Lynn Walsh: Der Charakter der extrem rechten Bedrohung

[Eigene Übersetzung des englischen Textes in Socialism Today, Nr. 66, Juni 2002, S. 23-28]

Bei einer ganzen Reihe von Wahlen in Europa haben extrem rechte Parteien erhebliche Zugewinne erzielt. Die jüngsten Stimmen für Le Pen in Frankreich und die Liste Pim Fortuyn in den Niederlanden haben die etablierten Parteien erschüttert und massenhaft Wut und Widerstand hervorgerufen. Lynn Walsh betrachtet den Charakter dieser Entwicklung.

Der überraschende Einzug Le Pens in die zweite Runde der Präsidentschaftswahlen hat Schockwellen durch Frankreich und ganz Europa geschickt. Le Pen wird mit dem Alptraum der Nazi-Vergangenheit assoziiert, tut den Holocaust als „Detail der Geschichte“ ab und äußert antisemitische und rassistische Ansichten. Eine Stichwahl zwischen Le Pen und Chirac weckte bei vielen das Schreckgespenst, dass ein Neonazi die Präsidentschaft der Fünften Republik übernehmen könnte, obwohl dies durch das politische Kräfteverhältnis objektiv ausgeschlossen war.

Fast zeitgleich haben die Wahlen in den Niederlanden am 15. Mai eine riesige Stimmenzahl für die neue rechte Liste Pym Fortuyn gebracht, die für ein Ende der Einwanderung und einen Kampf gegen die Kriminalität eintritt.

Diese beiden Ergebnisse scheinen der Flut extrem rechter Wahlsiege in ganz Europa Auftrieb zu geben. In Italien sind Berlusconi und seine Nationale Allianz (AN) seit Mai 2001 wieder an der Macht und stützen sich dabei auf die Unterstützung der fremdenfeindlichen Lega Nord (unter der Führung von Umberto Bossi) und der Nationalen Allianz (unter der Führung von Gianfranco Fini, früher Führer des faschistischen MSI). In Österreich erhielt Jörg Haiders Freiheitliche Partei (FPÖ) 1999 26,9% der Stimmen, und die FPÖ (aber nicht Haider selbst) wurde von der Volkspartei (ÖVP) in die neue Koalitionsregierung aufgenommen.

In Dänemark erhielt die Volkspartei unter der Führung von Pia Kjaersgaarg bei den Parlamentswahlen 2001 12% der Stimmen. Einer ihren Vorschläge ist das Verbot der Eheschließung zwischen zwei Ausländer*innen derselben Staatsangehörigkeit, wenn sie unter 21 Jahre alt sind. Bei den letzten norwegischen Wahlen im Jahr 1997 erhielt die Fortschrittspartei von Carl Ivar Hagen 15,3% der Stimmen. In Norddeutschland erhielt die Partei Rechtsstaatliche Offensive (PRO) von Richter Ronald Schill bei den Hamburger Bürger*innenschaftswahlen 2001 19,4% der Stimmen.

In Belgien erhielt der Flämische Block (VB – Vlaams Blok) bei den Parlamentswahlen 9,9% der Stimmen und stellte 15 Abgeordnete. Im Oktober 2000 wurde der Vlaams Blok (unter der Führung von Frank Vanhecke, der eine neonazistische Vergangenheit hat) mit 20 von 50 Sitzen die größte Partei im Stadtrat von Antwerpen. Und diese Liste ist bei weitem nicht vollständig.

Was bedeutet dieser Trend? Bedeutet er ein Wiederaufleben des Faschismus? Das Wachstum der extremen Rechten stellt sicherlich eine Bedrohung für die Arbeiter*innenklasse dar. Wenn Rassismus nicht wirksam bekämpft wird, führt er zu gefährlichen Spaltungen innerhalb der Arbeiter*innenklasse. Wenn Le Pen in Frankreich an die Macht käme (was in absehbarer Zukunft äußerst unwahrscheinlich ist), würde er brutale Angriffe auf die Arbeiter*innenklasse starten, so wie es Berlusconi in Italien tut. Aber eine Regierung Le Pen wäre zwar ein schwerer Rückschlag, aber kein totalitäres faschistisches Regime. Sie wäre eine rechte kapitalistische Regierung – und würde massiven Widerstand in der Arbeiter*innenklasse und anderen Schichten hervorrufen. Trotz der neofaschistischen Vorgeschichte vieler Führer*innen der extrem rechten Parteien handelt es sich bei diesen Formationen nicht um faschistische Parteien mit eigenen paramilitärischen Kräften (abgesehen von kleinen Gruppen von Schlägern, die noch immer in ihnen Unterschlupf finden).

Ein politischer Kommentator, Yves Meny, schrieb in der linken Zeitung Libération (24. April): „Das Hauptmerkmal des Populismus im FN-Stil ist, dass die Parteimitglieder die faschistischen Tendenzen der Parteiführung annehmen“. In Wirklichkeit ist der FN jedoch nur aufgrund seiner Wähler*innenunterstützung bedeutend geworden, nicht wegen seiner kleinen Mitgliederzahl, und die meisten seiner Stimmen sind Proteststimmen gegen die „plurale Linke“ und andere etablierte Parteien, nicht Unterstützung für Le Pens Nazi-Sympathien und Rassismus. Ein gemeinsamer Faktor für den Wahlerfolg der extrem rechten ist in der Tat die breite Ablehnung sozialdemokratischer Regierungen und Koalitionen. Bezeichnenderweise gestand der Vorsitzende der Partei der Arbeit, Wim Kok (ein ehemaliger Gewerkschaftsführer), nach der Niederlage der „lila Koalition“ in den Niederlanden ein, dass die europäische Sozialdemokratie „in den Seilen hängt“. Das ist der Boden, auf dem die extrem Rechten ihre Stimmen ernten konnten. Die neuen extrem rechten Parteien sind nicht nur eine Weiterentwicklung älterer neofaschistischer Gruppen, sondern ein neues politisches Phänomen – ein extrem rechter Populismus, der unter den Bedingungen der 1990er Jahre entstanden ist.

Führer wie Le Pen und Haider haben in der Vergangenheit Verbindungen zu Neonazi-Organisationen gehabt, und es gibt immer noch immer noch Elemente einer rassistischen, autoritären Ideologie in ihrer Politik. Aber sie sind auf der Wahlebene gewachsen, haben sich ein respektables Gesicht gegeben und sich von den kleinen neofaschistischen Gruppen am Rande der extrem rechten Politik distanziert. Sie sprechen desillusionierte Teile der Arbeiter*innen mit Themen wie Arbeitslosigkeit, städtischen Verfall und Kriminalität an. Einige der neofaschistischen Gruppen, die physische Gewalt anwenden, sind immer noch in Parteien wie dem Vlaams Blok in Belgien aktiv und verstecken sich hinter den Parteien der Koalition von Berlusconi in Italien. Keine dieser neonazistischen oder neofaschistischen Gruppen war jedoch in der Lage, unter ihrem eigenen Banner nennenswerte Wahlerfolge zu erzielen.

Die Bedingungen existieren nicht für ein Wiederaufleben des Faschismus

Die extrem rechten Parteien sind als Wahlphänomen entstanden, nicht als paramilitärische Kräfte nach dem Vorbild der faschistischen Milizen Hitlers und Mussolinis. Die faschistischen Führer der Zwischenkriegszeit mobilisierten Teile des ruinierten Kleinbürger*innentums, arbeitslose Arbeiter*innen und das Lumpenproletariat als Rammbock, um die Organisationen der Arbeiter*innenklasse physisch zu zerschlagen. Sie nutzten Wahlerfolge, um ihre bereits auf der Straße aufgebaute Macht zu legitimieren, indem sie ihre Wahlerfolge dazu nutzten, ihren physischen Angriff auf die Arbeiter*innenklasse zu verstärken. Als sie an die Macht kamen, installierten sie totalitäre Regime, die die Arbeiter*innenorganisationen und alle Elemente der Demokratie auslöschten. Der Faschismus war siegreich auf der Grundlage der Niederlage mehrerer Wellen proletarischer Revolutionen, die das Ergebnis falscher Führung und insbesondere der falschen Politik des Stalinismus waren.

Dies ist heute nicht mehr der Fall. Die Kapitalist*innenklasse hat nicht die Absicht, faschistische Kräfte zu entfesseln, und das Kräfteverhältnis der Klassen spricht gegen ein Wiederauftauchen einer totalitären rechten Bewegung.

Die Bourgeoisie hat sich in der Zwischenkriegszeit mit dem Faschismus die Finger verbrannt, oder besser gesagt, die Arme und Beine verbrannt. Aus Angst vor einer internationalen Ausbreitung der Revolution nach dem Erfolg der russischen Revolution trat die Kapitalist*innenklasse in Italien und Deutschland praktisch beiseite, um Mussolini und Hitler die Zerschlagung der Arbeiter*innenklasse zu ermöglichen. Sie stellten sich vor, dass die Kapitalist*innen, sobald die Faschist*innen ihre Drecksarbeit erledigt hätten, wieder zur Tagesordnung übergehen könnten. Die faschistischen Führer, insbesondere Hitler, hatten sich jedoch eine unabhängige Machtbasis geschaffen und folgten ihrer eigenen destruktiven Logik. Dies führte zu dem beispiellosen Tod und der Zerstörung des Zweiten Weltkriegs. In dessen Folge verlor der Kapitalismus Osteuropa und China an einen erstarkten stalinistischen Block. Die Bourgeoisie wird denselben Fehler nicht noch einmal machen. Sie wird zweifellos bereit sein, in bestimmten Perioden neofaschistische Gruppierungen als Provokateure zu benutzen, um die Arbeiter*innen zu spalten und einen Vorwand für staatliche Repressionen zu liefern. Im Falle einer Konterrevolution würden sie sich jedoch auf ihren eigenen Staatsapparat stützen, nach dem Vorbild des Militärregimes Pinochets in Chile, und nicht auf das klassische Modell des Faschismus.

Vor dem zweiten Wahlgang in Frankreich sprach sich die Großkonzerne entschieden gegen Le Pen aus. Earnest-Antoine Seillière, Chef der Großunternehmer*innenorganisation Medef (Mouvement des Enterprises de France), sagte: „Le Pens Programm würde einen tiefgreifenden wirtschaftlichen Niedergang, einen starken Anstieg der Arbeitslosigkeit, eine beispiellose Finanzkrise, einen Anstieg der Inflation und die Verarmung aller bewirken“. Der Chef der amerikanischen Handelskammer, die US-Unternehmen mit Investitionen in Höhe von 41 Milliarden Euro in Frankreich vertritt, warnte, eine Präsidentschaft Le Pens würde das Land „sehr schnell in ein Ödland verwandeln … US-Firmen würden ihre Zelte abbrechen, so wie alle anderen auch“. („International Herald Tribune“, 30. April)

Trotz des Rechtsrucks bei den Wahlen spricht das gesellschaftlichen Kräfteverhältnis nicht für ein Wiederaufleben der faschistischen Reaktion. Die europäische Arbeiter*innenklasse hat in den 1980er und 1990er Jahren Niederlagen und Rückschläge erlitten, aber ihre Organisationen wurden nicht zerschlagen und ihr Kampfeswille ist nicht gebrochen. Ein Hauptfaktor war der Rückschlag des Klassenbewusstseins infolge des Zusammenbruchs des Stalinismus nach 1989.

Während die extrem rechten Parteien ihren Stimmenanteil, auch bei einem Teil der Arbeiter*innen, erhöhen konnten, kam es immer wieder zu Streikbewegungen und Protestdemonstrationen. Im Jahr 2001 beteiligten sich Hunderttausende von Arbeiter*innen an Protestdemonstrationen bei EU- und G7-Gipfeltreffen wie in Göteborg, Nizza, Genua, Barcelona und Brüssel. Nach dem Stimmergebnis Le Pens in der ersten Runde nahmen in ganz Frankreich über 1,3 Millionen Menschen an den Demonstrationen zum 1. Mai teil. In Italien beteiligten sich am 16. April mehr als zehn Millionen Arbeiter*innen an einem eintägigen Streik gegen Berlusconis Drohung, Artikel 18 aufzuheben, wodurch Italien von Nord bis Süd lahmgelegt wurde. Mehr als 2,3 Millionen Menschen nahmen an Protestdemonstrationen in den wichtigsten Städten teil. In Madrid demonstrierten am 9. Mai mehr als 200.000 Menschen vor dem europäisch-lateinamerikanischen Gipfel und trugen Transparente mit der Aufschrift „Gegen Krieg und das Europa des Kapitalismus“. In Deutschland streikten am 7. Mai 50.000 Metallarbeiter*innen wegen Lohnfragen. Es ließen sich noch viele weitere Beispiele anführen.

Die Arbeiter*innenklasse hat keine entscheidenden Niederlagen erlitten. Sie ist nach wie vor kampffähig und potenziell die stärkste Kraft in der Gesellschaft. Der Niedergang der traditionellen Massenparteien der Arbeiter*innenklasse bedeutet jedoch, dass die Arbeiter*innenklasse (mit der teilweisen Ausnahme der Rifondazione Comunista – PRC – in Italien) über keine Parteien mehr verfügt, die in der Lage sind, für Massenaktionen zu mobilisieren und die Arbeiter*innenklasse auf Wahlebene politisch zu vertreten.

Der neue extrem rechte Populismus

„Populismus“ ist ein dehnbarer Begriff, der historisch verwendet wurde, um eine Vielzahl von Parteien oder Protestbewegungen zu bezeichnen, die sich auf einer klassenunabhängigen Basis an das ‚gemeine Volk‘ wenden, an die armen oder wirtschaftlich benachteiligten sozialen Schichten, die von politischem Einfluss und Macht ausgeschlossen sind. Die neue Welle extrem rechter Parteien weist gewisse Ähnlichkeiten mit früheren populistischen Bewegungen in Europa auf, wie der kurzlebigen Poujadistischen Bewegung in Frankreich Mitte der 1950er Jahre (an der Le Pen beteiligt war) oder den skandinavischen Parteien der Steuerrevolte, wie der Fortschrittspartei Mogens Listrups, die bei den dänischen Parlamentswahlen 1973 10% der Stimmen erhielt, bevor sie schnell wieder verschwand. Dies waren jedoch außergewöhnliche, episodenhafte Entwicklungen.

Das Erscheinen populistischer Parteien erinnert jedoch in gewisser Weise an die Entwicklungen Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten und in Lateinamerika, wo die aufstrebende Arbeiter*innenklasse durch eine große Landbevölkerung (Bäuer*innen oder Farmer*innen) und/oder eine große kleinbürgerliche Schicht ausgeglichen wurde. Populistische oder „fortschrittliche“ Bewegungen begannen in der Regel mit einer radikalen Linie und bewegten sich später nach rechts (vor allem, wenn sie an die Macht kamen, wie bei Perón in Argentinien oder Vargas in Brasilien). Hugo Chávez in Venezuela ist eine zeitgenössische radikale populistische Entwicklung. Die gegenwärtige Welle populistischer Parteien in Europa hingegen geht eindeutig von der Rechten aus. Ihr einziger Anspruch auf „Radikalismus“ besteht darin, dass sie sich gegen die etablierten Parteien sowohl der Linken als auch der Rechten stellen, die alle eine neoliberale Politik verfolgen. Es ist ein Widerspruch, dass ihre Politik tatsächlich rechts von den Parteien ist, die sie herausfordern. Die meisten Wähler*innen extrem rechter Parteien werden jedoch durch ihre scharfe Opposition gegen die etablierten Parteien und die herrschende Elite angezogen, nicht durch die Einzelheiten ihres Programms. Die extrem rechten Parteien gewinnen Unterstützung durch Nichterscheinen des Gegners, weil es derzeit keine anderen Kanäle für die Massenopposition gegen die etablierte politische Ordnung zu geben scheint.

Die extrem rechten Führer*innen sprechen auf demagogische Weise ein breites Spektrum von Menschen an, die von den jüngsten Veränderungen betroffen sind und sich über die bürgerlichen Parteien und Institutionen ärgern. Sie vermeiden eine Klassensprache, greifen aber die Beschwerden der „normalen“ Menschen auf. Wie frühere populistische Strömungen sind die neuen Parteien um einen Führer herum organisiert, der einen persönlichen Appell an seine Anhänger*innen richtet. Le Pen, ein sehr reicher Mann, behauptet: „Ich habe Kälte, Hunger und Armut gekannt“. Fortuyn war ein klassischer Fall einer Ein-Mann-Band, und es ist fraglich, ob seine Liste seine Ermordung überleben wird, obwohl sie so viele Stimmen erhalten hat.

Typischerweise haben Populist*innen eine vage, widersprüchliche Politik. Le Pen wettert zum Beispiel gegen die Globalisierung und die EU, übt aber keine grundsätzliche Kritik am Globalisierungsprozess. Er befürwortet eine neoliberale Politik für Frankreich selbst. Die einheimischen Bürger*innen hätten das Vorrecht auf einen Arbeitsplatz und würden durch nationale Sozialleistungen geschützt, nicht aber die Einwanderer*innen. Die Nation, die Familie und die traditionelle Moral würden, so verspricht er, die Sicherheit bieten, die durch die jüngsten wirtschaftlichen Trends zerstört wurde.

In den Niederlanden ist die Liste Fortuyn eindeutig eine andere Variante des Populismus, die sich stark vom FN unterscheidet. Fortuyn setzte sich für die Rechte der Homosexuellen ein und war weit davon entfernt, die Familie zu verteidigen, befürwortete aber gleichzeitig eine extreme Politik des freien Marktes, einschließlich der Privatisierung des Gesundheits- und Bildungswesens und anderer Dienstleistungen. Ein Großteil seiner Unterstützung beruht darauf, dass die Menschen nicht die neoliberale Politik der LPF begreifen oder die Auswirkungen verstehen, die sie auf ihre Leben haben würde. Die Wähler*innen sehen die Liste vor allem als ein Mittel des Protests und interessieren sich nicht für die politischen Details im Kleingedruckten.

Wo die extremen Rechten etwas Macht gewonnen haben, wie in Österreich, wo die Freiheitliche Partei (FPÖ) die Verantwortung für die von der Volkspartei dominierte Koalition mitgetragen hat, ist die Unterstützung der FPÖ bei den jüngsten Kommunalwahlen in Wien und anderswo zurückgegangen. In Italien wurde Berlusconis Plan, eine extrem marktwirtschaftliche Politik zu betreiben, zweifellos durch die Tatsache gebremst, dass er nach seiner ersten Wahl im Jahr 1994 innerhalb von acht Monaten durch eine massive Arbeiter*innenbewegung gestürzt wurde. Diesmal hat sein Versuch, die Arbeiter*innenrechte (Artikel 18) zu annullieren, am 16. April einen massiven eintägigen Streik ausgelöst.

Populistische Bewegungen hatten in der Vergangenheit häufig einen stark nationalistischen Charakter, selbst in ihren radikalen Phasen, und als sie nach rechts rückten, entwickelten sie oft ein fremdenfeindliches, rassistisches Aussehen. Eine einwander*innenfeindliche, rassistische Haltung ist allen neuen extrem rechten Parteien gemeinsam. Le Pen und Haider äußern immer noch abscheuliche pro-nazistische und antisemitische Gefühle (auch wenn sie zunehmend versuchen, ihr öffentliches Bild zu entschärfen), stützen aber ihren breiteren Wahlappell auf die Einschränkung der Einwanderung und der Rechte von Einwanderer*innen. Wenn Arbeiter*innen und Teile der Mittelschicht mit zunehmender sozialer Unsicherheit konfrontiert sind, ist es nicht schwer, Einwanderer*innen zum Sündenbock zu machen. Fortuyn mag als Ausnahme erscheinen, da er Rassismusvorwürfe zurückweist und sich seiner marokkanischen Liebhaber rühmt. Seine Zielscheibe war die islamische Gemeinschaft aufgrund ihrer sozialen Intoleranz und der Diskriminierung von Frauen. Dennoch ist es klar, dass die Fortuyn-Plattform trotz ihrer verschlüsselten Sprache rassistisch ist und eine einwander*innenfeindliche Agenda verfolgt.

Die neuen rechten Parteien stützen sich alle mehr oder weniger auf eine Schicht, die von rassistischen und fremdenfeindlichen Vorurteilen beeinflusst ist, insbesondere im Kleinbürger*innentum, in der älteren Generation und in den ländlichen Gebieten. In letzter Zeit gewinnen die extrem Rechten jedoch mehr Wähler*innenstimmen von Teilen der Arbeiter*innen, insbesondere von Langzeitarbeitslosen in Regionen, die von Deindustrialisierung und städtischem Verfall betroffen sind. Es besteht zweifellos die Gefahr, dass die Wahlerfolge der extremen Rechten rassistische Tendenzen legitimieren und verfestigen können, wenn diesem Einfluss nicht entgegengewirkt wird. Aber die Mehrheit, die diese Parteien wählt, vor allem unter den Arbeiter*innen, wählt, um ihre Wut über die gegenwärtige Situation auszudrücken und um ihren Protest gegen die etablierten Parteien zum Ausdruck zu bringen.

Die Führer*innen der extrem rechten Parteien haben keine wirklichen Lösungen für die Menschen, an die sie appellieren. In der Tat wären ihre „Lösungen“ sogar noch schlimmer. Populistische Demagog*innen haben schon immer versucht, eine Vielzahl von Missständen zu manipulieren und auszunutzen, um politische Macht zu erlangen, ohne ein klares Programm zu haben. Die sich auf sehr gemischte soziale Schichten stützenden extrem rechten Parteien, werden keine stabilen Formationen sein. Sie sind in der letzten Periode gewachsen, weil die Degeneration der sozialdemokratischen und ehemals kommunistischen Parteien eine vorübergehende Untergrabung der Klassenpolarisierung zwischen kapitalistischen und sozialdemokratischen bzw. Labour-Parteien ermöglicht hat, die sich nach dem Aufkommen des Industrieproletariats im 19. Jahrhundert entwickelte.

Der Charakter des extrem rechten Populismus

Die neue Welle der extrem rechten populistischen Parteien stellt weder ein einfaches Wachstum neofaschistischer Organisationen noch eine bloße Wiederholung früherer populistischer Entwicklungen dar, auch wenn sie einige Merkmale früherer Parteien teilen mögen. Sie müssen als ein neues politisches Phänomen analysiert werden, das durch die politische Konstellation erzeugt wurde, die sich in den 1990er Jahren in ganz Europa entwickelte. Die Hauptmerkmale dieser Konstellation sind:

1. Die Globalisierung und die Umsetzung der neoliberalen Politik des ultra-freien Marktes durch Regierungen aller Couleur.

Die kapitalistische Hinwendung zur Globalisierung und die Politik des ultra-freien Marktes führten in den 1990er Jahren zu schnellen sozialen Veränderungen, die breite Schichten in Mitleidenschaft zogen. Massenarbeitslosigkeit, befristete Arbeitsverträge und schlechte Perspektiven für junge Arbeiter*innen schufen Stress, Unsicherheit und Zukunftsängste. Schlüpfrige Verbindungen zu Großkonzernen haben die etablierten Politiker*innen in Misskredit gebracht, während Täuschung und Betrug die Wut auf die kapitalistischen Finanzinstitutionen geschürt haben. Anstatt sich diesen Tendenzen entgegenzustellen, haben die führenden sozialdemokratischen Politiker*innen mit Begeisterung neoliberale Politik vorangetrieben und behauptet, sie sei unvermeidlich und letztlich für die Mehrheit von Vorteil. Dies schuf einen Raum für die extremen Rechten, die Entfremdung und Wut demagogisch ausbeuten, obwohl sie selbst die ultrarechte Marktpolitik unterstützen. Extrem rechte populistische Führer*innen prangern Veränderungen in der „traditionellen Lebensweise“ an und geben mächtigen Kräften innerhalb der herrschenden Elite oder in ausländischen Hauptstädten die Schuld.

2. Die verstärkte Integration und Erweiterung der EU und die Einführung des Euro als gemeinsame Währung.

Die Europäische Union, die von den meisten bürgerlichen und sozialdemokratischen Parteien unterstützt wird, wird weithin für die Kürzung der Staatsausgaben, den Anstieg der Arbeitslosigkeit usw. verantwortlich gemacht. Auf EU-Ebene beschlossene Rationalisierungspläne haben verheerende Auswirkungen auf Landwirt*innen, die Fischereiwirtschaft, Bergleute, Stahlarbeiter*innen und andere. Die EU-Kommission, die von Korruptionsskandalen verfolgt wird, ist für viele ein Beispiel für eine gesichtslose, abgehobene, nicht rechenschaftspflichtige Regierung. Die extrem Rechten lehnen einhellig eine ausländische Kontrolle der heimischen Wirtschaft und Gesellschaft ab. Der offenbare Verlust der nationalen Souveränität, insbesondere durch die Einführung des Euro, symbolisiert nationalen Niedergang und Unsicherheit. Mit einem abtötenden politischen Konsens zwischen den meisten bürgerlichen und sozialdemokratischen Parteien wurden weitreichende Maßnahmen, einschließlich des Euro, mit minimaler öffentlicher Debatte durchgesetzt. Bei dem Versuch, den Grenzen des Nationalstaates zu entkommen, sind die europäischen Kapitalist*innen mit dem Nationalbewusstsein kollidiert, das sich historisch als organisches Element der bürgerlichen Gesellschaft entwickelt hat, sich aber unter den Bedingungen der Krise zunehmend in Form von engstirnigem Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus äußert. Die extrem rechten Parteien beuten dies ausnahmslos aus. Durch die Nutzung nationalistischer, chauvinistischer Demagogie spielen die extrem Rechten mit der daraus resultierenden Unzufriedenheit.

3. Verstärkte Einwanderung aus den ärmeren europäischen und unterentwickelten Ländern unter den Bedingungen wachsender Arbeitslosigkeit, Armut und sozialer Ungleichheit.

Der jüngste Anstieg der Einwanderung, vor allem von verzweifelten Asylbewerber*innen, unter den Bedingungen wirtschaftlicher Malaise und sozialer Spannungen, hat eine politische Reaktion hervorgerufen. In Wirklichkeit brauchen die europäischen Kapitalist*innen mehr eingewanderte Arbeitskräfte, um das Wirtschaftswachstum angesichts der Überalterung der einheimischen Bevölkerung zu sichern. Die Großkonzerne sind immer bereit, billige Arbeitskräfte auszubeuten, sind aber nicht in der Lage, den zugewanderten Arbeiter*innen einen existenzsichernden Lohn, angemessene Wohnungen, Bildung usw. zu garantieren. Aus Angst vor einer Reaktion an der Wahlurne gegen die Einwanderung haben die EU-Regierungen in letzter Zeit die legale Einreise drastisch eingeschränkt. Verzweifelte Einwanderer*innen, die von Armut oder Verfolgung getrieben werden, sind jedoch weiterhin ohne offizielle Papiere nach Europa eingereist und landen in heruntergekommenen Ghettos und in der Schattenwirtschaft für billige Arbeitskräfte. Schlimmer noch, die etablierten Parteien (wie New Labour) haben der rassistischen Rechten in die Hände gespielt, indem sie „Wirtschaftsmigranten“, „Scheinasylanten“, „Schmarotzer“ usw. verurteilten. Neue repressive Gesetze und polizeiliche Schikanen gegen Einwanderer*innen schüren rassistische Vorurteile weiter, während sie nichts zur Lösung der sozialen Probleme beitragen.

Wenn es von der Linken keine Antwort gibt, ist es für bestimmte Kreise leicht, Ausländer*innen, Zuwanderer*innen, die Schuld an sozialen Problemen zu geben. Für wütende, politisch verwirrte Menschen kann die rasche Zunahme der Einwanderer*innengemeinschaft als Symptom beunruhigender sozialer Veränderungen erscheinen. In ganz Europa (selbst in Ländern mit geringer Einwanderung wie Norwegen) ist das zum-Sündenbock-Machen von Einwanderer*innen ein Schlüsselelement des demagogischen Appells der extremen Rechten an frustrierte, wütende Wähler*innen.

4. Die Verbürgerlichung der traditionellen sozialdemokratischen Parteien, die die Arbeiter*innenklasse effektiv des Wahlrechts beraubt hat.

Vor allem aber spiegeln die Wahlerfolge der extremen Rechten das Versagen der Sozialdemokratie wider. Peter Mandelson, der Architekt von Blairs „Modernisierungsprojekt“, gab kürzlich zu, dass die New-Labour-Regierung an den sozialen Problemen nur „herumgebastelt“ habe: „Zu viele der schlimmsten und benachteiligten Gemeinden sind nach fünf Jahren Labour unverändert geblieben“. In Wirklichkeit sind Millionen von Arbeiter*innen in Bezug auf Einkommen, öffentliche Dienstleistungen, Unsicherheit, Stress und Ungewissheit über die Zukunft schlimmer dran.

Noch vor vier Jahren waren in dreizehn der fünfzehn EU-Länder sozialdemokratische Parteien und Koalitionen an der Regierung. Seitdem wurden sie in Österreich, Italien, Dänemark, Portugal und den Niederlanden abgewählt. In Frankreich wurde Jospin bei den Präsidentschaftswahlen gedemütigt, und die Aussichten des Parti Socialiste bei den Wahlen zur Nationalversammlung bleiben ungewiss. In Deutschland kann es nicht ausgeschlossen werden, dass Stoiber, der konservative christdemokratische Ministerpräsident Bayerns, den sozialdemokratischen Bundeskanzler Schröder besiegen wird.

Diesem Trend liegt das Bekenntnis der sozialdemokratischen Regierungen zu einer neoliberalen Politik zugrunde. Sie unterscheiden sich von Land zu Land nur darin, inwieweit sie sich dem Diktat des Marktes gebeugt haben. Grundsätzlich gab es eine ideologische Konvergenz zwischen den traditionellen kapitalistischen Parteien und den traditionellen Arbeiter*innenparteien, die durch Blairs informellen politischen Pakt mit Berlusconi und Aznar symbolisiert wird. Dies hat einen abtötenden Konsens in den meisten Fragen erzeugt, der eine echte politische Debatte im Keim erstickt. Die Parteiorganisationen haben sich weitgehend in passive Wahlmaschinen verwandelt, begleitet von einem Massenexodus der aktiven Mitglieder. Engere Verbindungen zwischen führenden sozialdemokratischen Politiker*innen und den Großkonzerne haben überall zu Korruptionsskandalen und allgegenwärtigem Filz geführt. Es gab, kurz gesagt, einen Prozess der Verbürgerlichung. Dieser ist in Fällen wie der britischen Labour Party und der PSOE in Spanien bereits abgeschlossen und in den meisten anderen europäischen Ländern weit fortgeschritten.

Die jüngsten Wahlen zeigen, dass die traditionellen Arbeiter*innenparteien nicht länger ein Vehikel für die Forderungen oder den Protest der Arbeiter*innen sind. Überall haben sie einen massiven Anteil ihrer traditionellen Wähler*innenstimmen verloren, und die Zahl der Wahlenthaltungen hat zugenommen, insbesondere bei den Wähler*innen aus der Arbeiter*innenklasse. Aus politischer Frustration hat sich ein Teil der Arbeiter*innen den extrem rechten Parteien zugewandt.

5. Rückschlag im Bewusstsein der Arbeiter*innenklasse nach dem Zusammenbruch des Stalinismus und der Verzögerung im Entstehen neuer Massenparteien.

Es gab einen tiefgreifenden Rückschlag im Bewusstsein der Arbeiter*innenklasse als Ergebnis des Zusammenbruchs der stalinistischen Regime (von Socialism Today in vielen Artikeln analysiert). Selbst die politisch fortgeschrittenen Schichten der Arbeiter*innen wurden desorientiert und verwirrt. Es hat in ganz Europa massive betriebliche Kämpfe und Protestbewegungen in den ganzen 1990er Jahren und in jüngster Zeit gegeben. Diesen Kämpfen fehlte es jedoch an Zusammenhalt und einer klaren politischen Ausrichtung. Obwohl einige neue Sektionen von Arbeiter*innen, insbesondere junge Menschen, hineingezogen wurden, war die aktive Arbeiter*innenschicht nicht in der Lage, breitere Schichten von arbeitslosen Arbeiter*innen und entfremdeten Jugendlichen zu erreichen. Einige von ihnen waren daher anfällig für die Propaganda extrem rechter Organisationen. Die politische Degeneration der sozialdemokratischen Parteien und der ehemaligen stalinistischen kommunistischen Parteien ließ die Arbeiter*innenklasse auf politischer Ebene praktisch ohne Vertretung.

Bislang haben sich mit der begrenzten Ausnahme der PRC in Italien keine neuen Massenparteien der Arbeiter*innenklasse entwickelt. Ihre Rolle bestünde darin, verschiedene Gruppen von Arbeiter*innen und Jugendlichen zusammenzubringen und ein breites Spektrum antikapitalistischer Kampagnen und politischer Strömungen einzubeziehen. Durch den Antritt bei Wahlen könnten sie viel breitere Schichten der Arbeiter*innenklasse sowie Teile der Mittelschichten erreichen. Sie würden den Einfluss der extrem rechten Parteien bekämpfen und eine entscheidende Rolle bei der Einigung der Arbeiter*innen auf ein antikapitalistisches Programm spielen.

Das Potenzial für die Entwicklung solcher Parteien existiert klar. Während die extremen Rechten bei Wahlen in ganz Europa zugelegt haben, haben das auch linke und sogar extrem linke Parteien. In Frankreich erreichten die trotzkistischen Präsidentschaftskandidat*innen 10% der Stimmen, ein erstaunliches Ergebnis in einem Land, in dem die Linke einst von einer stalinistischen Kommunistischen Massenpartei dominiert wurde. Nach dem ersten Wahlgang hatten die führenden Vertreter*innen von Lutte Ouvrière und LCR die einmalige Gelegenheit, einen Aufruf zur Gründung einer neuen Arbeiter*innenpartei zu starten. Leider lassen sie diese Gelegenheit verstreichen. Nichtsdestotrotz werden die Ereignisse in den nächsten Jahren unweigerlich die Gründung neuer Arbeiter*innenparteien auf die Tagesordnung setzen. Selbst in der Anfangsphase des Aufbaus einer neuen Arbeiter*innenpartei könnte diese einen dramatischen Effekt haben, indem sie den schädlichen Einfluss der extrem rechten Parteien untergräbt, sofern sie ein kühnes Programm, eine kühne Strategie und eine kühne Taktik annimmt.

Wie man die extremen Rechten bekämpft

Der Kampf gegen die extremen Rechten erfordert zunächst eine richtige Einschätzung des Charakters der neuen extrem rechten Parteien. Übertriebener Alarm vor einem Wiederaufleben des Faschismus führen zu einer falschen Strategie und Taktik. Die Sozialist*innen müssen die reaktionären Ziele der extremen Rechten aufdecken und ihrer rassistischen Propaganda entgegentreten, indem sie das Thema mit den sozialen Bedingungen – Arbeitslosigkeit, Armut, Verfall der Städte usw. – in Verbindung bringen, die der Zunahme von Rassenvorurteilen zugrunde liegen. Gleichzeitig müssen wir wirksame Maßnahmen gegen neofaschistische Gruppen organisieren, die Einwanderer*innen und linke Aktivist*innen angreifen.

Der Kampf, um Schritte für den Aufbau neuer Arbeiter*innenmassenparteien zu initiieren, ist ein entscheidender Bestandteil der Bekämpfung des Wachstums des extrem rechten Populismus. Zusammen mit der Mobilisierung der aktiveren Schichten der Arbeiter*innenklasse und der jungen Menschen könnten neue Arbeiter*innenmassenparteien durch Kampagnen und die Teilnahme an Wahlen viel breitere Schichten der Arbeiter*innenklasse erreichen und ihnen einen Ausweg aus der Krise bieten. Im Verlauf der Kämpfe könnten auch Teile der Mittelschichten, Kleinunternehmer*innen usw. auf die Seite der klassenbewussten Arbeiter*innen gewonnen werden.

Die Bildung von breiten, demokratischen Arbeiter*innenparteien auf der Grundlage eines antikapitalistischen Programms wäre ein enormer Schritt vorwärts. Innerhalb solcher Parteien würden wir für ein sozialistisches Programm kämpfen, das konkrete Forderungen zu wirtschaftlichen Fragen, Einwanderung, Asyl usw. mit einem Programm für die sozialistische Umgestaltung der Gesellschaft verbindet. Wir würden außerdem dafür kämpfen, den neuen Arbeiter*innenparteien eine gesamteuropäische Ausrichtung auf der Grundlage des sozialistischen Internationalismus zu geben.


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