Peter Taaffe: Russland: Reform oder politische Revolution?

[eigene Übersetzung aus Militant International Review, Nr. 19, Frühjahr 1980, S. 12-18]

Rezension von Roy Medwedews ‚On Socialist Democracy‘, erschienen bei McMillan

Roy Medwedews Buch „On Socialist Democracy“ wurde erstmals 1975 in Großbritannien veröffentlicht [auf Deutsch wurde es unter dem Titel „Sowjetbürger in Opposition. Plädoyer für eine sozialistische Demokratie 1973 veröffentlicht]. Es ist eine Analyse der Situation, in der sich Russland 60 Jahre nach der Russischen Revolution befindet.

Obwohl das meiste Material, auf das Medwedew zurückgreift, aus den 1960er und frühen 1970er Jahren stammt, ist es dennoch ein wesentliches Buch zum Verständnis der Krise, in der sich das stalinistische Regime in Russland derzeit befindet. Der Autor ist jemand, der selbst an den Kämpfen in Russland teilnimmt. Er ist daher in der Lage, auf Quellen zurückzugreifen, die den Kritikern des Stalinismus im Westen nicht leicht zugänglich sind.

Medwedew liefert eine Fülle von Material, das die kolossalen Errungenschaften der Planwirtschaft in Russland seit 1917 belegt. Er weist darauf hin, dass die gesamte Industrieproduktion in den 1960er Jahren um 230 % gestiegen ist, die Produktion von Konsumgütern sich verdoppelt hat, während die Produktion von Produktionsmitteln um das Zweieinhalbfache gestiegen ist. Die Kapitalinvestitionen in der Industrie haben sich mehr als verdoppelt, die Arbeitsproduktivität in der Industrie stieg in diesem Jahrzehnt um 66 % und das verfügbare Grundkapital um das Zweieinhalbfache.

In den 1960er Jahren erreichte die gesamte Industrieproduktion Russlands 75 % des Produktionsniveaus der Vereinigten Staaten. Auch die Durchschnittslöhne der meisten Arbeiter*innenkategorien stiegen beträchtlich an, und auch in den Bereichen Bildung und Wissenschaft gab es ein entsprechendes Wachstum.

So gab es 1970 in der UdSSR 4,6 Millionen Student*innen, von denen 257.000 einen Abschluss in Ingenieurwissenschaften machten, während es in Amerika im selben Jahr nur 50.000 Absolvent*innen in diesem Bereich gab. Der Autor zeigt aber auch, dass sich die Wachstumsrate in Russland im Vergleich zu den 1950er Jahren in allen Bereichen verlangsamt hat. Im Zeitraum 1951-60 betrug das Wachstum der Industrieproduktion mehr als 10 % und der Durchschnitt des Jahrzehnts lag bei etwa 12 % pro Jahr.

In den 60er Jahren stieg die Industrieproduktion jedoch nur noch 1967 um 10 %, und die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate für das Jahrzehnt fiel auf etwa 8,5 %. In den 1970er Jahren war der Rückgang der Wachstumsrate der russischen Wirtschaft noch katastrophaler. Im Jahr 1979 wuchs die Wirtschaft schätzungsweise um 3,6 %.

Dies ist ein Anzeichen für die Krise des Regimes. In der Vergangenheit spielte der Stalinismus eine relativ fortschrittliche Rolle bei der Entwicklung von Industrie, Wissenschaft und Technik und einer modernen Wirtschaft. In gewissem Sinne erfüllte er die Aufgaben, die der Kapitalismus im Westen übernahm und zu denen die schwache russische Bourgeoisie bei der Entwicklung der Produktionsmittel nicht in der Lage war.

Aber wie Trotzki betonte, geschah dies mit zwei- oder dreimal höheren Kosten als im Kapitalismus. Der Kapitalismus hat zumindest die Kontrolle durch den Markt. Die völlig willkürlichen Methoden der unkontrollierten stalinistischen Bürokratie haben dazu geführt, dass die Entwicklung Russlands unter dem Stalinismus mit enormen Kosten verbunden war.

Aber der Stalinismus ist inzwischen zu einer absoluten Fessel für die weitere Entwicklung der russischen Gesellschaft geworden. Russland ist keine rückständige Gesellschaft mit einer überwiegend ländlichen Bevölkerung mehr, es ist eine hoch entwickelte Industriegesellschaft. Die weitere Entwicklung Russlands ist unvereinbar mit einem totalitären Einparteienregime und dem Würgegriff einer monströsen bürokratischen Elite. Dies ist die Schlussfolgerung, die aus der Fülle der von Medwedew in diesem Buch gelieferten Daten zu ziehen ist. Er zeigt, dass Russland und alle anderen deformierten Arbeiter*innenstaaten Osteuropas nicht nur im Vergleich mit der Vergangenheit, sondern auch im Verhältnis zur kapitalistischen Welt immer weiter selbst hinter den krisengeschüttelten kapitalistischen Westen zurückfallen. So übertrifft die Wachstumsrate Japans, auch wenn sie sich in der vergangenen Periode verlangsamt hat, immer noch die Russlands. Außerdem zeigt Medwedew, dass: „die elektrische Energie und die Stromerzeugung in den USA immer noch mehr als doppelt so hoch wie in der UdSSR sind. Die Vereinigten Staaten produzieren innerhalb ihrer eigenen Grenzen fast anderthalb Mal so viel Öl und drei Mal so viel Erdgas wie die Sowjetunion. Ende der 60er Jahre stellte die Sowjetunion ein Viertel der in den Vereinigten Staaten und Japan produzierten Lkw her. Wir stellen weit weniger Personenkraftwagen her als Länder wie Italien, Frankreich, Japan und Westdeutschland. In den Vereinigten Staaten werden fast 20 Mal so viele Fahrzeuge hergestellt wie bei uns.“

Krankheit und Verzweiflung

„Wir stellen halb so viele Radios her wie die Vereinigten Staaten und ein Viertel so viele wie Japan. Bei den Kühlschränken liegen wir ungefähr auf dem Niveau der USA von 1950. Bei der Produktion von Kunstharzen und Kunststoffen bleiben wir hinter fast allen europäischen Ländern einschließlich Italien zurück; die USA produzieren sechsmal so viel wie wir. Im Jahr 1970 stellte Japan fünfmal und die USA zehnmal so viele Kunstfasern her wie wir“ (Seite 5-6 [fehlt in der deutschen Übersetzung]).

Die Gesamtausdehnung des Eisenbahnnetzes in den USA ist trotz einer viel kleineren Fläche 2½ mal so groß wie in Russland. In den neuen Produktionsbereichen wie elektronische Computer, vollautomatische Werkzeugmaschinen usw. liegt Russland noch weiter zurück. Gleichzeitig ist die Arbeitsproduktivität in den USA etwa zwei- bis zweieinhalbmal so hoch wie in der russischen Industrie, und in den großen kapitalistischen Ländern Europas und Japans ist sie eineinhalb- bis zweimal so hoch.

Aber wie Medwedew anmerkt, war es Lenin, der darauf hinwies, dass der Sozialismus eine sehr viel höhere Arbeitsproduktivität als unter dem Kapitalismus garantieren kann.

Die von Medwedew vorgelegten Zahlen reichen aus, um zu zeigen, dass Russland nicht „sozialistisch“ ist, auch wenn Medwedew diesen Begriff ständig verwendet, um die heutige russische Gesellschaft zu beschreiben.

Es ist ein Übergangsregime zwischen Kapitalismus und Sozialismus. Die Existenz einer gierigen Schicht herrschender Beamt*innen versperrt den Weg für die Entwicklung Russlands zum Sozialismus. Ihre Last, die die gesamte russische Gesellschaft durchdringt, hat zu einer völligen Verknotung der Produktion und zum Auftreten aller Krankheiten geführt, die im kapitalistischen Westen üblich sind.

Der Autor nennt einige gut dokumentierte Fakten und Zahlen über das Ausmaß des Alkoholismus und sogar das Auftreten von Drogen unter Teilen der Jugend in der vergangenen Periode. Die Krankheit und die Verzweiflung, die besonders die so genannte Intelligenz befallen, werden von Medwedew anschaulich beschrieben. Der Hass einer Gruppe, die sich selbst als „die Westler“ bezeichnet, auf die vom Stalinismus geschaffene unerträgliche Atmosphäre ist so groß, dass sie sich offen mit dem kapitalistischen Westen identifiziert.

Eine andere nennt sich „Die Februaristen“; sie sind für die Februar- und gegen die Oktoberrevolution! Auf der anderen Seite sind unter der Intelligenz auch extrem chauvinistische und nationalistische (großrussische-chauvinistische) [Gruppen] aufgetaucht. Dies geht einher mit dem Wiederaufleben religiöser Kulte in der einen oder anderen Form in Teilen der Intelligenz.

Keine dieser Gruppierungen, zu denen auch die Anhänger*innen der Ideen Solschenizyns und Sacharows gezählt werden können, ist jedoch vollständig repräsentativ für die Opposition gegen das Regime in der Intelligenz. Insbesondere haben sie nichts mit der Haltung der Mehrheit des Proletariats in ihrer Opposition gegen das stalinistische Regime gemein.

Wie Trotzki einmal bemerkte: Der Wind bewegt zuerst die Wipfel der Bäume“. Die Opposition der Intelligenz ist selbst eine Widerspiegelung der enormen Unzufriedenheit, die in der Arbeiter*innenklasse und der Bäuer*innenschaft in Russland schwelt. Weil sich das Regime angeblich auf die Ideen des Marxismus stützt, wird der Hass und die Opposition einiger Teile der Intelligenz auch auf den Marxismus selbst übertragen.

Der Autor zeigt jedoch, dass die Führungsschicht der russischen Gesellschaft nichts mit dem Marxismus gemein hat. Er weist darauf hin, dass es unter der herrschenden Elite „keine wirklich populären Führer“ gibt. Die graue Mittelmäßigkeit dieser stalinistischen Elite wird aufgezeigt: „In den obersten Reihen der Partei gibt es heute praktisch keine Politiker, die diesen Namen verdienen, keine Ideologen oder Theoretiker und nicht einmal öffentliche Redner, die in der Lage sind, eine halbe Stunde lang im Fernsehen zu sprechen, ohne aus halbfertigen Texten vorzulesen: stattdessen finden wir nur eine Vielzahl von abgeschotteten Bürokraten.“

Die wachsende Opposition der Arbeiter*innenklasse wird den Marxismus nicht zurückweisen. Im Gegenteil, sie wird in den Werken von Marx, Engels und Lenin, ganz zu schweigen von Trotzki, nach Munition suchen, die sie gegen die Bürokratie einsetzen kann. Das Buch von Medwedew zeigt dies deutlich. Seine Argumente gegen das Regime sind gespickt mit ziemlich vernichtenden Zitaten aus den Werken Lenins.

Der üppige Lebensstil der Bürokratie

Er zeigt auch, dass Lenins Schriften gegen die Bürokratie eine vernichtende Verurteilung des gegenwärtigen Regimes in Russland sind. Medwedew schreibt: „Was Büroangestellte und Beamte betrifft, so hat die Pariser Kommune den Grundsatz aufgestellt: ,Die Gehälter aller Staatsbeamten, von den höchsten bis zu den niedrigsten, sollten mit den normalen Löhnen der Arbeiter in Einklang gebracht werden’“ (Seite 221).

„Dies geschah, um Karrierismus zu bekämpfen und das Entstehen von sozialistischen Bürokraten zu verhindern, die vom Volk isoliert sind“ (ebd.). Anschließend zeigt er, dass die Bolschewiki aufgrund der Isolation der russischen Revolution und der Notwendigkeit, qualifizierte Ingenieur*innen und Verwaltungsangestellte für das Regime zu gewinnen, einen Rückzug antreten und Lohnunterschiede für diese Gruppen einführen mussten.

Jedoch: „Die erste sowjetische Lohntabelle legte ein Verhältnis von 1 : 2,1 zwischen dem niedrigsten und dem höchsten Lohn fest. Anfang 1919 wurde der Abstand zwischen den beiden Extremen noch weiter verringert und betrug 1 : 1,75, aber auch nach der Einführung der Neuen Ökonomischen Politik achtete Lenin darauf, dass das Verhältnis zwischen den niedrigsten und den höchsten Löhnen eine feste Grenze nicht überschritt – zu seinen Lebzeiten war der Unterschied offenbar nie größer als 1 : 5“ (in Wirklichkeit betrug er 1 : 4 – PT).

Außerdem „wurden solch hohe Gehälter nur an Spezialisten gezahlt, die nicht Mitglied der Partei waren; wenn ein Parteimitglied ein sehr hohes Einkommen erzielte, unterlag es einer Obergrenze, und alles Geld, das darüber hinausging, musste an die Finanzabteilung der Partei für ihren Hilfsfonds abgeführt werden. Dies war der Ursprung des ,Parteimaximums‘, d.h. einer Obergrenze für das Gehalt, das ein Parteimitglied erhalten durfte“ (Seite 223).

Aber Stalin als Vertreter der Millionen von Beamt*innen der Armee, der Polizei, der Partei und des Staatsapparats hob die von den Bolschewiki und Lenin auferlegten Beschränkungen schrittweise auf.

Ungleichheit wurde zur größten Tugend erklärt. Das Parteimaximum wurde abgeschafft, und „hohe Beamte verdienten nicht zwei- bis fünfmal, sondern zehn- bis zwanzigmal so viel wie Fabrik- und Büroarbeiter“ (Seite 224). Außerdem wurde nach und nach das System der geheimen Belohnungen, die so genannten „Pakete“, eingeführt, Die Erben Stalins – Breschnew, Kossygin usw. – leben im Vergleich zu durchschnittlichen russischen Arbeiter*innen in einem prunkvollen Umfeld.

Der Unterschied zwischen den Arbeiter*innen, dem Management und der Bürokratie im Allgemeinen ist größer als selbst in kapitalistischen Fabriken im Westen. Medwedew: „In einem kleinen Forschungsinstitut, das sich mit den Problemen der Ausbildung von Arbeitern und Facharbeitern befasste und in dem ich zehn Jahre lang beschäftigt war, betrug der Unterschied zwischen dem niedrigsten Gehalt eines Forschungsassistenten, 60 bis 70 Rubel im Monat, und dem des höchstbezahlten Abteilungsleiters etwa 1 : 13. In den größeren Instituten der Akademie der Wissenschaften beträgt das Verhältnis zwischen dem Gehalt eines Laborassistenten oder eines Nachwuchsforschers ohne Abschluss und dem eines hochrangigen Wissenschaftlers, der eine Abteilung leitet, 1 : 15 oder 1 : 20.

„In den sowjetischen Ministerien und den wichtigen Militäreinrichtungen beträgt das Verhältnis zwischen den höchsten und den niedrigsten Gehältern ebenfalls 1 zu 20 oder sogar 1 zu 30, aber wenn man die vielen Leistungen berücksichtigt, die den Beamten auf öffentliche Kosten zur Verfügung stehen (Essensgutscheine, ärztliche Behandlung, Urlaub, persönlicher Transport usw.), würde der Gesamtwert in Geld ausgedrückt ein Verhältnis von 1 zu 50 oder manchmal sogar 1 zu 100 ergeben“ (S. 224 f.). In meisterhaftem Understatement kommentiert Medwedew: „Für ein sozialistisches Land ist das offensichtlich völlig übertrieben.“

Der Autor weist auch auf den enormen Unmut und sogar Hass hin, der sich in den Reihen der Arbeiter*innenklasse gegen den Lebensstil und die üppige Lebensweise dieser usurpierenden Elite aufgestaut hat. Er weist auch darauf hin, dass die bewusstesten Elemente zur ersten heroischen Periode der Revolution und zu den Werken Lenins zurückkehren.

„Mehrere Briefe alter Bolschewiki, die an den 23. und 24. Parteitag geschickt wurden, enthielten etwas konkretere Vorschläge. Sie forderten die Rückkehr zum Prinzip eines Parteihöchstsatzes oder zumindest eine maximale Differenz von 1 zu 5 zwischen dem niedrigsten und dem höchsten Lohnsatz“ (ebd.).

Die Rechtfertigung für diese Forderungen findet sich, wie der Autor zeigt, in der Literatur über die Bolschewiki, die in Russland selbst frei zirkuliert. Die russischen Massen kommen nicht umhin, den Lebensstil der herrschenden Elite mit dem von Lenin zu vergleichen: „In den Memoiren über Lenin heißt es, dass er am Tag des siegreichen Aufstandes in Petrograd einfach mit der Straßenbahn fuhr, um sich in der Wohnung eines seiner Genossen auszuruhen. Als er den Kreml-Friseur besuchte, bestand Lenin darauf, zu warten, bis er an der Reihe war, und las in aller Ruhe die Zeitung.

Er fuhr oft ohne Leibwächter aufs Land und wurde einmal von einer Diebesbande überfallen, die sich mit seinem Auto davonmachte. Als Lenin in den Kreml einzog, bewohnte er ein kleines Zimmer, das einem der früheren Diener gehört hatte. In „Staat und Revolution“ vertrat er die Ansicht, dass die Führer des neuen Staates ihre Ausgaben nicht aus öffentlichen Mitteln bestreiten sollten“ (Seite 226).

Medwedew als Vertreter der so genannten „liberalen“ Strömung innerhalb der so genannten Kommunistischen Partei selbst lehnt „extreme Forderungen“ zum Abbau der Ungleichheit ab, plädiert aber dennoch für eine Verringerung der Unterschiede zwischen der Bürokratie und der Arbeiter*innenklasse.

Es gibt jedoch große Schwächen in der Analyse Medwedews, insbesondere bei seinen Versuchen, die historischen Wurzeln des Stalinismus selbst zu erklären.

Er gibt keine wirklich marxistische Erklärung für die Gründe, warum diese privilegierte Kaste in Russland entstanden ist. Auch skizziert der Autor kein klares Programm zur Entmachtung dieser gierigen und überlebten Kaste.

Einerseits deutet er an, dass die Entwicklung und das Wachstum der Bürokratie auf die kulturelle Rückständigkeit Russlands und die Isolierung der Revolution in einem überwiegend rückständigen und bäuerlichen Land zurückzuführen ist.

Einige Merkmale der Analyse Trotzkis und der Linken Opposition zu den Ursachen und dem Wachstum des Stalinismus sind im Folgenden dargestellt: „Die vorrevolutionäre Autokratie in Russland war im Wesentlichen bürokratisch, selbst Beamte, die die höchsten persönlichen Qualitäten besaßen, wurden unter dem zaristischen Regime fast zu Bürokraten gemacht. Vor der Oktoberrevolution war die Organisation der Sowjets äußerst demokratisch, aber nach dem Sieg der Sowjetmacht kam die Bürokratie wieder zum Vorschein und begann bald jede Pore der neuen Sowjet- und Parteiorganisation zu durchdringen.

„Es war klar, dass selbst nach einer sozialistischen Revolution ein erhebliches Maß an autoritärer Verwaltung angesichts der Größe des Landes und seiner wirtschaftlichen und kulturellen Rückständigkeit unvermeidlich war. Die Bevölkerung war überwiegend bäuerlich und kleinbürgerlich, deren unzureichendes Bildungsniveau den Bolschewiki potenzielle Unterstützung vorenthielt, aber die bürokratische Mentalität beschränkte sich nicht auf bürgerliche Spezialisten oder ehemalige zaristische Beamte, die vom neuen Staat in den unteren und mittleren Verwaltungsebenen eingesetzt wurden. Selbst ehemalige Revolutionsführer, die sich an der Macht wiederfanden, waren meist gezwungen, auf autoritäre Methoden zurückzugreifen: Sie gaben einfach Befehle, oft auf eine eigenmächtige und bürokratische Weise.“

Medwedew hat zweifellos Recht, wenn er meint, dass die bürokratische Entartung der russischen Revolution angesichts der Isolation der Revolution unvermeidlich war. Die russische Revolution wurde von Lenin, Trotzki und den Bolschewiki als Prolog der internationalen Revolution gesehen. Keiner der Revolutionsführer*innen hat sich jemals auch nur im Entferntesten vorgestellt, dass es möglich sein würde, den Sozialismus in einem Land, insbesondere in einem rückständigen Land wie Russland, aufzubauen.

Der Beginn des Sozialismus, so die großen Lehrer*innen des Marxismus, würde ein Produktions- und Kulturniveau bedeuten, das über dem höchsten vom Kapitalismus erreichten Niveau liegt. Mit anderen Worten, es müsste höher sein als selbst im heutigen kapitalistischen Amerika. Nur auf dieser Grundlage wäre es möglich, den Staat, das Geld, die Klassen und alle anderen Überbleibsel der Klassengesellschaft zu beseitigen.

Dies wiederum wäre nur auf der Grundlage einer sozialistischen Weltföderation möglich gewesen. Die Führer*innen der russischen Revolution hofften, dass die Oktoberrevolution der Funke sein würde, der revolutionäre Explosionen in ganz Europa auslösen würde. Dies wiederum hätte zur Gründung einer sozialistischen Föderation in Europa führen können, als Sprungbrett für eine sozialistische Weltföderation.

Aufgrund des Verrats der sozialdemokratischen Führer*innen in Westeuropa, insbesondere in Deutschland und Italien, wurde die revolutionäre Welle, die auf die russische Revolution folgte, niedergeschlagen, und die russische Revolution war für eine ganze historische Epoche isoliert. Angesichts dieser Isolation war das Wachstum einer bürokratischen Kaste unvermeidlich. Der Aufstieg und die Entwicklung Stalins war eine Verkörperung der allmählichen Entwicklung dieser Kaste und ihrer Usurpation der Macht von der Arbeiter*innenklasse.

Wird sich die Bürokratie selbst reformieren?

Trotz der obigen Ausführungen zeigt Medwedew in einem anderen Teil des Buches, als er den „ethischen Sozialismus“ kommentiert, dass er die Gründe und Ursachen für das Wachstum des Stalinismus nicht wirklich begreift. Er schreibt: „Die Gleichgültigkeit gegenüber dem ethischen Aspekt des Sozialismus, die durch die Phrasen von den Kollektivinteressen getarnte Missachtung der individuellen Interessen, der Egoismus sui generis der Partei, die irreführende Identifizierung der Interessen der Parteispitzen mit denen der gesamten Partei, der Parteiinteressen mit denen des gesamten Volkes, der Interessen des Sowjetvolks mit denen der gesamten Menschheit, die Nichtachtung der elementarsten Gerechtigkeit, die Einschränkung der geistigen Freiheit, die Vorstellung von Menschen als unbedeutenden Rädchen in einem komplizierten gesellschaftlichen Mechanismus – das alles sind Missbildungen und keine Ausnahmen, sondern gehören lange zum Alltag unserer Gesellschaft. Sie haben der kommunistischen Bewegung und der Sowjetunion schweren politischen und moralischen Schaden zugefügt“ (Seite 75, dt. Ausg. S. 86).

Aber die Rolle der russischen Bürokratie wird nicht durch ihre Moral oder deren Fehlen bestimmt, sondern durch ihre soziale Rolle in der Gesellschaft. Ihre Moral oder ihr Mangel an Moral, ihre Ignoranz, ihr Rowdytum und ihr Sozialschmarotzertum sind in der Tat ein Produkt ihrer Rolle in der russischen Gesellschaft. Aber wegen seiner eigenen politischen Position ist Medwedew nicht in der Lage, die Rolle der Bürokratie voll zu begreifen oder ein Programm und einen Aktionsplan auszuarbeiten, mit dem dieser monströse Albdruck auf der russischen Gesellschaft beseitigt werden kann.

Er ist in der Tat ein Vertreter der „liberalen Strömung“ innerhalb der Bürokratie selbst. Er nennt sich selbst einen „Parteidemokraten“ und vertritt die utopische Hoffnung, dass sich die Bürokratie selbst weg reformieren und sich als privilegierte Gruppe in der Gesellschaft liquidieren werde. Seine Argumente sind bestenfalls ein Versuch, die Bürokratie davon zu überzeugen, dass sie Reformen von oben durchsetzen muss, um kolossale Umwälzungen in der russischen Gesellschaft in der nächsten Periode zu verhindern.

Die Schwäche seiner Position zeigt sich in folgendem Satz: Diese Strömung „ist derzeit zweifellos die schwächste innerhalb und außerhalb der Partei … Diese Richtung ist bisher in den oberen Parteischichten praktisch nicht vertreten“ (Seite 57, dt. Ausg., S. 64). Mit anderen Worten: Die Reformtendenz innerhalb der Bürokratie hat in Russland derzeit nur wenig Rückhalt.

Breschnew und Co. haben beschlossen, dem wachsenden Widerstand praktisch der gesamten Bevölkerung gegen die Willkürherrschaft der Bürokratie zu begegnen, indem sie den Deckel noch fester zuschrauben. Medwedew vergleicht seinen Kampf gegen die Bürokratie mit dem Kampf, den Lenin kurz vor seinem Tod geführt hat. Das bedeutet jedoch, den enormen Wandel im Charakter und in der sozialen Rolle der Bürokratie, der sich in den letzten 50 Jahren in der russischen Gesellschaft vollzogen hat, völlig misszuverstehen.

Zwischen 1917 und 1923 war Russland ein relativ gesunder Arbeiter*innenstaat mit bürokratischen Verzerrungen. Aufgrund der kulturellen Armut der russischen Massen waren die Bolschewiki gezwungen, mit Hilfe der alten zaristischen Beamt*innen zu regieren. Auch in der Roten Armee stammte die große Mehrheit der Offiziere zunächst aus den Reihen der zaristischen Armee. In den Worten Lenins war der Staat, auf den sich die Bolschewiki stützen mussten, „dieselbe alte zaristische Staatsmaschinerie mit einem dünnen Mäntelchen des Sozialismus“.

Die Bolschewiki hofften auf den Sieg der internationalen Revolution, um dem rückständigen und bedrängten Russland mit technischer, erzieherischer und anderer Hilfe zu Hilfe zu kommen. Eine Sozialistische Föderation Europas hätte zweifellos die Grundlage für eine rasche Entwicklung von Industrie und Kultur in Russland geschaffen. Die Anhebung des kulturellen Niveaus der Massen hätte die Entfaltung der Sowjets und die volle Beteiligung der russischen Arbeiter*innenklasse an der demokratischen Leitung und Kontrolle der Gesellschaft ermöglicht. Doch die Ereignisse nahmen einen anderen Verlauf.

Die weitere Isolierung der russischen Revolution, die eine Folge der Niederlagen der Revolutionen im Westen war, die wiederum durch die falsche Politik Stalins gefördert wurden, führte dazu, dass die Massen in Russland allmählich von jeglicher Kontrolle oder Mitsprache bei der Organisation der Gesellschaft oder des Staatsapparates weg gedrängt wurden. Die bürokratische Kaste, mit Stalin an ihrer Spitze, hat die Macht vollständig an sich gerissen. Sie lehnte die Aussicht auf eine Revolution in den kapitalistischen Ländern ab und betrachtete sie mit tödlichem Schrecken.

Eine erfolgreiche sozialistische Revolution in einem der fortgeschrittenen kapitalistischen Länder bedrohte nicht nur die Kapitalist*innen, sondern auch die Herrschaft der stalinistischen Bürokratie in Russland selbst. Dies wurde durch die spanische Revolution deutlich gezeigt, auf die Stalin mit den berüchtigten „Säuberungs“-Prozessen reagierte, die einen einseitigen Bürgerkrieg gegen die letzten Reste der bolschewistischen Partei darstellten.

Dennoch schreibt der Autor: „Auch aus der Existenz des Bürokratismus ergibt sich die Notwendigkeit, die demokratischen Reformen schrittweise vorzunehmen. Lenin hat oft betont, dass man das ,bürokratische Geschwür‘ nicht beseitigen oder ,von der Erdoberfläche tilgen‘, sondern nur kurieren kann. ,In diesem Fall‘, sagte er, ,ist die Chirurgie absurd und unmöglich. Möglich ist nur eine Behandlung Schritt für Schritt – alles andere ist Quacksalberei oder Naivität“ (Seite 314, dt. Ausg., S. 311).

Aber es ist Medwedew, der eine unglaubliche Naivität zeigt. Eine Kluft, ein Strom von Blut klafft zwischen dem Regime Lenins und Trotzkis und dem heutigen stalinistischen Regime in Russland.

Den Staat Lenins und Trotzkis mit dem heutigen russischen Staat zu vergleichen, ist wie der Vergleich eines Pickels, der durch eine „Kur“ (d.h. eine Reform des Staates) ausgerottet werden kann, mit einem monströsen Geschwür, das aus dem Körper „herausgeschnitten“ werden muss (durch eine politische Revolution). Medwedew gibt sich große Mühe, sich von dem zu distanzieren, was er die „Ultralinke“ nennt.

So verurteilt er Grigorenko, den berühmten General der Roten Armee, der jetzt in einem stalinistischen Gefängnis sitzt, weil er im Programm seiner Gruppe die vollständige Liquidierung des KGB und aller Geheimdienst- und Unterdrückungsapparate fordert. Er rechtfertigt dies mit der Begründung, dass jeder Staat einen gewissen Sicherheitsapparat beibehalten müsse!

Doch wenige Seiten später weist er darauf hin, dass sich diese Staatsorgane fast ausschließlich gegen interne Regimegegner*innen richten. Er spricht sich gegen alle „illegalen“ Kampfmethoden gegen die stalinistische Bürokratie aus! „Was die Methoden und Mittel des demokratischen Kampfes anbetrifft, so müssen sie in legaler und verfassungsmäßiger Form vor sich gehen. […] Manche extreme politische Gruppen bekennen sich derzeit dazu, illegale Methoden, namentlich den Betrieb geheimer Druckereien, zu verwenden“ (Seite 314, dt. Ausg., S. 312).

Er selbst weist jedoch darauf hin, dass das Regime fast alle freiwilligen Vereinigungen verbietet, darunter auch unschuldige „Gruppen von Kaktuszüchtern“. Aus diesem Buch geht jedoch klar hervor, dass Medwedew nicht nur die Methoden einiger Untergrundgruppen ablehnt, die er nicht beim Namen nennt, sondern auch deren gesamte Herangehensweise.

Er ist ehrlich genug, die Kommentare eines seiner Gegner zu zitieren, der Medwedew „Utopismus“ vorwirft: „Sie stellen sich vor […], dass die oberen Führungsschichten ein Demokratisierungsprogramm unterstützen könnten. Sie verlangen faktisch von unseren Führern, sie sollen sich selbst liquidieren. Nun zeigt aber die ganze Geschichte der Politik, dass so etwas unmöglich ist. Keine Regierung hat sich jemals dazu verstanden, freiwillig ihre Macht aufzugeben. […] Die Gefährlichkeit ihrer Ideen liegt darin, dass Sie die Illusion haben, Ihr Reformprogramm ließe sich relativ leicht verwirklichen. Es ist falsch anzunehmen, dass die wachsende Vielfalt der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedingungen neuen Kräften den Eintritt in unseren Apparat ermöglichen und damit eine Änderung des bürokratischen Arbeitsstils bewirken kann. In Wirklichkeit werden diese neuen Kräfte unvermeidlich auf aktiven Widerstand stoßen, der jede spontane, automatische demokratische Entwicklung unmöglich machen wird“. (Seite 313, dt. Ausg., S. 309 f.).

Dieser Kritiker hat mehr Recht als Medwedew, was die Haltung und die Perspektiven der Bürokratie angeht. Wenn möglich, kann die Bürokratie die Schrauben ein wenig lockern. Sie kann Reformen an der Spitze versuchen, manchmal, um eine Revolution von unten zu verhindern.

Das hat Chruschtschow nach dem Tod Stalins getan. Aber schon damals provozierte dies 1953 den ostdeutschen Aufstand und 1956 die ungarische und polnische Revolution. Vor 10 Jahren, 1968, konnte sich die Bürokratie aufgrund der veränderten Lage nicht nur in Osteuropa, sondern auch in Russland selbst keine derartigen Zugeständnisse gegenüber der Tschechoslowakei leisten.

Das stalinistische Regime ist so verrottet, die obersten Schichten der Bürokratie sind so isoliert von der Mehrheit der Bevölkerung, dass selbst die kleinsten Zugeständnisse eine Explosion auszulösen drohen, die zum Sturz von Breschnew, Kossygin und ihrer Clique führen wird. Die Bürokratie ist sich dessen voll bewusst. Aus diesem Grund ist es unwahrscheinlich, dass sie auf die „guten Ratschläge“ von Medwedew hören wird.

Die Bürokratie wird alles für die Arbeiter*innen tun, außer von ihren Rücken herunterzusteigen! Medwedew zeigt in diesem Buch eine ehrliche Abneigung gegen die Herrschaft der Bürokratie.

Doch letztlich überwiegt seine Furcht vor einem gewaltigen Umbruch von „Unordnung und Anarchie“ in Russland seine Opposition gegen die Bürokratie.

Seine wahren Gefühle werden in folgenden Bemerkungen verraten: „Wie es die Erfahrung der Tschechoslowakei gezeigt hat, können übereilte und ungenügend durchdachte Reformen in den Ländern des sozialistischen Blocks außenpolitisch eine äußerst gefährliche Lage herbeiführen.“ (Seite 314, dt. Ausg., S. 311).

Wenn er so schreibt, erscheint Medwedew als ein unverhohlener, wenn auch wohlwollender Berater der Bürokratie.

Man könnte sagen, dass das ganze Buch im Grunde ein Appell an die Bürokratie und die Intelligenzija ist, die Demokratisierung der russischen Gesellschaft durchzusetzen. Er zieht eine Analogie zwischen dem Kampf für die bürgerliche Demokratie und dem Kampf für die Demokratisierung in Russland in der heutigen Zeit.

Es stimmt, dass die Bourgeoisie den Übergang vom Bonapartismus (Militär- und Polizeiherrschaft) zur bürgerlichen Demokratie vollzogen hat. Dies war aus ihrer Sicht eine andere und billigere Form der Klassenherrschaft, als ein diktatorisches Regime oder eine Militär- und Polizeidiktatur. Die Bourgeoisie ist eine Klasse, die durch ihr Eigentum an den Produktionsmitteln in der Gesellschaft Wurzeln hat.

Arbeiter*innendemokratie

Als Aufseherin, als „Treuhänderin“ der Produktionsmittel in den Worten von Marx, war die Bourgeoisie für die Entwicklung des Kapitalismus notwendig. Aber die Bürokratie ist eine Wucherung. Sie ist eine völlig unnötige und privilegierte Kaste, die die weitere Entwicklung der russischen Gesellschaft blockiert und behindert. Sobald die Demokratie, genauer gesagt, die Arbeiter*innendemokratie, eingeführt wäre, würde die gierige, privilegierte und ineffiziente Herrschaft der Bürokratie sofort beseitigt. Aus diesem Grund wird die Bürokratie einen heftigeren Widerstand leisten als selbst die Kapitalist*innen, um ihre Herrschaft in der Gesellschaft aufrechtzuerhalten.

Die gegen Dissident*innen gerichtete Repressionswelle sowohl in Osteuropa als auch in Russland ist ein anschauliches Spiegelbild der sozialen Krise der stalinistischen Regime.

Medwedew hat Recht, wenn er schreibt: „Es gibt jetzt ein weit verbreitetes Gefühl, dass die Art und Weise, wie wir leben und arbeiten, unhaltbar geworden ist, und das gilt nicht nur für die Intelligenz, sondern auch für einen großen Teil der Arbeiterklasse, der Angestellten und vielleicht für einen Teil der Bauernschaft“ (Seite 314) [Die deutsche „Übersetzung“ lautet: „Die heutigen Lebens- und Arbeitsbedingungen werden immer widerwilliger hingenommen.“, dt. Ausg., S. 311]. Obwohl im Moment nicht sichtbar, gibt es eine enorme unterirdische Opposition, die sich in den Reihen des Proletariats, insbesondere unter der Jugend, formiert.

Die Hauptakteurin in Medwedews Zukunftsszenario ist nicht die Arbeiter*innenklasse. Dennoch wird sie die entscheidende Kraft sein, die die Zukunft der russischen Gesellschaft gestalten wird. Er nennt einige Zahlen, die auf die kolossale Entwicklung und das Wachstum des Proletariats in Russland hinweisen. Von einer Minderheit der Bevölkerung, etwa 10 % zur Zeit der Revolution, ist das Proletariat heute die überwältigende Mehrheit der russischen Gesellschaft.

Er zeigt, dass die Zahl der Arbeiter*innenklasse seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs jedes Jahr um 2 bis 3 Millionen gestiegen ist. Sobald diese mächtige Kraft in Aktion tritt, wird dies der Anfang vom Ende des stalinistischen Regimes sein. Im Laufe des Kampfes gegen die stalinistische Diktatur wird dieses Proletariat alle Werke von Marx, Engels, Lenin und Trotzki wiederentdecken und einen gesunden Arbeiter*innenstaat errichten.

Es wird der Willkürherrschaft der Bürokratie ein Ende setzen und all jene Merkmale etablieren, die die erste Periode der russischen Revolution als die demokratischste in der Weltgeschichte auszeichneten. Wie bei der ungarischen Revolution wird die Arbeiter*innenklasse die Sowjets wiederentdecken und errichten, sie wird die Wahl aller Beamt*innen und das Recht auf Abberufung fordern, wobei keine Beamt*innen mehr als den Durchschnittslohn von Facharbeiter*innen erhalten dürfen.

Es wird auch die Abschaffung eines stehenden Heeres und dessen Ersetzung durch eine bewaffnete Miliz, ein bewaffnetes Volk fordern.

Im Gegensatz zu einer permanenten Bürokratie wird es eine Situation schaffen, in der, wie Lenin sagte, „jeder ein Bürokrat und niemand ein Bürokrat ist“. Wenn dieses Programm Wirklichkeit wird, wird es nicht nur das Ende des Stalinismus im Osten bedeuten, sondern auch den Anfang vom Ende des Kapitalismus im Westen.

Obwohl es viele Mängel aufweist, ist Medwedews Buch dennoch ein wertvoller Beitrag zum Verständnis der gegenwärtigen Entwicklungen in Russland. Es liefert das notwendige Rohmaterial, um die fortgeschrittenen Arbeiter*innen im Westen mit einem Verständnis der Entwicklungen in Russland und den enorm günstigen Aussichten auszustatten, die überall in den stalinistischen Staaten für eine Bewegung zum Sturz der Bürokratie und zum Beginn einer Periode der Arbeiter*innendemokratie bestehen.


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