Leo Trotzki: Brief an Lazar Kling

[28 . Januar 1934, eigene Übersetzung des russischen Textes. Korrekturen von russischen Muttersprachler*innen wären sehr willkommen]

28. Januar 1934

Werter Genosse Kling,

Ich war sehr froh, aus Ihrem Brief zu erfahren, dass Sie während des letzten Jahres ein aktiver Arbeiter in der amerikanischen Liga und ein Mitglied der Redaktion von „Unzer Kamf“ wurden.

In Paris befindet sich jetzt einer der aktivsten Vertreter unserer polnisch-jüdischen Organisation. Ich habe ihn einmal gesehen. Ich habe mit ihm ausführlich über die Lage in Polen aber auch über die Arbeit unter jüdischen Arbeitern gesprochen und ihm vor allem Ihren Gedanken einer gewissen Zentralisierung der Propaganda unter den jüdischen Arbeitern mitgeteilt. Ich spreche von Propaganda, da man eine aktive politische Tätigkeit in verschiedenen Ländern natürlich nicht zentralisieren darf. Der Warschauer Genosse versprach, über diese Frage nachzudenken und dem IS seine Vorschläge zu unterbreiten. Über den ferneren Verlauf dieser Angelegenheit Sie werden natürlich informiert werden.

Was die jüdische Frage im Ganzen betrifft, so kann sie jetzt weniger als jede andere Frage durch „Reformen“ gelöst werden kann. Die jüdische Frage ist heute mehr denn je Bestandteil der proletarischen Weltrevolution.

Was Birobidschan betrifft, so ist sein Schicksal mit dem gesamten zukünftigen Schicksal der Sowjetunion verbunden. Die Sache geht hier jedenfalls nicht um die Lösung der jüdischen Frage als Ganzes, sondern nur um den Versuch ihrer Lösung für einen bestimmten Teil der in der UdSSR lebenden Juden. Die jüdische Frage ist aufgrund des gesamten historischen Schicksals des Judentums international. Sie kann nicht vermittels des „Sozialismus in einem Land“ gelöst werden. Die jüdischen Arbeiter können und müssen angesichts der gegenwärtigen gemeinsten und niederträchtigsten antisemitischen Verfolgungen und Pogrome revolutionären Stolz aus dem Bewusstsein schöpfen, dass das Schicksal des jüdischen Volkes nur durch den vollen und abschließenden Sieg des Proletariats gelöst werden kann.

Mit kommunistischem Gruß

Ihr L. Trotzki


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