrprodukt war, nach 1928 auf mysteriöse Weise ein Mehrwert wurde? Was war dieser merkwürdige unerklärte Prozess? Wir würden hier gerne eine Frage stellen: Hatte das Vorhandensein von Kapitalismus außerhalb Russlands vor 1928 eine ähnliche Wirkung auf Russlands Wirtschaft? Natürlich hatte sie es. In der Tat hatte sie wegen der Schwäche der russischen Wirtschaft eine weit größere Wirkung. Warum gab es dann keinen Kapitalismus in Russland?

Oder weiter: lassen wir die Periode von 1917 bis 1923 beiseite – aber was war die Lage von 1923 bis 1928, als die stalinistische Bürokratie sich festigte? Es gab viel mehr tatsächliche individualkapitalistische Elemente in der Wirtschaft des Landes als es heute gibt. Der Druck des Weltkapitalismus war aus einem wirtschaftlichen Blickwinkel zweifellos viel größer. Das Problem auch nur zu stellen, zeigt die willkürliche Methode.

Der Machtmissbrauch und der legale und illegale Konsum des Mehrwerts durch die Bürokratie fand notwendigerweise in den frühen Stadien der bürokratischen Kontrolle statt. Genosse Cliff muss ein lebloses Schema konstruieren, das keine Beziehung zur Wirklichkeit hat, um eine Unterscheidung zwischen den zwei Perioden zu erzeugen: der Periode, in der die Bürokratie einen degenerierten Arbeiterstaat vertrat, und der, in der die Bürokratie eine kapitalistische Klasse wurde. Was ist laut Cliff der Unterschied? So unglaublich es auch scheinen mag: die Bürokratie verdiente ihr Einkommen und erst von 1928 an konsumierte sie Mehrwert. Cliff schreibt:

„Die Statistiken, die uns zur Verfügung stehen, zeigen schlüssig, dass die Bürokratie in der dem Fünfjahresplan vorausgehenden Periode zwar eine privilegierte Stellung hatte, es aber auf keinen Fall gesagt werden kann, dass sie Mehrwert aus der Arbeit anderer erhielt. Es kann genauso schlüssig gesagt werden, dass mit der Einführung des Fünfjahresplans das Einkommen der Bürokratie zu einem großen Ausmaß aus Mehrwert bestand.“ (Seite 45)

Das steht im Widerspruch zu der Analyse, die damals nicht nur Trotzki, sondern auch andere Marxisten zu diesem Problem machten. Zunächst einmal wird es auch im idealsten Arbeiterstaat in der Übergangsperiode unausweichlich einen gewissen Verbrauch von Mehrwert durch die Spezialisten und Bürokraten geben. Andernfalls hätten wir die unmittelbare Einführung des Kommunismus ohne alle Ungleichheiten oder die Fortsetzung der Spaltung zwischen geistiger und körperlicher Arbeit. Es ist nur notwendig, sich hier auf die Linke Opposition zu diesem Problem zu berufen. Schon 1927 kommentierte die Linke Opposition den großen Teil des Mehrwerts, der vom bürokratischen Apparat verbraucht wurde. Sie protestierten dagegen, dass der „angeschwollenene und privilegierte Verwaltungsapparat … einen ganz beträchtlichen Teil unseres Mehrwerts verschlingt.“ ([Die Plattform der Vereinigten Opposition (Die wirkliche Lage in Russland), nach: Die Linke Opposition in der Sowjetunion 1923-28, Band V, S. 345], zitiert in: Verratene Revolution, [Schriften 1.2, S. 834])

Es ist klar, dass die Bürokratie seit 1920 einen großen Teil des Mehrwerts verbrauchte, legitimer- oder illegitimerweise. Wie Marx erklärt, wird in einem Arbeiterstaat in der Übergangsperiode der Mehrwert für den schnellen Aufbau der Industrie und dadurch für den schnellstmöglichen Übergang zu Gleichheit und dann völligem Kommunismus verwendet.

Wovon sonst sprach Lenin 1920 und 1921, wenn er betonte, dass Russland gezwungen sei, einen Schritt rückwärts zu machen, als sie die Spezialisten gemäß bürgerlichen Standards und auf die alte ,bürgerliche Weise’ bezahlten?

Die Ökonomie des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus

Das Bedeutsamste bei allen Strömungen, die Trotzkis Position in der russischen Frage zu revidieren versuchen, ist, dass sie das Problem immer abstrakt stellen und nie konkret die Gesetze der Übergangsgesellschaft zwischen Kapitalismus und Sozialismus erklären und wie solch eine Gesellschaft funktionieren würde. Das ist nicht zufällig. Eine konkrete Überlegung würde sie zu der Schlussfolgerung zwingen, dass die Wirtschaft in Russland grundlegend dieselbe ist, die sie unter Lenin war und nicht anders sein kann.

Der Keim der kapitalistischen Produktionsweise, die unter dem Feudalismus durch die Entwicklung der Warenproduktion begann, liegt in der Funktion der unabhängigen Handwerker und Kaufleute. Wenn sie eine gewisse Stufe erreicht, haben wir kapitalistische Verhältnisse mit einem feudalen Überbau. Sie werden durch die Revolution gesprengt und alle in der kapitalistischen Produktion versteckten Möglichkeiten haben jetzt die freie Möglichkeit zur durch feudale Beschränkungen unbehinderten Verwirklichung.

Das ganze Wesen der (kapitalistischen und proletarischen) Revolution besteht in der Tatsache, dass die alten Verhältnisse und alten Formen nicht mit den jetzt gereiften Produktionsmethoden und -weisen übereinstimmen. Um sich von diesen Beschränkungen zu befreien, müssen die Produktivkräfte auf einer anderen Grundlage organisiert werden und die gesamte menschliche Geschichte und Geschichtsbewegung besteht in der Entwicklung dieser Gegensätze auf ihren verschiedenen Stufen verschiedener Gesellschaften.

Die bürgerliche Revolution zerstört jedoch den Feudalismus nicht sofort mit einem Schlag. Mächtige feudale Elemente bleiben immer noch und selbst in den höchstentwickelten kapitalistischen Ländern bestehen bis heute die Überbleibsel des Feudalismus.

Man kann von der feudalen Produktionsweise im Sinne des Überbaus trotz der kapitalistischen Basis sprechen, die sich unter ihm entwickelt hat. Oder man kann sogar von der feudalen Produktionsweise an ihrem Anfang sprechen, wo die Keime des Kapitalismus und die Entwicklungsmöglichkeit des Kapitalismus schwach zu sehen waren.

Der grundlegende Irrtum der ,Staatskapitalismus’theorie und seiner Abstraktionen in Bezug auf die Übergangsperiode liegt im Versagen bei der Unterscheidung zwischen Produktionsweise und Aneignungsweise. In jeder Klassengesellschaft gibt es Ausbeutung und ein Mehrprodukt, das von der ausbeutenden Klasse verwendet wird. Aber für sich genommen sagen sie uns nichts über die Produktionsweise.

Zum Beispiel ist die Produktionsweise im Kapitalismus gesellschaftlich, im Widerspruch zur individuellen Aneignungsform. Wie Engels erklärte:

„Die Scheidung war vollzogen zwischen den in den Händen der Kapitalisten konzentrierten Produktionsmitteln hier und den auf den Besitz von nichts als ihrer Arbeitskraft reduzierten Produzenten dort. Der Widerspruch zwischen gesellschaftlicher Produktion und kapitalistischer (also individueller oder privater, wie Engels schon erklärt hat –EG) Aneignung tritt an den Tag als Gegensatz von Proletariat und Bourgeoisie.“ (,Anti-Dühring’, a.a.O., S. 253)

Die Übergangswirtschaft, die sich in verschiedenen Ländern zu verschiedenen Zeiten und selbst im selben Land zu verschiedenen Zeiten ungeheuer unterscheiden wird, wie Lenin betonte, hat auch eine gesellschaftliche Produktionsweise, aber mit staatlicher Aneignungund nicht individueller Aneignung wie unter dem Kapitalismus. Dies ist eine Form, die sowohl sozialistische als auch kapitalistische Merkmale verbindet.

Unter dem Kapitalismus, dem System der Warenproduktion par excellence, beherrscht das Produkt völlig den Produzenten. Dies ergibt sich aus der Aneignungsform und dem Widerspruch zwischen der Aneignungsform und der Produktionsweise; beide Faktoren ergeben sich aus dem Privateigentum an den Produktionsmitteln. Sobald Staatseigentum stattfindet, kann es kein Kapitalismus sein, weil der Grundwiderspruch abgeschafft worden sein wird. Der anarchische Charakter der gesellschaftlichen Produktion verschwindet mit der privaten Aneignung.

Unter dem Sozialismus wird es auch eine gesellschaftliche Produktionsweise geben, aber es wird eine gesellschaftliche Verteilungsweise geben. Zum ersten Mal werden Produktion und Verteilung in Harmonie sein.

Daher ist es nicht ausreichend, auf die kapitalistischen Merkmale in Russland heute hinzuweisen (Lohnarbeit, Warenproduktion, dass die Bürokratie einen ungeheuren Teil des Mehrwerts verbraucht), um uns den Charakter des Gesellschaftssystems zu sagen. Auch hier ist eine allseitige Sicht notwendig. Man kann die gesellschaftlichen Verhältnisse in der Sowjetunion nur verstehen, wenn man die Gesamtheitder Verhältnisse nimmt. Schon seit dem Beginn der Revolution haben verschiedene sektiererische Schulen als Ergebnis ihres Versagens bei solch einer Analyse die unhaltbarsten Ideen erzeugt. Lenin fasste das Problem folgendermaßen zusammen:

„Aber was bedeutet das Wort Übergang? Bedeutet es nicht in Anwendung auf die Wirtschaft, dass in der betreffenden Gesellschaftsordnung Elemente, Teilchen, Stückchen sowohl des Kapitalismus als auch des Sozialismus vorhanden sind. Jeder wird zugeben, dass dem so ist. Aber nicht jeder, der das zugibt, macht sich Gedanken darüber, welches denn nun die Elemente der verschiedenen gesellschaftlichen Wirtschaftsformen sind, die es in Russland gibt. Das aber ist der ganze Kern der Frage.“ (,Über ,linke’ Kinderei und über Kleinbürgerlichkeit’ [Mai 1918, Lenin Werke Band 28, S. 328])

Von einer Seite zu abstrahieren, muss zu einem Irrtum führen. Was bei dem russischen Phänomen verblüffend ist, ist genau der widersprüchliche Charakterder Wirtschaft. Dies wurde durch die Rückständigkeit und Isolation der Sowjetunion weiter verschärft. Dies gipfelte in dem totalitären stalinistischen Regime und führte dazu, dass die schlimmsten Merkmale des Kapitalismus an die Oberfläche kamen – Beziehungen zwischen Managern und Beschäftigten, Akkordarbeit etc. Statt diese Widersprüche zu analysieren, versucht Cliff, sie so weit wie möglich in die Muster der ,normalen’ Gesetze der kapitalistischen Produktion einzupassen.

Zusätzlich kann die Tendenz unter dem Kapitalismus, die Produktivkräfte nicht nur zu zentralisieren, sondern auch gewisse Verstaatlichungsmaßnahmen einzuführen, zu falschen Schlussfolgerungen führen. Um zu zeigen, dass der ,Staatskapitalismus’ in Russland letztlich das selbe wie der individuelle Kapitalismus sei und die selben Gesetze habe, zitiert Cliff folgende Passage aus dem ,Anti-Dühring’:

„Je mehr Produktivkräfte er (der Staat – TC) in sein Eigentum übernimmt, desto mehr wird er wirklicher Gesamtkapitalist, desto mehr Staatsbürger beutet er aus. Die Arbeiter bleiben Lohnarbeiter, Proletarier. Das Kapitalverhältnis wird nicht aufgehoben, es wird vielmehr auf die Spitze getrieben. Aber auf der Spitze schlägt es um. Das Staatseigentum an den Produktionsmitteln ist nicht die Lösung der Konflikte, aber es birgt in sich das formelle Mittel, die Handhabe der Lösung.“ (,Anti-Dühring’, a.a.O., S. 260)

Tatsächlich argumentiert Engels genau entgegengesetzt. Schauen wir die Passagen noch einmal an und sehen wir, wie wir andere Schlussfolgerungen ziehen:

Wenn die Krisen die Unfähigkeit der Bourgeoisie zur ferneren Verwaltung der modernen Produktivkräfte aufdeckten, so zeigt die Verwandlung der großen Produktions- und Verkehrsanstalten in Aktiengesellschaften und Staatseigentum die Entbehrlichkeit der Bourgeoisie für jenen Zweck. Alle gesellschaftlichen Funktionen des Kapitalisten werden jetzt von besoldeten Angestellten versehen. Der Kapitalist hat keine gesellschaftliche Tätigkeit mehr außer Revenuen-Einstreichen, Kupon-Abschneiden und Spielen an der Börse, wo die verschiedenen Kapitalisten untereinander sich ihr Kapital abnehmen. Hat die kapitalistische Produktionsweise zuerst Arbeiter verdrängt, so verdrängt sie jetzt die Kapitalisten, und verweist sie, ganz wie die Arbeiter, in die überflüssige Bevölkerung, wenn auch zunächst noch nicht in die industrielle Reservearmee.

Aber weder die Verwandlung in Aktiengesellschaften noch die in Staatseigentum, hebt die Kapitaleigenschaft der Produktivkräfte auf. Bei den Aktiengesellschaften liegt dies auf der Hand. Und der moderne Staat ist wieder nur die Organisation, welche sich die bürgerliche Gesellschaft gibt, um die allgemeinen äußeren Bedingungen der kapitalistischen Produktionsverhältnisse aufrechtzuerhalten gegen Übergriffe sowohl der Arbeiter wie der einzelnen Kapitalisten. Der moderne Staat, was auch seine Form, ist eine wesentlich kapitalistische Maschine, Staat der Kapitalisten, der ideelle Gesamtkapitalist. Je mehr Produktivkräfte er in sein Eigentum übernimmt, desto mehr wird er wirklicher Gesamtkapitalist, desto mehr Staatsbürger beutet er aus. Die Arbeiter bleiben Lohnarbeiter, Proletarier. Das Kapitalverhältnis wird nicht aufgehoben, es wird vielmehr auf die Spitze getrieben. Aber auf der Spitze schlägt es um. Das Staatseigentum an den Produktionsmitteln ist nicht die Lösung der Konflikte, aber es birgt in sich das formelle Mittel, die Handhabe der Lösung.“ (a.a.O., S. 259 f., unsere Hervorhebung – EG)

Sicherlich ist die Idee im vorangegangenen Zitat klar. Insoweit die Produktionskräfte sich jetzt über den Rahmen der kapitalistischen Verhältnisse hinaus entwickelt haben (das heißt, der Keim des Widerspruchs ist jetzt zu einer bösartigen Krankheit des Gesellschaftssystems angewachsen, die sich in den Krisen widerspiegelt) sind die Kapitalisten zur ,Sozialisierung’ riesiger Produktionsmittel gezwungen – zuerst durch Aktiengesellschaften und dann später sogar zur Verstaatlichung von Teilen der Produktivkräfte. Diese besondere Idee wurde von Lenin im ,Imperialismus’ scharf betont, wo er zeigte, dass die Entwicklung von Monopolen und Vergesellschaftung der Arbeit in der Tat Elemente eines neuen Gesellschaftssystems innerhalb des altenwaren.

Sobald die Produktivkräfte diese Stufe erreichten, hatte der Kapitalismus schon seine geschichtliche Mission erfüllt und deshalb wird die Bourgeoisie immer überflüssiger. Aus einer Notwendigkeit für die Entwicklung der Produktivkräfte werden sie jetzt ,überflüssig’, ,Schmarotzer’, ,Kupon-Abschneider’. Auf diese Weise werden sie auf die gleiche Weise und aus den gleichen Gründen in Schmarotzer verwandelt wie auch die Feudalherren ,Schmarotzer’ wurden, sobald ihre Mission erfüllt war.

Dies ist bloß ein Anzeichen für die Reife des Kapitalismus für die soziale Revolution. Im ,Kapital’ hatte Marx gezeigt, dass Kredit und Aktiengesellschaften schon ein Anzeichen dafür seien, dass die Produktivkräfte über das Privateigentum hinausgewachsen waren. Engels hatte gezeigt, dass die gesellschaftlichen Produktivkräftesogar die Kapitalisten zur Anerkennung ihres Charakters als gesellschaftlicherund nicht als individuellerProduktivkräfte zwangen.

Wo immer der kapitalistische Staat gezwungen ist, diesen oder jener Wirtschaftszweig zu übernehmen, verlieren die Produktivkräfte tatsächlich ihren Charakter als Kapital nicht. Aber das ganze Wesen des Problems ist, dass Quantität zu Qualität wird, wenn wir eine vollständige Verstaatlichung haben, der Kapitalismus verwandelt sich in sein Gegenteil.

Wie soll man sonst die Aussage von Engels erklären: „Aber auf der Spitze schlägt es[das Kapitalverhältnis] um. Das Staatseigentum an den Produktionsmitteln ist nicht die Lösung der Konflikte, aber es birgt in sich das formelle Mittel, die Handhabe der Lösung.“?

Wenn man die Tatsache in Betracht zieht, dass dies dem vorher zitierten Absatz im gleichen Abschnittfolgt, in dem Engels kapitalistische Produktionsweise definiert (als gesellschaftliche Produktion, individuelle Aneignung), müssen wir folgern, dass Engels sich hoffnungslos widerspricht, wenn wir Cliffs Schlussfolgerungen akzeptieren. Aber aus dem Zusammenhang ist Engels’ Bedeutung klar. Er erklärt, dass die Lösung für die Widersprüche des Kapitalismus in der Anerkennung des gesellschaftlichen Charakters der modernen Produktivkräfte liegt: „dass also die Produktions-, Aneignungs- und Austauschweise in Einklang gesetzt wird mit den gesellschaftlichen Charakter der Produktionsmittel.“ [a.a.O., S. 260] Aber er zeigt, dass diese ,Anerkennung‘ genau in der bewussten Organisation und Planung besteht, statt des blinden Spiels der Marktkräfte auf der Grundlage von individuellem Eigentum. Dies kann jedoch nicht auf einem Schlag getan werden. Nur ,schrittweise‘ kann gesellschaftliche Kontrolle völlig durchgesetzt werden. Die Übergangsform dahin ist Staatseigentum. Aber völliges Staatseigentum schafft nicht sofort alle Merkmale des Kapitalismus ab, andernfalls würde sofort gesellschaftliches Eigentum, das heißt Sozialismus eingeführt werden.

Aber genau wie wir in der Gesellschaftsentwicklung das Neue innerhalb des alten Systems haben, haben wir auch in der Übergangsgesellschaft noch das Alte innerhalb des Neuen. Völlige Verstaatlichung stellt die äußerste Grenze des Kapitals dar. Das kapitalistische Verhältnis wird in sein Gegenteil umgewandelt. Die Elemente der neuen Gesellschaft, die innerhalb der alten heranwuchsen, werden jetzt vorherrschend.

Was den Konflikt innerhalb des Kapitalismus verursacht, ist die Tatsache, dass die Gesetze blind wirksam werden. Aber, sobald die ganze Industrie verstaatlicht wird, können zum ersten Mal Kontrolleund Planung durch die Produzenten bewusst angewandt werden. Kontrolle und Planung werden jedoch in den ersten Stadien innerhalb gewisser Grenzen stattfinden. Diese Grenzen werden durch das Niveau der Technik bestimmt, wenn die neue Gesellschaftsordnung an die Macht kommt.

Die Gesellschaft kann nicht über Nacht vom Reich der Notwendigkeit ins Reich der Freiheit treten. Nur auf der Grundlage einer grenzenlose Entwicklung der Produktivkräfte wird Freiheit in ihrem vollsten Sinne Wirklichkeit werden. Die Stufe wird erreicht werden, auf der wir die ,Verwaltung von Sachwerten’ erleben werden.

Bevor solch eine Stufe erreicht wird, muss die Gesellschaft die Übergangsperiode durchqueren. Aber insofern sofort nach dem Abschaffen des Privateigentums Kontrolle und Planung zum ersten Mal eine Möglichkeit werden, wird zum ersten Mal auch der Reich der Notwendigkeit hinter sich gelassen. Aber während es jetzt möglich ist, von ,Freiheit’ zu sprechen, ist dies nur in dem Sinne so, dass die Notwendigkeit bewusst erkannt ist. Auf dieser Stufe (der Übergangsperiode), unterstrich Engels,

„wird der gesellschaftliche Charakter der Produktionsmittel und Produkte (…) von den Produzenten in vollem Bewusstsein zur Geltung gebracht und verwandelt sich aus einer Ursache der Störung und des periodischen Zusammenbruchs in den mächtigsten Hebel der Produktion selbst.

Die gesellschaftlich wirksamen Kräfte wirken ganz wie die Naturkräfte: blindlings, gewaltsam, zerstörend, solange wir sie nicht erkennen und nicht mit ihnen rechnen. Haben wir sie aber einmal erkannt, ihre Tätigkeit, ihre Richtungen, ihre Wirkungen begriffen, so hängt es nur ab, sie mehr und mehr unserem Willen zu unterwerfen und vermittelst ihrer unsere Zwecke zu erreichen. Und ganz besonders gilt dies von den heutigen gewaltigen Produktivkräften.“ (a.a.O., S. 260 f., unsere Hervorhebung)

Engels fasste, Hegel zitierend, weiter die Beziehungen zwischen Freiheit, Notwendigkeit und der Übergangsperiode so zusammen:

„Freiheit [ist] die Einsicht in die Notwendigkeit. ,Blind ist die Notwendigkeit nur, insofern dieselbe nicht begriffen wird.’ [a.a.O., S. 106, Zitat aus Hegel, ,Enzyklopädie, §147, Zusatz, kursiv von Engels]

Marx und Engels berührten den widersprüchlichen Charakter der Übergangsperiode nur. Sie überließen seine Ausarbeitung den folgenden Generationen und stellten nur die allgemeinen Gesetze auf. Aber sie zeigten klar die Notwendigkeit von Staatseigentumals notwendigem Übergangszustand für die Entwicklung der Produktivkräfte. Engels erklärte die Notwendigkeit eines Staat während dieses Stadiums aus zwei Gründen:

1. um Maßnahmen gegen die alte herrschende Klasse zu ergreifen.

2. Weil die Übergangsgesellschaft nicht sofort genug für alle garantieren kann.

Die Logik der These Cliffs ist, dass in der Übergangsgesellschaft keine Überreste des Kapitalismus in der inneren Wirtschaft gibt. Während Genosse Cliff vehement argumentieren kann, dass er mit der Notwendigkeit eines Staats in der Übergangsperiode einverstanden ist, ist es offensichtlich, dass er nicht die wirtschaftlichen Gründe durchdacht hat, die den Staat notwendig machen und welchen Charakter die Wirtschaft in dieser Periode annimmt.Bevor Sozialismus eingeführt werden kann, muss es notwendigerweise eine enorme Entwicklung der Produktionskräfte geben, weit über das unter dem Kapitalismus erreichte hinaus.

Wie Trotzki erklärt, gibt es selbst in Amerika noch nicht genügend Produktion, um die sofortige Einführung des Sozialismus zu garantieren. Folglich wird man immer noch eine Zwischenperiode haben, in der kapitalistische Gesetze in geänderter Form funktionieren. Selbstverständlich würde dies in Amerika von kurzer Dauer sein. Aber es ist nicht möglich, dieses Stadium völlig zu überspringen. Was sind die kapitalistische Gesetze, die bleiben werden? Genosse Cliff kann dies nicht nur nicht beantworten; er fällt in die Falle des bürokratischen Kollektivismus, indem er nicht erkennt, dass Geld, Arbeitskraft, das Bestehen der Arbeiterklasse, Mehrwert usw. alle Überbleibsel des alten kapitalistischen Systemssind, die sogar unter dem Regime von Lenin fortgeführt wurden. Es ist unmöglich, sofort direkte gesellschaftliche Produktion und Verteilung einzuführen. Das war besonders im rückständigem Russland der Fall.

In einem Brief an Konrad Schmidt von 1890 gab Engels ein ausgezeichnetes Beispiel für die zutiefst materialistische Herangehensweise an das Problem der Übergangswirtschaft vom Kapitalismus zum Sozialismus. Er schrieb:

„Da ist auch in der ,Volks-Trib[üne]’ eine Diskussion gewesen über die Verteilung der Produkte in der künftigen Gesellschaft, ob das nach dem Arbeitsquantum geschieht oder anders. Man hat die Sache auch sehr ,materialistisch’ aufgefasst gegen gewisse idealistische Gerechtigkeitsredensarten. Aber sonderbarerweise ist es niemandem eingefallen, dass der Verteilungsmodus doch wesentlich davon abhängt, wie viel zu verteilen ist, und dass dies doch mit den Fortschritten der Produktion und der gesellschaftlichen Organisation sich ändert, also wohl auch der Verteilungsmodus sich ändern dürfte. Aber bei allen Beteiligten erscheint die ,Sozialistische Gesellschaft’ nicht als ein in fortwährender Veränderung und Fortschritt begriffenes, sondern als ein stabiles, ein für allemal fixes Ding, das also auch einen ein für allemal fixierten Verteilungsmodus haben soll. Vernünftigerweise aber kann man doch nur 1. versuchen, den Verteilungsmodus zu entdecken, mit dem angefangen wird und 2. suchen, die allgemeine Tendenz zu finden, worin sich die Weiterentwicklung bewegt. Davon aber finde ich kein Wort in der ganzen Debatte.“ (Engels an Conrad Schmidt, 5. August 1890, Marx Engels Werke, Band 37, S. 436, Hervorhebung von Engels)

Im ,Anti-Dühring’ (S. 288) weist Engels darauf hin:

Die unmittelbare gesellschaftliche Produktion wie die direkte Verteilungschließen allen Warenaustausch aus, also auch die Verwandlung der Produkte in Waren (wenigstens innerhalb der Gemeinde) und damit auch ihre Verwandlung in Werte.“ (Kursivdruck von uns, fett von Engels)

Aber nur der Sozialismus könnte dies verwirklichen. In der Übergangsperiode bleibt Verteilung weiterhin indirekt– nur stufenweise gewinnt die Gesellschaft völlige Kontrolle über das Produkt – und folglich muss notwendigerweise Warenproduktion und Austausches zwischen den verschiedenen Produktionssektoren stattfinden. Das Wertgesetz gilt und muss gelten bis es direkten Zugriff der Produzenten auf das Produkt gibt. Dies kann nur auf der Grundlage von völliger Kontrolle über die gesellschaftliche Produktion und gesellschaftliche Verteilung stattfinden, nämlich dass alle Individuen nehmen, was sie brauchen. Marx behandelt dieses Problem im Vorbeigehen im Dritten Band des ,Kapital’ (Kapitel 49), wo er das Problem kapitalistischen Produktion als Ganzes behandelt:

„Demgemäß dient ein Teil des Profits, also des Mehrwerts und daher auch des Mehrprodukts, worin sich (dem Wert nach betrachtet) nur neu zugesetzte Arbeit darstellt, als Assekuranzfonds [Versicherungsfonds]. (…) es ist dies auch der einzige Teil des Mehrwerts und Mehrprodukts, also der Mehrarbeit, der dem Teil, der zur Akkumulation, also zur Erweiterung des Reproduktionsprozesses dient, auch nach Aufhebung der kapitalistischen Produktionsweise fort existieren müsste. (…) und der Umstand, dass alles neue Kapital aus Profit, Rente und andren Formen der Revenue, d.h. der Mehrarbeit entspringt…“ [Marx Engels Werke, Band 25, S. 855, 856]

In diesem Kapitel behandelt Marx, in einer Analyse des Produktionsprozesses in seinen eigenen Worten „den Wert des jährlichen Gesamtprodukts der Arbeit (…), also des Produkts des gesellschaftlichen Gesamtkapitals.“ [a.a.O., S. 840]

Er wiederholte dies im gleichen Kapitel in einer Antwort auf Storch, einen bürgerlichen Wissenschaftler, und erklärte:

„Es ist erstens eine falsche Abstraktion, eine Nation, deren Produktionsweise auf dem Wert beruht, weiter kapitalistisch organisiertist, als einen bloß für die nationalen Bedürfnisse arbeitenden Gesamtkörper zu betrachten.

Zweitens bleibt, nach Aufhebung der kapitalistischen Produktionsweise, aber mit Beibehaltung der gesellschaftlichen Produktion, die Wertbestimmungvorherrschend in dem Sinn, dass die Regelung der Arbeitszeit und die Verteilung der gesellschaftlichen Arbeit unter die verschiedenen Produktionsgruppen, endlich die Buchführunghierüber, wesentlicher denn jewird.“ [a.a.O., S. 859, Hervorhebung von uns]

Dies stimmt mit den verstreuten Bemerkungen von Marx und von Engels zu den verschiedenen Zeiten bei der Behandlung der Übergangsperiode überein: wo Engels erklärt, dass unter dem Kapitalismus Aktiengesellschaften und Staatseigentum genau gesagt jenseits des Rahmens der kapitalistischen Produktion sind; wo Marx bereits unterstrich, dass auch Kredit die Produktion über ihren Rahmen hinaus ausdehnte, sogar vor dem Übergang zur Diktatur des Proletariats. Wonach, wie Marx meinte (wie die obigen Passagen und auch die ,Kritik des Gothaer Programms’ zeigen) bürgerliches Gesetz, bürgerliche Verteilung und in diesem Sinne ein bürgerlicher Staat weiterhin bleiben.

Bei der Diskussion der Rolle des Geldes und des Staates in der Übergangsperiode, entwickelte Trotzki diese Idee noch weiter:

„Beide Probleme, Staat und Geld, weisen eine Reihe von Gemeinsamkeiten auf, denn sie führen letzten Endes beide auf das Problem aller Probleme zurück: auf die Arbeitsproduktivität. Der staatliche wie der Geldzwang sind ein Erbe der Klassengesellschaft, die die Beziehungen zwischen den Menschen unter die Gewalt kirchlicher oder weltlicher Fetische bringt und zu ihrem Schutz den fürchterlichsten aller Fetische mit dem großen Messer zwischen den Zähnen eingesetzt hat: der Staat. In der kommunistischen Gesellschaft werden Staat und Geld verschwunden sein. Ihr allmähliches Absterben muss also schon unter dem Sozialismus beginnen. Von einem tatsächlichen Sieg des Sozialismus wird man erst in dem geschichtlichen Augenblick sprechen können, wenn der Staat nur noch halb ein Staat ist und das Geld seine magische Kraft einzubüßen beginnt. Unter dem Sozialismus, der sich der kapitalistischen Fetische entledigt, werden sich zwischen den Menschen freiere, würdigere Beziehungen herstellen.

Für den Anarchismus charakteristische Forderungen wie die ,Abschaffung’ des Geldes, die ,Abschaffung’ des Arbeitslohns oder die ,Aufhebung’ des Staates und der Familie können nur als Musterbeispiele von mechanischem Denken Interesse beanspruchen. Das Geld kann man nicht willkürlich ,abschaffen’ und den Staat oder die traditionelle Familie nicht ,aufheben’; sie müssen ihre historische Mission erfüllen, kraftlos werden und vergehen. Der Geldfetischismus erfährt erst auf jener Stufe der gesellschaftlichen Entwicklung den Todesstoß, auf der ein unaufhörliches Wachstum des gesellschaftlichen Reichtums den Zweifüßlern das Geizen um jede Minute Mehrarbeit und die demütigende Angst um die Größe ihrer Ration abgewöhnt hat. Mit dem Verlust seiner Fähigkeit, Glück zu bringen oder in den Staub zu werfen, wird sich das Geld in einfache Rechnungsbelege zur Erleichterung der Statistik und der Planungen verwandeln. Noch später wird es wahrscheinlich auch solcher Quittungen nicht mehr bedürfen. Doch diese Sorge können wir getrost unseren Nachkommen überlassen, die klüger sein werden als wir.

Die Nationalisierung der Produktionsmittel und des Kredits, die Vergesellschaftlichung oder Verstaatlichung des Binnenhandels, das Außenhandelsmonopol, die Kollektivierung der Landwirtschaft und die Erbgesetzgebung stecken der individuellen Geldakkumulation und erschweren die Umwandlung solchen Geldvermögens in privates (Wucher-, Kaufmanns-, und Industrie-)kapital. Diese mit der Ausbeutung verknüpfte Funktion des Geldes ist jedoch zu Beginn der proletarischen Revolution noch nicht aufgehoben; sie geht vielmehr in veränderter Gestalt an den Staat über, den universellen Kaufmann, Gläubiger und Industriellen. Zugleich bleiben die elementaren Funktionen des Geldes als Wertmaßstab, Tausch- und Zahlungsmittel nicht nur erhalten, sondern bekommen auch ein viel breiteres Wirkungsfeld als unter dem Kapitalismus.“ [Trotzki, ,Verratene Revolution’, Schriften 1.2, S. 757-760, Hervorhebung im Original]

Fassen wir zusammen. Während vor der Abschaffung des Privateigentums an den Produktionsmitteln der Markt über den Menschen herrscht, der gegenüber den Gesetzen der Wirtschaft hilflos ist, die er selbst geschaffen hat, fängt er nach dessen Abschaffung zum ersten Mal an, Kontrolle bewusst auszuüben. Aber Bewusstsein bedeutet hier bloß die Anerkennung des Gesetzes, nicht die Aufhebung des Gesetzes. Dies ist die Besonderheit der Übergangsperiode, dass der Mensch jetzt den Charakter der Produktivkräfte versteht und in diesem Umfang Kontrolle über sie ausüben kann. Aber er kann nicht die Grenzen der gegebenen Entwicklung der Produktivkräfte überschreiten. Nachdem jetzt die Produktivkräfte von den Hemmnissen der individualkapitalistischen Produktion befreit sind, können sie jedoch mit solch einem Tempo und mit solch einem Wachstum entwickelt werden, dass sie sehr schnell vom Staatseigentum als Zwischenform in gesellschaftliches Eigentum durch die Gesellschaft umgewandelt werden können. Sobald dieses Stadium (Sozialismus) erreicht worden ist, gibt es zum ersten Mal wirkliche gesellschaftliche Produktion und Verteilung. Geld stirbt ab, das Wertgesetz stirbt ab, der Staat stirbt ab. Mit anderen Worten, alle Beschränkungskräfte, die eine notwendige Widerspiegelung der Begrenzungen der Technik und der Entwicklung der Produktion im jeweiligen Stadium sind, verschwinden jetzt mit dem Verschwinden der Arbeitsteilung. Bis dahin werden alle oben aufgeführten Merkmale, aus der alten kapitalistische Gesellschaft mitgeschleppten kapitalistischen Merkmale sich in der Übergangsperiode halten.

Die Position des Genossen Cliff, wie bei Shachtman und allen, die Trotzkis Position zu Russland revidiert haben, bleibt, für die Übergangsperiode ein weißer Fleck. Und aus einem sehr triftigen Grund. Wenn man die Theorie des Übergangsstadiums im Lichte der russischen Erfahrung betrachtet, gibt es nur eine von zwei Schlussfolgerungen: entweder Russland ist heute noch in einem Übergangsstadium, das schreckliche Verzerrungen angenommen hat, oder Russland war vom allerersten Anfang an nie ein Arbeiterstaat. Es gibt keine andere Alternative.

Die marxistische Staatstheorie, angewandt auf die stalinistischen Staaten

Zwei Klassen – ein Staat – Cliffs Widerspruch

Im ersten Kapitel seiner Arbeit versucht Genosse Cliff zu zeigen, dass Trotzkis Analyse des russischen Staates der von Marx entwickelten und durch Lenin ausgearbeiteten Staatstheorie widerspricht.

Das erste Kapitel enthält ein ausgearbeitetes Schema, das zu zeigen versucht, dass nicht zwei Klassen eine Staatsmaschine benutzen können. Hier glaubt Cliff, einen grundlegenden Fehler bei Trotzki gefunden zu haben. Er nimmt zu verschiedenen Zeiten und unter verschiedenen Umständen vom Alten entwickelte Ideen und stellt sie einander gegenüber. Er nimmt z.B. ein Zitat von Trotzki aus dem frühen Stadien der Degeneration der Bürokratie und dem Ausschluss der linken Opposition, als er für die Reformdes sowjetischen Staates argumentierte und, beiläufig, auch für die Reform der Bolschewistischen Partei, die den Staat kontrollierte. (Es war in dieser Phase, dass Trotzki den Brief an das ZK der KPdSU schrieb, der die Entfernung Stalins forderte.), Wer kann leugnen, dass es theoretisch möglich gewesen wäre, dass die Bolschewistische Partei die Bürokratie hätte ausspeien und einen gesunden Arbeiterstaat hätte wiederherstellen können, wenn die internationalen Ereignisse anders gewesen wären?

Cliff stellt dem ein Zitat aus der ,Verratenen Revolution’ entgegen, in dem Trotzki sagt, dass wenn die russischen Arbeiter an die Macht kommen, sie den Staatsapparat säubernwerden; und wenn die Bourgeoisie an die Macht kommt, wäre eine „Säuberung des Staatsapparates (…) natürlich auch in diesem Fall erforderlich, doch brauchte die bürgerliche Restauration wahrscheinlich weniger Leute zu entfernen als eine revolutionäre Partei.“ [Zitiert in Cliff, Staatskapitalismus in Russland, S. 179, vgl. Schriften 1.2, S. 956]

Cliffs Antwort darauf ist:

„Gleichgültig, ob man davon ausgeht, dass das Proletariat bei seiner Machtübernahme die bestehende Staatsmaschine zerschlagen muss, während die Bourgeoisie sie in ihren Dienst stellen kann, oder dass weder Proletariat noch Bourgeoisie den bestehenden Staatsapparat benutzen können (weil dessen Säuberung so tiefgreifend ist, dass er sich qualitativ verändert), die Schlussfolgerung ist in beiden Fällen dieselbe: Russland ist kein Arbeiterstaat. Anzunehmen, Proletariat und Bourgeoisie könnten den gleichen Staatsapparat als Herrschaftsinstrument verwenden, wäre gleichbedeutend mit einer Bestätigung der theoretischen Grundlage der Sozialdemokratie und der Ablehnung des revolutionären Staatsvorstellung, wie sie Marx, Engels, Lenin und Trotzki ausdrückten. Anzunehmen, dass verschiedene Schichten, Gruppen oder Parteien ein und der selben Klasse sich nicht auf die selbe Staatsmaschine gründen können, ist gleichfalls eine Zurückweisung der revolutionären Staatsvorstellung.“ (Cliff, ,The Nature of Stalinist Russia, S. 4, [der Anfang des Zitats auch in ,Staatskapitalismus in Russland, S. 180])

Diese ganze formalistische Methode ist die tödliche Schwäche von Cliffs Argumentation. Es würde für Trotzki im frühen Stadium unmöglich gewesen sein, das Problem abstrakt zu behandeln. Er musste sich mit der konkreten Lage befassen und eine konkrete Antwort geben. Aber die weitere Degeneration stellte das Problem in einer völlig anderen Weise. Sobald es festgestellt war, dass es unmöglich war, die stalinistische Partei zu reformieren, dass es unmöglich war, den sowjetischen Staat zu reformieren (wir nehmen an, dass Cliff auch glaubt, dass dies die Aufgabe war, denn er sagt, dass Russland bis 1928 ein degenerierter Arbeiterstaat war), dann musste die Frage in einem etwas anderen Licht gesehen werden. Es ist der marxistischen Methode fremd, nach (wirklichen oder scheinbaren) isolierten Widersprüchen zu suchen. Erforderlich ist eine Prüfung der Theorie in ihrer breiten allgemeinen Entwicklung, in ihrer Bewegung und ihren Widersprüchen.

Aber überprüfen wir Cliffs eigene Denkprozesse zu diesem Thema. Er kann auch die Falle nicht vermeiden, die er Trotzki zu stellen versucht. Kapitel 1 (nicht weniger als achtzehn Seiten) ist dem Beweis der Unmöglichkeit gewidmet, dass zwei Klassen einem Staat benützen. Aber siehe da, Kapitel 4 vollbringt das Wunder! Der unmögliche Abgrund wird überbrückt! Sowohl die Kapitalistenklasse als auch das Proletariat von Russland haben genau die gleiche Staatsmaschine benutzt. Warum? Weil mehr Mehrwert produziert wurde! Weil er dies Dilemma erkennt, muss Cliff etwas vorbringen, was in der Bewegung wirklich neu und einzigartig ist: dass die Bürokratie vor 1928 keinen Mehrwert konsumierte. Aber dass durch die Einführung des Fünfjahresplans der Staat aus einem Arbeiterstaat in einen kapitalistischen Staat verwandelt wurde. (Jeder Feind der Vierten Internationale könnte sofort erwidern, dass der Staat Stalins auf dieser Grundlage lediglich eine Erweiterung und Vertiefung des Staats Lenins ist. Denn im wirtschaftlichen Sinne hat sich nichts grundlegend geändert. Wir haben dies in den vorhergehenden Kapiteln behandelt. Bemerkenswerterweise vertritt Cliff seine Theorie nur mit ökonomischer Argumentation – und dies ist erstaunlich Trotz des Titels seines ersten Kapitels ,Eine Untersuchung der Definition Russlands als degeneriertem Arbeiterstaat‘ behandelt er weder hier noch in einem anderen Kapitel die politische Frage. Cliff sieht die Transformation von einem Arbeiterstaat in einen kapitalistischen Staat folgendermaßen:

„Die Statistiken, die wir zu unserer Verfügung haben, zeigen schlüssig, dass die Bürokratie in der dem Fünfjahresplan vorausgehenden Periode zwar eine privilegierte Stellung hatte, es aber auf keinen Fall gesagt werden kann, dass sie Mehrwert aus der Arbeit anderer erhielt. Es kann genauso schlüssig gesagt werden, dass mit der Einführung des Fünfjahresplans das Einkommen der Bürokratie zu einem großen Ausmaß aus Mehrwert bestand.“ (Seite 45)

Mit anderen Worten sieht Cliff den Übergang von einem System zum anderen, nicht im Zerschlagen der Staatsmaschine. Wie passt dies in sein Schema in Kapitel 1?

Cliffs Versuch, eine künstliche Brücke zwischen dem Arbeiterstaat und dem kapitalistischen Staat herzustellen, weil er das Zerschlagen der Maschine des Arbeiterstaats nicht finden konnte, führte ihn zur Suche nach wirtschaftlichen Unterschieden zwischen den zwei Perioden – vor 1928 und nach 1928. Dabei fällt er in die formalistischsten und abstraktesten Auffassungen des Arbeiterstaats vor 1928. Wie wir in den vorhergehenden Kapiteln gezeigt haben, muss selbst im gesündesten Arbeiterstaat nach Marx, notwendigerweise Mehrwert produziert werden, um die Industrie zu dem Punkt zu entwickeln, wo Staat, Geld und das Proletariat selbst und alle andere Überbleibsel des Kapitalismus verschwunden sein werden. Solange die Arbeiterklasse als Klasse existiert, wird Mehrwert produziert. Eine Erklärung der linken Opposition von 1927 unterstrich, dass die Bürokratie einen enormen Teil des Mehrwerts verbrauchte.

Cliffs Methode zur Einführung dieses Themas ist total unrichtig. Statt sich die Aufgabe zu stellen, eine These zu beweisen, stellt er einfach Behauptungen auf und betrachtet sie als bewiesen. Dass Kapitel 4 allem in Kapitel 1 widerspricht, ist eine andere Sache! Man untersuche einfach das Schema, mit dem Genosse Cliff selbst dieses Kapitel 4 zusammenfasst, in dem er gerade behauptet, dass ein Übergang ohne eine Revolution erzielt worden sei und ohne Zerschlagung der Staatsmaschine. Nach mehr als 20 Seiten kommen wir schließlich bei dem Unterkapitel an: ,Von einem Arbeiterstaat mit bürokratischen Deformationen zur vollständigen Befreiung der Bürokratie von der Volkskontrolle’; [dieser Satz fehlt in der Fassung in ,Unbroken Thread’ – der Übersetzer]

Er fängt an: – [das fehlt in früheren Fassungen]

„In diesem Kapitel werden wir die Transformation des Klassencharakters des russischen Staates von einem Arbeiter- in einen kapitalistischen Staat beschreiben. Wir tun dies, indem wir die folgenden Punkte behandeln… „, (Cliff, Seite 33)

Er fährt darauf fort, eine Anzahl von wirtschaftlichen Änderungen genau zu schildern, die nichts mit Struktur oder der Transformation der Staatsmacht zu tun haben, und endet mit dem Unterabschnitt [Punkt 18] ,Warum der Fünfjahresplan die Transformation der Bürokratie in eine herrschende Klasse bedeutet.‘ Alle wirtschaftlichen Argumente in diesem Kapitel haben nichts mit dem Staat oder seinem Umsturz zu tun.

Cliff behandelt ausführlich die Differenzierung in der Armee, die Einführung der Privilegien für die Offiziere, militärische Disziplin usw. Er wiederholt hier bloß, was Trotzki tausendmal über die Transformation der Bürokratie in eine unkontrollierte Kaste sagte. Aber schauen wir seine Schlussfolgerungen an. Er schreibt:

„Wieder kennzeichnet der Fünfjahresplan einen Wendepunkt. Damals fingen die Organisation und die Struktur der Armee an, sich grundlegend zu ändern. Von einem Arbeiterarmee mit bürokratischen Deformationen wurde sie das bewaffnete Organ der Bürokratie als herrschender Klasse… “ (Seite 59)

Schauen wir jetzt, ob das, was eine schrittweise soziale Revolution ausschließt, eine schrittweise Konterrevolution ausschließt.

„Kämpfen Soldaten in einer hierarchisch aufgebauten Armee um die Macht in dieser Armee, stoßen sie sofort auf den Widerstand der Offizierskaste. Die Ausschaltung dieser Kaste kann nur mit Hilfe revolutionärer Gewalt erfolgen. Wenn dagegen die Offiziere einer Volksmiliz immer weniger unter der Kontrolle der Soldaten stehen und auf keine institutionalisierte Bürokratie stoßen, kann ihre Verwandlung in eine vom Willen der Soldaten unabhängige Offizierskaste allmählich erfolgen. Der Übergang eines stehenden Heeres in eine Volksmiliz wird immer von einem ungeheuren Ausbruch revolutionärer Gewalt begleitet sein; auf der anderen Seite kann und muss der Übergang von einer Volksmiliz in ein stehendes Heer, wenn er das Resultat von Tendenzen innerhalb der Miliz selbst ist, allmählich vor sich gehen. Der Widerstand der Soldaten gegen die aufsteigende Bürokratie kann dazu führen, dass die Offiziere mit Gewalt gegen die Soldaten vorgehen. Aber das muss nicht so sein. Was für die Armee gilt, trifft auch für den Staat zu. Ein Staat ohne Bürokratie oder mit einer schwachen Bürokratie, die vom Willen der Massen abhängig ist, kann sich allmählich in einen Staat verwandeln, in dem die Bürokratie von jeder Arbeiterkontrolle befreit ist.„(Cliff, ,The Nature of Stalinist Russia’, S. 82, [,Staatskapitalismus in Russland, S. 167 f.,] unsere Hervorhebung)

Und Cliff beendet sein Kapitel, in dem er jetzt zu beweisen versucht, dass es einen schrittweisen Übergang von einem Arbeiterstaat in einen kapitalistischen Staat geben kann, indem er ein Zitat von keinen anderen als Trotzki bringt … den er in seinem Kapitel 1 in dieser Frage so streng diskreditiert hat. Cliff schreibt:

„Die Moskauer Prozesse waren der Bürgerkrieg der Bürokratie gegen die Massen, ein Krieg, in dem nur eine Seite bewaffnet und organisiert war. Sie legten Zeugnis davon ab, dass die Bürokratie sich endgültig von jeder Kontrolle durch die Massen befreit hatte. Trotzki, der glaubte, die Moskauer Prozesse und die ,Verfassung‘ seien Schritte in Richtung auf eine Restauration des Privatkapitalismus mit legalen Mitteln, zog jetzt sein Argument zurück, es hieße nur den „Film des Reformismus rückwärts abspulen“, wenn man von der allmählichen Umwandlung des proletarischen Staats in einen bürgerlichen spreche. Er schrieb:

,In Wirklichkeit, gibt die neue Verfassung … der Bürokratie die Möglichkeit, auf ,legale’ Weise die ökonomische Konterrevolution durchzuführen, das heißt, den Kapitalismus auf kaltem Wege wiederherzustellen’. (IV. Internationale und die UdSSR, auf der Ersten Internationalen Konferenz für die IV. Internationale angenommene These, Genf, Juli 1936.)“ (Cliff, ,The Nature of Stalinist Russia’ [Staatskapitalismus in Russland, S. 168, das Trotzki-Zitat vgl. Schriften 1.1, Hamburg 1988, S. 675])

Hier sehen wir Cliffs These und seine schlechte Methode in vollem Licht. Er beginnt mit der These, dass Trotzki kein Marxist sei, weil er sagt, dass zwei Klassen eine Staatsmaschine benutzen können. Cliff endet, indem er genau das sagt und als seine Autorität den selben Trotzki verwendet.

Verstaatlichung und Arbeiterstaat

Auf Seite 2 seiner Arbeit bringt Cliff ein Zitat aus der ,Verratenen Revolution’:

„Die Verstaatlichung von Grund und Boden, industriellen Produktionsmitteln, Transport und Verkehr, bilden mitsamt dem Außenhandelsmonopol in der UdSSR die Grundlagen der Gesellschaftsordnung. Diese von der proletarischen Revolution geschaffenen Verhältnisse bestimmen für uns im Wesentlichen den Charakter der UdSSR als den eines proletarischen Staates.“ [siehe Cliff, ,Staatskapitalismus in Russland’, S. 178, vgl. Trotzki, Schriften 1.2, S. 952)

Eine seiner Schlussfolgerungen ist, dass in diesem Fall „weder die Pariser Kommune noch die Diktatur der Bolschewiki Arbeiterstaaten waren, denn die Pariser Kommune verstaatlichte die Produktionsmittel überhaupt nicht, und die Bolschewiki taten es erst nach einiger Zeit.“ [a.a.O.]

Hier sehen wir, dass Cliff seine Argumentation darauf gründet, ob die Arbeiterklasse Kontrolle über die Staatsmaschine hat oder nicht. Wir werden uns mit der Frage der Arbeiterkontrolle in einem späteren Kapitel beschäftigen. Aber hier wollen wir Cliffs Methode der Trennung der wirtschaftlichen Basis eines Arbeiterstaat von der Frage der Arbeiterkontrolle der Staatsmaschine überprüfen.

Für eine vorübergehende Periode von kürzerer oder längerer Dauer, wäre es dem Proletariat möglich, politisch die Macht zu übernehmen und zugleich nicht mit der wirtschaftlichen Umwandlung der Gesellschaft fortfahren. Dies war die Lage in Russland, wo das Proletariat im Oktober 1917 die Macht übernahm, aber keine größeren Verstaatlichungen vornahm, bis sie ihm 1918 aufgezwungen wurden. Aber wenn das Proletariat nicht mit der Durchführung der wirtschaftlichen Umgestaltung weitergemacht hätte, dann wäre das proletarische Regime unvermeidlich zum Zusammenbruch verurteilt gewesen. Die Gesetze der Wirtschaft werden sich schließlich immer durchsetzen. Entweder würde das Proletariat mit der Verstaatlichung der gesamten Wirtschaft fortfahren oder das kapitalistische System würde unvermeidlich zur Vorherrschaft kommen. Cliff kann nicht zeigen, wie die Grundformen der russischen Wirtschaft sich unter einem gesunden Arbeiterstaat unterscheiden würden. Er hat im von der Bürokratie verbrauchten Mehrwert Zuflucht genommen, aber dies weicht der grundlegenden Frage aus.

Cliff Argumentation auf der Grundlage der Erfahrung des Pariser Kommune und des ersten Stadiums der russischen Revolution ist nicht besser. Für sie würde das selbe wie das vorher erwähnte zutreffen. Diese Regime waren ein Übergang zur völligen wirtschaftlichenHerrschaftdes Proletariats. Solche Übergänge sind beim Übergang von einer Gesellschaft zu einer anderen mehr oder weniger unvermeidlich. Sowohl im Fall der Kommune als auch im Fall der russischen Revolution, konnten sie nicht dauerhaft sein, wenn das Proletariat nicht mit der Verstaatlichung der Industrie weitermachte. Hat Cliff vergessen, dass eine der Hauptlehren, die Marx lehrte und die Bolschewiki eifrig lernten, war, dass das französische Proletariat bei der Verstaatlichung der Bank von Frankreich versagte? So sehen wir, dass ein Staat ein proletarischer Staat auf der Grundlage von politische Macht sein kann oder er kann ein proletarischer Staat auf der Grundlage der Wirtschaft sein; oder er kann ein Übergang zu beiden sein, wie wir zeigen werden.

Die gleichen Gesetze würden für die Konterrevolution von Seiten der Bourgeoisie gelten. Der Alte argumentierte richtig, dass im Falle einer bürgerlichen Konterrevolution in Russland die Bourgeoisie für eine Weile sogar das Staatseigentum beibehalten könnte, bevor sie es zerschlägt und dem Privateigentum ausliefert. Einem gelehrten Pedanten würde es dann scheinen, dass man einen Arbeiterstaat und einen bürgerlicher Staat auf der Grundlage von Staatseigentum haben kann; oder man kann einen Arbeiterstaat oder einen bürgerlicher Staat auf der Grundlage von Privateigentum haben.

Es ist jedoch offensichtlich, dass man nur bei dieser Argumentationsweise landen kann, wenn man nicht die Bewegung der Gesellschaft in die eine oder die andere Richtung berücksichtigt.

Nicht nur das, sondern alle Arten von unvorhergesehenen Verhältnissen können sich wegen der Klassenstruktur der Gesellschaft und des Staates entwickeln. Um das Beispiel Russlands zu nehmen. Von 1917 bis zur Übernahme der Kontrolle der Sowjets durch das Bolschewiki hatten wir die Lage, die von Trotzki in der ,Geschichte der Russischen Revolution’ skizziert wurde, in der, wegen der menschewistischen Mehrheit in gewissem Sinne die Bourgeoisie durch die Sowjets herrschte – die Organe der Arbeiterherrschaft par excellence! Wie könnte dies nach Cliffs Schema denn geschehen? Wenn natürlich die Bolschewiki nicht die Macht genommen hätten, hätte die Bourgeoisie unter Verwendung der Menschewiki und durch sie die Sowjets in der Übergangsperiode abgeschafft, wie sie es in Deutschland nach 1918 machte.

Im Übergang von einer Gesellschaft zu anderen ist es klar, dass es keine unüberbrückbare Kluft gibt. Es ist keine dialektische Methode, in fertigen Kategorien zu denken; Arbeiterstaat oder kapitalistischer Staat und der Teufel soll jeden möglichen Übergang oder Bewegung zwischen den beiden holen. Es ist klar, dass Marx, als er in Beziehung auf die Kommune vom Zerschlagen der alten Staatsform sprach, es für selbstverständlich hielt, dass die Wirtschaft mit größerer oder kleinerer Geschwindigkeit umgewandelt würde und in Übereinstimmung mit den politischen Formen gebracht würde. Wir werden später in Bezug auf Osteuropa sehen, dass Cliff die gleiche formalistische Methode anwendet.

Die dialektische Auffassung des Staats

Es kann angebracht sein, uns hier mit dem Charakter des Staats zu beschäftigen. Nach Ansicht der Marxisten entsteht der Staat als das notwendige Instrument für die Unterdrückung einer Klasse durch eine andere Klasse. Der Staat besteht letztlich, wie Marx und Lenin erklärten, aus Formationen bewaffneter Menschen und ihrer Anhängseln. Das ist das Wesen der marxistischen Definition. Man muss jedoch vorsichtig sein, wenn man ihre breiten marxistischen Verallgemeinerungen verwendet, die zweifellos absolut genommen richtig sind. Wahrheit ist immer konkret. Und wenn man nicht die besonderen Verzweigungen und konkreten Umstände analysiert, muss man unvermeidlich in Abstraktionen und in Fehler fallen. Seht die vorsichtige Weise, in der Engels die Frage behandelt, selbst wenn er verallgemeinert. Im ,Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates’ schrieb Engels:

„Damit aber diese Gegensätze, Klassen mit widerstreitenden ökonomischen Interessen nicht sich und die Gesellschaft im fruchtlosen Kampf verzehrten, ist eine scheinbar über der Gesellschaft stehende Macht nötig geworden, die den Konflikt dämpfen, innerhalb der Schranken der ,Ordnung’ halten soll; und diese, aus der Gesellschaft hervorgegangene, aber sich über sie stellende, sich ihr mehr und mehr entfremdende Macht ist der Staat.“ [Marx Engels Werke, Band 21, S. 165]

Auf der nächsten Seite zeigt er weiter:

„… man sehe sich nur unser heutiges Europa an, wo Klassenkampf und Eroberungskonkurrenz die öffentliche Macht auf eine Höhe empor geschraubt haben, auf der sie die ganze Gesellschaft und selbst den Staat zu verschlingen droht.“ [a.a.O., S. 166]

Engels zeigt weiter, dass der Staat, wenn er einmal entstanden ist, innerhalb bestimmter Grenzen, eine eigene unabhängige Bewegung entwickelt und unter den gegebenen Bedingungen notwendigerweise entwickeln muss:

„Im Besitz der öffentlichen Gewalt und des Rechts der Steuereintreibung, stehen die Beamten nun da als Organe der Gesellschaft über der Gesellschaft.“ [a.a.O., Hervorhebung im Original]

Im Gegensatz zu Cliffs Auffassung, dass der Staat eine direkte Rolle spielt, kann man die große Sorgfalt sehen, mit der Engels die Frage der unabhängigen(der relativen natürlich) Rolle des Staates gegenüber der Gesellschaft, behandelt. Im ganzen Material Cliffs wird die Tatsache vergessen, dass der Staat unter bestimmten Umständen eine verhältnismäßig unabhängige Rolle im Kampf zwischen den Klassen spielen kann und spielt. Er hat ein ,logisches‘ Schema: entweder es ist ein Arbeiterstaat, direkt kontrolliert von den Arbeitern, oder es muss ein kapitalistischen Staat sein. Es gibt keinen Raum für das Wechselspiel der Kräfte in Cliffs Methode. Man vergleiche das wieder mit Engels:

„Da der Staat entstanden ist aus dem Bedürfnis, Klassengegensätze im Zaum zu halten, da er aber gleichzeitig mitten im Konflikt dieser Klassen entstanden ist, so ist er in der Regel der Staat der mächtigsten, ökonomisch herrschenden Klasse, die vermittels seiner auch politische herrschenden Klasse wird und so neue Mittel erwirbt zur Niederhaltung und Ausbeutung der unterdrückten Klasse … Ausnahmsweise indes kommen Perioden vor, wo die kämpfenden Klassen einander so nahe das Gleichgewicht halten, dass die Staatsgewalt, als scheinbare Vermittlerin momentan eine gewisse Selbständigkeit gegenüber beiden erhält…“ (a.a.O., S. 167 f.)

Auf Seite 170 f. schrieb Engels wieder:

„Die Zusammenfassung der zivilisierten Gesellschaft ist der Staat, der in allen mustergültigen Perioden ausnahmslos der Staat der herrschenden Klasse ist und in allen Fällen wesentlich Maschine zur Niederhaltung der unterdrückten, ausgebeuteten Klasse bleibt…“ [Hervorhebung von uns]

Man beachte den Unterschied zwischen Cliffs Schwarz-Weiß-Formeln und Engels vorsichtigen Formulierungen … ,in der Regel‘, ,in allen mustergültigen Perioden’ usw.

Woran liegt es, dass das Proletariat nicht die fertige Staatsmaschine übernehmen kann? Nicht aus mystischen Gründen, sondern wegen bestimmter sehr konkreter Tatsachen. Im modernen Staat sind alle Schlüsselstellungen in den Händen von Leuten, die unter der Kontrolle der herrschende Klasse sind: sie wurden durch Ausbildung, Sichtweise und Lebensbedingungen besonders ausgewählt, um den Interessen der Bourgeoisie zu dienen. Die Armeeoffiziere, besonders die höheren Ränge, die Staatsbeamten und in den verstaatlichten Industrien heute die führenden Techniker werden in ihren Ideen und Sichtweise geformt, um den Interessen der Kapitalistenklasse zu dienen. Alle Kommandopositionen in der Gesellschaft werden in die Hände von Leuten gelegt, denen die Bourgeoisie vertrauen kann. Das ist der Grund, warum die Staatsmaschine ein Werkzeug in den Händen der Bourgeoisie ist, das nicht vom Proletariat benutzt werden kann und von ihm zerschlagen werden muss. Was bedeutet jetzt Zerschlagen der Staatsmaschine? Um das Mindeste zu sagen, scheinen Cliffs Ideen in dieser Frage sehr neblig zu sein.

„Es ist möglich, dass viele, möglicherweise sogar die Mehrheit der Beamten des bürgerlichen Staates, vom Proletariat verwendet werden wird, sobald es die Macht übernimmt. Aber sie werden den Arbeiterkomitees und -organisationen unterstellt sein. Z.B. in der Sowjetunion wurde in den frühen Tagen nach der Auflösung der zaristische Armee die Rote Armee von den ex-zaristischen Offizieren geführt. Ebenso war es im Staatsapparat, in dem ein Teil der Beamten die gleichen ex-zaristischen Beamten waren. Nicht umsonst nannte Lenin den sowjetischen Staat „vom Zarismus übernommen und nur ganz leicht mit Sowjetöl gesalbt (…) ein bürgerlich-zaristisches Gemisch“* [Zur Frage der Nationalitäten oder der ,Autonomisierung‘, 30. 12. 1922, Lenin Werke, Band 36, S. 591] Wegen den ungünstigen geschichtlichen Faktoren spielte dies später eine wichtige Rolle bei der Degeneration des russischen Regimes.

Nach dem klassischen Konzept zerschlägt das Proletariat die alte Staatsmaschine und fährt mit der Schaffung eines Halbstaates fort. Dennoch ist es gezwungen, die alten Techniker zu verwenden. Aber der Staat bleibt selbst unter den besten Bedingungen, sagen wir in einem hochentwickelten Land mit einem gebildeten Proletariat, ein bürgerliches Instrument und deshalb ist die Möglichkeit der Degeneration in ihm enthalten. Aus diesem Grund bestehen Marxisten auf der Kontrolle der Massen, um sicherzugehen dass sich der Staat nicht zu einer unabhängigen Kraft entwickeln kann. So schnell wie möglich sollte er in die Gesellschaft aufgelöst werden.

Aus genau diesen oben genannten Gründen gewinnt unter bestimmten Bedingungen, der Staat eine gewisse Unabhängigkeit von der Basis, die er ursprünglich vertrat. Engels erklärte, dass der Überbau zwar von der wirtschaftlichen Basis abhängig ist, aber trotzdem eine eigene unabhängige Bewegung hat. Während ziemlich langer Perioden kann es einen Konflikt zwischen dem Staat und der Klasse geben, die dieser Staat vertritt. Deshalb sagt Engels dass der Staat ,in der Regel‘ oder ,in allen mustergültigen Perioden’ direkt die herrschende Klasse vertritt. Die großen marxistischen Lehrer analysierten das Phänomen des Bonapartismus, auf den sich Engels hier bezieht. Im ,Achtzehnten Brumaire’ unterstrich Marx, wie die betrunkene Soldateska Louis Napoleons, im Namen ,von Gesetz, Ordnung und Familie‘ die Bourgeoisie niederschoss, die sie mutmaßlich vertrat.

So kann man die Klassengesellschaft nur verstehen, wenn man die vielseitige dialektische Wechselwirkung und die Gegensätze aller Faktoren in ihr berücksichtigt. Formalisten verlieren sich normalerweise in der einen oder andere Seite des Problems. Zum Beispiel kann Cliff schreiben:

„Man braucht schon ein hohes Maß an Gehirnakrobatik, um zu denken, dass Mikolajcik* und seinesgleichen, die ins Ausland fliehen, oder in den Gefängnissen schmachten, die Herrscher Polens seien, oder zu meinen, dass die Sklavenarbeiter in Sibirien die Herrscher Russlands seien.“ (Cliff, ,The Nature of Stalinist Russia’, S. 13)

War die Bourgeoisie unter Louis Napoleon die herrschende Klasse? Es braucht kein hohes Maß an Gehirnakrobatik, um das zu beantworten.

Wenn man die Entwicklung der Gesellschaft betrachtet, muss die Wirtschaft als vorherrschender Faktor gelten. Der Überbau, der sich auf dieser ökonomischen Basis entwickelt, trennt sich von der Basis und tritt in Gegensatz zu ihr. Schließlich ist das Wesen der marxistischen Theorie der Revolution, dass mit den schrittweisen Änderungen in der Produktion unter dem Embryo der alten Form, das heißt dem Überbau von Eigentum und Staat, ein Widerspruch entwickelt, der nur durch die Abschaffung des Überbau und die Reorganisierung der Gesellschaft auf der Grundlage des neuen Produktionsweise gelöst werden kann, die sich innerhalb der alten entwickelt.

Die Wirtschaft ist langfristig entscheidend. Und deshalb muss langfristig der Überbau in Übereinstimmung mit ihr kommen, was zu erklären alle marxistischen Lehrer sehr bedacht waren. Sobald, man das Kriterium der grundlegenden Wirtschaftsstruktur der Gesellschaft aufgegeben hat, werden alle Arten von oberflächlichen und willkürlichen Konstruktionen möglich. Man verliert sich unvermeidlich im Labyrinth der Geschichte, wie sich Perseus in der Mythologie des antiken Griechenland im Palast des Minos verirrte, aber ohne einen Faden, der einen herausführt. Der Faden der Geschichte ist die grundlegende Wirtschaftsstruktur der Gesellschaft oder die Eigentumsform, ihre gesetzliche Widerspiegelung.

Nehmen wir einen Fall, der äußerst reich an Beispielen ist, die Geschichte Frankreichs. Die bürgerliche Revolution fand 1789 statt. 1793 übernahmen die Jakobiner die völlige Macht. Wie Marx und Engels unterstrichen, gingen sie über den Rahmen der bürgerlichen Verhältnisse hinaus und führten deshalb eine nützliche geschichtliche Aufgabe durch, indem sie in einigen Monaten vollendeten, wofür die Bourgeoisie Jahrzehnte oder Generationen gebraucht hätte: die völlige Säuberung Frankreichs von allen Spuren des Feudalismus. Dennoch blieb dieses Regime in der Grundlage der bürgerlichen Eigentumsformen verwurzelt. Ihm folgte der französische Thermidor und die Herrschaft des Direktoriums, worauf die klassische Diktatur Napoleon Bonapartes folgte. Napoleon führte viele feudale Formen wieder ein, krönte sich selbst zum Kaiser und konzentrierte höchste Macht in seinen Händen. Aber wir nennen dieses Regime immer noch bürgerlich. Mit der Restauration Ludwigs XVIII. blieb das Regime weiterhin kapitalistisch … und dann hatten wir nicht eine sondern zwei Revolutionen – 1830 und 1848. Diese Revolutionen hatten wichtige gesellschaftliche Folgen. Sie führten sogar zu bedeutenden Änderungen im Personal des Staates selbst. Dennoch kennzeichnen wir sie alle als bürgerliche Revolutionen, in denen es keine Änderung in der Klasse gab, die die Macht hatte.

Gehen wir weiter. Nach den Pariser Kommune von 1871 und der Erschütterung der Verhältnisse, die sie mit sich brachte, hatten wir die Organisation der dritten Republik mit bürgerlicher Demokratie, die Jahrzehnte dauerte. Dem folgte Petain, dann das Regime De Gaulles und der Stalinisten und jetzt die Regierung Quielle. Man überprüfe für einen Moment die erstaunliche Verschiedenartigkeit dieser Regime. Für einen Nichtmarxisten schiene es absurd, zum Beispiel das Regime Robespierres und das Petains in der gleichen Klasse einzuordnen Dennoch definieren Marxisten sie als grundlegend das gleiche – bürgerliche Regime. Was ist das Kriterium? Nur die eine Sache: die Eigentumsform, das Privateigentum an den Produktionsmittel.

Auf ähnliche Weise kann man die Verschiedenartigkeit von Regimen in der moderneren Zeit nehmen, um die extremen Unterschiede in den Überbauten auf der gleichen ökonomischen Basis zu sehen. Man vergleiche zum Beispiel das Regime von Nazi-Deutschland mit dem der britischen Sozialdemokratie. Sie sind im Überbau so grundlegend unterschiedlich, dass viele Theoretiker der nichtmarxistischen oder ex-marxistischen Schule neue Klassenstrukturen und ein neues Gesellschaftssystem gefunden haben. Warum sagen wir, dass sie die gleiche Klasse und das gleiche Regime darstellen? Trotz der Unterschiede im Überbau blieb die ökonomische Basis der jeweiligen Gesellschaften die selbe.

Wenn wir die Geschichte der modernen Gesellschaft nehmen, erhalten wir viele Beispiele, wo die Bourgeoisie politisch enteignet istund doch die herrschende Klasse bleibt. Trotzki beschreibt das Regime des Bonapartismus oder, wie Marx es nennt, ,nackte Herrschaft des Säbels über die Gesellschaft‘.

Schaut, was in China geschah, nachdem Tschiang Kai-schek mit dem Abschaum der Schanghai-Banden die Schanghaier Arbeiterklasse zerschlagen hatte. Die Bankiers wollten ihm Bankette geben und ihm als dem Wohltäter und Retter der Zivilisation applaudieren.

Aber Tschiang wollte etwas Materielleres als das Lob seiner Herren. Unzeremoniell steckte er alle reichen Industriellen und Bankiers von Schanghai ins Gefängnis und nahm ihnen ein Lösegeld von Millionen ab, bevor er sie frei ließ. Er hatte die Arbeit für sie erledigt und verlangte jetzt den Preis. Er hatte die Schanghaier Arbeiter nicht zugunsten der Kapitalisten zerschlagen sondern für das, was es für ihn und seine Schlägerbande an Macht und Einkommen bedeutete. Aber wer will sich anmaßen, zu sagen, dass die Bankiers, die im Gefängnis waren, nicht weiterhin die herrschende Klasse waren, auch wenn sie nicht die politische Macht innehatten? Die chinesische Bourgeoisie (keine Marxisten!) muss traurig über die Kompliziertheit der Gesellschaft nachgedacht haben, als ein guter Teil der Beute an Mehrwert, der aus den Arbeiter herausgepresst wurde, an ihre eigenen Wachhunde gehen musste, und wo viele aus ihrer Klasse im Gefängnis schmachteten.

Die Bourgeoisie ist unter solchen Bedingungen politisch enteignet; nackte Gewalt beherrscht die Gesellschaft. Ein enormes Teil des Mehrwerts wird durch die führenden Militaristen und Bürokraten verbraucht. Aber es ist im Interesse dieser Bürokraten, dass die kapitalistische Ausbeutung der Arbeiter weitergeht und folglich pressen sie zwar so viel wie möglich aus der Bourgeoisie heraus, verteidigen jedoch das Privateigentum. Deshalb ist die Bourgeoisie weiterhin die herrschende Klasse.

Hier liegt die Antwort auf die, die behaupten, es seien bloße Sophismen, zu behaupten, dass eine Arbeiterklasse eine herrschende Klasse sein kann, wenn ein großer Teil von ihr im Gefängnis oder in Sibirien ist. Wenn wir nicht von den grundlegenden Eigentumsformen der Gesellschaft geleitet werden, verlieren wir den marxistischen Weg. Viele Beispiele könnten in der Geschichte gegeben werden für die Weise, wie ein Teil der herrschende Klasse andere Teile angegriffen hat. Z.B. löschten in den Rosenkriegen in Großbritannien die zwei Fraktionen der regierenden Barone einander praktisch aus. In der Geschichte waren immer wieder große Teile der herrschende Klasse entweder im Gefängnis oder wurden hingerichtet. Man muss nur an Hitlers Behandlung seiner bürgerlichen Gegner denken. Sie verloren nicht nur ihr Eigentum sondern außerdem ihre Leben.

Bei der Behandlung der Rolle des Staates ist die wichtigste Frage, die beantwortet werden muss und die Cliff nicht beantworten kann: der Staat muss ein Instrument einer Klasse sein – welche Klasse vertritt er in Russland und Osteuropa? Er kann nicht die Kapitalistenklasse vertreten, weil sie enteignet wurde. Man kann nicht argumentieren, dass er die Interessen der Bauernklasse, der Kleineigentümer in den Städten vertritt. Unter einem faschistischen oder bonapartistischen Regime gehen die Gangster der Bourgeoisie vielleicht an die Kehle, dennoch gibt es eine Kapitalistenklasse, in deren Interessen die Wirtschaft als Ganzes funktioniert und an der diese Schmarotzer-Wucherung hängt. Wenn sie nicht das Proletariat vertreten, wie Trotzki sagte, als besondere Form des Bonapartismus in dem Sinne, dass sie die Verstaatlichung der Produktionsmittel, Planung und das Außenhandelsmonopol verteidigen, wen vertreten die stalinistischen Bürokraten dann? Cliffs Antwort ist, dass die Bürokratie die neue herrschende Klasse bildet, die Kapitalistenklasse von Russland. Aber ernste Überlegungen dazu würden zeigen, dass dies nicht der Fall sein kann. Was er sagt, ist, dass der Staat eine Klasse ist. Der Bürokratie gehört der Staat, dem Staat gehören die Produktionsmittel, folglich ist die Bürokratie eine Klasse. Das weicht der Frage aus. Er sagt in Wirklichkeit, dass der Staat dem Staat gehört.

Laut Lenin war der Staat:

„… immer ein bestimmter Apparat, der sich aus der Gesellschaft heraushob und aus einer Gruppe von Menschen bestand, die sich nur oder fast nur oder doch hauptsächlich damit beschäftigen, zu regieren. Die Menschen teilten sich Regierte und in Spezialisten im Regieren, die sich über die Gesellschaft erheben und die man Herrschende, Vertreter des Staates nennt. Dieser Apparat, diese Gruppe von Menschen, die andere regieren, bemächtigt sich stets einer bestimmten Einrichtung zur Ausübung von Zwang, von physischer Gewalt – gleichviel, ob diese Gewalt über die Menschen ihren Ausdruck findet im Knüttel des Urmenschen oder, in der Epoche der Sklaverei, in einer vervollkommneteren Art der Bewaffnung oder in der Feuerwaffe, die im Mittelalter aufkam, oder schließlich in den modernen Waffen, die im 20. Jahrhundert zu technischen Wunderwerken geworden sind und ganz auf den letzten Errungenschaften der modernen Technik beruhen.

Die Methoden der Gewalt änderten sich, doch existierte stets, insofern es einen Staat gab, in jeder Gesellschaft ein Gruppe von Personen, die regierten, die kommandierten, die herrschten und zur Aufrechterhaltung ihrer Macht einen Apparat zur Ausübung von physischem Zwang, einen Gewaltapparat in Händen hatten, ausgerüstet mit denjenigen Waffen, die dem technischen Niveau der jeweiligen Epoche entsprachen. Und nur wenn wir in diese allgemeinen Erscheinungen Einblick gewinnen, wenn wir uns die Frage vorlegen, warum kein Staat da war, solange es keine Klassen gab, solange es keine Ausbeuter und Ausgebeuteten gab, und warum er ins Leben trat, als die Klassen entstanden, nur dann finden wir eine bestimmte Antwort auf die Frage nach dem Wesen des Staates und seiner Bedeutung.

Der Staat ist eine Maschine zur Aufrechterhaltung der Herrschaft einer Klasse über eine andere.“ [‘Über den Staat, Juli 1919, Lenin Werke, Band 29, S. 408 f.]

Der Staat besteht seiner Natur nach aus Bürokratie, Offizieren, Generälen, Polizeichefs etc. Aber diese stellen keine Klasse dar; sie sind das Instrument einer Klasse, selbst wenn sie im Gegensatz zu dieser Klasse sein können. Sie können nicht selbst eine Klasse sein.

Wir müssen Cliff fragen: Welchem Teil der Bürokratie gehört der Staat? Es können nicht alle Bürokraten sein, weil sie, die Bürokratie, selbst hierarchisch geteilt ist. Der kleine Staatsbeamte ist ebenso ein Teil der Bürokratie wie die großen Bürokraten. Ist es dann die kommandierende Schicht der Sowjetgesellschaft? Dies haut klar nicht hin. In der kapitalistische Gesellschaft oder in irgendeiner Klassengesellschaft, fungiert die Spitze, egal wie privilegiert sie ist, als Schutzinstrument für die herrschende Klasse, die ein direktes Verhältnis zu den Produktionsmitteln hat, das heißt im Sinne ihres Eigentums. Wir wissen, wen Napoleon vertrat. Wir wissen, wen Louis Napoleon, Bismarck, Tschiang Kai-schek, Hitler, Churchill und Attlee vertraten. Aber wen vertreten die Bürokraten: die Bürokraten? Dies ist offenbar falsch. In einem anderen Teil haben wir gezeigt, dass das Verhältnis der Bürokratie zu den Produktionsmitteln notwendigerweise ein schmarotzerhaftesist und das gleiche Schmarotzertum wie die Nazibürokratie praktiziert. Sie sind nicht eine notwendige und unvermeidliche Kategorie für die bestimmte Produktionsweise. Bestenfalls haben sie Anspruch auf Gehälter für Oberaufsicht. Wenn sie mehr nehmen, ist es genauso wie bei der Nazibürokratie, die einen Teil des Mehrwerts verbrauchte, der von den Arbeitern produziert wurde. Aber sie waren keine Klasse.

Unzählbare Quellen könnten angegeben werden, um zu zeigen, dass ein kapitalistischer Staat Privateigentum voraussetzt, individuelles Eigentum an den Produktionsmittel. Der Staat ist der Herrschaftsapparat: er kann nicht selbst die herrschende Klasse sein. Die Bürokratie ist bloß Teil des Staatsapparats. Sie kann den Staat ,besitzen’, in dem Sinne, dass sie sich über die Gesellschaft erhebt und von der wirtschaftlich vorherrschenden, das heißt herrschenden Klasse, verhältnismäßig unabhängig wird. Das war der Fall in Nazi-Deutschland, wo die Bürokratie den Kapitalisten zu Kriegszwecken vorschrieb, was sie produzieren sollten, wie sie es produzieren sollten usw. So schrieb in der Kriegswirtschaft von Großbritannien, den USA und anderswo der Staat den Kapitalisten vor, was und wie sie produzieren sollten. Dies wandelte sie nicht in eine herrschende Klasse um. Warum? Weil es zur Verteidigung des Privateigentums war.

Cliff argumentiert, dass die Bürokratie die Industrie managt und plant. Völlig richtig. Wessen Industrie managt und plant sie? In der kapitalistische Gesellschaft planen und managen die Manager die Industrie in individuellen Unternehmen und Trusts. Aber das macht sie nicht zu Eigentümern jener Unternehmen und Trusts. Die Bürokratie managt die gesamte Industrie. In diesem Sinne ist es wahr, dass sie mehr Unabhängigkeit von ihrer wirtschaftlichen Basis als jede andere Bürokratie oder Staatsmaschine in der ganzen menschlichen Geschichte hat. Aber wie Engels betonte und wir nochmals betonen müssen, ist letztlich die ökonomische Basis entscheidend. Wenn Cliff argumentieren wird, dass es die Bürokraten in ihrer Funktion als Manager die herrschende Klasse sind, dann gibt er offenbar keine marxistische Definition einer Kapitalistenklasse. Er nennt die russische Bürokratie eine Klasse, aber er muss eine Theorie ausarbeiten, was für eine Klasse dies ist. Shachtmans Theorie des bürokratischen Kollektivismus ist viel konsequenter. [Dieser Satz fehlt in der Fassung in ,Unbroken Thread’ – der Übersetzer]

Der Staat ist das Instrument der Klassenherrschaft, des Zwangs, ein glorifizierter Polizist. Aber der Polizist ist nicht die herrschende Klasse. Die Polizei kann außer Kontrolle geraten, kann zu Banditen werden, aber das verwandelt sie nicht in eine kapitalistische, feudale oder sklavenhaltende Klasse.

Was geschah in Osteuropa

Die Ereignisse in Osteuropa und der Charakter der Staaten, die entstanden sind, können nur durch die marxistisch-leninistische Staatstheorie erklärt werden und nur die Auffassungen Trotzkis können die Ereignisse in Osteuropa aus diesem Blickwinkel erklären.

Zuerst ist es notwendig, zu verstehen, was in Osteuropa mit dem Vorrücken der Roten Armee stattfand. Niemand kann leugnen, dass (wenn wir die Frage von Deutschland für einen Moment beiseite lassen) das Vorrücken der Roten Armee in allem Balkan- und osteuropäischen Ländern eine revolutionäre Bewegung nicht nur unter den Arbeitern, sondern auch unter den Bauern herbeiführte. Der Grund dafür lag im ganzen Hintergrund dieser Staaten, in denen vor dem Krieg (abgesehen von der Tschechoslowakei) der Kapitalismus sehr schwach war. Wir hatten hier niedergehende feudal-militärisch-kapitalistische Diktaturen deren Regime völlig unfähig zur Weiterentwicklung der Produktivkräfte der Länder waren. Die allgemeine Weltkrise des Kapitalismus wurde besonders verschärft durch die Rückständigkeit und künstliche Aufspaltung der Region, die dem Ersten Weltkrieg folgte. Der Ausdruck Balkanisierung leitet sich ja gerade von diesem Teil Europas ab. Diese in kleine schwache Staaten aufgespaltene Region mit überwiegend landwirtschaftlichem Charakter mit sehr schwacher Industrie musste unausweichlich fast zu Halbkolonien der Großmächte werden. Frankreich, Großbritannien und bis zu einem gewissen Grad Italien, dann Deutschland, wurden die vorherrschenden Mächte in dieser Region. Durch seine Handelsbeziehungen beherrschte die deutsche Industrie die rückständigen Volkswirtschaften von Osteuropa und dem Balkan. In allen diesen Ländern spielte Auslandskapital eine wichtige Rolle. In die meisten von ihnen beherrschten Auslandsinvestitionen die wenige vorhandene Industrie.

Mit der Besetzung dieser Länder durch Hitler wurde nicht nur das ,nichtarische’ Kapital enteignet, sondern auch die einheimischen Kapitalisten wurden zu einem großen Teil herausgedrängt und durch deutsche Banken und Konzerne ersetzt. Das deutsche Kapital nahm sich den entscheidenden Platz – alle Schlüsselstellungen und -bereiche der Wirtschaft. Das Kapital, das blieb, war weitgehend Eigentum von Kollaborateuren und Quislingen und blieb dem deutschen Kapital untergeordnet.

Die Regime bestanden aus Qusilingen, die von der Unterstützung durch die deutschen Bajonette abhingen. Die geringe Unterstützung, die die Vorkriegsregime – Militär- und Polizeidiktaturen – besaßen, verschwand im Verlauf des Krieges. Mit dem Zusammenbruch der Macht des deutschen Imperialismus und dem Sieg der Roten Armee, wurde der sozialistischen Revolution ein zweifelloser Impuls gegeben. In Bulgarien gab es zum Beispiel 1944 in Sofia und anderen großen Städten einen Aufstand in dem Moment, in dem die Rote Armee die Grenze überschritt. Die Massen begannen die Organisierung von Sowjets oder Arbeiterkomitees. Soldaten und Bauern organisierten Komitees und Arbeiter übernahmen die Fabriken.

Ähnliche Bewegungen fanden in allen Ländern Osteuropas außer Deutschland statt. Schauen wir uns an, was in der Tschechoslowakei passierte. Auch hier folgten dem Vormarsch der Roten Armee ein Aufstand in Prag, die Übernahme der Fabriken durch Arbeiter und von Land durch Bauern. Auch hier gab es an den Grenzen von Böhmen und Mähren Verbrüderung zwischen den tschechischen und sudetendeutschen Massen.

Den Elementen der proletarischen Revolution folgte schnell die stalinistische Konterrevolution. Die Schwierigkeit mit Cliff ist, dass er die Elemente der proletarischen Revolution nicht von denen der stalinistischen Konterrevolution auseinanderhalten kann, die schnell folgte.

Nehmen wir zwei Beispiele: Bulgarien und die Tschechoslowakei. In Bulgarien hatten wir eine Lage, die sich in der tragischen Geschichte der arbeitenden Massen immer wieder entwickelte. Die wirkliche Macht war in den Händen der Arbeiterklasse. Der bürgerliche Staat war zerschlagen. Wie? Die Deutschen waren gegangen; die Offiziere hatten nicht länger Kontrolle über die Soldaten; die Polizei hatte sich versteckt; die Großgrundbesitzer und Kapitalisten hatten keine Kontrolle. Es gab ein Vakuum; eine klassische Periode der Doppelherrschaft, in der die Massen nicht bewusst genug waren, um ihre eigene Macht zu organisieren und die Bourgeoisie zu schwach, um ihre Herrschaft wieder zu festigen.

Dies ist keine Lage, die für Marxisten nicht vertraut wäre: Deutschland 1918, Russland 1917, Spanien 1936. Vielleicht wäre ein Vergleich mit Spanien hilfreich. Hier besetzten die Massen auch die Fabriken und das Land in Katalonien und Aragon. Die bürgerliche ,Regierung’ hing in der Luft. Die Massen zerschlugen Polizei und Armee völlig. Es gab nur eine bewaffnete Kraft: die Arbeitermilizen. Alles was notwendig gewesen wäre, wäre die Organisation von Sowjets oder Komitees durch die Massen und das Wegfegen der Phantomregierung und die Machtübernahme gewesen. Es ist hinreichend bekannt, was stattfand. Die Stalinisten bildeten eine Koalition nicht mit der Bourgeoisie – die Fabrikbesitzer und Bourgeois waren als Folge des Massenaufstands auf die Seite von Franco geflohen – sondern mit dem ,Schatten der Bourgeoisie’. Die Stalinisten machten dies in Spanien mit dem ausdrücklichen Zweck der Zerstörung der sozialistischen Revolution, aus Angst vor den Rückwirkungen in Russland und natürlich wegen der internationalen Konstellation und ihrer Sehnsucht, den britischen und französischen Imperialisten zu zeigen, dass sie nichts zu fürchten hatten. In Spanien halfen sie daher dem Schatten der Bourgeoisie, allmählich Substanz zu erlangen. Schrittweise stellten sie die unter der Kontrolle der kapitalistischen Klasse stehende kapitalistische Armee und kapitalistische Polizei wieder her. Sobald dies vollbracht war, wurde das Land den Großgrundbesitzern und die Fabriken den Kapitalisten zurückgegeben. Die Folge davon war gegen Ende des Bürgerkriegs sichtbar, als der bürgerliche Staat – die bürgerliche Militärmaschine, bei deren Schaffung sie geholfen hatten – einen Staatsstreich machte und auf dem republikanischen Gebiet eine Militärdiktatur errichtete, die sofort die Kommunistische Partei selbst verbot.

In Bulgarien wie in allen anderen Ländern Osteuropas gingen die Stalinisten dazu über, Abkommen mit dem Schatten der Bourgeoisie zu schließen. Die sozialistische Revolution hatte begonnen und es bestand die Gefahr dass sie vollendet würde. Das fürchteten die Stalinisten natürlich. Aber auf der anderen Seite wollten sie auch nicht, dass die Macht an die Bourgeoisie übergehen würde. Sie brachten die sozialistische Revolution zum Entgleisen, indem sie die sogenannte Vaterländische Front in Bulgarien organisierten und lenkten die Bewegung der Massen durch chauvinistische und anti-deutsche Slogans ab. Verbrüderung wurde in Bulgarien schnell strafbar, die in der Armee gebildeten Sowjets wurde aufgelöst, die Arbeiter- und Bauernkomitees wurden entmachtet. Sie bildeten eine Front der ,nationalen Einheit’, die Union der ganzen Nation. Aber der Unterschied zu Spanien war, dass die Schlüsselpositionen in dieser sogenannten Koalition fest in stalinistischen Händen blieben, während der Schatten der Bourgeoisie keine Macht besaß. Sie übernahmen die Polizei und Armee. Sie wählten das Schlüssel- und Kommandopersonal aus. Alle wichtigen Stellungen im Staatsapparat wurden gehorsamen Werkzeugen in die Hand gegeben. Hinter den Kulissen der nationalen Einheit, konzentrierten sie klar die wirkliche Staatsmacht in ihren Händen. Sie hatten ein Instrument nach ihrem eigenen Bild geschaffen – eine Staatsmaschine nach dem Modell Moskaus.

Der Prozess war im Fall der Tschechoslowakei kristallklar. Als die Stalinisten das Land betraten, gab es keine Regierung. Die Deutschen mit ihrem Quislingen und Kollaborateuren waren geflohen. Die von den Massen gebildeten Komitees hatten Kontrolle über die Industrieunternehmen und den Boden. Die Stalinisten brachten die Beneš*-Regierung aus Moskau. Die wirkliche Macht, die Schlüsselposten, waren fest in ihren Händen; sie behielten den materiellen Körper und gaben der Bourgeoisie den Schatten. Teils um die sozialistische Revolution zu zerstören, teils um zu einem Kompromiss mit dem amerikanischem Imperialismus zu kommen, ließen sie bestimmte Sektoren der Wirtschaft in den Händen der Privatunternehmen. Aber die entscheidende Macht, das heißt,Formationen von bewaffneten Menschen, wurden von ihnen und unter ihrer Kontrolle organisiert. Dies war nicht die selbe Staatsmaschine wie vorher. Es war eine völlig neue Staatsmaschine ihrer eigenen Schöpfung.

Um die Revolution zum Entgleisen zu bringen, nutzten die Stalinisten den Chauvinismus und versetzten durch die Vertreibung der Sudetendeutschen dem Land einen schrecklichen Schlag. Der ursprüngliche Instinkt der Massen ging in eine internationalistische Richtung. Berichte aus der Tschechoslowakei zeigen, dass es dort am Anfang Verbrüderung zwischen Tschechen und Sudetendeutschen gab. Wir sehen, wie Cliff das Element der Konterrevolution, die Tätigkeit der Bürokratie zur Zerstörung der Revolution und die Revolution selbst nicht sieht.

Natürlich konnte der Versuch der Stalinisten, einen Kompromiss mit der Bourgeoisie beizubehalten – nicht zu vergessen, mit ihrer Kontrolle und ihrer Staatsmacht – nicht unbegrenzt weitergehen. Schatten können Substanz bekommen. Der Versuch des amerikanischen Bourgeoisie, sich mit der Marshallplanhilfe als Keil auf ihre Unterstützungspunkte in Osteuropa in Form der Reste des Bourgeoisie und jener Sektoren der Wirtschaft, die sie kontrollierten, zu stützen, war das Gefahrensignal. Mit jäher Geschwindigkeit handelte die Bürokratie und befahl allen osteuropäischen Staaten, die Marshallplanhilfe abzulehnen. Die ganze Geschichte hat die Unmöglichkeit gezeigt zwei gegensätzliche Eigentumsformen beizubehalten. Obgleich die Bourgeoisie sehr schwach war, hatte sie angefangen, eine gewisse Basis zu gewinnen durch den Umstand, dass sie einen guten Teil der Leichtindustrie unter ihrer Kontrolle hatte. Der wachsende Gegensatz gegen Amerika, die Unmöglichkeit, sich auf die Bourgeoisie zu verlassen, ihre Unverträglichkeit mit einem proletarischen Staat mit der Macht in den Händen der Bürokratie zwang letztere, Maßnahmen zu ergreifen, den Prozess zu vollenden. Hier könnten wir hinzufügen, dass Trotzki in der Ausdehnung des verstaatlichten Eigentum in die Bereiche unter stalinistischer Herrschaft einen Beweis für die Tatsache sah, dass Russland ein Arbeiterstaat war. Die Februarereignisse, die im Brennpunkt der Weltaufmerksamkeit standen, verdeutlichten auf dramatische Art und Weise einen Prozess, der in allem stalinistisch beherrschten Gebieten stattfindet. Der entscheidende Faktor war, dass die Stalinisten die Unterstützung der Arbeiter und Bauern bei den Verstaatlichungen und der Aufteilung des Landes hatten. Alles was Cliff sah, war, dass die Staatsmaschine angeblich die selbe blieb, vermutlich die, die sie unter den Deutschen war. Kein Zweifel, die Bourgeoisie wünschte, dass es so wäre!

Nach allen Beobachtern hätten die Stalinisten wegen ihrer Kompromisse und Desillusionierung der Massen in den Fabriken vermutlich Stimmen bei den bevorstehenden Wahlen verloren. Die bürgerlichen Elemente gewannen Stärke und stützten sich auf das Kleinbürgertum in den Städten und auf ernüchterte Arbeiter und Bauern. Die Bourgeoisie hoffte, schrittweise Kontrolle über den Staat zu gewinnen und eine Konterrevolution mit Hilfe des Anglo-Amerikanischen Imperialismus zu organisieren. Die Bürokratie hatte zwar Kontrolle über die Staatsmaschine, diese war aber aufgrund der Weise, in der es erreicht worden war, prekär.

Um den Prozess zu vollenden, war die Bürokratie, wie Trotzki, vorausgesehen hatte, jedoch gezwungen, an die Massen zu appellieren (allerdings vorsichtig). Sie machten einen Aufruf für Aktionskomitees, die an der Spitze bürokratisch kontrolliert waren, aber dennoch an der Basis verhältnismäßig demokratisch waren. Die Stalinisten bewaffneten die Arbeiter, das heißt, organisierten eine Arbeitermiliz. Die Begeisterung der Massen wurde unter diesen Bedingungen natürlich augenscheinlich. Sogar die sozialdemokratischen Arbeiter, die den Stalinisten misstrauten und sie hassten, nahmen begeistert an diesen Maßnahmen gegen die Bourgeoisie teil. Trotzki, sagte einmal, dass man gegen eine Löwen ein Gewehr benutzt, gegen einen Floh einen Fingernagel. Angesichts des stalinistischen Staatsapparats und mit der Massenbewegung als Drohung war die Bourgeoisie machtlos.

Jedoch die Bildung der Aktionskomitees, die Bewaffnung der Arbeiter, bedeuteten notwendigerweise, dass ein Embryo eines neues Sowjetregimes im Entstehen war. Selbstverständlich fuhr die Bürokratie schnell fort, die Unabhängigkeit der Massen zu zerschlagen und das Regime zu totalitarisieren. Neue Wahlen wurden schnell nach Moskauer Vorbild mit einer Liste und strenger Überwachung organisiert.

Angesichts dieser Ereignisse fragt Cliff:

„Wie steht es dann um die Zukunft der Vierten Internationale, worin besteht dann noch ihre historische Legitimation? Die stalinistischen Parteien sind der Vierten Internationale in jeder Hinsicht überlegen – sie verfügen über Staatsapparate, Massenorganisationen, Geld usw. Das einzige, was ihnen fehlt, ist das internationalistische Klassenbewusstsein …

Wenn in den osteuropäischen Ländern eine soziale Revolution ohne eine revolutionäre proletarische Führung stattgefunden hat, dann müssen wir daraus schließen, dass in den zukünftigen – wie in den vergangenen – sozialen Revolutionen die Massen die Kampfbataillone stellen, aber nicht die politischen Ziele bestimmen.

In allen Kämpfen der Bourgeoisie kämpfte nicht die Bourgeoisie selbst, sondern die Massen, die glaubten, es sei in ihrem Interesse. Die Sansculotten der Französischen Revolution kämpften für Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, während das wirkliche Ziel der Bewegung die Einführung der Herrschaft der Bourgeoisie war. Dies war zu einer Zeit der Fall, als die Bourgeoisie fortschrittlich war. In den reaktionären imperialistischen Kriegen sind die Massen, die das Kanonenfutter sind, um so bessere Soldaten, je weniger sie die Kriegsziele kennen. Wer behauptet, die ,neuen Demokratien’ seien Arbeiterstaaten, akzeptiert damit, dass die proletarische Revolution genau wie die bürgerlichen Kriege auf Volksbetrug beruht…,

Wenn diese Länder Arbeiterstaaten sind, was soll dann Marxismus, was eine Vierte Internationale? Wir könnten von den Massen nur als Abenteurer angesehen werden oder bestenfalls als ungeduldige Revolutionäre, deren Unterschiede zu den Stalinisten bloß sind taktisch.“ (Cliff, ,Nature of Stalinist Russia’, S. 14 f. [Vgl. ,Staatskapitalismus in Russland’, S. 188])

Cliff hat die Fragen den falschen Leuten gestellt. In Wirklichkeit sollte er diese Fragen sich selbst stellen und beantworten. Wenn seine Theorie richtig ist, dann wird die ganze Theorie von Marx eine Utopie. Cliff denkt, dass, wenn er dem Phänomen Stalinismus das Etikett ,Staatskapitalismus‘ verpasst, er sein Gewissen beschwichtigt und die ,verlorene‘ Rolle der Vierten Internationale zu seiner eigenen Zufriedenheit wiederhergestellt hat. Hier sehen wir den Fetischismus, von dem Marx sprach und der sogar die revolutionäre Bewegung beeinflusst: ändere den Namen der Sache und Du änderst ihr Wesen.

Es ist nicht möglich, die geschichtlichen Klassenfäden der gegenwärtigen Tagesentwicklungen ohne das Bestehen und die Degeneration des Arbeiterstaats in Russland zu erklären oder ihnen zu folgen. Man kann die Ereignisse in Osteuropa nur zur Oktoberrevolution von 1917 zurückverfolgen. Es ist nutzlos, wenn Cliff, argumentiert, dass die Bürokratie die Massen in der Tschechoslowakei benutzte, ohne sich die Frage zu stellen, wer 1917 benutzt wurde. Folgte nicht der Oktoberrevolution der Sieg des Stalinismus? Um die guten Absichten oder subjektiven Wünsche der Führung der Bolschewiki oder der Arbeiterklasse geht es nicht. Nach der Theorie von Marx, verlässt keine Gesellschaft die Bühne, bis sie alle in ihr enthaltenen Möglichkeiten ausgeschöpft hat. Wenn eine neue Periode von Staatskapitalismus bevorsteht – und dies folgt notwendigerweise aus Cliffs Theorie, weil es keine wirtschaftliche Grenze für die Entwicklung der Produktion unter diesem sogenannten Staatskapitalismus geben kann – dann wird aus dem Reden, wir seien in einer Periode des Zerfalls des Weltkapitalismus, bloßen Phrasendrescherei. Wir haben die Absurdität einer neuen Revolution – einer proletarische Revolution 1917, die die Wirtschaft organisch in … Staatskapitalismus ändert. Wir haben auch die nicht geringere Absurdität einer Revolution in Osteuropa, wo der gesamte Kapitalistenklasse enteignet wird … um was einzuführen? Kapitalismus! Ein Moment ernstes Nachdenken würde zeigen, dass es für Cliff nicht möglich ist, diese Position in Bezug auf ein Osteuropa beizubehalten, ohne das gleiche Argument auch auf Russland selbst zu übertragen.

Cliff selbst weist auf die Tatsache hin, dass in der bürgerlichen Revolution die Massen kämpften und die Bourgeois die Früchte bekam. Die Massen wussten nicht, wofür sie kämpften, aber sie kämpften in Wirklichkeit für die Herrschaft der Bourgeoisie. Nehmen wir die Französische Revolution. Sie wurde vorbereitet und hatte ihre Ideologie in den Werken der Philosophen der Aufklärung, Voltaire, Rousseau usw. Sie glaubten jedoch wirklich an die Idealisierung der bürgerlichen Gesellschaft. Sie glaubten an die Lehren von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, die sie predigten. Wie weithin bekannt ist und wofür Cliff selbst Marx als Beleg zitiert, ging die Französische Revolution über ihre gesellschaftliche Basis hinaus. Sie führte zur revolutionären Diktatur der Sansculotten, die über den Grenzen der bürgerlichen Gesellschaft hinaus gingen. Wie Marx erklärte, hatte dies die heilsame Wirkung, dass in einigen Monaten durchgeführt wurde, wozu die Bourgeoisie sonst Jahrzehnte gebraucht hätte. Die Führer des revolutionären Flügels des Kleinbürgertums, das diese Diktatur ausübte – Robespierre, Danton, usw. – glaubten aufrichtig an die Lehren der Philosophen und versuchten, sie in die Tat umzusetzen. Sie konnten das nicht machen, weil es unmöglich war, über die ökonomische Basis der gegebenen Gesellschaft hinauszugehen. Sie mussten unvermeidlich die Macht verlieren und bereiteten bloß den Weg für die bürgerlichen Gesellschaft. Wenn Cliffs Argument richtig ist, könnte man nur folgern, dass mit der Russischen Revolution das Gleiche wie mit der Französischen geschah. Marx war der Prophet des neuen Staatskapitalismus. Lenin und Trotzki waren die Robespierres und Carnots der russischen Revolution. Die Tatsache, dass Lenin und Trotzki gute Absichten hatten, ist so unwichtig wie die guten Absichten der Führer der bürgerlichen Revolution. Sie bereiteten bloß den Weg für die Herrschaft der neuen staatskapitalistischen Klasse.

Wenn also die Bürokratie die Massen der Tschechoslowakei benutzte und dies den Beweis für den Staatskapitalismus darstellt, dann benutzte die russische Bürokratie das Proletariat in der Revolution 1917 genauso. Jedoch kann diese Theorie niemanden befriedigen. Die Tatsache, dass die Bürokratie Osteuropa wirtschaftlich assimiliert hat, weil Russland ein Arbeiterstaat mit all seiner Degeneration ist, und gleichzeitig die sich entwickelnde sozialistische Revolution erdrosselte, bedeutet, dass sie gleichzeitig zur sozialistischen Revolution bewusst einen Prozess durchgeführt haben, der sich in Russland über viele Jahre erstreckte. Sie haben die Ereignisse in Russland ineinandergeschoben. So viel sollte klar sein: Ohne das Vorhandensein eines starken degenerierten Arbeiterstaats, der an diese Länder angrenzt oder ihnen nahe benachbart ist, wären diese Entwicklungen unmöglich gewesen. Entweder hätte das Proletariat mit einer gesunden Revolution nach klassischen Muster gesiegt und die Revolution verbreitet, oder der Imperialismus hätte sie zerschlagen.

Bedeutet das, dass die Stalinisten die Revolution vollbracht haben und es daher keine Notwendigkeit für die Vierte Internationale gibt? Wir stehen oft in der Geschichte vor komplizierten Lagen. Zum Beispiel kamen in der Februarrevolution in Russland mit der Vollendung der einen Aufgabe, dem Sturz des Zaren, die Massen unter den Einfluss der Menschewiki und Sozialrevolutionäre. Dies hieß, dass die Massen, die die den Sturz des Zaren – eine politische Revolution – vollbracht hatten, ein neues Hindernis auf ihrem Weg schufen und dafür mit einer zweiten Revolution zahlen mussten – einer sozialen Revolution in Form des Oktober. Die Tatsachen, dass die Massen die grundlegende soziale Revolution in Osteuropa nur vollbracht haben, um diese Revolution sofort durch die thermidorianische Bürokratie bürokratisieren zu lassen, bedeutet, dass sie jetzt mit einer zweiten Revolution zahlen müssen – einer politischen Revolution.

Cliff muss nur die Frage stellen: Was sind die Aufgaben der Vierten Internationale in Russland? Sie sind identisch mit denen in Osteuropa. Um den Sozialismus zu erreichen, müssen die Massen die Staatsverwaltung kontrollieren. Das können die Stalinisten nie geben. Es kann nur durch eine neue Revolution erreicht werden. Es kann nur durch den Sturz der Bürokratie in Osteuropa wie in Russland erreicht werden. Die Aufgaben der Vierten Internationale sind klar: Kampf für die politische Revolution zur Errichtung einer Arbeiterdemokratie – einem Halbstaat und dann schneller Übergang zum Sozialismus auf der Grundlage von Gleichheit. Die Eigentumsformen werden sich nicht ändern. Der Umstand, dass Cliff es eine soziale Revolution nennt, ändert daran nichts.

Wo Trotzki den Beweis für das Vorhandensein eines Arbeiterstaats in Form der Ausdehnung der Eigentumsverhältnisse fand, findet Cliff den Beweis für das Gegenteil.

Cliff kann argumentieren, wie Shachtman das zu machen versucht, dass es kein Arbeiterstaat sein kann, wenn die Arbeiterklasse nicht die direkte Kontrolle hat. In diesem Fall müssen wir die Idee zurückweisen, dass es in Russland einen Arbeiterstaat gab außer vielleicht in den ersten paar Monaten. Selbst hier ist es notwendig, zu wiederholen, dass die Diktatur des Proletariats durch das Hilfsmittel der Vorhut der Klasse, das heißt der Partei, und in der Partei durch die Parteiführung verwirklicht wird. Unter den besten Bedingungen wird dies mit der größten Demokratie innerhalb des Staats und innerhalb der Partei umgesetzt. Aber schon das Vorhandensein der Diktatur, die Notwendigkeit, die Änderungen im Gesellschaftssystem zu erreichen, beweisen schon tiefgreifende gesellschaftliche Widersprüche, die sich unter ungünstigen geschichtlichen Umständen in Staat und in der Partei widerspiegeln werden. Die Partei kann nicht mehr als der Staat automatisch und direkt die Klasseninteressen widerspiegeln. Nicht umsonst betrachtete Lenin die Gewerkschaften als einen zur Verteidigung der Arbeiter gegen ihren Staatnotwendigen Faktor, ebenso wie als das Bollwerk zur Verteidigung ihres Staats.

Wenn es für die Partei der Arbeiterklasse (die Sozialdemokratie) besonders durch ihre Führung möglich war, zu degenerieren und die Interessen der Klasse vor dem Umsturz der Klasse nicht mehr direkt widerzuspiegeln, warum ist es unmöglich, dass der von den Arbeitern errichtete Staat einem ähnlichen Muster folgt? Warum kann nicht der Staat Unabhängigkeit von der Klasse erlangen und an ihr schmarotzen, während er gleichzeitig (in seinem eigenen Interesse) die von der Revolution geschaffenen neuen Wirtschaftsformen verteidigt? Wie wir früher gezeigt haben, versucht Cliff eine Unterscheidung zu treffen, indem er 1928 eine metaphysische Linie zieht, vor der seiner Meinung nach von der Bürokratie kein Mehrwert verbraucht wurde, während er das nachher wurde. Das ist nicht nur sachlich unrichtig, sondern auch eine einzigartig leblose Weise, das Phänomen zu untersuchen.

In Wirklichkeit erwies sich der Übergang von einer Gesellschaft zu einer anderen als viel komplexer als es die Begründer des wissenschaftlichen Sozialismus voraussehen konnten. Der Arbeiterklasse wurde genauso wenig wie irgend einer Klasse oder Gesellschaftsformation das Privileg eines glatten Wegs beim Übergang zu ihrer Herrschaft und dann zu ihrem schmerzlosen und stillen Verschwinden in der Gesellschaft (also zum Sozialismus) gegeben. Das war eine mögliche Variante. Aber die Degeneration sowohl der Sozialdemokratie als auch des Sowjetstaats waren unter den gegebenen Umständen überhaupt nicht zufällig. Sie spiegelten in gewissem Sinne die komplexen Beziehungen zwischen einer Klasse und ihren Vertretern und ihrem Staat wider, die mehr als einmal in der Geschichte der herrschenden Klasse (bürgerlich, feudal und Sklavenhalter-) Kummer bereiteten. Mit anderen Worten spiegelt es die Vielfältigkeit der geschichtlichen Faktoren wider, die den Hintergrund für den entscheidenden Faktor bieten: dem wirtschaftlichen.

Man vergleiche die breite Sicht Lenins mit der mechanistischen Sicht Cliffs. Lenin betonte immer wieder die Notwendigkeit, die Übergangsperioden der vergangenen Epochen zu studieren, besonders vom Feudalismus zum Kapitalismus, um die Gesetze des Übergangs in Russland zu verstehen. Er hätte die Vorstellung zurückgewiesen, dass der Staat, der dem Oktober entsprang, einer vorgefertigten Norm folgen müsse oder aufhören würde, ein Arbeiterstaat zu sein.

Lenin wusste gut, dass das Proletariat und seine Führung keine gottgegebene Macht haben, die sie ohne Widersprüche sanft zu Sozialismus führen würde, sobald der Kapitalismus gestützt ist. Und das ist notwendigerweise die einzige Schlussfolgerung, die aus den von Cliff festgelegten kantianischen Normen ergibt. Deshalb betonte Lenin im Voraus, dass die Diktatur des Proletariats in verschiedenen Ländern und unter verschiedenen Bedingungen sich gewaltig unterscheiden würde.

Lenin machte jedoch den Punkt unmissverständlich klar, dass beim Übergang vom Feudalismus zum Kapitalismus die Diktatur der aufsteigenden Bourgeoisie sich in der Diktatur eines Menschenwiderspiegelte. Eine Klasse konnte durch die persönliche Herrschaft eines Menschen herrschen. Nachträglich sind Shachtman und Cliff gern bereit, diese Vorstellung zu akzeptieren, soweit sie die Bourgeoisie betrifft. Aber man konnte aus ihren Argumenten nur folgern, dass so etwas im Falle des Proletariats unmöglich wäre. Denn die Herrschaft eines Mannes bedeutet Absolutismus, einem einzelnen Individuum verliehene willkürliche Diktatur ohne politische Rechte für die herrschende Klasse, deren Interessen er letztlich vertritt. Aber Lenin kommentierte das nur, um zu zeigen, dass unter gewissen Bedingungen die Diktatur des Proletariats auch durch die Diktatur eines Menschen verwirklicht werden können. Lenin entwickelte diese Vorstellung nicht. Aber heute können wir das im Licht der Erfahrung von Russland und Osteuropa und mit den Entwicklungen in China vertiefen und nicht nur die Gegenwart, sondern auch vergangene Entwicklungen der Gesellschaft verstehen.

Während die Diktatur des Proletariats durch die Diktatur eines Menschen verwirklicht werden kann, bedeutet es auch, dass der Staatsapparat fast unausweichlich dazu neigen wird, von seiner Basis unabhängig zu werden, weil das die Trennung des Staats von der Klasse bedeutet, die er vertritt. Er wird so eigene Interessen entwickeln, die der Klasse, die er vertritt, selbst feindlich und fremd sind, wie im Fall des stalinistischen Russlands. Wenn wir die Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft studieren, sehen wir, dass die Autokratie eines Individuum angesichts der gesellschaftlichen Widersprüche den Bedürfnissen der Entwicklung jener Gesellschaft dient. Das zeigt sich klar durch die Herrschaft Cromwells und Napoleons. Aber obwohl beide auf einer bürgerlichen Grundlage standen, wurde auf einer gewissen Stufe die bürgerliche Autokratie von einem günstigen Faktor für die kapitalistische Gesellschaft zu einem Hindernis für die volle und freie Entwicklung der bürgerlichen Produktion. Die Diktatur des Absolutismus stirbt dann jedoch nicht schmerzlos ab. In Frankreich und England erforderte es zusätzliche politische Revolutionen, bevor die bürgerliche Autokratie in die bürgerliche Demokratie geändert wurde. Aber ohne bürgerliche Demokratie wäre eine freie und volle Entwicklung der Produktivkräfte bis zu den Grenzen unter dem Kapitalismus unmöglich gewesen.

Wenn dies für die geschichtliche Entwicklung der Bourgeoisie gilt, um wie viel mehr dann für das Proletariat in einem rückständigen und isolierten Land, wo die Diktatur des Proletariats zur Diktatur eines Mannes degeneriert ist?

Damit das Proletariat den Weg zum Sozialismus beschreiten kann, ist eine neue Revolution, eine ergänzende politische Revolutionnotwendig, die den bonapartistischen proletarischen Staat in eine Arbeiterdemokratie verwandelt. Solch eine Vorstellung passt zur Erfahrung der Vergangenheit. Genau wie der Kapitalismus durch viele stürmische widersprüchliche Phasen ging (unsere Epoche legt Zeugnis davon ab, dass sie noch keineswegs beendet sind) so muss es die Herrschaft des Proletariats in Russland unter den gegebenen geschichtlichen Bedingungen. Genauso gehen Osteuropa und China durch eine wechselseitige Reaktion durch diese bonapartistische Phase, was unausweichlich zu neuen politischen Revolutionen in diesen Ländern führen wird, um Arbeiterdemokratie als Vorbedingung für den Übergang zum Sozialismus einzuführen.

In dieser Wechselwirkung zwischen der Klasse und dem Staat unter geschichtlichen Bedingungen finden wir die Erklärung für die stalinistische Degeneration, nicht in der mystischen Idee, dass der Arbeiterstaat unter allen Bedingungen eine perfekte Arbeiterdemokratie sein müsse oder der Staat verwandele sich sonst selbst in eine Klasse. Langfristig wird sich der wirtschaftliche Faktor wie in der bürgerlichen Gesellschaft nach vielen Erhebungen und Katastrophen als siegreich erweisen. Die Arbeiterklasse, die durch die geschichtliche Erfahrung bereichert sein wird und von ihr profitieren wird, wird den stalinistischen Absolutismus siegreich stürzen und eine gesunde Arbeiterdemokratie auf höherem Niveau organisieren Dann wird der Staat mehr oder weniger der von Marx und Lenin ausgearbeiteten idealen Norm entsprechen.

* sozialdemokratischer Wirtschaftspolitiker, mehrfach Miister in Koalitionsregierungen mit bürgerlichen Parteien

* Privatdozent an der Berliner Universität, dessen Ideen in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts einen gewissen Einfluss in der deutschen Sozialdemokratie bekamen. Friedrich Engels schrieb dagegen den ,Anti-Dührung’ (‘Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft’)

* Übrigens ist diese ehrliche Kennzeichnung sehr weit vom idealisierten und falschen Bild des Staates unter Lenin und Trotzki entfernt, das Cliff zeichnet. Es wäre schwer zu verstehen, wie der Prozess der Degeneration bei dem von Cliff gemalten idyllischen Bild stattgefunden haben könnte, Jedoch wird dies in späteren Abschnitten behandelt werden. [Diese Passage steht in ,Unbroken Thread’ eingeklammert im Text – der Übersetzer]

* Stanislaw Mikolajcik, Chef der Polnischen Bauernpartei und der ,Exilregierung’ in London nach 1943, später wurde die Partei von den Stalinisten unterdrückt

* Edvard Beneš von der Sozialnationalistischen Partei war 1935-38 Präsident, 1941 Chef der Exilregierung in London, 1945-48 Chef der provisorischen Regierung


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