Leo Trotzki: Brief an Jan Frankel

[14. April 1933, eigene Rückübersetzung des englischen Textes, „Eine hervorragende Schule“]

Lieber Freund,

das Missverständnis über Stois Artikel betrachte ich natürlich als vollständig aufgeklärt. Ihre Absicht, eine Diskussionsausgabe des internationalen Bulletins über den Zusammenbruch der stalinistischen Partei in Deutschland zu veröffentlichen, halte ich für völlig korrekt und begrüße sie warm. In den letzten paar Tagen sandte ich Ihnen einen Artikel zu diesem Thema zu („Der Zusammenbruch der KPD und die Aufgaben der Opposition“). Seitdem habe ich einen weiteren langen Brief von den spanischen Genossen Arlen und Vela und heute einen Brief von Erwin erhalten. Ich beabsichtige, den spanischen Genossen morgen oder übermorgen erneut zu antworten. Die Frage ist an sich schon von außerordentlicher Bedeutung, aber darüber hinaus wird sie der gesamten Internationalen Opposition als eine hervorragende Schule dienen. Eine ernsthafte Diskussion über eine brennende Frage von unmittelbarer Dringlichkeit wird uns einen größeren Zusammenhalt geben, daran zweifle ich nicht.

Was „Unser Wort“ betrifft, so sollte die Diskussion dort aufgeworfen werden, wenn die deutschen Genossen, insbesondere die Führung, darauf bestehen. Aber wenn sie bereit sind, sich mit der Diskussion im internationalen Bulletin zu begnügen, gibt es natürlich keinen Grund für uns, die Diskussion auf die Seiten von „Unser Wort“ zu tragen. Ich selbst sehe darin nichts Falsches, im Gegenteil, ich sehe ernsthafte Vorteile. Aber um eine öffentliche Diskussion zu führen, muss jemand aus dem anderen Lager einen Diskussionsartikel schreiben.

Die technischen Fragen in Bezug auf Deutschland sind jetzt die übergeordneten politischen Fragen. Alle Plattformen, Prinzipien, Thesen werden hilflos in der Luft hängen bleiben, wenn die technische Seite der Angelegenheit nicht angemessen berücksichtigt wird.

Ich finde, sie haben völlig Recht mit Ihrer Idee, die uns nahestehenden, sympathisierenden oder auch nur nicht feindselig gesinnten SAP-Mitglieder (und Mitglieder anderer Organisationen) einzuladen, sich in „Unser Wort“ zu äußern. Unter den gegenwärtigen Umständen wäre ein solcher Schritt von außerordentlicher Bedeutung und würde der deutschen Sektion helfen, aus ihren alten und engen Grenzen auszubrechen.

Übrigens scheint es aus Ihren Worten (oder vielmehr aus den Worten von [Fritz] Belleville [in der Schweiz], die Sie weitergeben), dass die Brandlerianer nicht nur nicht die Notwendigkeit des Aufbaus einer neuen Partei proklamiert haben, sondern sich sogar weigern, die alte Partei zu kritisieren. Ich halte eine solche Variante nicht für ausgeschlossen. Diese Herren sind in der Lage zu denken, dass, wenn das alte Exekutivkomitee zerschlagen wird, Stalin sie einladen wird, zu dienen, wenn sie außergewöhnliche „Loyalität“ zeigen. In meinem Artikel „Der Zusammenbruch der KPD und die Aufgaben der Opposition“ wird jedoch auf die Nachricht verwiesen, dass die Brandlerianer zu einer neuen Partei aufgerufen hätten. Entweder sollte diese Passage gestrichen werden oder es sollte ein Vermerk angefügt werden, dass sich das dahingehende Gerücht nicht bestätigt hat.

Mein dringender Rat ist, dass Schwartz sich unter keinen Umständen in die lokale Arbeit einmischen und sich noch weiter von Mills Firma fernhalten sollte. Er hat jetzt sehr wichtige nationale Aufgaben. In der jüngsten Vergangenheit hat er in den alten Quartieren sehr wertvolle Verbindungen geknüpft. Die Lage in seinem Heimatland ist jetzt so, dass die aufmerksamste und intensivste Arbeit im nationalen Bereich erforderlich ist. Ich befürchte sehr, dass er in die lokale Arbeit oder in die zentrale Arbeit hineingezogen wird, zum Nachteil der nationalen Arbeit. Ich bitte Sie dringend, mir dabei zu helfen. Es handelt sich um eine Frage von außerordentlicher Bedeutung.

Die Oppositionspresse muss dem mutigen Verhalten Sneevliets zumindest einen kleinen Artikel widmen. Er hat sich in diesem Fall als echter Revolutionär erwiesen, und die stalinistische Presse hat nichts über seinen Prozess gesagt und die niederländischen Imperialisten auf diese Weise passiv unterstützt. Wir sollten in dieser Frage einen sehr energischen Ton anschlagen.

Mit wärmsten Grüßen.

Ihr,

L.D.


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