Peter Taaffe: Gorbatschows nationales Dilemma

[25. März 1988, Broschüre „Stalinism in Crisis“ (Stalinismus in der Krise), S. 18-29]

Die gewaltigen Ereignisse in Armenien vor wenigen Wochen haben das von Gorbatschow vertretene stalinistische Regime in seinen Grundfesten erschüttert. Noch nie zuvor war die bürokratische Elite, die die russische Gesellschaft beherrscht, zumindest in ihrem eigenen „Hinterhof“, mit einer Herausforderung von solchem Ausmaß konfrontiert.

Eine wachsende Welle von Massenprotesten, die die Rückgabe von Berg-Karabach, einer mehrheitlich armenischen Enklave im benachbarten Aserbaidschan, fordern, hat Armenien überrollt. Fünf Tage lang gab es Demonstrationen, Besetzungen und Massenversammlungen in den Fabriken, die in einer kolossalen Versammlung von 1 Million Menschen im Zentrum von Jerewan gipfelten. Die Stadt hat 1,2 Millionen Einwohner*innen, während die „Republik Armenien“ nur 3,5 Millionen Einwohner*innen hat!

Bei diesem ersten Anflug von Massendemonstrationen legte der „liberale“ Gorbatschow sofort die „Glasnost“ (Offenheit) auf Eis. Ausländische Korrespondent*innen wurden in einem verzweifelten Versuch, Berichte zu unterdrücken, daran gehindert, das Gebiet zu besuchen. Dies veranlasste sogar den Moskauer Korrespondenten der französischen KP-Zeitung „l’Humanité“, Gorbatschows Sprecher öffentlich anzugreifen und zu fragen, was aus der „Glasnost“ geworden sei. Doch trotz dieses Versuchs, den Schleier des Schweigens über die Ereignisse zu ziehen, ist durch die Berichte russischer Dissident*innen vor Ort, von Armenier*innen im Ausland, die von Verwandten in Jerewan informiert wurden, und einiger Korrespondent*innen, die sich zu dieser Zeit in der Stadt aufhielten, ein anschauliches Bild dieser erschütternden Ereignisse entstanden.

Wie „Militant“ vorausgesagt hatte, hat der Versuch Gorbatschows, Reformen von oben durchzusetzen, um eine Revolution, eine politische Revolution, von unten zu verhindern, Kräfte heraufbeschworen, die eine tödliche Bedrohung für die Herrschaft der Bürokratie darstellen. Gerade das Konzept der „Glasnost“ wurde genutzt, um den Missständen, die unter der Oberfläche schwelten, Luft zu machen. Eines der explosivsten Probleme ist zweifellos das ungelöste nationale Problem. Noch vor sechs Monaten behauptete Gorbatschow in seinem Buch „Perestroika“ kühn: „Die Revolution und der Sozialismus haben Schluss gemacht mit nationaler Unterdrückung und Ungleichheit und sie haben den wirtschaftlichen, geistigen und kulturellen Fortschritt aller Nationalitäten und Völkerschaften garantiert.“1

Die Ereignisse in Armenien und die blutigen Auswirkungen der Kämpfe zwischen Armenier*innen*innen und Aserbaidschaner*innen in Aserbaidschan selbst haben nach offiziellen Angaben mehr als 30 Menschen das Leben gekostet. Dies straft die Behauptungen Gorbatschows Lügen, dass der Sozialismus in Russland existiere und die nationale Frage gelöst sei. Im Gegenteil, die bürokratische Elite hat es nicht nur nicht geschafft, die nationale Frage zu lösen, sondern hat durch ihren totalitären Griff auf die Gesellschaft dafür gesorgt, dass sie in der vergangenen Periode in verschärfter Form wieder aufgetaucht ist. Und doch ist die Leninsche Politik zur nationalen Frage, die Gorbatschow zu befolgen vorgibt, einer der ewigen Schätze der Menschheit. Ohne sie wären weder die russische Revolution noch die Schaffung einer Föderation der „Vereinigten Sozialistischen Sowjetrepubliken“ möglich gewesen.

Das zaristische Russland war ein Völkergefängnis. Die Bolschewiki verteidigten das Selbstbestimmungsrecht der unterdrückten Nationalitäten Russlands, das in dem berühmten Paragraphen 9 ihres Programms verankert war. Dies wurde sogar von der großen Rosa Luxemburg abgelehnt, die darin einen Rückschritt sah, insbesondere in der Epoche des Imperialismus. Lenin führte einen unerbittlichen Kampf gegen alle Schattierungen des „großrussischen Chauvinismus“. Er wies darauf hin, dass es unmöglich sei, das Vertrauen der unterdrückten Nationalitäten zu gewinnen, ohne das Selbstbestimmungsrecht zu proklamieren.

Die Verteidigung des Selbstbestimmungsrechts durch die Bolschewiki bedeutete nicht, dass sie zu Aposteln der Trennung wurden. Zu der gleichen Zeit, in der sie das Recht, nicht die Pflicht, einer unterdrückten Nationalität verkündeten, sich von der unterdrückenden Nation zu trennen, führten sie einen Kampf für den Zusammenschluss der Nationen oder Staaten in einer sozialistischen Föderation.

Die Gegner der Bolschewiki warfen Lenin vor, er wolle die Zerstückelung Russlands. Aber wie Trotzki betonte: Die „kühn-revolutionäre Position in der nationalen Frage [hat] unerschütterliches Vertrauen der unterdrückten kleinen und rückständigen Völker des zaristischen Russland zur bolschewistischen Partei geschaffen.

Gleichzeitig führte Lenin einen unerbittlichen Kampf gegen jeden Anflug von Nationalismus innerhalb der Arbeiter*innenbewegung: „Der nationalen Fehde der verschiedenen bürgerlichen Parteien in der Sprachenfrage usw. stellt die Arbeiterdemokratie im Gegensatz zu jedem bürgerlichen Nationalismus die Forderung entgegen: unbedingte Einheit und restlose Verschmelzung der Arbeiter aller Nationalitäten in allen Gewerkschafts-, Genossenschafts-, Konsum-, Bildungs- und anderen Arbeiterorganisationen.“ Mit anderen Worten, der Kampf für das Selbstbestimmungsrecht wurde mit einem unablässigen Kampf gegen den kleinsten Anflug von „bürgerlichem Nationalismus“ innerhalb der Arbeiter*innenorganisationen verbunden.

Welch ein Gegensatz zu jenen kleinen Sekten, die behaupten, Lenins Ideen zu unterstützen, aber für „schwarze Sektionen“ und andere schismatische Ideen eintreten, die die Arbeiter*innen spalten und trennen, anstatt sie zu vereinen. Ein Abgrund trennt Lenins Ansatz zum nationalen Problem von dem seines angeblichen Erben Gorbatschow. Lenin wies darauf hin, dass vor allem die Arbeiter*innen Großrusslands bei ihrer Machtübernahme das Selbstbestimmungsrecht der ehemals unterdrückten Nationalitäten im ehemaligen Zarenreich bis hin zur Lostrennung gewissenhaft anerkennen müssen. So wurde die Abspaltung Finnlands von Russland von den Bolschewiki akzeptiert. Doch eine solche Sensibilität in der nationalen Frage war der Bürokratie fremd, die nach und nach die Macht an sich riss, verkörpert durch den Aufstieg Stalins. Dies wiederum resultierte aus der Isolation der russischen Revolution, ihrer kulturellen Rückständigkeit und der Verzögerung der Weltrevolution.

Es war keineswegs zufällig, dass Lenins letzter politischer Kampf gegen den „großrussischen Chauvinismus“ Stalins und der bürokratischen Elite, die er vertrat, geführt wurde. Dieser manifestierte sich vor allem in der Behandlung Georgiens durch Stalin und seine Clique. Stalin versuchte, nach Lenins Ansicht voreilig, eine Zwangsvereinigung [anderer Kaukasusrepubliken] mit Georgien durchzusetzen, wobei er die nationalen Gefühle der georgischen Arbeiter*innen und Bäuer*innen mit Füßen trat. Einer von Stalins Handlanger*innen, Ordschonikidse, schlug sogar einen der georgischen Oppositionellen, was wiederum Lenin veranlasste, seinen Ausschluss aus der Partei zu fordern.

Diese Manifestationen des großrussischen Chauvinismus waren nur Nadelstiche im Vergleich zu der rücksichtslosen und brutalen Repression, die im Zuge der Konsolidierung des totalitären bürokratischen Regimes gegen verschiedene Nationalitäten eingesetzt wurde. Trotzki wies darauf hin, dass die „bürokratische Entartung des Staates […] auf der nationalen Politik wie ein schwerer Stein” lastete. Ungeachtet dessen leistete die russische Bürokratie bis zu einem gewissen Grad eine gewisse fortschrittliche Arbeit im Bereich der nationalen Politik. Doch wie Trotzki betonte, geschah dies „mit unverhältnismäßig hohen Gemeinkosten“.

Es wurden neue Nationen geschaffen, wo es vorher keine gab. Die „fortschrittliche Mission“ der Bürokratie bestand darin, jene Aufgaben zu erfüllen, zu denen die schwächlichen russischen Kapitalist*innen nicht in der Lage gewesen waren. Bis zu einem gewissen Grad wurden sogar vorkapitalistische Aufgaben, wie die Erfindung des Alphabets für einige rückständigere Völker, von der Bürokratie übernommen.

Trotz seiner unerbittlichen Feindseligkeit gegenüber der bürokratischen Elite wies Trotzki darauf hin: „Schwerlich lässt sich die Bedeutung dieses Aufbauwerks an neuen Menschenschlägen überschätzen“. So haben die Oriots, die Bewohner Sibiriens, erst durch die Revolution gelernt, ein Bad zu benutzen! Innerhalb weniger Jahrzehnte wurden Gebiete wie Zentralasien durch eine kolossale Entwicklung von Industrie, Wissenschaft und Technik aus dem Mittelalter herausgerissen. Taschkent zum Beispiel ist eine moderne Großstadt. Dabei zögerte die stalinistische Bürokratie jedoch nie, die demokratischen Rechte der Nationalitäten in der „UdSSR“ mit Füßen zu treten.

In der unmittelbaren Vorkriegszeit zeigte sich dies vor allem in Stalins Behandlung der Ukraine. Ein Viertel der ukrainischen Bäuer*innenschaft wurde durch Zwangskollektivierung ausgerottet. Das wachsende Nationalgefühl des ukrainischen Volkes, das sowohl vom kapitalistischen Polen als auch von Stalin unterdrückt wurde, veranlasste Trotzki zu der Schlussfolgerung, dass die Marxist*innen sich an die Spitze einer solchen Bewegung stellen müssten. Er verkündete kühn die Losung einer „unabhängigen Sowjetukraine“. Durch den Kampf für eine unabhängige Ukraine, eine Sowjet-Ukraine, d.h. unter der Herrschaft demokratischer Arbeiter*innen- und Bäuer*innenräte, wäre es möglich, die Arbeiter*innen- und Bäuer*innenbewegung in Opposition sowohl zum Imperialismus als auch zur russischen Bürokratie zu führen. Eine unabhängige Sowjetukraine wäre ein Schritt in Richtung einer sozialistischen Föderation.

Trotzkis Ansatz bietet einen Schlüssel zur Lösung der nationalen Frage im heutigen Russland. Er wies darauf hin, dass die Entwicklung der russischen Gesellschaft selbst die nationale Frage angesichts der Vorherrschaft der totalitären bürokratischen Elite unweigerlich wieder auf die Tagesordnung bringen würde: „Je höher das Entwicklungsniveau einer gegebenen nationalen Gruppe oder je mehr ihr kulturelles Schaffen entfaltet ist, um so mehr nimmt sie sich der Probleme der Gesellschaft und der Persönlichkeit an, um so drückender und unerträglicher wird die bürokratische Umklammerung. “ Heute ist der Lebensstandard in Armenien höher als in Moskau und Leningrad.

In Russland geht es bei der nationalen Frage genau genommen nicht um die Unterdrückung einer Nationalität durch eine andere, sondern um die Unterdrückung der kulturellen Entwicklung aller Nationen durch einen zentralisierten Polizeiapparat, angefangen bei den Großrussen selbst.

Das Erbe Stalins hat enorme ungelöste Probleme im nationalen Bereich hinterlassen. Sein wahnsinniger und paranoider Verdacht, dass einige Völker kollektiv mit den Nazis kollaboriert hätten, führte nach dem Zweiten Weltkrieg zu der ungeheuerlichen Verfolgung und Deportation der Krimtatar*innen, der Wolgadeutschen, der Tschetschen*innen und der Sudetendeutschen. Stalin beschuldigte die Krimtatar*innen des Hochverrats. Im Jahr 1944 wurde das gesamte Volk von der fruchtbaren Krim in die Wüsten und Trockengebiete Zentralasiens deportiert. Sechsundvierzig Prozent der Krimtatar*innen kamen dabei ums Leben. Dennoch führten sie eine heldenhafte und hartnäckige Kampagne zur Wiederherstellung ihrer nationalen Rechte. Nach einer langen, erbitterten und manchmal gewalttätigen Kampagne wurde eine Kommission unter der Leitung von Gromyko eingesetzt, um die Tatar*innenfrage erneut zu untersuchen. Dennoch wird den Tatar*innen in Gorbatschows „sozialistischem“ Russland das Recht auf Wiederansiedlung auf der Krim verweigert.

Darüber hinaus ist es nicht nur in Armenien in letzter Zeit zu nationalistischen Demonstrationen und Unruhen gekommen. Dies gilt auch für die baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland. Im Dezember 1986 brachen in der asiatischen Republik Kasachstan Unruhen aus, die einige Todesopfer forderten, wofür zwei Student*innen erschossen wurden. In derselben Republik kam es 1979 in der Stadt Zelinograd zu schweren Unruhen. Die Unruhen entstanden zum Teil aus einen Kampf zwischen der kasachischen bürokratischen Elite und der zentralen Bürokratie in Moskau. Dabei wurde ein Beispiel für den großrussischen Chauvinismus und die erbitterte Feindseligkeit der kasachischen Bevölkerung gegenüber diesem offenbart.

Der oberste kasachische Bürokratengangster Kunajew widersetzte sich Gorbatschows Reformen in dem verzweifelten Versuch, sein privates Lehen aufrechtzuerhalten und die Abschaffung seines korrupten Regimes zu verhindern. Durch bürokratischen Befehl wurde er durch einen Großrussen, Gennadi Kolbin, ersetzt. Die kasachische Bürokratie, die sich offensichtlich auf ihre Bevölkerung stützte, heizte die antirussische Stimmung an, die in blutigen Unruhen ausbrach. Ein ähnlicher Konflikt hat sich in einer Reihe von zentralasiatischen Republiken abgespielt. Dabei kam Korruption in einem gigantischen Ausmaß ans Tageslicht.

In Usbekistan ist das umfangreichste Beispiel für Korruption im Kampf zwischen der zentralen Bürokratie und den usbekischen Gangstern zutage getreten. Die „Prawda“ hat aufgedeckt, dass in dieser Republik mit 19 Millionen Einwohner*innen, dem größten Baumwollproduzenten des Landes, „ein riesiges System des organisierten Verbrechens, von Gaunern, ‚Untergrundmillionären‘ und Berufskillern“ tätig war. Drei Personen, darunter ein ehemaliger Minister, wurden im Zusammenhang mit dem Skandal hingerichtet. Insgesamt wurden 4 Milliarden Pfund aus staatlichen Mitteln abgeschöpft, indem die jährlichen Produktionszahlen aufpoliert wurden. Der KGB entdeckte das Ausmaß des Skandals erst, als er feststellte, dass die aufgeblähten Zahlen der usbekischen Baumwollproduktion nicht mit den Satellitenbildern der tatsächlichen Ernte vor Ort übereinstimmten!

Die Liturachanaka [? Literaturnaja?] Gazeta beschrieb, wie ein Farmchef in Usbekistan 15 Landhäuser, einen Stall mit den besten Pferden, eine mobile Küche mit einem stets schlachtbereiten Lamm und zahlreiche Mätressen besaß. Auf „seinen“ ausgedehnten Ländereien, auf denen 30.000 Menschen lebten, hatte dieser Bürokrat einen unterirdischen Verwaltungskomplex errichtet, für den er die Arbeitskraft der Arbeiter*innen nutzte, die er bestrafen wollte. Er hatte seine ungehorsamen „Untertanen“ getötet und gefoltert. Und all dies im Namen des „Sozialismus“!

Die Ereignisse in Armenien zeigen, dass der Widerstand gegen die Herrschaft der Bürokratie zu nationalen Protesten führen und diese anheizen wird. Die politische Revolution in Ungarn 1956 und die Umwälzungen in der Tschechoslowakei 1968 und kürzlich in Polen unterstreichen dies. In all diesen Fällen verschmolzen die Elemente des Widerstands gegen die nationale Unterdrückung und die Bedrohung durch die russische Bürokratie mit einer Bewegung zum Sturz der bürokratischen Elite und zur Einführung der Arbeiter*innendemokratie. Darüber hinaus ist, wie Trotzki betonte, der Nationalismus der Arbeiter*innen und Bäuer*innen oft nur die „Hülle eines unreifen Bolschewismus“.

Die bittere und blutige Geschichte des armenischen Volkes bedeutet, dass sie äußerst sensibel für die Verletzung ihrer nationalen Gefühle sind. Zwischen anderthalb und zwei Millionen Armenier*innen wurden 1915 unter dem türkischen Osmanischen Reich massakriert, dem ersten2 Völkermord des 20. Jahrhunderts. 1922 kam es zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen den christlichen Armenier*innen und Aserbaidschaner*innen, die schiitische Muslim*innen türkischer Herkunft sind. Das führte dazu, dass 30.000 Armenier*innen und halb so viele Aserbaidschaner*innen abgeschlachtet wurden. Bis 1923 blieben 70.000 in Armenien, während andere gezwungen waren, nach Europa und Amerika zu fliehen. Die dreieinhalb Millionen, die heute in Armenien leben, machen nur die Hälfte der armenischen Weltbevölkerung aus. Es gibt 800.000 in den USA, 400.000 in Frankreich, 250.000 im Iran, 200.000 im Libanon und 15.000 in Großbritannien. Etwas pervers wurde Nagorny-Karabach („Nagorny“ bedeutet auf Russisch „Berg-“) 1923 in Aserbaidschan eingegliedert, obwohl 80 Prozent der 160.000 Einwohner*innen Armenier*innen sind. Angesichts der Geschichte der Region war dies zwangsläufig eine offene Wunde.

Auf der Grundlage von Arbeiter*innendemokratie in Russland wäre die Bevölkerung dieses Gebietes aller Wahrscheinlichkeit nach mit einer Autonomie innerhalb Aserbaidschans zufrieden gewesen. Die nationale Feindschaft wäre in den Hintergrund getreten und schließlich verschwunden. Ein demokratischer Arbeiter*innenstaat in Aserbaidschan und Armenien sowie in der gesamten UdSSR würde es der Bevölkerung ermöglichen, selbst über ihre Staatsformen zu entscheiden.

Lenin wies mehrfach darauf hin, dass von einer Arbeiter*innenregierung nicht nur das Selbstbestimmungsrecht, sondern die weitestgehende Autonomie auch für die kleinste Gruppe von Menschen zugestanden würde. Doch für die Zentralbürokratie und die Bürokratie Aserbaidschans und Armeniens hat die Verteidigung ihrer privilegierten Stellung Vorrang vor allen nationalen Bestrebungen des armenischen Volkes.

Die Forderung nach der Rückgabe von Berg-Karabach besteht seit langem. Doch in jüngster Zeit haben zwei Faktoren das Thema auf die Spitze getrieben. Einerseits hat Gorbatschow die Erwartungen der unterdrückten Nationalitäten geweckt, indem er den Deckel des Druckkessels der russischen Gesellschaft geöffnet hat. Gleichzeitig hat sich die armenische Elite in ihrem Konflikt mit der russischen Bürokratie auf die eigene Bevölkerung gestützt, was diese nationale Revolte zwar stimuliert hat, aber weit über die von ihr gesetzten Grenzen hinausgegangen ist.

Die jetzigen Unruhen wurden durch Demonstrationen und Versammlungen im Oktober 1987 vorbereitet. Zunächst ging es nicht um Berg-Karabach, sondern um Massenproteste und Demonstrationen, die die Schließung gefährlicher Chemieanlagen und eines Atomkraftwerks forderten. Das Beispiel von Tschernobyl war der Bevölkerung noch frisch in Erinnerung, und die Angst vor einer weiteren nuklearen Katastrophe sowie das bürokratische Rowdytum der Eliten in diesen Fragen waren der Anlass für diese Demonstrationen.

Gleichzeitig veröffentlichte die Prawda als Organ der Zentralbürokratie Artikel, in denen die „Parteielite“ in Armenien angeprangert wurde. Sie richtete ihr Feuer insbesondere auf den Spitzenbürokraten Demirtschjan, der für die großen Skandale im Gesundheitswesen und bei der Umweltverschmutzung verantwortlich gemacht wurde.

Gorbatschows Geschöpfe griffen die armenischen Bosse an, wurden aber auf einer Parteiversammlung im Oktober niedergeschrien. Die Prawda schrieb dazu: „Sie (die Parteielite) konnten nicht glauben, dass ein normaler, nüchtern denkender Mensch es wagen würde, die gefestigten Reihen der Nomenklatura herauszufordern“. Die Nomenklatura ist eine Liste von Personen, die für Spitzenpositionen in der Bürokratie geeignet sind. Die armenische Bürokratie forderte im Gegenzug die Bestrafung „dieser Journalisten“ der Prawda.

Wie es für die gesamte russische Wirtschaft typisch ist, hat auch Armenien in der letzten Zeit unter wirtschaftlicher Stagnation gelitten. Es ist die kleinste der 15 Republiken der UdSSR, aber es werden 400.000 zusätzliche Arbeitsplätze benötigt, um die Abwanderung der Landbevölkerung in die Städte aufzufangen. Die lautstarke Agitation für die Rückkehr Karabachs fand sowohl innerhalb der Enklave als auch in ganz Armenien ein enormes Echo. Die Demonstrationen begannen in Karabach mit Massenversammlungen in Fabriken, an Arbeitsplätzen, auf Bäuer*innenhöfen usw. Dies ging einher mit einer Massendemonstration in Abowjan, einer Stadt in der Nähe von Jerewan, die gegen die Eröffnung einer Fabrik für synthetischen Kautschuk protestierte.

Die Empörung über die Luftverschmutzung in Armenien war so groß, dass 1986 350 armenische Intellektuelle einen offenen Brief an Gorbatschow richteten, in dem sie unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung schwerer Gesundheitsprobleme forderten, die sie auf die giftigen Emissionen von Chemiefabriken und Lecks in Kernkraftwerken zurückführten. Als die Demonstrant*innen aus Abowjan Jerewan mit Petitionen erreichten, in denen sie forderten, dass die Anlage nicht in Betrieb genommen werden sollte, errangen sie einen vorläufigen Sieg. Zu den Demonstrant*innen gesellten sich dann nationalistische Demonstrant*innen, die die sofortige Rückgabe Berg-Karabachs forderten. So begann die Bewegung als eine Kombination aus nationalistischem Protest und Demonstrationen gegen die Willkürherrschaft der Bürokratie. Dies wiederum führte dazu, dass der Chef der Kommunistischen Partei in Karabach wegen „Mängeln in seiner Arbeit“ entlassen wurde.

Am 11. Februar stimmte das lokale „Parlament“ von Karabach, d.h. der „Sowjet“, also die handverlesenen Vertreter*innen der Elite, mit 110 von 140 Stimmen für die Vereinigung mit Armenien! Dies löste Arbeitsniederlegungen, Streiks, Besetzungen und Demonstrationen in ganz Armenien und insbesondere in Jerewan selbst aus.

Gorbatschow hat in seinem Versuch, die „illegalen“ Privilegien der bürokratischen Elite im Gegensatz zum „legalen“ verschwenderischen Lebensstil der Bürokratie zu beschneiden, versucht, sich auf solche lokalen „Sowjets“ als Peitsche gegen die mittleren Schichten der Bürokratie zu stützen. Doch hier in Karabach wird die Entscheidung des „Sowjets“, die offensichtlich von 95 Prozent der Bevölkerung des Gebiets unterstützt wird, von Gorbatschow angeprangert.

Die Demonstrationen, die in Jerewan stattfanden, standen unter den Losungen „Ein Volk, eine Republik“ und „Selbstbestimmung ist kein Verrat“. Das Ausmaß der Proteste war so groß, dass die Times berichtete, ein Anwohner habe gesagt: „Das ganze Stadtzentrum ist völlig überfüllt, so etwas habe ich noch nie gesehen.“ Anfangs trugen die Demonstrant*innen Bilder von Gorbatschow bei sich. Doch nach seinem Auftritt im Fernsehen warfen sie diese zu Boden. Gorbatschows Radio- und Fernsehauftritt, in dem er zur Ruhe aufrief, war ein Novum, es war das erste Mal, dass er einen solchen Appell machte. Außerdem rief die lokale Bürokratie unter der Führung von Demirtschjan, die sich zunächst auf die Massen gestützt hatte, nun ebenfalls verzweifelt zur Ruhe auf. Demirtschjan trat vor einer Massenversammlung auf und erklärte: „Ihr arbeitet nicht, wer wird also eure Löhne zahlen? Was werden eure Familien zu essen haben?“, um dann vom Podium gepfiffen zu werden.

Das Ausmaß der Bewegung und die Wirkung, die sie auf die Beobachter hatte, spiegelte sich in der britischen Presse wider. Ein Brite aus Berkshire kommentierte gegenüber der Times: „Es war einer der erstaunlichsten Anblicke, die ich je gesehen habe. Auf praktisch jeder Straße, die in die Stadt führt, marschieren Gruppen mit Transparenten auf das Zentrum der Demonstration zu, das sich vor der Oper befindet. In der Nacht werden die Demonstrant*innen in einem ausgedehnten Netz von Privatwohnungen untergebracht, bereit, ihre Demonstrationen fortzusetzen. Wir wissen mit Sicherheit, dass viele von ihnen 20 Meilen oder mehr gelaufen sind, um hierher zu kommen. Und selbst heute Morgen konnten wir weitere Gruppen sehen, die an unserem Hotel vorbeizogen, das etwa einen halben Kilometer vom Ort entfernt ist.“

Nachdem er den Film der Demonstration in Jerewan gesehen hatte, kommentierte ein US-Korrespondent: „Es ist klar, dass sich dieses Problem nicht in Luft auflösen wird. Diese Menschen sahen aus, als ob sie ihre eigene Macht gespürt hätten.“ Die aufschlussreichsten Kommentare kamen jedoch von einem russischen Dissidenten, der eine Zeitschrift namens „Glasnost“ herausgibt. Er war zu dieser Zeit in Jerewan anwesend. „Eine Million Menschen haben mit wenig Selbstorganisation perfekt die Ordnung aufrechterhalten“, sagte er. „Es war eine beispiellose Woche der Freiheit und der Demokratie für das ganze Volk“. Er verglich die Demonstrationen und die Stimmung der Arbeiter*innenklasse in Jerewan mit den „Sitzstreiks“ auf den Danziger Werften im Jahr 1980.

Im Laufe der Bewegung war ein kleines Organisationskomitee improvisiert worden. Wie der Petöfi-Zirkel von Schriftstellern und Künstlern in der ungarischen Revolution bestand es hauptsächlich aus „angesehenen Persönlichkeiten aus Kultur und Wissenschaft“. Die Demonstration war vorbildlich in Bezug auf Disziplin und Ordnung: „Immer wenn die Leute zu drängeln begannen und die Gefahr bestand, die Ordnung zu verlieren, setzten sich die Demonstranten hin.“

Alkohol war strengstens verboten. Einhundert afghanische Kriegsveteranen armenischer Herkunft verpflichteten sich, ihre Medaillen zurückzugeben, wenn Berg-Karabach nicht an Armenien zurückgegeben wird. Private Autofahrer*innen brachten Lebensmittel zu den Menschen, die auf dem Platz und den Straßen zu dicht gedrängt standen, um sie zu verlassen. Es wurde Geld gesammelt, um die Proteste zu finanzieren. Die Polizei war von den Straßen verschwunden, und dennoch kam es nicht zu einem Ausbruch von Verbrechen und Gewalt. Die Polizei erklärte sogar, dass während der einwöchigen Proteste kein einziges Verbrechen in Jerewan verübt worden sei.

Angesichts einer solchen Bewegung kann man sich leicht vorstellen, wie groß die Angst der Kremlherren gewesen sein muss. Ein falscher Schritt, und in Armenien hätte sich eine soziale Explosion entzünden können, die ähnliche Bewegungen in der gesamten Region und in Großrussland selbst hätte auslösen können.

Es ist klar, dass der „liberale“ Gorbatschow Notfallpläne für den Einsatz von Truppen hatte. Flughafenarbeiter*innen wurden Zeug*innen, wie Fallschirmjäger und andere Truppen in die Region eilten. Die Anwendung von Gewalt in einer solchen Situation hätte jedoch einen Aufstand ausgelöst. Doch Gorbatschow fand Unterstützung von unerwarteter Seite. Genau die in dem Moment führenden Köpfe, wie die Dichterin Sylva Kaputikjan und der Literaturkritiker Sori Babajan, flogen nach Moskau, um Gorbatschow zu treffen. Sie gehörten zu einem ähnlichen sozialen Typus wie die Führer*innen des KOR, die bei der Entgleisung der polnischen Revolution eine so verhängnisvolle Rolle gespielt hatten.

Nach ihrem Treffen versicherten sie der großen Menschenmenge in Jerewan, Gorbatschow habe versprochen, dass der armenische Anspruch auf Karabach „gerecht gelöst“ werde. Die Demonstrationen wurden abgesagt und Gorbatschow erhielt einen Monat Zeit, um die Frage zu klären. Hier hatte sich auf dem Höhepunkt des Kampfes die Gelegenheit geboten, die Bewegung der Massen in Armenien zu verallgemeinern, zu verbreitern und zu vertiefen. Alles was erforderlich war, war, dass die Bewegung der Arbeiter*innenklasse und der Bäuer*innen eine organisierte Form erhält.

In den Betrieben waren Komitees entstanden. Die Umrisse von echten Sowjets, von Arbeiter*innen- und Bäuer*innenräten, waren geschaffen worden. Hätte man dies mit der Idee der Wahl aller Beamt*innen und dem Recht auf Abberufung, der Abschaffung der bürokratischen Privilegien, wobei die durchschnittlichen Beamt*innen nicht mehr als den Lohn von Facharbeiter*innen erhalten – mit anderen Worten, die vier Bedingungen, die Lenin 1917 für einen gesunden Arbeiter*innenstaat aufstellte – verbunden, hätte dies den Beginn der politischen Revolution markiert.

Dies hätte den Anfang vom Ende der Herrschaft der Bürokratie nicht nur in Armenien, sondern in ganz Russland bedeutet. So wie es aussieht, befindet sich Gorbatschow in einem sehr unangenehmen Dilemma. Würde er den Forderungen des armenischen Volkes nach Rückgabe von Karabach nachgeben, so würde dies Aserbaidschan anheizen und zu einer Verschärfung der nationalen Konflikte in der Region führen. Es würde vom aserbaidschanischen Flügel der Bürokratie, dessen Hauptanliegen es ist, sein „Territorium“ zu verteidigen, auf dem seiner Meinung nach seine Macht, sein Prestige und sein Einkommen beruhen, energisch abgelehnt werden.

Gelingt es jedoch nicht, die Armenier*innen zufrieden zu stellen, wird dies zu weiteren Unruhen in der Region führen. Aber auf bürokratischer Basis ist es völlig unmöglich, das nationale Problem zu lösen, weder in Armenien noch die vielen anderen Probleme in der gesamten russischen „Föderation“.

Es sind der Wille, der Wunsch und die Forderungen der Bevölkerung Karabachs, die in erster Linie darüber entscheiden sollten, ob sich Karabach an Armenien anschließen soll oder nicht. Wie kann der Wille der Bevölkerung ermittelt werden? Es gibt keinen anderen Weg als ein demokratisch durchgeführtes Referendum oder Wahlen zu einer repräsentativen „verfassungsgebenden Versammlung“, die den Willen der Massen widerspiegeln könnte.

Vor fünfzig Jahren wies Trotzki in „Die verratene Revolution“ darauf hin: „Die kulturellen Bedürfnisse der von der Revolution erweckten Nationen benötigen breiteste Autonomie. Gleichzeitig kann die Wirtschaft sich nur bei Unterordnung aller Teile der Union unter einen gemeinsamen zentralistischen Plan erfolgreich entwickeln. … Gibt es zu seiner Lösung auch keine fix und fertige Formel und kann es eine solche auch gar nicht geben, so ist dafür doch der geschmeidige Wille der interessierten Massen selbst da: nur ihre tätige Beteiligung an der Leitung des eigenen Geschicks vermag auf jeder neuen Etappe den notwendigen Trennungsstrich zwischen den rechtmäßigen Anforderungen des wirtschaftlichen Zentralismus und den Lebensansprüchen der nationalen Kulturen zu ziehen.“

Trotzkis tiefgründige Bemerkungen haben auch heute noch ihre volle Gültigkeit für Russland. Nicht nur in Russland, sondern in ganz Osteuropa ist die nationale Frage wieder aufgetaucht. In Jugoslawien droht sie sogar, das Land auseinanderzubrechen. Die herrschende serbisch-slowenische Bürokratie lehnt die Forderungen der albanischen Bevölkerung im Kosovo ab, sogar nach Autonomie innerhalb einer jugoslawischen Föderation. Das Recht auf Autonomie und Selbstbestimmung ist in der jugoslawischen Verfassung verankert, doch wehe dem Volk, das sich in diese Richtung zu bewegen droht und damit die Position der Bürokratie untergräbt. Die Forderung nach einem sozialistischen und autonomen Kosovo als Vorstufe zu einem unabhängigen Sowjet-Albanien würde die Unterstützung der Masse der Bevölkerung in diesem Gebiet finden.

Die rumänische Bürokratie verweigert der ungarischen Minderheit die vollen nationalen Rechte. Das bulgarische Regime verfolgte eine Politik der erzwungenen „Bulgarisierung“ gegen die türkische Minderheit. In jedem Staat Osteuropas, mit Ausnahme Polens und Ostdeutschlands, bleibt die nationale Frage ungelöst.

In Russland selbst stellt sich die nationale Frage nicht nur in den rückständigen Gebieten im Osten, sondern auch in jenen, die einen höheren Lebensstandard als Russland selbst haben, wie etwa in den baltischen Staaten. In Estland, Litauen und Lettland gibt es Widerstand gegen die „Russifizierung“. Kürzlich wurde zu Demonstrationen anlässlich des Jahrestages des berüchtigten Stalin-Ribbentrop-Paktes aufgerufen, mit dem sich die Bürokratie in Absprache mit dem Nazi-Regime 1939 die baltischen Staaten einverleibte. In einigen dieser Gebiete ist es zu einer umfangreichen Einwanderung von Russ*innen gekommen. Die Bevölkerung hat keine Rassenanimosität gegenüber den Russ*innen zum Ausdruck gebracht, sondern gegenüber der Politik der Zentralbürokratie, die den Völkern des Gebiets die russische Sprache aufzwingt.

Offensichtlich wäre in einem Land, einem Subkontinent wie Russland mit mehr als 100 Nationalitäten, eine gemeinsame Sprache für den Handel und die Beziehungen innerhalb der Föderation notwendig. Gleichzeitig würde ein demokratischer, gesunder Arbeiter*innenstaat den Nationalsprachen der einzelnen Republiken, in den autonomen Regionen und Nationalitäten Russlands gegenüber die größte Sensibilität an den Tag legen und sie in jeder Hinsicht dem Russischen gleichstellen.

Die zentrale Bürokratie in Moskau hat jedoch versucht, den Völkern der UdSSR die russische Sprache aufzuzwingen. So müssen die Sitzungen der lettischen „kommunistischen“ Partei auf Russisch abgehalten werden. Eine solche Politik und ein solches Programm sind auf der Grundlage des totalitären Zugriffs der Bürokratie unvermeidlich. Aber die armenische Revolte zeigt, dass die Unfähigkeit der Bürokratie, die nationale Frage in Russland und Osteuropa zu lösen, einer der Faktoren sein wird, die ihre Herrschaft untergraben werden.

In Osteuropa war sie nicht einmal in der Lage, einen Grad der Vereinheitlichung durchzusetzen, der durch den kapitalistischen Gemeinsamen Markt erreicht wurde. Jede Bürokratie muss ihre eigene Industrie-, Stahl- und Produktionsbasis entwickeln, auf der ihre Macht, ihr Prestige und ihr Einkommen beruhen.

Eine sozialistische Föderation, in der das gegenseitige Ver- und Zutrauen der Arbeiter*innenklasse im Vordergrund stehen würde, würde das schädliche Nachbilden, die unter der Herrschaft der autokratischen Bürokratie stattfindet, sofort beseitigen. Ohne die Gefahr der Beherrschung einer „Nationalität“ durch eine andere würde sich in einer Gesellschaft der menschlichen Solidarität eine enorme Zusammenarbeit zum Nutzen aller Völker Osteuropas und Russlands entfalten.

Auf der Grundlage ihrer Erfahrungen wird diese Perspektive von der Masse der Bevölkerung Russlands und Osteuropas immer besser verstanden werden. Die armenischen Ereignisse zeigen, dass Russland in die Epoche der politischen Revolution eintritt. 1956 war es möglich, rückständige Bauerntruppen aus Sibirien und Zentralasien zur Niederschlagung der ungarischen Kommune einzusetzen, indem man diese Truppen anlog, sie würden einen „faschistischen Aufstand“ niederschlagen.

Es war möglich, mit einer militärischen Intervention Russlands gegen die drohende politische Revolution in Polen in den Jahren 1980-81 zu drohen. Aber es wird unmöglich sein, die Truppen Osteuropas und Russlands gegen eine Bewegung der Arbeiter*innenklasse einzusetzen, insbesondere gegen eine, die sich in den großen Zentren der Arbeiter*innenklasse, Leningrad und Moskau, entfalten wird. Die dramatischen Ereignisse in Armenien im letzten Monat zeigen, dass die Ära der politischen Revolution in Russland selbst angebrochen ist.

1 Michail Gorbatschow. Perestroika. Die zweite russische Revolution. München 1987, S. 148

2 Tatsächlich gab es vorher schon den Völkermord des deutschen Kolonialismus an den Hereros im heutigen Namibia – d. Übers.


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