[8. Mai 1933, eigene Rückübersetzung der englischen Übersetzung, „Takt, Vorsicht und Beweglichkeit“]
Lieber Freund,
zur Antwort auf Ihren Brief vom 2. Mai.
Ich freue mich, dass wir in der Frage der deutschen Zeitung übereinstimmen. Dies ist eine sehr wichtige Frage. Wir können und müssen dafür sorgen, dass die Zeitung den Anforderungen gerecht wird. Die Umstände sind so, dass wir uns das Ziel setzen müssen, sie in eine Wochenzeitung umzuwandeln. Natürlich muss die Zeitung finanziell gestärkt werden, durch eine korrekte Organisation des Vertriebs.
Mir ist nicht klar, warum Sie vorschlagen, den Umfang der Zeitung zu ändern. Unter den Bedingungen der illegalen Verbreitung ist das völlig unangebracht. Die Iskra erschien in etwa im gleichen Format wie Unser Wort; die Transportierbarkeit hängt vom Gewicht des Zeitungspapiers und nicht vom Format ab.
Der Umstand, dass sich die deutsche Leitung vorerst gegen eine neue Partei ausgesprochen hat, ist ein kleines Unglück: Die Ereignisse werden auf unserer Seite arbeiten und wir werden die Ereignisse mit Kritik ergänzen. Viel schlimmer ist die Tatsache, dass E. [Bauer] und andere sich gegenüber dem Sekretariat und allgemein den ausländischen Sektionen verbittert haben. Das sich anhäufende Missverständnis sollte um jeden Preis ausgeräumt werden. Hier muss das Sekretariat meiner Meinung nach allergrößte Flexibilität und völlige Freiheit von persönlichem Ehrgeiz an den Tag legen. Diese Erfahrung zeigt übrigens, wie vorsichtig man schon bei der Formulierung scharfer Fragen sein muss: Oft hängt der spätere Charakter der Diskussion ganz davon ab, wie die Frage ganz am Anfang gestellt wurde.
Es wird geduldig und kameradschaftlich alle Missverständnisse von E. erklären müssen, unter Berücksichtigung der außerordentlich entnervenden Lage, in der es arbeiten muss.
Ihr Bericht über die Losungen der Stalinisten (Generalstreik mit der Perspektive des bewaffneten Aufstandes [in Deutschland]) ist äußerst wichtig. Diese Herren singen wieder Hochzeitslieder auf einer Beerdigung. Für das Kanton-Unternehmen [1927] haben sie nicht genug Kräfte. Aber für Sofia vielleicht genug. Ein Versuch ist auf jeden Fall nicht ausgeschlossen. Vielleicht werde ich darüber schreiben müssen.
Rudolf [Klement] hat sich schon ganz auf die Arbeit eingestellt. Er übersetzt recht gut aus dem Russischen. Noch langsam im Moment, das ist wahr, aber er wird sich mit jeder Woche weiterentwickeln. Parallel dazu macht Jean [van Heijenoort] Fortschritte bei den Übersetzungen aus dem Russischen ins Französische. In diesen beiden Richtungen werden wir dem Sekretariat von hier aus noch größere Hilfe leisten. Wissen Sie zufällig, warum der zweite Band meiner „Geschichte“ noch nicht erschienen ist?
Was den Kopenhagener Kongress betrifft, so sind keine übermäßigen Ausgaben erforderlich. Es wäre äußerst wichtig, festzustellen, ob wir in Kopenhagen etwas haben, und die Übermittlung von Mandaten zu organisieren.
Es ist notwendig, eine ernsthafte Kampagne zugunsten von Tschen Du-hsiu zu entfalten. Man muss Pierre detailliert darüber schreiben.
Ich glaube auch, dass unsere Presse Sneevliets Prozess Aufmerksamkeit schenken sollte. Wir sollten freundschaftliche Beziehungen zu ihnen unterhalten, solange dem keine unmittelbaren politischen Hindernisse im Wege stehen.
Wissen Sie zufällig, wo Urbahns ist? Sind Maslow und Ruth Fischer in Paris angekommen?
Mit besten Grüßen.
Ihr
L.T.
P.S. Habe soeben Ihren Brief vom 5. Mai mit der Anlage der italienischen Dokumente erhalten. Ich habe bereits meinen offiziellen Vorschlag für das Plenum zur italienischen Frage geschickt. Wenn das Sekretariat Autorität haben will, dann muss es im Allgemeinen den allergrößte Takt an den Tag legen, und in den Fällen, in denen Mitglieder des Sekretariats betroffen sind, muss das Sekretariat zehnmal vorsichtiger und flexibler sein. Die von mir vorgeschlagene Entscheidung könnte eine Verzögerung bewirken, und die Zukunft würde dann zeigen, wie ernst die Meinungsverschiedenheiten sind.
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