(eigene Übersetzung des englischen Textes in Socialism Today, Nr. 44, Januar 2000)
Zehntausende von Protestierenden blockierten die WTO-Ministertagung in Seattle und machten die Eröffnungssitzung erfolgreich dicht. Auf den Straßen griff die Bereitschaftspolizei gewaltlose Demonstrant*innen an und verhängte eine Protestverbotszone, die die Innenstadt von Seattle in einen Polizeistaat verwandelte. Im Kongresszentrum endeten die chaotischen Gespräche mit einem Scheitern, ohne dass man sich auf eine Agenda für eine neue Runde von Handelsverhandlungen einigen konnte, und mit erbitterten gegenseitigen Beschuldigungen zwischen den führenden nationalen Vertreter*innen.
Dies war der größte Massenprotest und der größte Polizei-Crackdown seit den Demonstrationen gegen den Vietnamkrieg und den Bürger*innenrechtsmärschen in den 1960er und 70er Jahren. Eine Vielzahl von Kräften war daran beteiligt. Student*innen standen an vorderster Front, verärgert über eine nicht gewählte, geheimnisvolle, von Konzernen dominierte WTO, die Profite und Eigentumsrechte über Menschen und Menschenrechte stellt. Es gab Umweltschützer*innen, Menschenrechtsaktivist*innen, kirchliche Gruppen und Verbraucher*innenorganisationen.
Die AFL-CIO organisierte eine Arbeiter*innenkundgebung mit über 20.000 Teilnehmer*innen, die allerdings an der Space Needle stattfand, die weit vom Kongresszentrum entfernt war. Ein großes Kontingent von Stahlarbeiter*innen und anderen Gewerkschaftsaktivist*innen schloss sich jedoch dem Kampf mit den Bullen in der Innenstadt an. Dies inspirierte zu einem Plakat mit der Aufschrift: „Teamsters and Turtles – Together at Last“ [Lastwagenfahrer*innen und Schildkröten – endlich zusammen].
Das eigentliche Ziel war natürlich nicht die WTO selbst, die nur ein Symbol ist, eine bürokratische Metapher für die diktatorische Macht des Weltmarktes, die den Großkonzernen und den Superreichen auf Kosten der Arbeiter*innen, der armen Bäuer*innen, der Arbeitslosen und der Enteigneten zugute kommt. Es war auch ein Protest gegen die aktive Förderung nicht nur des Freihandels durch die US-Regierung, sondern auch der beschleunigten weltweiten Deregulierung des Finanzwesens und der Konzernoperationen
Am Dienstag, dem 30. November, blockierten die Demonstrant*innen erfolgreich das Kongresszentrum und erzwangen die Unterbrechung der Eröffnungssitzung. Diese friedliche Aktion wurde mit einem heftigen Angriff der Polizei von Seattle beantwortet, die später durch Einheiten der Nationalgarde und der Staatspolizei verstärkt wurde. Die Stadtoberen, die Medien und Clinton selbst versuchten, die gewalttätigen Zusammenstöße auf eine Handvoll „gewalttätiger Anarchisten“ zu schieben. Warum aber rückte die Polizei bewaffnet und für den Dritten Weltkrieg ausgerüstet an?
In High-Tech-Ausrüstung griff die Polizei die Demonstrant*innen mit Tränengas, Pfefferspray und Gummigeschossen an. Bei der Verfolgung fliehender Demonstrant*innen griff die Polizei auch Umstehende und Anwohner*innen an. Am Dienstagnachmittag wurde der Ausnahmezustand ausgerufen und eine Demonstrationsverbotszone sowie eine Ausgangssperre für das Stadtzentrum verhängt.
Geschäfte wurden geschlossen, Schaufenster zertrümmert, und führende Wirtschaftsvertreter*innen beklagten sich über die Kosten für die Aufräumarbeiten in Höhe von schätzungsweise 9 Millionen Dollar. „Sie sind besorgt über ein paar eingeschlagene Fenster“, sagte ein führender philippinischer Vertreter. „Sie sollten kommen und sehen, welche Gewalt im Namen der Liberalisierung des Handels gegen unsere Gemeinden ausgeübt wird“.
Die meisten Menschen in Seattle sympathisierten mit den Protestierenden, darunter auch ein Ladenbesitzer, der seinen Laden mit Brettern verschließen musste: „Wenn sie für Gerechtigkeit kämpfen, ist das für mich in Ordnung. Natürlich sollte der Handel fair sein. Wir haben der Regierung nie gesagt, dass sie die ärmsten Menschen der Welt tyrannisieren kann“. („Observer“, 5. Dezember)
Am Mittwoch änderte die Polizei ihre Taktik und versprühte weniger Tränengas, führte aber über vierhundert Verhaftungen durch, die meisten davon wahllos. Später umzingelte eine große Menschenmenge das Gefängnis der Stadt und forderte die Freilassung der „politischen Gefangenen“. „So sieht Demokratie aus“, skandierten sie.
* * *
Die Gespräche selbst, das dritte WTO-Minister*innentreffen, scheiterten, endeten mit bitteren Schuldzuweisungen zwischen den verschiedenen Blöcken von Delegierten. Es gab keine Einigung über eine Agenda für eine neue „Milleniumrunde“ von Handelsverhandlungen, die die 1994 abgeschlossene Uruguay-Runde des GATT verlängern sollte. Die USA gerieten mit der EU aneinander, die sich gegenseitig Unnachgiebigkeit vorwarf. Vor allem aber schlossen sich zum ersten Mal Vertreter*innen der halb entwickelten und armen Länder zusammen, um die zwischen den großen Mächten in geheimen, von den USA dominierten Enklaven ausgehandelten Abkommen entgleisen zu lassen.
Dieses Mal brach die übliche Einheitsfront zwischen den USA und der EU gegenüber dem Rest der Welt zusammen. Die EU, unterstützt von Japan und Südkorea, widersetzte sich entschieden den Forderungen der USA und der von Australien angeführten Cairns-Gruppe nach einem raschen Abbau der Agrarsubventionen. Die EU lehnte auch Zugeständnisse an die USA in Form einer Arbeitsgruppe für Lebensmittelsicherheit ab, die von den USA als Waffe angesehen wird, um die vorsorglichen Beschränkungen der EU in Bezug auf gentechnisch veränderte Lebensmittel und hormongefütterte Rindererzeugnisse auszuhebeln. „Abgesehen von der Landwirtschaft“, kommentierte Earnest Preeg, ein leitender Analyst am konservativen Hudson Institute, „ist dies das erste Mal in neun Handelsrunden, dass die USA und Europa nicht zusammenarbeiten“. („International Herald Tribune“, 4. Dezember)
Pascal Lamy, der EU-Handelskommissar, beklagte, dass „der amerikanische politische Zyklus auf diesen Verhandlungen lastet“. Für die Clinton-Administration bedeute die bevorstehende Präsidentschaftswahl, „je weniger Themen wir behandeln, desto besser, denn auf diese Weise werden (Clinton und Gore) auf kurze Sicht so wenig Probleme wie möglich haben“.
Als die USA im Rahmen der Uruguay-Runde auf die Gründung der WTO drängten, waren sie zuversichtlich, dass sie das 134 Mitglieder umfassende Forum dominieren könnten. Dies hat sich als ernsthafte Fehleinschätzung erwiesen. Als Widerspiegelung der tiefen wirtschaftlichen und sozialen Krise, die sich seit dem Ausbruch der südostasiatischen Währungskrise 1997 um die halbe Welt ausgebreitet hat, beginnen die führenden Vertreter*innen der halb entwickelten und armen Länder nun, gegen die Vorherrschaft der USA zu rebellieren.
Die Kapitalist*innen und herrschenden Politiker*innen vieler Länder der Dritten Welt sind durch ihre Beziehungen zum westlichen Kapital fett geworden und haben die politische und militärische Unterstützung der USA begrüßt. Doch die zersetzenden, destabilisierenden Auswirkungen der Globalisierung drohen nun, ihre Macht zu untergraben. Es gab keinen Konsens über die Notwendigkeit einer weiteren Liberalisierung“, sagte Ira Shapiro, eine ehemalige Beraterin des US-Handelsbeauftragten. „Das Einzige, was die meisten der Anwesenden einte, war der Unmut darüber, dass sie vom Welthandelssystem ungerecht behandelt wurden“.
Ein anderer Kommentator, Clyde Prestowitz, Leiter des Economic Strategy Institute in Washington, sagte: „Es gibt eine weit verbreitete Sicht im Ausland, dass die Globalisierung der Welt von amerikanischen Konzernen aufgezwungen wird, dass die Globalisierung eine Amerikanisierung ist. Es gibt also einen Zusammenschluss, um das nationale Wesen zu schützen“. Für die Kapitalist*innen aus den armen Ländern gehört zum „nationalen Wesen“ natürlich auch das Recht, Arbeitskräfte, einschließlich Kinder- und Sklav*innenarbeit, rücksichtslos auszubeuten, ohne dass ihnen vom Westen Mindestarbeitsbedingungen auferlegt werden.
Minister aus halb entwickelten und armen Ländern, die angeblich gleichberechtigte Mitglieder der WTO sind, attackierten die vielen Geheimtreffen der großen Mächte, von denen sie ausgeschlossen waren. Die als arrogant und beleidigend empfundene Handelsvertreterin der USA, Charlene Barshefsky, wurde auf einer der Plenarsitzungen sogar ausgebuht.
* * *
Seattle war für Clinton eine Katastrophe. Er hatte sich von der WTO einen prominenten Auftritt erhofft, der es ihm ermöglichen würde, ein paar vorteilhafte Vereinbarungen zu treffen und eine neue „Milleniumrunde“ der Handelsgespräche einzuleiten. Er freute sich auf ein paar Komplimente am Ende seiner Präsidentschaft und einen Schub für die Präsidentschaftskampagne von Al Gore. Stattdessen zwangen ihn die festgefahrene Lage innerhalb der WTO und die Massenproteste außerhalb dazu, sich aus dem Staub zu machen. Damit zogen die USA den Stöpsel aus einer ausgedehnten Gesprächsrunde, die auf der umfassenden Agenda basierte, auf die die EU gedrängt hatte. „Clintons Fehleinschätzung, die Gespräche … als Tribüne zu nutzen, um innenpolitische Punkte zu sammeln, hat viele Delegationen aus der EU und den Entwicklungsländern verärgert“, kommentierte der Londoner „Daily Telegraph“ (6. Dezember).
Clinton war (wie auch andere führende kapitalistische Vertreter*innen) von der Stärke der Anti-WTO-Demonstration und insbesondere von der Tatsache, dass sich die Proteste unmissverständlich gegen den Konzern-Kapitalismus richteten, eindeutig verblüfft. In dem verzweifelten Versuch, den Ruf der WTO zu retten, bekundete Clinton Pseudo-Sympathie für die Demonstrant*innen und versuchte auf demagogische Weise, deren Sorgen um die Rechte der Arbeiter*innen und die Umwelt aufzugreifen. Die WTO müsse „offener und zugänglicher“ werden, verkündete Clinton und ignorierte dabei die geheimnisvollen Machenschaften der US-Handelsdelegation. Die Helfer Al Gores, des angeblichen Umweltfreundes, begannen, die Medien über Als Unterstützung für einen „sauberen, grünen und fairen“ Handel zu informieren. Wer kann vergessen, dass Clinton-Gore vor nur fünf Jahren im Schnellverfahren das NAFTA-Abkommen durch den Kongress gepeitscht haben, das es den US-Konzernen ermöglichte, durch niedrigere Löhne in Mexiko und im eigenen Land noch höhere Profite zu erzielen?
Zur Wut der Vertreter*innen der kapitalistischen Ausbeuter*innen in der unterentwickelten Welt forderte Clinton, einen Kodex von Mindestarbeitsnormen auf die Tagesordnung der WTO zu setzen. Diese Phraseologie war zweifellos Teil seiner politischen Strategie, um die Unterstützung der Gewerkschaften für die Präsidentschaftskandidatur Al Gores zu sichern.
In Anbetracht von Clintons grausamer Bilanz in Sachen Arbeiter*innenrechte klingen seine Äußerungen zu Arbeitsbedingungen, Kinderarbeit und Gewerkschaftsrechten völlig hohl. Die unter Reagan eingeleiteten Anti-Gewerkschafts-Maßnahmen wurden nicht rückgängig gemacht, während die Gelegenheitsarbeit, die Niedriglohnbeschäftigung und der Einsatz von Arbeitsdienst und Gefängnisarbeit unter seiner Regierung enorm zugenommen haben.
In Wirklichkeit gibt es kaum Aussichten, dass die USA die Frage der Arbeitsstandards in der WTO wirklich vorantreiben. Clintons Formulierungen waren äußerst vage, und alles, was Barshefsky in der Praxis vorschlug, war eine Arbeitsgruppe, die das Thema untersuchen und zu einem späteren Zeitpunkt Bericht erstatten sollte.
Die Arbeitsgruppe für Arbeitsstandards war die Gegenleistung für die AFL-CIO für ihre loyale Unterstützung der Clinton-Gore-Kandidatur (der AFL-CIO-Vorstand hatte vor kurzem die Kandidatur von Gore unterstützt). Die Sweeney-Führung organisierte eine Arbeiter*innenkundgebung in Seattle, nicht um die WTO abzulehnen, deren neoliberale Freihandelsphilosophie sie voll unterstützt, sondern um einen Platz am Tisch zu erhalten. Doch selbst die führenden AFL-CIO-Vertreter*innen ließen sich von der mächtigen Stimmung auf den Straßen beeinflussen. Der Chef von AFSCME [Verband der Bundes-, Bundesstaats-, Bezirks- und Kommunalangestellten] Gerald McEntee, ein glühender Clinton-Gore-Anhänger, erklärte auf der jubelnden Kundgebung: „Wir müssen das System benennen“, das Sweatshops und Kinderarbeit dulde, „und dieses System ist der Konzernkapitalismus“.
McEntee und andere führende Vertreter*innen versuchten eindeutig, auf der Höhe der kämpferische Stimmung der Basis zu sein. Den protestierenden Arbeiter*innen ging es nicht nur um den Schutz ihrer eigenen Arbeitsplätze, sondern sie waren wütend darüber, dass die globale neoliberale Politik Arbeitsplätze in der ganzen Welt vernichtet. „Ich habe mich nie mit Umweltschützern verstanden, bis mir klar wurde, dass wir alle für die gleiche Sache kämpfen“, sagte ein Stahlarbeiter aus Michigan, der kürzlich entlassen wurde. („Observer“, 5. Dezember) Die Arbeiter*innen bejubelten begeistert die Reden von führenden Gewerkschaftsvertreter*innen aus Malaysia, Barbados, Argentinien und Südafrika.
„Durch die Schwaden von Tränengas und inmitten des Waldes von Streikpostenschildern und hochgehaltenen Bannern“, kommentierte die linke US-Wochenzeitung „The Nation“ (20. Dezember 1999), ‚konnte man endlich die groben Umrisse der lang ersehnten progressiven Koalition erahnen – eine amerikanische Version der ,rot-grünen‘ Allianz“. Ein kämpferisches Bündnis von Arbeiter*innen, Student*innen, Umweltaktivist*innen und anderen Kräften in den USA wäre ein großer Schritt nach vorn. Wenn es erfolgreich sein soll, muss ein Kampf gegen den Konzernkapitalismus oder die kapitalistische Globalisierung jedoch auf mehr als fortschrittlichen rot-grünen Ideen beruhen. Er wird ein umfassendes antikapitalistisches Programm brauchen.
Die zerstörerischen Auswirkungen der Ausbeutung durch Unternehmen, die unter dem Namen Globalisierung bekannt sind, sind nicht einfach nur Auswüchse des Kapitalismus oder eine besondere, zufällige Mutation des Kapitalismus, die durch eine Rückkehr zum New Deal oder zur sozialdemokratischen Politik der Aufschwungsperiode 1950-73 geheilt werden kann. Die Intensivierung der weltweiten Ausbeutung, begleitet von einer rasenden Spekulation, ist ein wesentliches Merkmal des Weltkapitalismus in dieser Phase seiner Entwicklung. Die WTO ist nicht Ausdruck einer verfehlten Wirtschafts- und Sozialpolitik, die durch politische Debatten und Druck rückgängig gemacht werden könnte. Die WTO spiegelt das gegenwärtige wirtschaftliche und politische Kräfteverhältnis in der Welt wider; sie spiegelt das Bestreben der großen kapitalistischen Mächte und der großen Konzerne wider, immer billigere Arbeitskräfte und Materialien auszubeuten und immer größere Märkte zu erobern. Der Kampf richtet sich nicht gegen die Symptome der Globalisierung, sondern gegen das System selbst.
* * *
Seattle bedeutet einen Wendepunkt sowohl für die WTO als auch für die US-Gesellschaft. Die WTO, die früher eine sehr undurchsichtige Organisation war, wurde international als ein dunkles Instrument der sozialen und ökologischen Zerstörung, der Ausbeutung von Arbeiter*innen und armen Menschen beleuchtet. Eine weltweite Protestkampagne hat die WTO als Instrument der westlichen Mächte und der Großkonzerne und insbesondere als Instrument des US-Imperialismus diskreditiert. Gleichzeitig hat Seattle zum ersten Mal die Unfähigkeit der USA offenbart, die internationale Handelsagenda zu bestimmen, und die große Supermacht weltweit dem Spott und der Verachtung preisgegeben.
Das Durcheinander in Seattle lässt unweigerlich Zweifel an der Zukunft der WTO aufkommen, zumindest in ihrer jetzigen Form. Barshefsky, die Vertreterin der USA, gab den nationalen Delegierten die Schuld: „Die Komplexität und Neuartigkeit der Themen überfordert die kollektive Fähigkeit der Delegationen, Entscheidungen zu treffen, und die Regierungen waren einfach nicht bereit, den Sprung zu wagen.“ Lamy, der Vertreter der EU, stellte unverblümt in Frage, ob eine neue Handelsrunde jetzt noch möglich sei. Er äußerte Zweifel an der Lebensfähigkeit eines so breit angelegten Forums und sagte, die WTO müsse „neu bewertet und vielleicht neu aufgebaut“ werden.
Lähmung in der WTO könnte dazu führen, dass die USA offener auf einseitige Bestrebungen zurückgreifen, um dem Rest der Welt Handels- und Wirtschaftsregeln aufzuzwingen. Dies würde zweifellos die Handelsspannungen verschärfen und die Entstehung von Handelskriegen beschleunigen (mit einer Rückkehr zu selektivem Protektionismus durch die wichtigsten Handelsblöcke), insbesondere wenn die Weltwirtschaft insgesamt in einen neuen Abschwung eintritt.
Seattle signalisiert auch wichtige Veränderungen innerhalb der USA. Straßenproteste dieser Art sind Vorboten eines umfassenderen Stimmungswandels bei den Arbeiter*innen und den Mittelschichten. Die führenden kapitalistischen Vertreter*innen in den USA sind über die Ereignisse in Seattle beunruhigt, und zwar nicht wegen einiger zerbrochener Fensterscheiben, sondern weil sie insgeheim erkennen, dass sich unter der Oberfläche des Wohlstands tiefe Strömungen der Unruhe, Unzufriedenheit und Wut widerspiegeln.
Die Globalisierung hat überwiegend der wohlhabenden Minderheit der US-Gesellschaft genutzt, nicht der Mehrheit. Interessanterweise zeigt eine aktuelle Umfrage des Pew Research Center („International Herald Tribune“, 4. Dezember), dass die Unterstützung für die Globalisierung eng mit dem Einkommensniveau zusammenhängt. Von den Menschen in Familien mit einem Einkommen von 75.000 Dollar oder mehr sehen 63% die Globalisierung als positiv an. Bei der Hälfte der Erwachsenen in Familien mit einem Einkommen von weniger als 50.000 Dollar sind nur 37% der Meinung, dass die Globalisierung positiv ist. Von dieser „unteren Hälfte“ der Lohnempfänger*innen sagen zudem nur 27%, dass sie genug verdienen.
Die Ereignisse von Seattle sind ein Zeichen der Dinge, die da kommen, ein passender Auftakt zur Eröffnung eines neuen Jahrhunderts.
Schreibe einen Kommentar