V. Ausbruch und Verlauf des großen Bauernkrieges

Jede revolutionäre Bewegung hat das Eigentümliche, dass, bevor sie zum gewaltsamen Ausbruch kommt, eine allgemeine geistige Aufregung sich erzeugt, die jeden Einzelnen in der revolutionären Schicht ergreift und ihn gewissermaßen über sich selbst erhebt. Daher kommt es, dass in jeder Revolution plötzlich und wie aus dem Boden gewachsen eine Menge gewaltiger Kräfte und befähigter Köpfe sich zeigt, von denen man vorher keine Ahnung gehabt. Die Ursache ist, dass die Bande, welche bisher unter dem Druck des nüchternen Alltagslebens die Geister gefesselt hielten, plötzlich gesprengt werden, dass Rücksichten, die bisher genommen und ängstlich festgehalten wurden, bei Seite geworfen werden. Der Mensch entfaltet sich in der ganzen Glorie seiner Fähigkeiten, die Begeisterung erfasst ihn, und nichts als sein ideales Ziel vor Augen habend, kämpft er mutig und unverdrossen gegen jede Gewalt, die sich ihm gegenüberstellt. Nichts erscheint ihm mehr zu groß, nichts unmöglich, alle nüchternen Kalküle, die er einstmals für die Erreichung eines höheren Zieles in Erwägung gezogen, erscheinen ihm kleinlich und unwürdig; kühn zu wagen und entweder Alles zu gewinnen oder Alles zu verlieren, erscheint ihm allein seiner würdig. Ein solch hoher Flug der besseren Geister verfehlt auch nicht seine Wirkung auf die kalten und gleichgültigen, auf die in dem Kampfe für die tägliche Notdurft Versumpften; sie werden mit ergriffen und widerstandslos in den Strudel der Bewegung gerissen, in welcher das Schicksal eines Zeitalters sich entscheidet.

Ganz entgegengesetzt ist das Verhalten Jener, gegen welche die Bewegung sich richtet. Vorher hochmütig und herausfordernd, das Geringste, was gegen sie unternommen wurde, mit brutaler Gewalt, begleitet von Spott und Hohn, niederschlagend, die kleinste Konzession verweigernd, jeden Funken von Gerechtigkeits- oder Mitgefühl in sich erstickend, stehen sie beim Heranrauschen des von ihnen heraufbeschworenen Sturmes wie kopflos und versteinert da. Der Hochmut macht der Feigheit Platz, die frühere Herausforderung der Kriecherei, die Brutalität der Fügsamkeit und Unterwürfigkeit. Willenlos lassen sie Alles über sich ergehen und entwaffnen durch ihre Verächtlichkeit und Erbärmlichkeit das Volk, das in ihnen mannhafte Feinde zu bekämpfen glaubte und nun findet, dass es mit Memmen und Elenden zu tun hat, die es um Schonung und Mitleid anflehen. Immer vertrauensvoll, gutmütig und edel, verzeiht es großmütig, lässt Gnade vor Recht ergehen und glaubt durch die Großmut, die es seinen Todfeinden gezeigt, sie mit sich ausgesöhnt und seinen Bestrebungen freundlich gesinnt gemacht zu haben. Aber diese Unterwürfigkeit und Kriecherei seiner Feinde war nur Schein und Heuchelei. Im Innern kochend vor Grimm, jeder Niederträchtigkeit fähig, erwarten sie nur den Augenblick, wo die Tatkraft des Volkes erlahmt, oder wo es, ungewohnt sich selbst zu leiten, Fehler begeht, die sie geschickt zu seinem Verderben benutzen. Alle einig gegen das Volk, listig und verschlagen, mit allen Ränken vertraut und vor keiner Gewissenlosigkeit zurück bebend, wissen sie jede seiner Blößen zu benutzen, um im gegebenen Augenblick es zu verraten, es wieder unter die Füße zu bringen, das alte Joch ihm wieder aufzuerlegen und dann mit ausgesuchter Grausamkeit an ihm zu rächen, dass es sie einen Augenblick schwach gesehen hat.

Dieses Bild, im guten wie im schlimmen Sinne, bietet uns auch der Bauernkrieg. Die geistige Bewegung, die mit dem Auftreten Luthers alle Stände der Nation bis in die untersten Tiefen ergriff, war eine solche, wie sie Deutschland noch nie gesehen hatte, und seitdem kaum einmal wieder im Jahre 1848 zu sehen bekommen hat. Wie wenn der Sturmwind die Flamme erfasst und sie von Ort zu Ort treibt, so kam die bereits Jahrzehnte lang im Volke vorhandene Gärung und Unzufriedenheit plötzlich zum Ausbruch. Alle Stände und Schichten der Gesellschaft waren in der lebhaftesten Bewegung, und jede suchte in ihrer Weise und für ihre Interessen die Bewegung sich nutzbar zu machen. Vor allem war es das so lang unterdrückte und gepeinigte niedere Volk, der Bauer und der arme Mann der Städte, die jetzt sich erhoben und ihr Menschenrecht zu erkämpfen suchten.

Die Unentwickeltheit der Zeit bedingte, dass die revolutionäre Bewegung der Bauern und der Plebejer der Städte, ebenso wie die reformatorische Bewegung des Bürgertums in religiösem Gewande auftrat. Die Unbildung und Unwissenheit, die natürliche Folge der Zeitzustände, war noch so groß, dass die Religion die ganze Gesellschaft beherrschte und selbst die Gebildetsten des Zeitalters sich von ihr nicht losmachen konnten und es auch nicht gewagt haben würden. Im Namen der Natur, des Vernunftrechts, die Freiheit und Gleichheit verlangen, war ein Gedanke, der jenem Zeitalter vollständig fern lag; der erst 265 Jahre später in der großen französischen Revolution zum Ausdruck gelangen konnte. Mit den religiösen Lehren wurden die staatlichen und gesellschaftlichen Einrichtungen verteidigt, die Religion galt für das Höchste, sie genoss die unbedingteste Autorität, es war also auch notwendig, jede Reform wie jede Revolution im Namen der Religion und durch die Religion zu rechtfertigen. Dies erklärt, warum Müntzer so eifrig seine sozialen und politischen Forderungen mit Bibelsprüchen verteidigte, und dass Alle, die gleich ihm, die Sache des unterdrückten Volkes vertraten, entweder Geistliche waren, oder in geistlichem Stile auftraten. Dabei stellte sich als notwendig heraus, den auf schweigendes Dulden und knechtischen Gehorsam hinauslaufenden Lehren des neuen Testaments, namentlich den Lehren des Paulus, die racheglühenden, auf blutigen Kampf und Ausrottung der Feinde und Unterdrücker gerichteten Predigten der Propheten des alten Testaments gegenüberzustellen. Luther, indem er die beiden in ihrer Tendenz sich so widersprechenden Testamente als gleichwertig und beide als den Ausfluss von Gottes Wort hinstellte, hatte sich damit selbst die Schlinge gelegt, in der er gefangen wurde. Für eine Bibelstelle, die Luther gegen die Revolutionäre anführte, waren diese im Stande zwei für sich anzuführen. Endlich war es natürlich, dass bei der gänzlichen Unkenntnis über die ökonomischen und gesellschaftlichen Entwicklungsgesetze, wo die Fantasie freien Spielraum hatte, man auf jene christlich mystisch-fantastischen Ausmalungen eines künftigen Gesellschaftszustandes verfiel, zu denen die Offenbarung Johannis das Vorbild gab. Wie konnte man in jener Zeit in Deutschland mehr leisten, wenn um dieselbe Zeit in dem schon damals sozial und politisch weiter entwickelten England, und mitten im Brennpunkt dieses Landes, in London, ein so hochgebildeter Mann wie der Lordkanzler Thomas Morus ein Gesellschaftsgebäude entwarf, das er selbst nicht anders denn als eine Utopia“ zu bezeichnen vermochte?

Luther arbeitete, wie schon hervorgehoben wurde, noch in anderer Weise, ohne es zu wollen, der revolutionären Bewegung in die Arme. Seine pfäffische Unduldsamkeit und päpstliche Unfehlbarkeit führte ihn dazu, sich mit seinen besten Freunden zu überwerfen und sie ins jenseitige Lager zu drängen. Über seine Anschauungen hinausgehende Schüler, wie namentlich Karlstadt, waren zur gewaltsamen Zertrümmerung der Statuen und Heiligenbilder, deren Vorhandensein in den Kirchen sie als mit der evangelischen Lehre im Widerspruch betrachteten, geschritten. Darüber war Luther wütend und es kam zu feindlichen Auseinandersetzungen und endlichem Bruch

In Parenthese sei bemerkt, dass auch moderne Geschichtsschreiber es lieben, sich in heftigen Ausfällen gegen jene Zerstörungen zu ergehen und sie als Barbarei und Schändung der Kunst zu brandmarken. Wir können in diese Verurteilung nicht einstimmen. Diese Zerstörungen sind, wie das nun einmal seitens der Geschichtsschreiber der herrschenden Klassen zu allen Zeiten Sitte gewesen ist – für die Unterdrückten gibt es in der Regel keine Verteidiger – arg übertrieben worden. Und dann war die Kunst, wenigstens soweit sie die Malerei anbelangt, zu jener Zeit in Deutschland noch nicht hoch entwickelt. Die Malerei kam im Reformationszeitalter erst durch Meister wie Albrecht Dürer, Holbein, Lucas Cranach und Andere zur Blüte. Ohne jene Verwüstungen gutheißen zu wollen die doch nur die notwendige Folge der Rohheit waren, in welcher die Herren die Massen geflissentlich erhalten hatten, und ferner die notwendige Folge eines bis zur Unmenschlichkeit getriebenen Ausbeutungs- und Unterdrückungssystems, das zur Rache und Wut reizte, darf man wohl annehmen, dass die Kunst nicht allzu viel dabei eingebüßt hat. Wenn einige Dutzend oder auch einige Hundert jener grässlichen Christus- oder Heiligen- und büßenden Mönchs- und Nonnenbilder zu Grunde gegangen sein sollten, denen wir heute noch so oft aus jener Zeit in unseren Museen begegnen, wo sie kaum den Blick des Besuchers auf sich lenken und meist nur eine abschreckende Wirkung ausüben, so ist keine große Ursache zum Bedauern vorhanden.

Zudem darf man nicht vergessen, dass jene kirchlichen Bilder den eifrigsten Anhängern der Reformation und der neuen Ideen als ähnliche Zeichen der Schmach und der Unterdrückung galten, wie in unseren Tagen der Pariser Kommune die Vendômesäule. Revolutionen vollziehen sich nicht mit dem Sprengen von Rosenöl und Lavendelwasser, und um ihre Existenz ringende Parteien kennen im Kampfe keine Pietät.

Jede neue Zeit kämpft gegen die alten Götter, aber in keinem Zeitalter ist in barbarischer Zerstörung wirklicher Kultur und Kunst Größeres geleistet worden, als bei dem Aufkommen des christlichen Zeitalters und während desselben. Das mögen Diejenigen sich besonders merken, die so gern von „christlicher“ Kultur und Bildung schwätzen.

Es gab aber nicht bloß viele Geistliche, die in religiösen Lehrsätzen weiter als Luther gingen, ein nicht geringer Teil derselben war auch mit seiner Haltung bezüglich der politischen Bewegung nicht einverstanden. Luther aber duldete keine Meinungsverschiedenheit und keinen Widerspruch. Wer sich ihm nicht fügte, den bekämpfte er mit gleicher Härte und Intoleranz, wie das von der römischen Kirche gegen Andersdenkende geschah. So kamen viele Geistliche aus Amt und Brot. Oft bettelarm, keinen Groschen in der Tasche, manchmal von Weib und Kind begleitet, ergriffen sie den Wanderstab und wanderten, von Ort zu Ort predigend, nach Franken, Schwaben, Salzburg, Tirol, dem Bodensee, der Schweiz, dem Oberrhein und Elsass. Alle diese Lande wurden in den Jahren 1522 bis 1525 nach allen Richtungen von wandernden Predigern durchzogen, welche das neue Evangelium predigten, die Lehre von der neuen Freiheit und der Aufhebung aller Unterdrückung in die Geister legten.

Ein anderes ungemein wichtiges Element für die revolutionäre Bewegung waren die wiedertäuferischen Prädikanten. Prädikanten hießen sie, weil sie nicht Prediger von Fach waren. Sie waren meist Handwerker, teils Bauern, die oft aus eigener Anstrengung lesen gelernt, sich mit der Bibel und den Schriften jener Zeit vertraut gemacht, und nun, von der Begeisterung getrieben, von Ort zu Ort wanderten und mit dem ihnen innewohnenden Feuer die Massen begeisterten und hinrissen. Aus den untersten Schichten hervorgegangen, die Leiden des Volks aus eigener Erfahrung kennend, seine Gefühle teilend, in seiner Sprache zu ihm redend, waren sie ganz besonders wertvolle Werkzeuge der Revolution. Müntzer hatte sie enger an sich gezogen, weil er ihren Wert erkannt hatte.

Das Agitieren und Versammlungshalten war in jener Zeit in gewisser Beziehung leichter wie heutzutage. Kam der wandernde Prediger oder Prädikant in einen Ort, wo er zu reden gedachte, dann stellte er sich auf den ersten besten Eckstein, auf die steinerne Bank eines Hauses oder unter die Dorflinde und forderte die Vorübergehenden auf, ihm zuzuhören. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Kunde von seinem Vorhaben, und Alt und Jung, Mann und Weib strömte herzu, ihn zu hören. Einholung polizeilicher Erlaubnis mit langen Terminen, polizeiliche Überwachung, Verbote, dass Frauen und Minderjährige der Versammlung beiwohnen dürften, waren meist noch unbekannt, das sind Erfindungen einer in der Kultur weiter vorgeschrittenen Zeit.

Hatte der Prediger seinen Zuhörerkreis beisammen, dann begann er mit glühender zu Herzen sprechender Sprache, mit funkelndem Blick und lebhaften Gebärden seine Lehren darzulegen. Derbheit und Deutlichkeit des Ausdrucks wurden nicht gespart, und das arme, in Hunger und Elend dahinlebende Volk hing andächtig an seinen Lippen und sog mit Gier die Verheißungen einer neuen besseren Zeit ein. Begeistert kehrte Alt und Jung in seine dürftige Wohnung zurück, bereit für seine Befreiung zu kämpfen, wenn der rechte Augenblick gekommen sein würde. Kein Sonn- und Festtag verging, wo nicht die Prädikanten Tausende um sich versammelten, die ihnen zuhörten. Viele, die früher der Lutherschen Lehre anhingen, gingen jetzt in ihr Lager über. Nach einer solchen Prädikantenpredigt in St. Gallen war es, dass ein Bauer zum anderen sprach: „Da, da, das ist das recht Evangeli. Lueg, Lueg, wie hant die alten Pfaffen gelogen und falsch gepredigt, man sollt die Buben alle zu totschlagen, wie hant sie uns also herrlich betrogen und beschissen!“

Der Geist des Aufruhrs griff immer weiter um sich. Von allen Ecken und Enden kamen die Nachrichten, dass die Bauern anfingen, „aufwägisch“ zu werden und die alten Abgaben, Zehnten und Dienste nicht mehr leisten wollten. Namentlich war es Süd- und Mitteldeutschland bis über den Rhein hinüber, wo der aufrührerische Geist in einer für die Herren bedenklichen und gefährlichen Weise um sich griff. Der Osten Deutschlands, jenseits der Elbe, wie der Norden, wurden nur wenig berührt. Der Osten lag noch in tiefer Unkultur, die Städte waren dünn gesät, der Adel war übermächtig. Der wenige Jahrhunderte zuvor erst slawischen Volksstämmen abgerungene Boden war in der ökonomischen Entwicklung noch bedeutend zurück. Im Norden Deutschlands gab es entweder noch viele freie Bauernschaften, die weniger Interesse am Kampfe hatten, oder die Bevölkerung war in den weiten und streckenweise ganz unfruchtbaren Ebenen so dünn und zerstreut, dass keine Möglichkeit gemeinsamen Handelns gegen den mächtigen Adel vorhanden war. Der Harz und das Braunschweigische bildeten die nördliche, die Elbe die östliche Grenze der Bewegung. Selbst in die Klöster war zum Teil der Teufel der Unzufriedenheit gefahren.. Nicht alle Nonnen und Mönche fanden Geschmack an dem beschaulichen Leben, und in dem Maße, wie die Stimmung der Bevölkerung von der alten Kirche sich abwendete, häuften sich auch die Fälle, wo Mönche und Nonnen ihren Vorgesetzten entliefen und nicht selten zusammen heirateten.

Der Aufstand in Mühlhausen, den wir oben bei Darstellung des Lebens Müntzers besprochen, war das erste ernstere Vorspiel der neuen Bewegung. Dem Beispiel von Mühlhausen folgte ein Teil von Franken. Im Mai des Jahres 1524, noch ehe Müntzer nach Nürnberg kam, war auf den Fronleichnamstag in der dem Bischof von Bamberg gehörigen Stadt Forchheim der Aufstand ausgebrochen. Der Rat wurde überwältigt, des geflüchteten Schultheißen Weib und Kind als Geiseln in Haft genommen und die Bauern ringsum zur Hilfe aufgerufen. 500 bewaffnete Männer zogen mit zwei Fähnlein den Bürgern zu Hilfe. Bauern und Bürger waren einig in ihren Forderungen. Wasser, Wald und Wild sollten frei und gemein sein, der Bischof sollte statt der zehnten Garbe die dreißigste, die Domherren aber nichts mehr bekommen. Auch die Bauern im Nürnbergischen und den anderen Gebieten wurden rebellisch. Der Hohenzoller Markgraf Kasimir von Ansbach, dem wir noch öfter begegnen werden, sammelte ein kleines Heer, um die Bauern zu zerstreuen. Noch ehe es zum offenen Kampfe kam, gingen die Bauern auseinander. Es waren geheime Weisungen gekommen, dass es zum Losbrechen noch nicht Zeit sei, auch mochten sie sich der Macht des Markgrafen gegenüber einstweilen noch nicht gewachsen fühlen. Dem Rat von Nürnberg gelang es, durch Drohungen und gute Worte seine Bauern zu beschwichtigen, aber zwei Bürger, die auch in der Stadt den Aufstand zu erregen versucht hatten, wurden den 5. Juli hingerichtet.

Diese ersten Aufstandsversuche hatten den Herren und Städten des Frankenlandes einen solchen Schrecken eingejagt, dass sie im Juli auf einem Kreistag in Kitzingen ein enges Bündnis schlossen.

Die Forchheimer Bewegung war nur anscheinend erdrückt, der aufwägische Geist war geblieben und machte sich handgreiflich bemerklich. Der Bischof von Bamberg musste einen Preis von 50 fl. auf die Anzeige jedes Bauern setzen, dem Brandstiftung nachgewiesen werden konnte, weil ihm eine Reihe von Zehntscheuern des Nachts waren angezündet worden. Weltlichen wie geistlichen Herren wurden um Nürnberg wie um Bamberg die Zehnten auf dem Felde weggebrannt, aber die Täter wurden trotz aller Sorgfalt der Herren nicht entdeckt. Auch im Oberschwäbischen, auf dem Schwarzwald und im Allgäu gab es Gewalttätigkeiten. Dem Abt von Marchtal weigerten seine Bauern zu steuern und zu reisen; die Untertanen der reichen Abtei St. Blasien auf dem Schwarzwald kündigten alle Leibeigenschaftsgebühren als abgetan; die Bewohner des Fleckens Steinheim gaben, wie der Bürgermeister von Memmingen auf dem Städtetag zu Ulm klagte, weder großen noch kleinen Zehnten mehr.

In der Landschaft Stühlingen am Bodensee wurde die Sache ernster. Dort war das Andenken an Joss Fritz lebendig, sein Geist lebte in der Bevölkerung. Am Tag Johannis des Täufers standen die Bauern der Landschaft Stühlingen und eine Anzahl Dörfer anderer Herrschaften auf und kündigten ihren Herren die Fronden, ferner Jagd-, Fall- und Lehnspflicht auf. Binnen wenigen Tagen waren an die 600 in Waffen versammelt. Hans Müller von Bulgenbach, der das Waffenhandwerk verstand und verschiedentliche Feldzüge mitgemacht, stellten sie als Obersten an ihre Spitze; als Feldzeichen wählten sie ein schwarz-rot-gelbes Fähnlein.

Am Tage der Waldshuter Kirchweih, den 24. August 1524, zogen die Bauern, bereits 1200 Mann stark, unter Hans Müller von Bulgenbach nach Waldshut, das wegen seines Predigers Hubmeier mit der österreichischen Herrschaft im Streite war. Hubmeier hatte sich schon frühe der Reformation angeschlossen; er war zur Zeit als Luther auftrat, in Regensburg Pfarrer, wo ihm aber die Stimmung nicht zusagte. Er wandte sich nach Waldshut. Sein Auftreten dort verschaffte ihm weit und breit Ansehen und viele Freunde; mit Zwingli, welcher in der Schweiz, namentlich Zürich, reformierte, trat er in Freundschaft, dagegen war ihm die österreichische Regierung zu Ensisheim um so mehr Feind. Diese forderte im Sommer 1524 seine Auslieferung. Hubmeier floh nach Schaffhausen. Die Regierung trat nun gegen die Stadt drohend und verfolgend auf und verbot die neue Lehre, in der sie den Keim zu allen Unruhen zu erblicken glaubte. Die Folge war, dass sich die Stadt den Bauern zuneigte und an dem genannten Kirchweihtage mit ihnen einen Bund schloss, den sie die evangelische Brüderschaft nannten. Dieser Bund sandte geheime Botschaften nach dem Breisgau und Hegau, nach Schwaben, nach dem Elsass und den Rhein hinab bis an die Mosel, nach Franken und Thüringen und ließ ankündigen: „Sie wollten ihren Herren nicht mehr gehorsam sein, keinen Herrn haben als den Kaiser, und diesem seinen Tribut geben, er solle ihnen aber nicht einreden; sie wollten alle Klöster und Schlösser und was den Namen geistlich habe, zerstören.“

Die österreichische Regierung verfolgte die neue Lehre besonders heftig. Unter anderem wurde der Prediger der Stadt Kinzingen, Otto, ausgewiesen. Viele Einwohner begleiteten ihn eine größere Strecke Wegs; als sie wieder heim wollten, fanden sie die Straße gesperrt, die Stadt mit Kriegsvolk umringt; sie setzten zu Schiff über den Rhein nach Straßburg. Das Kriegsvolk rückte in die Stadt und nahm die Hauptverdächtigen gefangen. Der Stadtschreiber und fünfzehn andere Einwohner wurden hingerichtet. Das war kein Mittel, die Aufregung zu dämpfen.

Während die adeligen Herren des Schwarzwaldes strenge Untersuchungen nach den Übeltätern anstellten, die, wie sie meinten, ihnen ihre Bauern aufgehetzt, traf die österreichische Regierung zu Ensisheim Vorkehrungen, um das aufrührerische Waldshut zu züchtigen. Zürich und Schaffhausen suchten vergeblich Frieden zu stiften; die Folge war, dass 300 Züricher

auf eigene Faust den Waldshutern zu Hilfe zogen. Hubmeier kehrte gleichzeitig von Schaffhausen nach Waldshut zurück und wurde mit großem Jubel empfangen. Um dieselbe Zeit war auch Müntzer auf seinem Streifzug in die oberen Lande in jene Gegenden gekommen und trat mit Hubmeier und anderen Häuptern der Bewegung in Verbindung.

Im Klettgau war es ebenfalls unruhig geworden, doch konnten die Bauern dort sich noch nicht zum Aufstand wider ihren Herrn, den Grafen von Sulz, entschließen. Sie riefen die Züricher zur Vermittlung an, und diesen gelang es einstweilen, Frieden herzustellen.

Die immer weiter um sich greifenden Unruhen ließen es den Fürsten, Herren und Städten des schwäbischen Bundes geraten erscheinen, Vorsichtsmaßregeln zu treffen, sie hielten mehrere Bundestage ab und kamen überein, den durch ihre Untertanen bedrohten Herrschaften, wenn nötig, eiligst Hilfe zu leisten.

Der Graf von Lupfen, dessen Bauern vorzugsweise an dem Zuge nach Waldshut sich beteiligt hatten, wandte sich an seinen Schirmherrn, den Erzherzog Ferdinand von Österreich um Hilfe. Dieser lud die Bauern zur Vorbringung und Erledigung ihrer Beschwerden vor eine Kommission nach Radolfzell. Die Kommission bestand aber aus lauter adeligen Herren und Feinden der Bauern; so ließen diese die Einladung Einladung sein und blieben bewaffnet beisammen. Die Herren suchten durch neue Vermittlungsanträge die Bauern hinzuhalten, um Zeit zu Rüstungen zu bekommen, diese kehrten sich nicht daran, sondern setzten ihre Werbungen fort. Von Waldshut waren sie ausgerückt und über Lenzkirch, Neustadt, Urach am 1. Oktober in Bräunlingen eingetroffen. Nach wenigen Tagen hatte sich der Haufe auf 3500 Mann verstärkt, die aber meist nur mit Gabeln, Sensen und Äxten bewaffnet waren. Dies war Ursache, dass sich Hans Müller mit seinem Haufen in eine feste und sichere Stellung zog, als er vernahm, dass die Herren mit 800 Fußknechten und 200 Reitern im Anzuge seien. Die Menge der Bauern hielt die Herren vom Angriff ab; Schaffhausen seinerseits protestierte energisch gegen jeden Kampf, weil es große Besitzungen in der Nähe hatte, die leicht darunter leiden konnten. Die Möglichkeit, Schaffhausen auf die Seite der Bauern zu treiben und die weit vorgerückte Jahreszeit, die das Feldlager unmöglich machte, ließ es den Herren geraten erscheinen, eine Vermittlung zu suchen. Man kam überein, dass das Landgericht Stockach die Beschwerden der Bauern untersuche, diese sich indessen ruhig verhalten und das Kriegsvolk der Herren abziehen solle. Nachdem letzteres geschehen, gingen die Bauern auseinander.

Die Unruhen um den Bodensee und am Oberrhein hatten auch die Schweizer Bauern angesteckt. Dort war keineswegs alles wie es sein sollte. Die Stadtherren drückten das Landvolk gar arg, und als in den Nachbargauen der Aufstand anfing, meinten auch die Schweizer Bauern, wie es in einer Urkunde jener Zeit heißt: Dass Zinsen, Zehnten und andere Leistungen ab und alles gemein sei.“ Im Thurgau war die Bewegung besonders lebhaft und die dort sitzenden Klosterherren waren in großen Ängsten. Die Eidgenossenschaft war namentlich auf die Prädikanten schlecht zu sprechen und hatte strenge Befehle erlassen, sie gefangen zu nehmen und sie zur Bestrafung einzuliefern.

Auf dieses hin hatten sich verschiedene Gemeinden zu gegenseitigem Schutz und Trutz verbunden. Als nun der Landvogt Am Berg in der Nacht auf den 17. Juli mit Kriegsknechten in den Pfarrhof zu Burg bei Stein brach und den Prediger Hans Dechsle gefangen fortschleppte, kam es zum Aufruhr. Auf den Hilferuf des Gefangenen eilten die Nachbarn herbei, man läutete die Sturmglocke zu Stein und gab Notschüsse für die Dörfer; aber es war zu spät, der Gefangene war, als die Bewaffneten ihm zu Hilfe eilten, schon nach Frauenfeld gebracht. Das Sturmläuten und schießen hatte indes 4000 Bauern versammelt, und diese rückten auf die nahe Kartause Illingen. Man zersprengte die Tore, verjagte die Mönche, verteilte Kleider und Kirchengerätschaften, plünderte die Vorräte und schleppte sie weg; und nachdem man mit Mess- und Gesangbüchern sich Fische gesotten und am Klosterwein sich gütlich getan, wurde das Kloster niedergebrannt.

Auf die Nachricht von den Vorgängen im Kloster ließ der Landvogt zu Frauenberg seinerseits stürmen, aber die Bauern kamen nur langsam heran, hingegen waren die Edlen um so eifriger. Das Dazwischentreten der Züricher und Schaffhausener verhütete den Kampf. Dagegen wurden mehrere der Führer, obgleich diese sich der Niederbrennung des Klosters widersetzt, gefänglich eingezogen und wegen Aufruhrs zu Baden am 24. September hingerichtet. Hans Dechsle wurde nach Leistung harter Urfehde freigelassen.

Von großem Vorteil für die Bauern war, dass während des Jahres 1524 und des ersten Viertel des Jahres 1525 Kaiser Karl V. in einen schweren Krieg mit Franz I. von Frankreich in Italien verwickelt war, der nicht allein den Kaiser verhinderte, sich um deutsche Angelegenheiten zu kümmern, sondern auch seinen Stellvertreter, den Erzherzog Ferdinand, zwang, alle disponiblen Truppen und Gelder ihm zur Verfügung nach Italien zu schicken. Im Herbst des Jahres 1524 stand in Italien die Entscheidung zwischen den beiden Gegnern bevor, und da galt es, jeden verfügbaren Mann nach dort zu senden. Die Taktik des Erzherzogs wie des Adels in allen Unterhandlungen war darum, die Bauern hinzuhalten und zu vertrösten. Dem Truchsess Georg von Waldburg, der oberster Feldhauptmann des schwäbischen Bundes war, schrieb der Erzherzog: „er solle mit den Bauern gütlich handeln, bis er sein Kriegsvolk beisammen habe.“ Und ähnlich äußerte sich später der bayrische Kanzler Eck in einem Brief an seinen Herrn: man wolle den Bauern sicheres Geleit geben, damit sie einen Ausschuss sendeten und in Unterhandlung träten. „Werden sie sich darauf einlassen, so werden wir die Bösewichter hinhalten, bis unser Kriegsvolk ankommt. Dann wollen wir in sie fallen, und mit Ernst gegen sie handeln.“ Eck ärgerte sich auch sehr über die Furcht und Mutlosigkeit des Adels, was für ihn freilich leicht war, da ihm die Bauern nicht im Nacken saßen; er schrieb darüber ebenfalls an seinen Herrn: „Die vom Adel, um welche her die Bauern im Aufstand sind, sind alte Weiber und schier tot; sie fürchten für ihre Häuser und es will Niemand etwas Tätliches tun, bis das Kriegsvolk des Bundes beisammen ist.“

In der Villinger Gegend waren im November 1524 die Bauern ebenfalls aufgestanden; in der Nähe von Tuttlingen lagerten 300. Hans Müller von Bulgenbach zog sie zu sich heran, um Villingen und Hüfingen zu überfallen; er hatte jetzt an sechstausend Mann bei sich. Die Gegner, denen der Plan verraten wurde, kamen ihm zuvor und besetzten beide Städte. Darauf ließ er die Bauern sich wieder in ihre Dörfer zerstreuen und behielt nur ein kleines Häuflein Landsknechte und Bauern um sich.

Im Hegau unterhandelte der Truchsess Georg von Waldburg mit den Bauern, die ungefähr 1000 Mann stark sich zusammengerottet hatten. Er suchte sie durch List zu fangen, indem er vor ihren Augen in das Dorf Mühlhausen einfiel und das Vieh weg trieb; er hoffte dadurch die Bauern aus der vorteilhaften Stellung, die sie innehatten, hervorlocken und sie dann überfallen zu können. Die Bauern merkten die Absicht und zogen sich zurück, da sie auch von anderer Seite ins Gedränge zu kommen drohten. Sie trennten sich in zwei Haufen; der eine zog heim, der andere in das Hauensteinsche, wo er die Klöster St. Strudpert und St. Blasien plünderte und verwüstete und die Hauensteiner zum Aufruhr brachte.

Am 27. Dezember sollte endlich in Stockach die gerichtliche Verhandlung zwischen den Bauern und ihren Herren beginnen. Als die Bauern-Vertreter ankamen, sahen sie, dass das Landgericht nur aus Adeligen bestand. Dagegen protestierten sie. Man bewies ihnen, dass das Gericht dem Gesetz gemäß zusammengesetzt sei. Darauf verlangten sie eine Frist, um auf die Gründe der Herren zu antworten; diese wurde bewilligt und ein neuer Termin auf den Dreikönigstag 1525 festgesetzt. Als aber die Bauern am bestimmten Tage wieder erschienen, waren die Herren nicht zugegen, weshalb sie jede Unterhandlung verweigerten. In vier Wochen wollte man wieder zusammenkommen.

Im Januar 1525 gelang es dem Truchsess, die Untertanen der Stadt Villingen, wie die des Abts von St. Georgen zu einer Verständigung mit ihren Herren zu bringen, dagegen misslangen ihm seine Versuche in der gleichen Richtung bei den Hegauern. Diese trauten nicht. Die von Stühlingen, der Baar und dem Klettgau ließen sich ebenfalls auf keine Vermittlung ein; sie hatten 16 Beschwerde-Artikel aufgestellt, die ihre Herren pure anerkennen und abstellen sollten.

Während in Stockach ein neuer Termin für die Unterhandlungen mit den Bauern verabredet war und bevorstand, schrieb der Erzherzog Ferdinand einen Brief an seine dortigen Kommissare, der die ganze Niedertracht und Hinterlist der Herren ins rechte Licht setzt. Darin hieß es: „Die Reisigen sollten auf die aufrührerischen, ungehorsamen Bauern und Untertanen streifen, wo sie sie betreten sie fahen, recken und in anderer Weise bürgerlich oder peinlich fragen, wer ihre Hauptleute, Vorgeher und Hauptsächer seien, was ihre Macht und Fürnehmen sei und wider wen sie Anschläge gemacht haben; und nach der Frage sollen sie die Betretenen erstechen, erwürgen oder sonst ernstlich strafen und kein Erbarmen mit ihnen haben. Vor allem sollten sie die Rädelsführer, nämlich die Hauptleute, Fähnriche, Weibel und andere Vorgeher der Bauern mit allem Fleiß ausspähen, die Orte, wo sie sich am meisten aufhalten, ausspüren und sie beisammen oder einzeln, unversehens und ungewarnt, bei nächtlicher Weile in ihren Herbergen oder Häusern überfallen und sie, wie es am bequemsten sei, verderben. Denen, welche sich, ehe sie betreten würden, in die Wälder oder an andere Sicherheitsorte flüchteten, solle Haus und Hab und Gut ohne alles Erbarmen verödet, verderbt und verbrannt; den flüchtigen Rädelsführern aber nicht bloß ihr Haus und Gut verheert, sondern auch ihre Weiber und Kinder verjagt und aus dem Lande vertrieben werden.“ Das ist die nackte Bestialität, die der Habsburger predigte, und seine Weisungen wurden später nur zu gewissenhaft befolgt. Der schlaue und hinterlistige Truchsess Georg von Waldburg setzte indes seine Vermittlungsversuche bei den Bauern fort. Da Eugen zu den Bauern überzufallen drohte, hatte er die Stadt am 15. Februar besetzt und versuchte nun von hier aus bei den Hegauer Bauern durch wilde Drohung zu erreichen, was er in Güte nicht erlangen konnte. Würden sie sich nicht in Kurzem seinen Diktaten unterwerfen, wolle er wider sie als Reichs- und Landesfriedensbrecher mit Plünderung, Brand und Totschlag handeln, ließ er ihnen sagen. Statt sich zu unterwerfen, verstärkten sich die Hegauer durch Zuzüge aus der ganzen Umgegend; ebenso zogen die Bauern des Klettgau mit einem weiß und blauen Fähnlein nach Waldshut, das allgemeiner Sammelplatz der Schwarzwälder war.

Um dieselbe Zeit wurden die Herren von einer anderen Nachricht auf Höchste beunruhigt. Es hieß, der 1519 durch den schwäbischen Bund aus seinem Lande vertriebene Herzog Ulrich von Württemberg suche mit den Bauern in Verbindung zu treten, er gebe den Waldshutern und anderen im Aufruhr Begriffenen Geld und wolle mit ihrer Hilfe wieder in sein Herzogtum gelangen. Ulrich hatte sich Verschiedenes zuschulden kommen lassen, das seine Herren Vettern wider ihn in Harnisch gebracht. Seine unerhörte Bauernschinderei und sein ausschweifendes und liederliches Leben waren natürlich nicht die Ursache; diese Lebensweise konnte ihn seinen Standesgenossen nur angenehm machen; aber er hatte seine Gemahlin, eine bayrische Prinzessin, misshandelt, einen seiner Freunde, Hans von Hutten, den Bruder Ulrichs von Hutten, der Grund wurde schon erwähnt – meuchlings ermordet und damit den ganzen schwäbischen und fränkischen Adel wider sich aufgebracht; endlich hatte er die Reichsstadt Reutlingen, die im schwäbischen Bunde war, überfallen und versucht, sie unter seine Herrschaft zu beugen. So wurde er denn 1519 von allen seinen Gegnern mit Krieg überzogen; er wurde geschlagen, musste fliehen, sein Land wurde ihm genommen und gegen eine Geldentschädigung in die Verwaltung des Hauses Österreich gegeben. Ulrich, aus dem Lande verjagt, irrte jetzt, wie so viele Flüchtlinge vom „armen Konrad“, die er wenige Jahre zuvor aus der Heimat vertrieben, in der Schweiz umher, oder hielt sich auf seiner im Elsass gelegenen Herrschaft Mömpelgard auf. Im Jahre 1522 hatte er von dem Eigentümer der im Hegau auf dem Schwarzwald, nahe bei Singen, gelegenen Bergveste Hohentwiel das Nutznießungsrecht erworben, und hier hauste er von dieser Zeit an öfter und suchte – darin waren seine Gegner recht berichtet – mit den Bauern anzuknüpfen, um mit ihrer Unterstützung sein Herzogtum wieder zu erhalten. Zwar warfen ihm seine Feinde vor, er suche jetzt einen neuen „Bundschuh“, einen zweiten „armen Konrad“ zu stiften, die er doch einstmals bekämpft, aber daraus mochte er sich wenig machen. „Der Zweck heiligt die Mittel“, das ist ein Grundsatz, den die Großen der Erde längst zuvor befolgten, ehe die Jesuiten existierten und ihn formulieren konnten. Die oberdeutschen Bauern hatten aber Herrn Ulrich zu genau kennen gelernt, um sich von ihm hinters Licht führen zu lassen; sie kamen ihm mit ausgesprochenem Misstrauen entgegen. Besser gelang es seinem diplomatischen Ratgeber, dem ehemaligen pfälzischen Minister Fuchssteiner, sich bei einem Teil der Bauern einzuschmeicheln. Er benutzte einen in Kaufbeuren ausgebrochenen Streit zwischen der Ehrbarkeit und der Bürgerschaft und unterstützte die letztere durch seine Ratschläge, wodurch er ihr Vertrauen gewann, ja er trat selbst als Prediger der neuen Lehre in der Kirche auf und entwarf einer Reihe von Bauernschaften ihre Beschwerdeartikel.

Infolge des missglückten Hutten-Sickingenschen Unternehmens hatte eine Anzahl fränkische und andere Adelige flüchten müssen, sie waren in die Acht erklärt und ihrer Güter verlustig geworden. Diese Adeligen hielten sich zum Teil in der Schweiz, zum Teil in Böhmen auf, und, obgleich sie früher sämtlich gegen den Herzog Ulrich gekämpft, versöhnten sie sich jetzt und schlossen ein Bündnis mit ihm. Ihr Plan war, den Bayernherzog, als den mächtigsten Gegner, von zwei Seiten, von Böhmen und von Schwaben zugleich, anzugreifen und ihn so vom schwäbischen Bunde zu trennen. Die Bauern sollten dabei mit helfen. Der Plan der Bauern dagegen war eine allgemeine Waffenverbindung der Bauernschaften von Schwaben, dem bayrischen Oberland, Tirol, Salzburg, Ober- und Niederösterreich herzustellen und auf einen bestimmten Tag auf der ganzen Linie sich zu erheben. Von Oberbayern sollte das Signal zum Losbruch ausgehen.

Der schwäbische Bund stand diesem rührigen Wirken und Wühlen der Bauern in sehr geteilter Stimmung gegenüber. Ein Teil der Bundesglieder war bei dem mächtigen Umsichgreifen der Bewegung von Verzagtheit befallen, ein anderer, und das waren namentlich die Städte, wollten sich mit den Bauern friedlich verständigen. Der Mangel an Kriegsvolk und Rüstung bestimmte auch Fürsten und Adel, wenigstens zum Schein nachzugeben und unterdes die Vorbereitungen im Stillen zu treffen. Nur der bayrische Kanzler Eck drängte zum Angriff.

Die Bauern fuhren unterdes eifrig in ihren Zurüstungen fort. Im Kemptenschen waren der Fürstabt und seine Untertanen schon lange Jahre in Streit und letztere suchten diesen jetzt in günstiger Zeit zu ihrem Vorteil zu enden. Eine auf den Dreikönigstag 1525 nach Günzburg vor ein Schiedsgericht ausgeschriebene Vorladung zur Verständigung der beiden Parteien blieb ohne Erfolg; der Fürstabt gebärdete sich, wahrscheinlich auf die Hilfe des schwäbischen Bundes hoffend, gar trotzig. Die Bauern-Abgeordneten erklärten darauf, sich auf nichts einlassen zu wollen, bevor sie nicht die gesamte Landschaft befragt.

Montag den 21. Januar fand bei der Mallstadt von Luibas die allgemeine Volksversammlung aus allen siebenundzwanzig zum Gotteshaus Kempten gehörigen Pfarreien statt. Tausende kamen dort zusammen. Nachdem die Vertrauensmänner sie mit dem Resultat der Günzburger Verhandlungen bekannt gemacht, beschlossen sie, zunächst den Rechtsweg zu beschreiten und zu versuchen, ihr Recht in Güte zu erlangen. Die ganze Bauernschaft stimmte dem zu. Man trennte sich, nachdem man verabredet hatte, im Falle, dass gegen eine der Gemeinden Gewalt angewandt werde, sofort Sturm zu läuten und ihr zu Hilfe zu kommen. Den 25. Januar wurde ein Ausschuss aus den Vertretern sämtlicher Gemeinden gewählt, welcher die Klage gegen den Fürstabt einleiten sollte. An seiner Spitze stand Jörg Schmid von Luibas, wegen seiner Kleinheit der Knopf genannt. Der Ausschuss arbeitete eine Beschwerdeschrift an den schwäbischen Bund und den Kaiser aus. Der Knopf von Luibas hingegen wurde nach Tübingen geschickt, um dort bei einem berühmten Rechtsgelehrten sich Rats zu holen.

Die Situation veränderte sich indes rasch. Von allen Seiten kamen Nachrichten, dass der schwäbische Bund mit aller Macht rüste und sie eines Überfalls gewärtig sein müssten. Diese drohenden Gerüchte brachten die Bauern im ganzen Allgäu, in Ober- und Unterschwaben sehr schnell auf die Beine. Anfang Februar versammelten sich auf dem Ried bei Laupheim, zwischen Ulm und Biberach, an die zweitausend Mann, die dort ein Lager bezogen und in kurzer Zeit bis auf 12.000 stiegen. Sie nannten sich den „Baltringer Haufen“, weil im Wirtshaus zu Baltringen der erste Plan zur Ansammlung entworfen worden war. Über ihrem Lager wehte als Bundeszeichen eine rote Fahne; Hans Wanner von Warthausen wählten sie zu ihrem Hauptmann. Im Oberallgäu sammelten sich die Bauern gegen Ende Februar aus der Gegend von Tettnang, Raithenau, Langenargen und die Untertanen des Grafen von Montfort. Sie schickten ihre Boten in alle herrschaftlichen Gebiete um den Bodensee herum und waren in Kurzem 7000 Mann stark. Dieser Hause nannte sich der „Seehaufen„, sein Hauptmann war Eitel Hans Ziegenmüller von Unter-Theuringen; dessen Hauptquartier Bermatingen.

Die Kemptischen Bauern hatten, als sie sahen, was um sie hervorging, auf den 27. Februar wieder eine allgemeine Landesversammlung bei der Mallstadt von Luibas ausgeschrieben. Der Geist der Bauern war diesmal ein weniger friedlicher und das Verhalten des Fürstabts und seiner Räte trug noch dazu bei, die Unzufriedenheit aufs Höchste zu steigen. Hans von Freundsberg, einer dieser Räte, erklärte den Bauern rund heraus: „Wir wollen Euch kein Recht gestatten, sondern das Schwert über Euch brauchen; Eure Weiber zu Witwen, Eure Kinder zu Waisen machen, unsere Spieße müssen Euer Friedhof werden.“ Als Antwort beschlossen die Bauern, zum 5. März einen Bundestag des gesamten allgäuischen Landvolks in die Stadt Kempten einzuberufen. Ein Eilbote ging und rief den Knopf von Luibas von Tübingen zurück. „Er solle nicht länger in Tübingen liegen, man sei im Oberland so stark, dass man keines Rechtsstreits mehr bedürfe,“ lautete die Order.

Die Bauernschaften des oberen Allgäus vereinigten sich jetzt in einen Haufen, den sie den „Oberallgäuer Haufen“ nannten. Den 5. März ritten ihre Hauptleute nach Kempten zum Landtag; dort wurde beschlossen, die ganze umliegende Landschaft mit Gewalt in ihr Bündnis zu bringen. Der Haufe zählte gleich Anfangs im Lager zu Oberdorf, zwischen Füssen und Kaufbeuren, 8000 Mann, darunter viele Untertanen des Bischofs von Augsburg. Auch die oppositionellen Geistlichen waren im Oberallgäuischen Haufen stark vertreten.

Den Städten Memmingen und Kaufbeuren gelang es, durch Gewährung starker Zugeständnisse, ihre Bauern zur Ruhe zu bringen, so erklärte sich unter anderem der Rat der ersteren Stadt bereit, die Leibeigenschaft aufzuheben.

Im Unterallgäu brach die Bewegung gleichfalls im Februar aus. Hier hatte namentlich der Truchsess Georg von Waldburg seine Besitzungen. Merkwürdigerweise waren dessen Bauern bisher mit ihm leidlich zufrieden gewesen. Ihre Nachbarn mussten ihnen drohen, würden sie sich ihnen nicht anschließen, werde man sie als Feinde behandeln. Die Untertanen des Truchsess forderten ihren Herrn auf, zu ihnen zu kommen und sich mit ihnen zu verständigen; er lehnte dies mit dem Hinweis auf seine militärischen Pflichten im Dienste des Erzherzogs und des schwäbischen Bundes ab. Als nun die aufgestandenen Bauern ihrer Drohung gemäß in das Gebiet des Truchsess einbrachen, schlossen sich ihnen dessen Untertanen an. Der „Unterallgäuische Haufen“, wie sie sich nannten, zählte nahe an 5000 Mann und wählte zu seinem Hauptmann Florian Greisel, Pfarrer zu Aichstetten, gewöhnlich Pfaff Florian genannt.

Anfang März bildete sich aus den Bauernschaften des Iller-, Roth- und Bibertales und aus allen Orten zwischen Ulm, Augsburg und Donauwörth der zirka 5000 Mann starke Leipheimer Haufen, so genannt, weil er im Städtchen Leipheim, nahe bei Ulm, sein Hauptquartier nahm. Der Pfarrer von Leipheim, Hans Jacob Wehe, wurde Hauptmann des Haufens. Wehe hatte durch seine Predigten sich in der ganzen Gegend einen großen Anhang verschafft, mit Begeisterung war er der Volkssache ergeben und Einer der Eifrigsten im Sinne Müntzers. Als er am Fronleichnamstage 1524 von der Kanzel herunter erklärte, dass er von nun an in seinem Leben keine Messe mehr Lesen werde, setzte er hinzu: „wenn es nicht wider die brüderliche Liebe wäre, wollte er lieber, er hätte so viele Feinde umgebracht, als er Messen gelesen habe,“ und als er von der Kanzel herabstieg, stimmte seine Gemeinde ein Tedeum an.

* * *

Der Baltringer, Oberallgäuer, Unterallgäuer und Seehaufen schlossen am 7. März ein gegenseitiges Schutz- und Trutzbündnis. Es ward bestimmt, dass für den Baltringer Haufen, das Ried bei Biberach, für den Oberallgäuer Luibas, für den Unterallgäuer Raithenau und für den Seehaufen Bermatingen der Sammelplatz sein solle. Jede Pfarrei, die in die Vereinigung geschworen, hatte ihren Hauptmann und ihre Räte und einen Sammelplatz, wo die Mannschaften auf Gebot des Hauptmanns sich versammelten. Neben den Hauptleuten und Räten bestanden gewählte Richter, welche alle Streitigkeiten zu schlichten hatten. Von Zeit zu Zeit hielten die Hauptleute Versammlungen ab und zeitweilig rief der oberste Hauptmann alle Plätze ins Hauptquartier zusammen. Ferner wurde angeordnet, dass in keiner Kirche oder Kapelle die große Glocke geläutet werden dürfe, diese sollte ausschließlich zum Sturmläuten bestimmt sein; läutete sie, so hatte Jeder bei seinem Eide auf dem bestimmten Sammelplatz mit den Waffen in der Hand zu erscheinen und den erteilten Befehlen Folge zu leisten. Endlich wurde noch eine Reihe von Artikeln festgesetzt und angenommen, wie man es mit der Beschaffung von Proviant, Geschütz und dergleichen halten wolle, wie man sich den Klöstern und Herren gegenüber verhalten solle, und was sonst geschehen müsse, um die Ordnung aufrecht zu erhalten.

Die Herren des schwäbischen Bundes, namentlich der Rat zu Ulm, waren unterdes sehr geschäftig, die Bauern zu vertrösten und mit schönen Versprechungen hinzuhalten. Die hohen Herren ritten in allen Bauernlagern umher und taten den Bauern gar schön und freundlich, ihnen versichernd, dass man Alles aufbieten werde, um ihre Beschwerden zu einem guten Ende zu führen. Im Geheimen aber wurde aufs Eifrigste gerüstet und Alles aufgeboten, um ihnen mit übermächtiger Gewalt entgegentreten zu können. Wie es bei dem schwäbischen Bund stand, erhellt aus einem Schreiben des Kanzlers Eck an den Herzog von Bayern vom 9. März, worin es hieß: „Wir werden gegen die Bauern bald solchen Ernst gebrauchen, dass ihr höllisch Evangelium in kurzen Tagen erlöschen wird, die guten frommen Leute vom Regiment zu Esslingen möchten im Ernst, dass man den Bauern nachgebe, das werden wir nicht tun; wir würden dadurch unsere Reputation verlieren wie alle Huren. Der Bauern brüderliche Liebe ist mir ganz zuwider. Ich habe mit meinen natürlichen und leiblichen Geschwistern nicht gern geteilt, geschweige dass ich dies mit Fremden und mit Bauern täte.“

Wirklich ließen sich die Bauern auf Unterhandlungen ein und schickten von den einzelnen Haufen Gesandte nach Ulm, um ein Schiedsgericht zustande zu bringen. Die Bauern-Bevollmächtigten schlugen eine Anzahl städtischer Bürgermeister und Ratsmitglieder, zu denen sie Vertrauen hatten, als Schiedsrichter vor. Die Ulmer Herren verwarfen den Vorschlag als zu weitläufig. Ein neuer Vorschlag ging dahin, dass die Herren und die Bauernschaften jeder Landschaft je 2 Schiedsmänner aus weltlichem Stande wählen sollten. Diese Vier sollten sich einen Fünften als Obmann wählen, und dieses Gericht beide Parteien verhören und entscheiden. Während der Verhandlungen sollte jeder Kampf und jede Feindseligkeit gegenseitig ruhen, die Bauernhaufen ihrer Verpflichtung und ihres Bündnisses entbunden sein und Jeder nach Hause ziehen. Diese Vorschläge nahm man beiderseitig mit acht Tagen Bedenkzeit an. Sonntag Judica, den 2. April, sollten die Bauernschaften ihre Antwort nach Ulm bringen. Vergebens rieten die Einsichtigeren der Bauern von der Annahme dieses Vorschlages ab, die Mehrzahl ging zu ihrem Schaden darauf ein.

Dass es den Herren gelungen war, die Bauern hinzuhalten, hatte sie aus einer tödlichen Verlegenheit befreit. Der Herzog Ulrich von Württemberg, der, wie gemeldet, sich zunächst gegen den Herzog von Bayern wenden wollte, hatte wegen Mangel an Geld diesen Plan aufgeben müssen, und war Ende Februar mit einigen tausend geworbenen Schweizern und einigen Fähnlein Bauern unter dem Kommando von Hans Müller von Bulgenbach, zusammen 6000 Mann zu Fuß und 200 Reitern, nebst einigen Stücken Geschütz über Spaichingen und Balingen direkt auf sein Herzogtum losmarschiert. Der Truchsess folgte ihm mit 300 Reitern und 700 Mann zu Fuß. Unterwegs gelang es ihm, in der Gegend von Balingen, ein Fähnlein Hegauer Bauern, 60 Mann stark, zu überfallen und niederzumachen. Am Morgen des 1. März glückte es ihm auch, 300 Schweizer und Bauern vom Heere Ulrichs im Dörfchen Weilheim zu überraschen und 133 Mann zu erstechen. Sein eigener Verlust betrug nur 15 Pferde. Kurz danach zog Hans Müller von Bulgenbach mit seinen Bauern von Ulrich ab, da er die Stimmung in Württemberg nicht so fand, wie der Herzog ihm vorgemacht. Ulrich suchte in Eilmärschen auf Stuttgart zu ziehen, hoffend, dass er mitten in seinem Lande stärkeren Zuwachs erhalten werde, denn das österreichische Regiment war allgemein verhasst. Der Truchsess zog hart hinter ihm her und hatte bald darauf bei Tübingen, in Folge starker Zuzüge, im Ganzen 700 Pferde und 14.000 Mann zu Fuß beisammen. Bei Herrenberg kam es zu einem Gefecht, das unentschieden blieb, weil die von der österreichischen Regierung aufgebotene württembergische Landwehr sich weigerte, unter des Truchsess Befehl zu kämpfen. Statt nun rasch auf Stuttgart loszurücken, blieb Ulrich drei Tage in Sindelfingen liegen und ließ es sich wohl sein. Dadurch wurde es dem Truchsess möglich, Stuttgart besetzen zu lassen. Als der Herzog einziehen wollte, fand er, dass er es erst erobern müsse. Das entschied seine Niederlage. Die Schweizer Kantone riefen, während Ulrich vor Stuttgart lag, ihre Truppen plötzlich zurück. Es war bei ihnen die Nachricht eingetroffen, dass Ulrichs Bundesgenosse, der König Franz I. von Frankreich, in der Schlacht von Pavia durch Kaiser Karl V. geschlagen und gefangen genommen worden sei, und da fürchteten die Schweizer Herren, die Rache des Kaisers auf sich zu ziehen. In Württemberg hatten sich nur wenige Ortschaften für Ulrich erklärt, und so war er, nachdem die Schweizer abgezogen, außerstande, sich gegen das gut verteidigte Stuttgart und das Heer des Truchsess zu halten. Ja es stand ihm nahe genug noch Schlimmeres bevor. Die Schweizer nahmen nicht nur vom Erzherzog von Österreich den rückständigen Sold an, den ihnen Ulrich schuldete, sie waren auch bereit, gegen Geld ihn in die Hände seiner Feinde zu liefern. Aber der Herzog erhielt Kunde von diesem Plan und es gelang ihm, wenn auch nur mit genauer Not, der Schmach einer Gefangenschaft durch seine eigenen Söldner zu entgehen.

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Die glückliche Beseitigung Ulrichs gab dem schwäbischen Bunde jetzt freie Hand gegen die Bauern. Dass die letzteren in so unverantwortlicher Weise sich hatten hinhalten lassen, entspricht nur zu sehr dem Charakter des Volkes, das unfähig ist, hinter glatten Worten und Versicherungen und schönen Versprechungen seiner Todfeinde Betrug und Heuchelei zu erblicken. Wer da weiß, mit welcher Vertrauensseligkeit 1848 und 49 das Volk allerwärts den Versprechungen der Fürsten entgegenkam, um bald genug die bittere Enttäuschung zu erfahren, wird sich nicht wundern, dass die geraden und ehrlichen, aber unwissenden und beschränkten Bauern des sechzehnten Jahrhunderts sich von ihren Herren betrügen ließen. Nun gibt es aber auch in jedem Revolutionslager zwei Parteien. Eine, die weit geht und Alles verlangen will, darum aber auch begreift, dass sie auf Kompromisse mit ihren Feinden sich nicht einlassen darf, und eine andere, deren Interesse ihr ein weniger entschiedenes Auftreten wünschenswert erscheinen lässt und sie zu gütlichen Vergleichen geneigt macht. Die erstere Partei wird stets aus den klarsehenden Idealisten bestehen, die sich ohne Rücksicht auf ihr persönliches Interesse der Bewegung angeschlossen haben und das ganze Ziel erreichen wollen. Diese werden die unteren und armen Volksschichten auf ihrer Seite haben, deren Interesse ihnen eine ganze und keine halbe Revolution gebietet. Die andere Partei werden die von Natur gemäßigteren Elemente und alle diejenigen bilden, deren höhere soziale und bessere materielle Stellung sie fürchten lässt, bei zu weitem Vorgehen sich selbst zu schädigen. Letztere sind die „Klugen und Besonnenen“, die Männer, welche die Massen nur benutzen wollen, um ihr Ziel zu erreichen und, wenn die Bewegung über dieses Ziel hinauszugehen droht, leicht geneigt sind, zum Verräter an ihr zu werden, indem sie entweder mit dem Gegner paktieren, oder in den Reihen der Revolutionäre Mutlosigkeit und Misstrauen säen.

Da die letztere Partei sich aus den Begüterten rekrutiert und in Folge ihrer sozialen Stellung und aus hergebrachter Gewohnheit auf die Armen und Unterdrückten einen großen Einfluss ausübt, wird sie stets da, wo nicht die Ereignisse die Leidenschaften aufstacheln und die Erkenntnis der Massen schärfen, die Oberhand gewinnen. Was ihr noch besonderes Übergewicht verleiht, ist der Charakter der gänzlich Unterdrückten. Letztere sind in ihrer Knechtsstellung so daran gewöhnt, mit Wenigem vorlieb zu nehmen, dass sie sich leicht befriedigen lassen. Auch das Leid, das sie selbst ihr Leben lang empfunden, macht sie gegen fremdes Leid empfindsam und stets zur Milde und Nachgiebigkeit geneigt, und zwar zu ihrem eigenen Nachteil.

Zu einem konsequenten energischen Auftreten gegen seine Feinde hat sich das Volk, die große französische Revolution ausgenommen, noch kaum in einer Revolution aufgerafft; auch ist, was von der Grausamkeit und Rachsucht des Volkscharakters gesagt wird, Lüge und Verleumdung.

Die Geschichtsschreiber der herrschenden Klassen mögen das Gegenteil behaupten, zu beweisen sind sie es nicht imstande. Das Volk hat fast in allen Revolutionen mit einer auffallenden Mäßigung gegen seine Feinde gehandelt, obgleich es wahrlich hundertfältige Ursache hatte, die Rache und Vergeltung im weitesten Umfange zu üben. Ein Volk muss überhaupt schon zum Äußersten gebracht sein, bis es sich entschließt, Gewalt mit Gewalt zu vertreiben. Nur im Affekt der höchsten Leidenschaft und wenn zur Wut gereizt, wird es sich zu Handlungen hinreißen lassen, die vielleicht Grausamkeiten genannt werden können. Und solche Grausamkeiten werden mit denjenigen, die es erdulden musste, ehe es überhaupt zur Selbsthilfe zu greifen sich entschloss, selten sich vergleichen lassen. Siegen hingegen die Feinde der Revolution, dann kennt ihre Rache keine Grenze, erbarmungslos wüten sie und schmettern nieder, was gewagt, sich ihrem Herrschafts- und Ausbeutungsgelüst in den Weg zu stellen.

Im Bauernkrieg gab es ebenfalls eine gemäßigte und eine entschiedene Partei, die stets sich bekämpften und von denen jede, je nach dem Stand der Dinge, bald oben, bald unten war. Es gab namentlich in der Führerschaft nicht wenige, die sich der Bewegung angeschlossen, weil sie entweder persönlich erlittene Unbill zu vergelten und eine verlorene Stellung wieder zu erlangen trachteten, oder die, wenn auch in ehrlicher Absicht, die Bewegung ausnutzen und benutzen wollten, um einen politischen Zustand zu schaffen, der nicht das Bestehende aufhob, sondern die einzelnen Stände in ein besseres Verhältnis zu einander brachte. Bei einem solchen Streben musste der arme Mann am schlechtesten wegkommen, und es wird sich im Laufe des Krieges zeigen, bis zu welchem Grade diese rückläufigen Bestrebungen gediehen. Zu der hier gekennzeichneten Führerschaft hielt in erster Linie, was sich vom bürgerlichen Element den Bauern angeschlossen hatte. In den Städten war der Druck nie so hart gewesen wie auf dem Lande, die Städter waren also auch leichter zu befriedigen. Ferner gehörten zu dieser Partei die Bauern, die nicht in einem eigentlichen Leibeigenschaftsverhältnis, sondern im bloßen Untertänigkeits- oder Zinsverhältnis zu ihren Herrschaften standen. Ihre Zahl war bedeutend, und sie beherrschten durch ihren Einfluss, in Verbindung mit dem bürgerlichen Element, die Majorität. Das streng revolutionäre Element, wie es durch die Prädikanten repräsentiert wurde, war in der Minorität und es konnte den Haufen der Schwankenden nur dann auf seine Seite bringen und seine Ansicht für energisches und gründliches Vorgehen durchsetzen, wenn die gemeinsamen Feinde durch ihre Haltung der Masse die Überzeugung aufdrangen, dass kein anderer Weg mehr übrig blieb.

Es fehlte aber im Lager der Bauern auch nicht an Gesindel, und zwar namentlich aus den Städten, das nur in der Hoffnung auf Beute und üppiges Leben ihrem Zuge sich anschloss und sich verschiedentlich höchst unangenehm bemerkbar machte. Das Plündern der vielen Schlösser und namentlich der vielen Klöster, mit ihren reichen Vorräten, trug dazu bei, dass die Bauern allgemach, mehr als für ihr Unternehmen gut und nützlich war, die kostbarste Zeit vertrödelten und demoralisiert wurden. Aber so sehr man auch das häufig zwecklose Plündern und Verwüsten tadeln mag, so sehr auch die Gegner der Bauern über das Niederbrennen zahlreicher Schlösser und Klöster zu räsonieren Ursache haben, Grausamkeiten gegen Personen lassen sich seitens der Bauern nur ganz vereinzelt nachweisen. Wohl haben sie ihre gefangenen Gegner häufig gehänselt und verspottet, wohl wurden, namentlich bei Weinsberg, eine Anzahl derselben durch die Spieße gejagt, aber das erste war harmlos und spricht gerade für die Mäßigung der Bauern, und letzteres war ein Akt, den die Betreffenden im vollsten Maße durch ihr meuchelmörderisches Verhalten provoziert hatten. Man quälte sie auch nicht zu Tode, wie es später die Herren mit ihren Gegnern machten, sondern man vollzog das Urteil kurz und bündig nach Kriegsgebrauch.

Ein großer Mangel war die ungenügende Organisation, um die erbeuteten Vorräte richtig zu verwalten und nur nach Bedürfnis zu verteilen. Dadurch wurde die Verpflegung der Massen eine sehr unregelmäßige, und das trug ganz wesentlich dazu bei, dass man heute, wo der Überfluss sich bot, im Übermaß ihn genoss, weil man nicht wusste, ob man den nächsten Tag das Notdürftige haben werde. Zwei andere sehr wesentliche Punkte, die zum Verderben der Bauern ausschlugen, waren der Mangel an Geschütz und Munition und an Reiterei. Ersteres hätte sich vielleicht zur Genüge beschaffen lassen, wenn die oberste Leitung es sich angelegen sein ließ, die Herren und Städte, die aus Furcht vor den Bauern sich anschlossen, streng zur Gestellung desselben anzuhalten. Aber da war es die leidige Rücksicht, die dieses verbot. Obgleich es für jeden Einsichtigen klar sein musste, dass alle die adeligen Herren, die, als die Bauern die Macht hatten, so eilig in ihren Bund eintraten, sofort ihn verlassen würden, sobald sie die erste Niederlage erlitten, so forderte man von ihnen doch nur das Notdürftigste, und von diesem waren sie imstande oftmals noch abzuhandeln. So behielten die zahlreichen Vesten und Burgen überflüssiger Weise das Geschütz, das den Bauern so mangelte. Zahlreiches Geschütz hätte auch den Mangel an Reiterei ausgeglichen, die bei den Gegnern die Stärke war. Mit Recht wurde die Reiterei als „der Bauern Tod“ bezeichnet, ihr konnten sie bei dem Mangel an Schießwaffen mit ihren Hellebarden und Spießen nicht widerstehen.

Ein anderer Übelstand war der Mangel an Geld. Sicher hätten die Erträgnisse, welche die Wegnahme der goldenen und silbernen Geräte aus den Kirchen und das Geld der Opferstöcke der Heiligen und was sonst an barem Gelde von den Klöstern und Herren aufzutreiben war, genügt, die notwendigen Ausgaben zu decken, und es wurden in diesem Sinne auch Beschlüsse gefasst, aber es fehlte an der Verwaltung und Organisation. Statt dass Alles, was an Geld und Geldeswert erbeutet wurde, der Kriegskasse zu Gute kam, wurde es am häufigsten unter die einzelnen Haufen und Fähnlein verteilt, von den Einzelnen weggeschleppt und, soweit es sich um Gerätschaften handelte, für ein Lumpengeld an die den Haufen stets folgenden zahlreichen Juden verkauft, die dabei ihre Ernte hielten.

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Die Bauern hatten ihre Beschwerden wider ihre Herren überall in bestimmte Artikel gefasst, die, zwar nach den Lokalzuständen verschieden, in der Hauptsache aber übereinstimmten. Gewisse Hauptforderungen kehrten überall wieder. Wie die Mühlhausener Bauern unter dem Beistand Pfeiffers dem Rat 16 Beschwerdepunkte überreichten, so geschah es ähnlich Anfangs des Jahres 1525 seitens der Landleute der Landgrafschaft Stühlingen und anderer Herrschaften, und es ist wohl anzunehmen, dass Müntzer und Pfeiffer, die um jene Zeit in den oberen Landen verkehrten, dabei mitgewirkt. Ende Februar und Anfang März erschienen diese verschiedenen Forderungen, in zwölf Artikeln zusammengefasst, als ein allgemeines Manifest der Bauern gedruckt, und zwar zunächst in Oberschwaben, und verbreiteten sich von dort mit Blizesschnelle durch ganz Deutschland. Ihre Überschrift lautete: „Die gründlichen und rechten Hauptartikel aller Bauernschaften und Hintersassen der geistlichen und weltlichen Obrigkeiten, von welchen sie sich ganz hart und hoch beschwert vermeinen.“ Nach einer längeren Einleitung, die sich namentlich gegen den Vorwurf richtet, als sei das neue Evangelium die Ursache des Aufstandes, lautet das Schriftstück also:

1. Artikel. Zum Ersten ist unsere demütige Bitte und Begehr, auch unser Aller Wille und Meinung, dass wir nun fürhin Gewalt und Macht haben wollen, eine ganze Gemeinde soll einen Pfarrer selbst erwählen und kiesen, auch Gewalt haben, denselben wieder zu entsetzen, wenn er sich ungebührlich hielte. Der erwählte Pfarrer soll uns das Evangelium lauter und klar predigen ohne allen menschlichen Zusatz, Menschenlehre und Gebot. Denn das, dass uns der wahre Glaube stets verkündigt wird, gibt uns eine Ursache, Gott um seine Gnade zu bitten, dass er uns denselben lebendigen Glauben einbilde und in uns bestätige. Denn wenn seine Gnade in uns nicht eingebildet wird, so bleiben wir stets Fleisch und Blut, das dann nichts nutze ist, wie klärlich in der Schrift steht, dass wir allein durch den wahren Glauben zu Gott kommen können, und allein durch seine Barmherzigkeit selig werden müssen. Darum ist uns ein solcher Vorgeher und Pfarrer von Nöten, und in dieser Gestalt in der Schrift gegründet.

2. Artikel. Zum Andern, nachdem der rechte Zehnt aufgesetzt ist im alten Testament und im neuen als erfüllt, wollen wir nichts desto minder den rechten Kornzehnten geben, doch wie es sich gebührt. Demnach solle man ihn Gott geben und den Seinen mitteilen. Gebührt er einem Pfarrer, der klar das Wort Gottes verkündet, so sind wir Willens: es sollen hierfür diesen Zehnten unsere Kirchpröbste, welche dann eine Gemeinde setzt, einsammeln und einnehmen, davon einem Pfarrer, der von einer ganzen Gemeinde erwählt wird, seinen ziemlichen genugsamen Unterhalt geben, ihm und den Seinen, nach Erkenntnis einer ganzen Gemeinde; und was überbleibt, soll man armen Dürftigen, so in demselben Dorf vorhanden sind, mitteilen, nach Gestalt der Sache und Erkenntnis einer Gemeinde. Was übrig bleibt, soll man behalten für den Fall, dass man von Landesnot wegen einen Kriegszug machen müsste; damit man keine Landesteuer auf den Armen legen dürfe, soll man es von diesem Überschuss ausrichten. Fände es sich, dass eines oder mehr Dörfer wären, welche den Zehnten selbst verkauft hätten, etlicher Not halber, soll der, welcher von selbigem zeigt, dass er ihn in der Gestalt von einem ganzen Dorfe hat, solches nicht entgelten, sondern wir wollen uns ziemlicher Weise nach Gestalt der Sache mit ihm vergleichen, ihm solches wieder mit ziemlichem Ziel und Zeit ablösen. Aber wer von keinem Dorfe solches erkauft hat, denen wollen und sollen wir nichts weiter geben, sind ihnen auch nichts weiter schuldig, als wie oben steht, unsere erwählten Pfarrer damit zu unterhalten, nachmals ablösen oder den Dürftigen mitteilen. Ob Geistlichen oder Weltlichen, den kleinen Zehnten wollen wir gar nicht geben. Denn Gott der Herr hat das Vieh frei den Menschen erschaffen. Diesen Zehnten schätzen wir für einen unziemlichen Zehnten, den die Menschen erdichtet haben; darum wollen wir ihn nicht weiter geben.

3. Artikel. Zum Dritten ist der Brauch gewesen, dass man uns für Eigenleute gehalten hat, welches zum Erbarmen ist, angesehen, dass uns Christus Alle mit seinem kostbaren, vergossenen Blute erlöst und erkauft hat, den niederen Hirten ebenso wohl als den Allerhöchsten, Keinen ausgenommen. Darum erfindet sich in der Schrift, dass wir frei sind und wir wollen frei sein. Nicht dass wir gar frei sein, keine Obrigkeit haben wollen; das lehret uns Gott nicht. Wir sollen in Geboten leben, nicht in fleischlichem Mutwillen, sondern Gott lieben als unsern Herrn, in unsern Nächsten ihn erkennen, und Alles das ihnen tun, was wir auch gern hätten, wie uns Gott am Nachtmahl geboten hat zu einer Letze. Darum sollen wir nach seinem Gebot leben. Dies Gebot zeigt und weist uns nicht an, dass wir der Obrigkeit nicht gehorsam seien. Nicht allein vor der Obrigkeit, sondern vor Jedermann sollen wir uns demütigen. Wie wir auch gerne unserer erwählten und gesetzten Obrigkeit, so uns von Gott gesetzt ist, in allen ziemlichen und christlichen Sachen gehorsam sind; wir sind auch außer Zweifel, ihr werdet uns der Leibeigenschaft als wahre und rechte Christen gern entlassen, oder uns aus dem Evangelium dessen berichten, dass wir leibeigen sind.

4. Artikel. Zum Vierten ist bisher im Brauch gewesen, dass kein armer Mann Gewalt gehabt hat, das Wildbret, Geflügel oder Fische im fließenden Wasser zu fangen, was uns ganz unziemlich und unbrüderlich dünkt, eigennützig und dem Worte Gottes nicht gemäß. Auch hegt in etlichen Orten die Obrigkeit das Gewild uns zu Trutz und mächtigem Schaden, weil wir leiden müssen, dass uns das Unsere, was Gott dem Menschen zu Nutz hat wachsen lassen, die unvernünftigen Tiere zu Unnutz mutwillig verfreffen, und wir sollen dazu stillschweigen, was wider Gott und den Nächsten ist. Denn als Gott den Menschen erschuf, hat er ihm Gewalt gegeben über alle Tiere, über den Vogel in der Luft und über die Fische im Wasser. Darum ist unser Begehren: wenn Einer ein Wasser hätte, dass er es mit genugsamer Schrift, als unwissentlich erkauft, nachweisen mag; solches begehren wir nicht mit Gewalt zu nehmen, sondern man müsste ein christliches Einsehen darein haben, von wegen brüderlicher Liebe. Aber wer nicht genugsame Beweise dafür anbringen kann, soll es ziemlicher Weise an die Gemeinde zurückgeben.

5. Artikel. Zum Fünften sind wir auch beschwert der Beholzung halb, denn unsere Herrschaften haben sich die Hölzer allein zugeeignet, und wenn der arme Mann etwas bedarf, muss er’s ums doppelte Geld kaufen. Unsere Meinung ist, was für Hölzer Geistliche oder Weltliche, die sie immer haben, die sollen einer ganzen Gemeinde wieder anheim fallen, und einem Jeglichen aus der Gemeinde soll ziemlicher Weise frei sein, daraus seine Notdurft ins Haus umsonst zu nehmen, auch zum Zimmern, wenn es von Nöten sein würde, soll er es umsonst nehmen dürfen, doch mit Wissen derer, die von der Gemeinde dazu erwählt worden, wodurch die Ausrentung des Holzes verhütet werden wird. Wo aber kein Holz vorhanden wäre, als solches, was redlich erkauft worden ist, so soll man sich mit den Käufern brüderlich und christlich vergleichen. Wenn aber Einer das Gut anfangs sich selbst zugeeignet und es nachmals verkauft hätte, so soll man sich mit den Käufern vergleichen nach Gestalt der Sache und Erkenntnis brüderlicher Liebe und heiliger Schrift.

6. Artikel. Zum Sechsten ist unsere harte Beschwerung der Dienste halb, welche von Tag zu Tag gemehrt werden und täglich zunehmen. Wir begehren, dass man darein ein ziemlich Einsehen tue und uns dermaßen nicht so hart beschwere, sondern uns gnädig hierin ansehe, wie unsere Eltern gedient haben, allein nach Laut des Wortes Gottes.

7. Artikel. Zum Siebenten wollen wir hierfür uns von einer Herrschaft nicht weiter beschweren lassen, sondern wie es eine Herrschaft ziemlicher Weise Einem verleiht, also soll er besitzen, laut der Vereinigung des Herrn und der Bauern. Der Herr soll ihn nicht weiter zwingen und dringen, nicht mehr Dienste noch anderes von ihm begehren, damit der Bauer solch Gut unbeschwert, also geruhlich brauchen und genießen möge, wenn aber des Herrn Dienst von Nöten wäre, soll ihm der Bauer willig und gehorsam vor anderen sein, doch zu Stund und Zeit, da es dem Bauern nicht zum Nachteil diene, und soll ihm um einen ziemlichen Pfennig den Dienst tun.

8. Artikel. Zum Achten sind wir beschwert, und derer sind Viele, so Güter inne haben, indem diese Güter die Gült nicht ertragen können und die Bauern das Ihrige darauf einbüßen und verderben. Wir begehren, dass die Herrschaft diese Güter ehrbare Leute besichtigen lasse und nach der Billigkeit eine Gült erschöpfe, damit der Bauer seine Arbeit nicht umsonst tue; denn ein jeglicher Tagewerker ist seines Lohnes würdig.

9. Artikel. Zum Neunten sind wir beschwert der großen Frevel halber, indem man stets neue Ansätze macht, nicht dass man uns straft nach Gestalt der Sache, sondern zu Zeiten aus großem Neid und zu Zeiten aus großer parteilicher Begünstigung Anderer. Unsere Meinung ist, uns nach alter geschriebener Straf zu strafen, je nachdem die Sache gehandelt ist, und nicht parteiisch.

10. Artikel. Zum Zehnten sind wir beschwert, dass etliche sich haben zugeeignet Wiesen und Äcker, die doch einer Gemeinde zugehören. Selbige werden wir wieder zu unserer Gemeinen Händen nehmen, es sei denn die Sache, dass man es redlich erkauft hätte; wenn man es aber unbilliger Weise erkauft hätte, soll man sich gütlich und brüderlich mit einander vergleichen nach Gestalt der Sache.

11. Artikel. Zum Elften wollen wir den Brauch, genannt der Todfall, ganz und gar abgetan haben, nimmer leiden noch gestatten, dass man Witwen und Waisen das Ihrige wider Gott und Ehren also schändlich nehmen und sie berauben soll, wie es an vielen Orten in mancherlei Gestalt geschehen ist. Von dem, was sie beschützen und beschirmen sollten, haben sie uns geschunden und geschaben, und wenn sie ein wenig Fug hätten gehabt, hätten sie dies gar genommen. Das will Gott nicht mehr leiden, sondern das soll ganz ab sein, kein Mensch soll hierfür beim Todfall schuldig sein, etwas zu geben, weder wenig noch viel.

12. Artikel. Zum Zwölften ist unser Beschluss und endliche Meinung: Wenn einer oder mehrere der hier gestellten Artikel dem Worte Gottes nicht gemäß wären, so wollen wir, wo uns selbige Artikel mit dem Worte Gottes als unziemlich nachgewiesen werden, davon abstehen, sobald man uns es mit Grund der Schrift erklärt. Und ob man uns gleich etliche Artikel jetzt schon zuließe, und es befände sich hernach, dass sie Unrecht wären, so sollen sie von Stund an tot und ab sein, nichts mehr gelten. Desgleichen wenn sich in der Schrift mit der Wahrheit mehr Artikel fänden, die wider Gott und dem Nächsten zur Beschwernis wären, wollen wir uns diese auch vorzubehalten beschlossen haben. und uns in aller christlichen Lehre üben und brauchen, darum wir Gott den Herrn bitten wollen, der uns dasselbige tun kann, und sonst Niemand. Der Friede Christi sei mit uns Allen.“

Niemand wird behaupten können, dass diese Artikel unerfüllbare Forderungen enthielten, sie waren im Gegenteil bescheiden, und wäre es den Herren um Gerechtigkeit zu tun gewesen, mussten sie mit Freuden auf dieser Basis den Frieden herstellen. Aber es ist wider die Natur einer herrschenden Klasse, anders als gezwungen ihr Vorrecht fahren zu lassen. Die modernen Bourgeois sind eben so harthörig und hartherzig, wie die mittelalterlichen Feudalherren.

Der eigentliche Verfasser dieser Artikel ist nicht bekannt, wahrscheinlich arbeiteten verschiedene daran. Müntzer, dem man sie zuschrieb, gab vor seinem Tode auf der Folter befragt an: „Er habe im Hegau und Klettgau etliche Artikel, wie man herrschen soll, aus dem Evangelium angegeben, und daraus hätten später Andere Artikel gemacht.“ Nach den Verfassern befragt, antwortete er: „Aus etlichen Artikeln, welche die Brüder bewegt haben, deren Verfasser ihm nicht bekannt sei, seien die zwölf Artikel der Schwarzwälder Bauern gewesen und Anderer.“ Und das ist wahrscheinlich, denn Müntzer würde die Forderungen schärfer und weniger diplomatisch formuliert haben. Neben Müntzer wurde auch der Pfarrer Schappeler zu Memmingen genannt, dieser bestritt es später; selbst der Fuchssteiner, der zu Kaufbeuren mit im Rat der christlichen Brüderschaft gesessen, sollte daran gearbeitet haben. Sei dem wie ihm wolle, die Artikel galten als allgemeines Bauernprogramm und wurden als solches in allen Haufen anerkannt und über ganz Deutschland verbreitet.

Wenn die zwölf Artikel in der vorliegenden Fassung auf keinen Fall von Müntzer herrührten, so ist dies sicher mit einem anderen Schriftstück der Fall, das als „Artikelbrief“ gleichzeitig mit den zwölf Artikeln erschien und auf dem ganzen Schwarzwald verbreitet wurde. Auch ließ Müntzer um jene Zeit eine seiner revolutionärsten Schriften verbreiten, worin er auseinandersetzte, wie die Herren regierten und wie man regieren solle. Er bewies darin aus dreizehn Stellen der Bibel, dass das Volk das Recht habe, schädliche Herren abzusehen. „Nur es kurz gemacht. Alle die Herren, die aus ihres Herzens Lust und ihren eigenwilligen letzten Köpfen eigennötige Gebote, ich geschweige Vergewaltigung, Steuer, Zoll, Umgeld, aufbringen, die sind rechte und echte Räuber und abgesagte Feinde ihrer eigenen Landschaft. Nur solche Moab, Agag, Ahab, Phalaris und Nero aus den Stühlen gestoßen, ist Gottes höchstes Wohlgefallen.“ Die Bauern fordert er zur Standhaftigkeit auf, und malt ihnen aus, was ihnen bevorstehe, wenn sie ihre Sache nicht zu gutem Ende führten. „Überseht ihr“, ruft er, „das Spiel, so sehet ihr nichts vor euch als Weh über Weh und ein gräuliches Morden, das über euch kommen würde und über alle Bauernschaft. Oh Weh und Jammer über eure Kinder, wie werdet ihr ihnen hinter euch so ein stiefväterlich Erbe hinterlassen; sehet zu, müsset ihr jetzt fronen mit Karst, Haue und Pferden, so müssen eure Kinder selbst in die Egge ziehen; habt ihr bisher mögen eure Güter umzäunen vor dem Wild, so müsst ihr sie nunmehr offen lassen stehen; hat man euch bisher darum die Augen ausgestochen, so wird man euch fürder spießen. Habt ihr bisher Hauptrecht gegeben. seid ihr Leibeigen gewesen, so müsst ihr fürderhin völlige Sklaven werden, nichts eigen mehr haben, weder an Leib noch an Gut; ganz nach türkischer Art wird man euch verkaufen, wie das Vieh, Ross und Ochsen. Tut eurer einer nur ein Rümpflein dawider, da wird nichts Anderes daraus, denn dass man euch peinigt und martert, und es wird des Verhebens und Vermaledeiens kein Maß haben; dann heißt’s mit euch Verrätersbuben nur flugs dem nächsten Turme zu, und eine Marter über die andere gelegt, danach mit Ruten ausgehauen, die Andern durch die Backen gebrannt, die Finger abgehauen, die Zunge ausgerissen, gevierteilt, geköpft.“

Müntzer kannte die Gegner, was er vorhergesagt, traf ein.

* * *

Sobald der Einfall des Herzogs Ulrich in sein Herzogtum verunglückt war, schickte der schwäbische Bund dem Truchsess den Befehl, sich gegen die Bauern an der Donau zu wenden. Dies geschah, während die Unterhandlungen zur Verständigung mit ihnen im vollen Gange waren und noch ehe der Waffenstillstand vom 25. März seinen Anfang genommen hatte. Als die Landsknechte hörten, dass sie wider die Bauern ziehen sollten, verweigerten sie den Gehorsam. Der Truchsess sah sich genötigt, eine bittende Rede an sie zu richten, aber ohne Erfolg. Erst nach und nach gelang es, die einzelnen Fähnlein umzustimmen, die Konstanzer allein verweigerten den Dienst und zogen heim.

Die Kunde von dem heimtückischen Verhalten des schwäbischen Bundes und dem Anzug des Truchsess war den Bauern sehr bald durch davongelaufene Landsknechte zugetragen worden und hatte sie in die größte Entrüstung versetzt. Von Dorf zu Dorf läuteten die Sturmglocken und erscholl das Zierholdgeschrei, die Bauern unter die Waffen rufend. Mit den letzten Tagen des März und den ersten des April erhoben sie sich, nicht bloß im Allgäu, an der Donau und in Oberschwaben, sondern auch in Tirol, auf dem Schwarzwald, im Breisgau, auf der württembergischen Alb, in den Gebieten von Heilbronn und des Deutschordens, im Odenwald, im Hohenlohischen, in Franken und Thüringen.

Der Baltringer Haufe begann am 26. März die Feindseligkeiten damit, dass er eine Anzahl Schlösser der größten Bauernfeinde aushob und sie niederbrannte. Da dieses in der Nähe der Besitzungen des Truchsess vor sich ging, beschloss er, nicht, wie er beabsichtigt, sich zunächst nach Leipheim, sondern nach Oberschwaben zu wenden. Am 30. März versuchte er bei Erbach mit 7800 Mann Fußvolk und 2000 Reitern über die Donau den Bauern entgegen zu rücken, die auf dem rechten Ufer im Ried standen. Aber die Brücke trug das Geschütz nicht und seine Reiterei war im Ried nicht zu gebrauchen. Einige Tage später kam es bei Delmenfingen zu einem kleinen Scharmützel, bei dem die Bauern über hundert Söldner erstachen, andere gefangen nahmen.

Da die Bauern in ihrer Stellung im Ried unangreifbar waren, suchte der Truchsess sie durch Unterhandlungen daraus hervorzulocken, beziehentlich ihr Lager auszukundschaften. Die Bauern merkten den Plan, wiesen die Unterhandlung zurück und brachen, als es dunkel wurde, ihr Lager ab, das sie in einem hinter ihnen liegenden Gehölz aufschlugen. Der Truchsess seinerseits wurde durch einen Zufall vor großem Schaden bewahrt. In seinem Lager sollte während der Nacht eine Meuterei der Landsknechte ausbrechen. Diese wurde dadurch verhindert, dass der Tambour, den er zur Unterhandlung an die Bauern gesandt, fürchtete in der Dunkelheit überfallen zu werden und deshalb die Trommel schlug. Das verursachte blinden Lärm und brachte das ganze Lager in Aufruhr, in Folge dessen die Meuterei unterblieb. Die Bauern aber, die den Lärm gehört und misstrauisch gemacht, Verrat vermuteten, zogen sich über die Donau auf die Alb zurück, wohin das Heer ihnen nicht zu folgen vermochte.

Am ersten April begannen auch die Bauernhaufen bei Langenau, Leipheim und Illertissen die Feindseligkeiten; der letztere Haufe zählte 6000, die beiden ersteren zusammen an 9000 Mann. Jakob Wehe rückte an der Spitze des Leipheimer Haufens auf Weißenborn, um es einzunehmen. Die Stadt wurde durch die Bürgerschaft verteidigt. Nachdem man eine Stunde ohne großen Schaden sich gegenseitig beschossen, brach die Nacht herein und der Kampf hörte auf. Am nächsten Morgen rückten die Bauern nach dem reichen Kloster Roggenburg und plünderten es. Namentlich war man eifrig darauf aus, die Urkunden und Akten, in denen die Gülten und Verpflichtungen der Bauern verzeichnet standen, zu vernichten. Dieses Verfahren wurde stehende Taktik bei allen Klostereinbrüchen während des ganzen Kriegs.

Ein Teil des Leipheimer Haufens hatte sich durch List der Stadt Günzburg bemächtigt. Da hörte Jakob Wehe, dass der Truchsess ihnen hart auf den Fersen sei. Wehe schrieb an den Truchsess, um Unterhandlungen anzuknüpfen, damit er Zeit gewinne, die verschiedenen Haufen an sich zu ziehen; allein erfolglos. Eine 1200 Mann starke Abteilung des Langenauer Haufens wurde am Forst bei Göppingen von den Reitern des Truchsess überfallen, fünfzig wurden getötet, ein Teil in die Donau gesprengt, worin Viele ertranken, 250 wurden gefangen und nach Ulm geführt.

Der Leipheimer Haufe hatte sich eiligst in Verteidigungszustand gesetzt. Vor Leipheim kam es zum Gefecht. Bei der Übermacht des Truchsess sahen die Bauern sich genötigt, sich zurückzuziehen; sie führten dies mit großem Geschick aus und nahmen ihre Toten und Verwundeten mit. Aber den Reitern des Truchsess gelang es nach vieler, durch die Ungunst des Bodens verursachter Mühe, den Bauern in den Rücken zu kommen und den Rückzug abzuschneiden. Es entstand ein blutiges Gemetzel, in dem 500 Bauern getötet wurden; 400 ertranken in der Donau, 2000 gelang es auf verschiedene Weise sich zu retten und Leipheim zu erreichen.

Der Truchsess begann darauf den Sturm auf Leipheim; es war sicher, dass die Stadt nicht widerstehen konnte, und so bat sie um Gnade. Er verlangte, dass sie auf Gnade und Ungnade sich ergebe und namentlich ihren Prediger ausliefere. Die Stadt ergab sich. Jakob Wehe flüchtete mit einem Vertrauten auf einem geheimen Weg aus der Stadt und verbarg sich in einer Höhle an dem Ufer der Donau. Ein Hund, der die Flüchtlinge entdeckte, bellte vor der Höhle und lockte einige umherstreifende Söldner herbei, welche die Flüchtlinge gefangen nahmen und vor den Truchsess führten. Jakob Wehe, der Pfarrer von Günzburg, das mittlerweile gleichfalls erobert worden war, und noch sechs Andere wurden zum Tode verurteilt und sollten den 5. April Abends auf einem Acker hingerichtet werden; dies geschah auch mit Jakob Wehe und vier seiner Genossen, dagegen rettete die hereinbrechende Nacht den übrigen, darunter dem Pfarrer von Günzburg, das Leben. In Langenau wurden zwei hingerichtet, der Rat zu Ulm vollzog an den Gefangenen ebenfalls mehrere Bluturteile, andere Gefangene wurden peinlich befragt. Sämtliche bei dem Aufstande Beteiligte mussten, so weit man ihrer habhaft werden konnte, harte Geldbußen leisten.

Sonntag Judica den zweiten April zog der Oberallgäuische Haufe vor das Schloss Liebentann, wohin der Fürstabt von Kempten sich geflüchtet hatte, und belagerte es. Zuvor wurde das Kloster bei Kempten gründlich ausgeplündert und alle Urkunden vernichtet. Nach dem Kloster kamen verschiedene Schlösser an die Reihe, die niedergebrannt wurden. Die Bauern gingen sehr systematisch zu Werk.

Ein Teil der Oberallgäuer unter dem Kommando Walther Bachs war vor Füssen, eine Stadt des Bischofs von Augsburg, gerückt, um diese einzunehmen; die ihnen feindlich gesinnte Bürgerschaft setzte sich zur Wehr. Da der Bischof von Augsburg ihnen keine Hilfe senden konnte, wandten sie sich an den Erzherzog Ferdinand. Dieser, der den Fall vorausgesehen, weil er den Hauptmann der Bauern, Walther Bach, zuvor bestochen hatte, versprach nur dann Hilfe zu leisten, wenn die Stadt sich ihm als Gebieter unterwerfe. Er hoffte sie für immer behalten zu können. Von der Not gedrängt gingen die Füssener darauf ein. Die Bauern wollten den Vertrag mit Österreich nicht gelten lassen und erklärten ihn für Schwindel; doch Walther Bach setzte den Abzug durch. Aber sein Spiel wurde durchschaut, er wurde abgesetzt und Paul Propst von Oberndorf an seine Stelle gewählt. Die eigentümliche Stellung des Erzherzogs zu den Bauern hatte ihren guten Grund. Von dem Augenblicke an, wo die gesamte Bauernschaft sich erhob, sah der Erzherzog in dem Aufstand ein Mittel, um sein Besitztum zu vergrößern. Wie er Württemberg sich in die Hände gespielt, so dachte er es ähnlich mit Oberschwaben, Salzburg und anderen Gebieten machen zu können. Er handelte hier wie andere Fürsten, namentlich die Hohenzollern, welche die Verlegenheit der kleinen Herren benutzten, um sie in die Tasche zu stecken. Diese letzteren waren es, denen in letzter Instanz der Bauernkrieg den Hals brach.

Die Abteilung des Oberallgäuer Haufens, welche das Schloss Liebentann belagerte, hatte guten Erfolg. Der Fürstabt war genötigt, da alle Unterhandlungen auf günstigere Bedingungen an der Hartnäckigkeit des Knopfs von Luibas scheiterten, sich zu ergeben. Obgleich er die Bauern hart behandelt und geschunden, schenkten sie ihm und seinen Räten doch das Leben, gestatteten ihm auch, zwei Pferde, zehn silberne Becher, sein Bett und 300 Gulden mitzunehmen. Der ganze übrige sehr kostbare Inhalt des Schlosses mit mächtigen Vorräten fiel den Bauern zu. Der Fürstabt und seine Räte gingen nach Kempten. Mittellos und eingeschüchtert wie sie waren, benutzte der Rat von Kempten die Gunst des Augenblicks und kaufte alle Gerechtigkeiten, welche die Abtei in der Stadt hatte, dem Bischof um 32.000 Gulden ab.

Der Unterallgäuer Haufe belagerte währenddem die Schlösser Waldsee und Wolfegg, die beide dem Truchsess gehörten. In ersterem waren seine Gemahlin und seine Kinder. Der Seehaufe unter Eitel Hans Ziegenmüller nahm das reiche Kloster Salem ein und brachte die Städte Markdorf und Mörsburg in den Bund. Das Schloss Mörsburg musste sich übergeben und, neben Leistung reichlicher Brandschatzung, alles Geschütz den Bauern zur Verfügung stellen.

Am 11. April brach der Truchsess von Leipheim und Günzburg nach Oberschwaben auf. Bei Baltringen gelang es ihm, 200 Bauern zu überraschen, die 100 Mann durch ihn verloren. Den nächsten Tag stieß er abermals auf 600 Bauern in der Nähe seines Schlosses Grünentann, er tötete ihnen 20 und nahm 200 gefangen. Weiter kam es hinter Essendorf zu einem Scharmützel mit 800 Bauern, die ebenfalls der Übermacht des Truchsess weichen mussten und 141 Gefangene einbüßten.

Hinter der Kapelle von Wurzach stieß der Truchsess mit seinen 8000 Mann auf die 7000 des Unterallgäuer Haufens unter Pfaff Florian, die in Schlachtordnung aufgestellt waren. Florian versuchte Unterhandlungen anzuknüpfen, weil er hoffen durfte, unterdes die anderen Haufen heranzuziehen; und wirklich kamen auch währenddem 1500 Mann Verstärkung an. Der Truchsess ließ sich nicht auf Verhandlungen ein, sondern ließ vielmehr sein Geschütz unter die Bauern spielen, ohne indes viel Schaden anzurichten. Florian, der rechtzeitig gewahr wurde, dass er durch die Reiterei des Truchsess umgangen werden sollte, zog sich zurück. Im Ganzen waren während des Treffens nur 40 Bauern gefallen; der moorige Boden machte den Reitern das Herankommen unmöglich. Auf dem Rückzug aber wurden mehrere Hundert Bauern erstochen, nahe an 100 ertranken in dem tiefen Wassergraben der Stadt Wurzach und 400 wurden gefangen genommen und sämtlich niedergemetzelt.

Im Unterland verbreitete sich das von den Herren absichtlich genährte Gerücht, die Zahl der Umgekommenen betrage 7000 und dieser Umstand war es, der die Bauern bei der Einnahme von Weinsberg anstachelte, an den Herren einen Akt der Vergeltung zu vollziehen.

Während des Gefechts bei Wurzach war der Seehaufe, 10.000 Mann stark, unter Eitel Hans Ziegelmüllers Befehl in Eilmärschen herangezogen und mit dem auf dem Rückzuge begriffenen Unterallgäuer Haufen zusammengetroffen. Am Ostersonnabend stieß der Truchsess bei Gaisbeuren auf die beiden vereinigten Haufen, die jetzt 17.000 Mann zählten. Die Bauern hatten sich geschickt auf einen Berg postiert, vor dem sich ein Ried ausdehnte, so dass der feindlichen Reiterei das Herankommen unmöglich war. Nachmittags 3 Uhr begann das Geschützfeuer. Der Bauern Geschütz war gut aufgestellt und richtete im feindlichen Lager großen Schaden an, auch nahmen sie das Dorf Gaisbeuren ein und setzten sich darin fest. Der hereinbrechende Abend machte dem Kampf vorläufig ein Ende. Während der Nacht ließ der Truchsess durch drei seiner Knechte Gaisbeuren anzünden. Die Bauern, die darin lagerten und einen Überfall auf des Truchsessen Lager geplant hatten, glaubten sich verraten und zogen sich eiligst auf Weingarten zurück. Die Kunde, dass 8000 Mann aus dem Oberallgäu und 4000 aus dem Hegau zur Verstärkung der Bauern im Anzug seien, ließ es dem Truchsess klug erscheinen, Verhandlungen anzuknüpfen. Er hoffte die Bauern zu überlisten, und bevor Verstärkungen heran kämen, zu überfallen und auseinander zu sprengen. Aber sein Plan wurde durchschaut und vereitelt. Die Bauern hatten vor Weingarten eine außerordentlich feste Stellung eingenommen. Nach wenigen Schüssen brach der Truchsess das Gefecht ab und knüpfte Friedensverhandlungen an. Eine Anzahl bestochener Bauern-Hauptleute überredeten die zur Vermittlung geneigte Mehrheit, sein Anerbieten anzunehmen. Es kam ein Vertrag zustande, wonach sechs unparteiische Städte ein Schiedsgericht bilden und einen Spruch über die Streitpunkte zwischen den Bauern und ihren Herrschaften abgeben sollten, dem beide Teile sich unbedingt zu unterwerfen hätten. Wer sich nicht unterwerfe, den sollten die Städte dazu zwingen. Ferner sollten die Bauern ihre Verbrüderung mit den anderen Haufen aufgeben und das Genommene zurückerstatten; alle vorgefallenen Unbilden sollten gegenseitig vergeben und vergessen sein.

Dieser Vertrag, der am 17. April festgestellt worden war, wurde am 22. unterzeichnet. Die Übereinkunft war für den ganzen Verlauf des Krieges von entscheidender Bedeutung. Die Bauern hätten einsehen müssen, dass der Truchsess nie und nimmer auf einen solchen Vertrag eingegangen wäre, wenn nicht sein Vorteil es ihm geboten. Die Bauern der oberen Lande waren seinem Heere an Zahl weit überlegen, sie waren die kriegstüchtigsten unter ihren Brüdern in ganz Deutschland zählten sie doch mehrere tausend Gebirgsschützen in ihrer Mitte wäre der Truchsess vor ihnen unterlegen, der Mut der Fürsten und Herren, der so schon nicht groß war, hätte den bedenklichsten Stoß erlitten, in demselben Maße wäre aber der Mut der Bauern gestiegen.

Und das nicht allein. Indem die oberschwäbischen Bauern sich zu einem Vertrag bequemten und auseinandergingen, bekam der Truchsess freie Hand, sich gegen ihre Brüder zu wenden, diese niederzuwerfen, während sie untätig zu Hause hockten, um dann schließlich den Vertrag mit ihnen zu brechen und sie ebenfalls zu überwältigen. Der heillose Partikularismus, der über die engsten Landesgrenzen hinaus nicht dachte, machte sich hier, wie später auch anderwärts, bemerklich und versetzte der Bewegung einen tödlichen Schlag. Der Vertrag mit dem Unterallgäuer und Seehaufen war eben abgeschlossen, als der Truchsess erfuhr, dass die Oberallgäuer nahe seien. Rasch schob er sein Heer zwischen diese und die anderen Haufen, um jede Verständigung abzuschneiden und veranlasste auch sie zur Annahme des Vertrags. Den nächsten Tag traten die Oberallgäuer den Rückmarsch an.

Von Weingarten rückte der Truchsess in den Hegau, wo er auf die Hegauer und Schwarzwälder stieß. Auch mit ihnen knüpfte er Unterhandlungen an, zog aber, ehe dieselben zum Abschluss kamen, rasch auf Hohentwiel, um Herzog Ulrich zu vertreiben. Da kamen Eilboten von Ulm mit gemessenen Befehlen, die ihn zwangen, gegen seinen Willen sofort nach Württemberg aufzubrechen. Die Hegauer wusste er durch ein Scheinmanöver vom Nachzug abzuhalten. Während nun der Truchsess ins Württembergische zog, lagen der Herzog Ulrich und Hans Müller von Bulgenbach bei Rottweil, wo 8000 Mann versammelt waren, mit einander im Streit. Hans Müller wollte sich dem Herzog nicht unterordnen, auch das Kommando nicht mit ihm teilen. Viele Bauern waren ebenfalls nicht geneigt, mit dem Herzog zu ziehen, sie seien daran, sagten sie, Herren abzutun aber nicht, neue einzusehen. Die Folge war, dass Hans Müller sich mit seinem Haufen vom Herzog trennte und nach dem Breisgau zog. Den Schaden hatte der Württemberger Haufe, der seiner Hilfe dringend bedurfte und durch Eilboten ihn darum gebeten hatte.

* * *

Im sogenannten Ries, nördlich der Donau, waren die Bauern ebenfalls auf; dort lagerten Anfangs April bei Deiningen an die 8000 Mann. Auch in der Stadt Nördlingen wurde es unruhig. Hier stand der zweite Bürgermeister Anton Forner an der Spitze der Unzufriedenen. Vom Rat ins Gefängnis geworfen, wurde er durch seine Frau und einen Teil der Bürgerschaft daraus befreit. Die Fornerin war eine für die Bewegung sehr tätige Frau, ebenso waren in Langenau, Leipheim und anderwärts die Frauen sehr rührig.

Die Nördlinger Bürgerschaft stürzte den alten Rat und wählte Forner zu ihrem ersten Bürgermeister; in dieser Stellung leistete er den Bauern jeden möglichen Vorschub. Aber er blieb nicht lange auf seinem Posten, schon nach wenig Tagen schlug die Stimmung in der Stadt um, weil ein Teil der Bürgerschaft durch reiche Geschenke der geistlichen Herren sich hatte bestechen lassen. Die Charakterlosigkeit des Spießbürgertums trat hier recht offen zu Tage.

Von der Donau nordwärts dehnte sich der Aufstand. durch ganz Franken aus. Da war kein Gebiet, das nicht davon ergriffen war. Überall waren die Herren in großen Nöten und Ängsten und wussten nicht mehr aus noch ein. Im Ansbachischen hatten sich zwei Haufen, und zwar in Weiltingen und am Hesselberg, gebildet. In den Fürstentümern Ansbach und Bayreuth regierten der Markgraf Kasimir und sein Bruder Georg, doch führte der erstere tatsächlich allein das Regiment. Bezeichnend ist, wie er dazu gelangte. Sein alter Vater war der Schwermut verfallen. Am Fastnachtsfest 1515 überfiel er mit zwei jüngeren Brüdern den alten schwachen Mann, zwang ihn, seine Abdankung zu unterzeichnen und setzte ihn im Turme auf der Plassenburg gefangen, wo er einsam, von der Welt abgesperrt und der nötigsten Bedürfnisse beraubt, schon zehn Jahre schmachtete. Durch Mönche ließ er verkünden, sein Vater sei volksschädlich und blödsinnig; die Nachricht fand aber wenig Gläubige.

Im Verein mit dem Grafen von Öttingen überfiel Kasimir die Bauern am Hesselberg. Ein Teil wurde niedergestochen, die Andern auseinandergesprengt. Die Unzufriedenheit war damit nicht beseitigt, sie wartete nur auf günstigere Gelegenheit zum Ausbruch.

In Bamberg, wo zwei Prädikanten schon seit längerer Zeit unter großem Volkszulauf predigten, kam es am 11. April zum Aufruhr, da man erfahren, dass der Bischof eine Zusammenkunft der Ritterschaft des Bistums nach Bamberg einberufen habe. Der Bischof entfloh mit dem größten Teil der Kapitelherren auf die nahe Altenburg, die aber für die Gäste ganz und gar nicht eingerichtet war und ebenso wenig eine Belagerung aushalten konnte. Auf die Aufforderung der Stadt eilten die Bauern in Massen herein. Ohne Hilfe und Unterstützung von Außen musste der Bischof der Aufforderung der Bürger und Bauern Folge leisten und sich auf dem Rathause einfinden. Der Volksausschuss erklärte ihm, dass man ihn zwar als Herrn auch ferner anerkennen wolle, dass aber alle Güter des Adels und der Geistlichkeit zum Nutzen des Landes eingezogen, die Schlösser des Adels gebrochen werden sollten. Der Bischof wollte auf diese Forderungen nicht eingehen. Darauf machte sich das Volk daran, sie auszuführen. Die Plünderung der Klöster und geistlichen Häuser in der Stadt währte zwei volle Tage, alle Register und Akten, deren man habhaft werden konnte, wurden zerrissen und verbrannt. Als der Bischof sah, dass das Volk Ernst machte, gab er klein bei und am 20. April kam ein Vertrag zu Stande, wonach bis zum Austrag der Sache Zins und Zehnt sollten ab sein, das Kapitel aufhören und der Bischof allein regieren sollte.

Im Gebiete der Reichsstadt RothenburgA an der Tauber war die Bewegung schon frühzeitig im Fluss. Dort predigten seit Ende 1524, sowohl in der Stadt wie in den zur Stadt gehörigen Dörfern, Prädikanten in entschieden revolutionärer Richtung. Auch Karlstadt, durch Luther aus Sachsen verjagt, hatte dort Zuflucht gefunden. Der Umstand, dass Karlstadt, sein ehemaliger Freund, gewagt, weitergehende religiöse Anschauungen zu haben als er, hatte ihn so gegen diesen erbittert, dass er ihn als einen der schlimmsten Revolutionäre ausschrie. Und obgleich Karlstadt bei einem Zusammentreffen mit Luther in Jena diesen genötigt, seine Anklagen gegen ihn zurückzunehmen, erhob er sie nichtsdestoweniger von neuem. Die Bilderstürmerei, wozu Karlstadt sein religiöser Fanatismus trieb, gab den Anklagen Luthers ein gewisses Relief und veranlasste, dass er gleich Müntzer von allen weltlichen und geistlichen Herren verabscheut wurde. Sehr mit Unrecht. Denn Karlstadt wollte von der politischen Bewegung durchaus nichts wissen, er stand ihr vollkommen fern und wenn er nicht wie Luther gegen sie auftrat, geschah es, weil er ein Verfolgter war und bei den politisch Radikalen allein Schutz und Hilfe fand. Kaum war Karlstadt in Rothenburg angekommen, als der dortige Rat, der, wie überall in den Städten, der revolutionären Bewegung feindlich war, ihm, als einem der vermeintlich Gefährlichsten, die Stadt verbot. Allein eine Anzahl Bürger beherbergten ihn abwechselnd heimlich in ihren Häusern, bis es der Bürgerschaft gelang, die Herrschaft in der Stadt an sich zu reißen. Nun konnte er öffentlich predigen und die wüste Bilderstürmerei und das Kirchenzerstören fing auch in Rothenburg an. Für die revolutionäre Bewegung war Karlstadt von gar keiner Bedeutung.

Gegen Ende März 1525 versammelten sich die wehrfähigen Männer aus 10 Ortschaften der Rothenburger Landschaft zu Orenbach und wählten einen Ausschuss. Den Tag danach war in Brettheim gleichfalls eine Versammlung, wo mehr als 800 bewaffnete Bauern zusammenkamen. Beide Haufen verständigten sich. Was diese Ansammlungen für die Stadtherren gefährlich machte, war, dass die Dorfbewohner das eigentliche Kriegsvolk der Stadt bildeten, weshalb sie auch die Rothenburger Landwehr hießen. Alle waren nach den Begriffen der damaligen Zeit gut gerüstet, in den Waffen geübt und zählten selbst einen Teil Berittene und Büchsenschützen unter sich. Das Vorgehen der Bauern in der Landschaft ermutigte auch die Opposition in der Stadt, sich zu erheben. Ein Bürger, Junker Stephan von Menzingen, ergriff die Gelegenheit, zum Widerstand gegen die Ehrbarkeit aufzurufen. Die geheimen Motive Menzingens waren keine reinen. Er war früher in Diensten des Markgrafen von Brandenburg gewesen, dann in die des Herzogs Ulrich von Württemberg getreten und galt bis zu dessen Verjagung als ein einflussreicher Günstling desselben. Wahrscheinlich ist, dass er von diesem veranlasst war, den Aufstand in Franken zu schüren, wie es der Fuchssteiner im Allgäu, der Herzog selbst auf dem Schwarzwald tat. Aber Menzingen hatte sich auch mit dem Markgrafen Kasimir von Ansbach eingelassen, der Rothenburg zu besitzen wünschte, wie der österreichische Erzherzog Füssen. Schmutzige und von persönlichem Ehrgeiz getriebene Elemente fanden sich überall.

Die Rothenburger Bürgerschaft erlangte unter Führung Menzingens die Neuwahl eines sogenannten äußeren Ausschusses von 48 Personen aus ihrer Mitte, der bald den Rat gänzlich bei Seite drängte. Am 26. März schickten die Bauern die von einigen Geistlichen verfasste Beschwerdeschrift in die Stadt an den Rat. Nach mehrtägigem Hin- und Herzanken zwischen dem inneren und dem äußeren Rat setzte der letztere die Sendung einer Gesandtschaft für eine Verständigung mit. den Bauern durch. Den Bauern volle Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, dazu war auch die bürgerliche Opposition nicht geneigt. Als die Unterhändler hinausritten, gewahrten sie, dass die auf 4000 Mann angewachsene Bauernschaft bereits im Handeln begriffen war. 2000 Mann zogen nach dem Taubergrund, um sich mit den Odenwäldern zu verbinden, der Rest lagerte sich dreiviertel Stunden vor der Stadt und sandte 32 Hauptleute und Räte zur Verhandlung in dieselbe. Als nach einigen Tagen keine Verständigung erzielt wurde – die Stadt, die aus den Dörfern ihre Haupteinnahmen zog, wollte so wenig wie die adeligen und geistlichen Herren die Forderungen der Bauern anerkennen – brachen diese die Verhandlungen ab und rückten ins benachbarte Mergentheimische. Dies war Sonntag, den 2. April, der Sonntag Judica, der Tag, welchen der geheime Bund, den die Hauptleiter der Bewegung in ganz Deutschland gestiftet hatten, als allgemeinen Aufstandstag bestimmt hatte.

Die Stadt Mergentheim war der Sitz eines Landkommenthur des Deutschordens, dessen Herrschaft wegen der Ausschweifungen und des skandalösen Lebenswandels der Ordensritter besonders verhasst war. Der Orden hatte es verstanden, ungeheure Reichtümer aufzuhäufen. Als die Rothenburger Landwehr in das Deutschordensche Gebiet einrückte, fielen ihr eine Menge Ortschaften zu. In der Stadt Mergentheim selbst hieß es: „man müsse den Deutschorden zum Teufel jagen und aus der Stadt eine freie Reichsstadt machen.“ Im Lager zu Schaftersheim wählten die Rothenburger und Deutschordenschen gemeinsam den großen Lienhard aus Schwarzenbronn bei Rothenburg und Fritz Büttner aus Mergentheim zu ihren Obersten und nannten sich von jetzt ab den Tauberhaufen.

Das erste war, dass sie nach der Stadt Mergentheim rückten, wo die Bürger ihnen bereitwillig die Tore öffneten. Die reichen Keller und gefüllten Kisten und Kasten des Deutschordens wurden geleert und alles Pulver und Geschütz, das vorhanden war, mitgenommen. Mitte April war der Haufe in Folge von Verstärkungen, die aus den Hohenloheschen Ämtern Langenburg, Schillingsfürst und Jartberg eintrafen, auf 8000 Mann gewachsen.

Am Karfreitag, den 14. April, setzte sich der Tauberhaufe in verschiedenen getrennten Abteilungen über Ochsenfurt auf Würzburg zu, das sein nächstes Ziel sein sollte, in Bewegung. Auf dem Wege dahin nahm er ohne Widerstand die beiden württembergischen Städtchen Lauda und Aub ein, brach eine Reihe Schlösser, deren Besitzer er teilweise gefangen nahm, und plünderte die auf dem Wege liegenden Klöster. Eine Anzahl Adeliger, die es für besser fanden, sich mit den Bauern einzulassen, wurden als „Brüder“ in ihre Vereinigung aufgenommen. Jeder der Aufgenommenen musste einen Eid schwören, welcher lautete: „Ich soll und will, indem ich in die Versammlung der Bauernschaft mich begeben habe, weder geistlichen noch weltlichen Fürsten Zoll, Zins, Steuer oder Zehnt geben, bis zu Austrag und End dieser Sache, und einen Gott und einen Herrn haben; das helfe mir Gott und das heilige Evangelium. Im Namen des Allmächtigen!“ Der Eid der schwäbischen Bauern lautete ähnlich, nur wurde hier als der eine Herr „die römische kaiserliche Majestät“ bezeichnet.

Die 2000 Mann der Rothenburger Landwehr, welche von ihren Genossen, die mit den Deutschordenschen gemeinsam den erwähnten Tauberhaufen bildeten, sich getrennt hatten, waren auf ihrem Marsche den Taubergrund hinab an dem Schloss Giebelstadt vorbeigezogen, wo sich ihnen ein Mann anschloss, der in dem beginnenden Kampfe eine hervorragende Heldenrolle spielen und sie mit seinem Blute besiegeln sollte. Dieser Mann war Florian Geyer, ein Sprössling des altadeligen Geschlechts der Geyer von Geyersberg. Florian Geyer, über dessen Vorleben fast nichts bekannt ist – man weiß nur, dass er längere Zeit am Kaiserhofe gelebt und verschiedene Feldzüge mitgemacht hatte, in denen er sich ausgezeichnet – schloss sich der Bauernsache mit Leib und Seele an. Er gehörte zu den entschieden revolutionären Mitgliedern des Bundes; er besaß nicht, wie viele andere der Führer, Sympathien für den Adel, dem er selbst entsprossen war, er verlangte vielmehr, dass der Adel aller seiner Vorrechte verlustig gehe und dem gemeinen Mann in Allem gleichgestellt werde. Nulla crux, nulla corona kein Kreuz, keine Krone, das war sein Wahlspruch, den auch sein Hauptmannssiegel als Umschrift trug. Die Burgen und Raubnester des Adels zu zerstören„ hielt er für ebenso wichtig, wie die Klöster zu vernichten, und man muss ihm das Zeugnis ausstellen, dass er in beiden Richtungen getan, was in seinen Kräften stand.

Florian Geyer, der sofort von der Rothenburger Landwehr an die Spitze gestellt wurde, bildete sich aus diesen kriegstüchtigen Männern eine Truppe, die unter dem Namen „die schwarze Schar“ sich berühmt und gefürchtet machte, und durch Disziplin, kriegerische Haltung und Tapferkeit sich vor allen anderen Haufen auszeichnete. Mit den zweitausend Mann der Rothenburger Landwehr und dem, was er selbst an Mannschaft ihnen zugeführt, rückte er am 26. April in den Schüpfer Grund, ein blühendes Tal des Odenwaldes, wo der allgemeine Sammelplatz der Haufen aller Nachbargebiete sein sollte.

* * *

Hart an das Deutschordensche Gebiet von Mergentheim grenzte das der Grafen von Hohenlohe mit dem Hauptort Dehringen. Dort war schon zur Zeit des armen Konrad“ die Stimmung gegen die Grafen, in Folge ihres Regiments, eine sehr feindliche gewesen, und die Zeiten waren seitdem für ihre Untertanen nicht besser geworden. Der Same des Aufruhrs musste hier auf guten Boden fallen. Der, welcher ihn mit geschickter Hand aussäte, war ebenfalls ein Mann von Bedeutung, ein Mann, der im Laufe des Bauernkriegs eine der einflussreichsten, ja wohl die einflussreichste Rolle spielte, Wendel Hipler.

Wendel Hipler war um jene Zeit in einem Alter von zirka 60 Jahren, er besaß scharfen Verstand, er war schlau, berechnend und ehrgeizig im bessern Sinn des Worts, dabei besaß er eine unermüdliche Tätigkeit und ein bedeutendes Verwaltungs- und Organisations-Talent. Als junger Mann war er als Sekretär in die Dienste der Grafen von Hohenlohe getreten und in dieser Stellung von 1490 bis 1515 tätig. Seine Gegner warfen ihm Habsucht vor, und diese sollte die Veranlassung gewesen sein, dass er mit den Grafen von Hohenlohe in Streit geriet und schließlich deren Dienste verließ. Er soll, so wird gegnerischerseits behauptet, in Dehringen eine Walkmühle gebaut und seine amtliche Stellung dazu benutzt haben, die Tuchmacher zu zwingen, dass sie ihr Tuch in seiner Mühle walken ließen. Ist die Erzählung von dem Bau der Mühle wahr, so scheint er die Dehringer Tuchmacher nicht schlecht bedient zu haben, denn in Dehringen war es, wo er 1525 zunächst die Verschwörung anzettelte und die Bevölkerung auf seine Seite brachte. Sein Hauptstreitfall aber mit den Grafen von Hohenlohe soll gewesen sein, dass er großen Grundbesitz hatte und auch mehrere Seen besaß, die er derart künstlich geschwellt haben soll, dass die Seen über die benachbarten Wiesen traten und die Marksteine unter Wasser setzten. Ferner soll er alte Wege in seine Seen gezogen und keine neuen haben bauen lassen, den Grafen Gülten vorenthalten haben und dergleichen mehr. Darüber soll er mit den Grafen und den Einwohnern verschiedener Ortschaften in Streit geraten sein, der durch ein Schiedsgericht schließlich dahin entschieden wurde, dass die Grafen von Hohenlohe Hiplers Güter für die Summe von 2000 fl. übernehmen und alle Ansprüche und Irrungen damit ab sein sollten. Die Grafen von Hohenlohe machten sich anheischig, bis zur Bezahlung des Hauptguts ihm jährlich 100 fl., halb in Gold, halb in Münze zu bezahlen. Allem Anschein nach wurde Hipler durch den Schiedsspruch hart benachteiligt, auch brachen die Grafen schon im zweiten Jahre den Vertrag, indem sie die jährliche Zahlung unterließen, die Kaufsumme scheint er ebenfalls nicht erhalten zu haben. Dies erbitterte ihn gegen die Grafen. Kurz nach Abschluss des Vertrags, 1515, zog er nach Wimpfen zu Verwandten und trat später als Landschreiber in die Dienste des Pfalzgrafen zu Neustadt an der Haardt. 1524 war er wieder in Wimpfen und führte von dort aus eine Anzahl Prozesse der gräflichen Untertanen, was wiederum beweist, dass er deren Vertrauen besaß; auch trifft nach dem Erzählten der Vorwurf der Habsucht nicht ihn, sondern die Grafen von Hohenlohe.

Wendel Hipler gehörte nicht zur radikalen Partei im Bauernkrieg; die Pläne und Anschauungen Müntzers, wie die Florian Geyers, lagen ihm fern. Seine soziale Stellung machte ihn zur Vermittlung geneigt, und seine Geschäftskenntnis und sein Verstand befähigten ihn dazu. Sein Plan war die Herstellung einer Reichsverfassung, in der alle Stände mit Ausschluss der Geistlichkeit eine entsprechende Vertretung fänden. Die Geistlichkeit sollte die Opfer bezahlen, die der Adel und die Fürsten den Bauern zu bringen hätten. Deshalb war sein Streben, den Zorn der Bauern von dem Adel möglichst abzulenken, dagegen den Adel und die Städte zu einem Bündnis mit den Bauern geneigt zu machen. Seinem Einfluss war es hauptsächlich zu danken, dass so viele Adelige in die „evangelische Brüderschaft“ aufgenommen wurden; er war es, der es durchsetzte, dass Götz von Berlichingen, der Schwager Sickingens und Mitverschworener in dessen Unternehmung gegen die Fürsten, oberster Anführer der Bauern wurde. In dieser vermittelnden Stellung aber erging es Hipler, wie es allen Männern der Vermittlung ergeht, sie werden unwillkürlich nach Rechts getrieben, indem sie, um die erhoffte Bundesgenossenschaft zu gewinnen, Konzessionen machen müssen, an die sie Anfangs selbst nicht gedacht. Das zeigte sich bald, nachdem er es durchgesetzt, dass Götz oberster Hauptmann wurde, und auch eine Anzahl anderer, den Kreisen der Ehrbarkeit angehöriger Männer, wie der Heilbronner Ratsherr BerleB, im Bauernrat Zutritt fanden. Ja, Hipler ließ sich sogar herbei, obgleich er von Anfang an Mitglied des geheimen Bundes war, der die ganze Bewegung leitete, also auch seine Zustimmung zu den zwölf Artikeln gegeben hatte, eine sogenannte Deklaration derselben gutzuheißen, welche die wichtigsten Artikel aufhob und den Bauern das vollste Recht gab, über Verrat zu schreien. Und trotz dieser Nachgiebigkeit musste er es erleben, dass gerade der Mann, auf den er das meiste Vertrauen gesetzt, ihn am härtesten betrog, nämlich Götz von Berlichingen. Ebenso wenig wie Götz, waren aber auch die anderen Adeligen geneigt, den Schwur, den sie den Bauern bei der Aufnahme in ihre Brüderschaft geleistet, ungeachtet des Entgegenkommens Hiplers und seiner Freunde, zu halten. Als die Bauernsache anfing zu unterliegen, ließen sie dieselbe nicht nur eiligst im Stich, sie halfen auch fleißig mit, die Bauern wieder, unter das alte Joch zu beugen. Das war ganz selbstverständlich. Es gehörte eben die Vertrauensseligkeit eines Vermittlungsmannes dazu, tödliche Gegensätze versöhnen zu wollen. Hipler mochte wohl auch Ähnliches fühlen und deshalb schlug er im Bauernrat vor, die Adeligen zu zwingen, dem Zug der Bauern sich anzuschließen; ein Vorschlag, der nicht durchging. Was hätte dieses auch nützen sollen? Jeder so gezwungen mitgeschleppte Adelige war ein Spion, und im Moment des Kampfes ein Verräter. Hipler glich in diesem seinem Bestreben, schroffe Gegensätze zu vermitteln, wie noch in einem anderen Punkte, unsern ehemaligen Konstitutionellen, deren um 300 Jahre zu früh geborener Vater er eigentlich ist. Mitten im Kampfe nämlich, noch ehe das Geringste entschieden war, wurde auf seine Vorschläge ein Ausschuss in Heilbronn eingesetzt, zu dem er und einige Andere gehörten, um eine Reichsreform zu beraten. Wem fallen da nicht unsere achtundvierziger Parlamentler ein, die, während die Revolution rings um sie tobte und das Volk an allen Thronen rüttelte, ruhig, als geschähe Nichts in Deutschland, in Frankfurt saßen und eine Reichsverfassung machten. Als diese fertig war, waren sie allerdings auch fertig, d.h. die Fürsten hatten wieder Oberwasser bekommen, und die Herren Verfassungsmacher konnten ihr fein ausgetüfteltes Kunstwerk hausieren tragen. Der Verfassungsentwurf, den 1525 Hipler und Genossen entwarfen, und zu dem der kurmainzische Keller Weigand in Miltenberg, der gleich Hipler ein intelligenter und diplomatischer Kopf war, reiches Material geliefert hatte, nahm sich zwar sehr hübsch auf dem Papier aus, er enthielt sogar das Meiste, was wir erst in unsern Tagen, also nach fast 350 Jahren, erlangt haben, aber er hatte den Fehler, dass er undurchführbar war, weil er den Fürsten und dem Adel Dinge zumutete, worauf sie voraussichtlich nie und nimmer freiwillig eingehen würden, am allerwenigsten aber, bevor sie gründlich geschlagen und gedemütigt waren. Und das ließ auf sich warten.

Nachdem Wendel Hipler schon seit längerer Zeit seine Fäden im Hohenloheschen angeknüpft, kam auch dort, wie anderwärts, am Sonntag Judica den 2. April die Verschwörung zum Ausbruch. An dem genannten Tage Abends hatten die Verschworenen, worunter Hipler, eine Zusammenkunft im Hause des Metzgers Claus Salw in Dehringen und verabredeten die Art des Losschlagens. Es waren eine Anzahl meist angesehener Bürger zugegen, deren Motive für den Aufstand zum Teil sehr persönlicher Natur waren. Heftige Beschwerden hatten die Dehringer namentlich gegen die Stiftsherren in der Stadt, die ganz systematisch ihnen ihre Frauen und Töchter verführten und überhaupt sehr anmaßend auftraten. Der Aufstand ging folgendermaßen in Szene. Am nächsten Morgen nahmen die Verschworenen das herrschaftliche Mehl in der Stadt weg und ließen es zu Brot backen. Den Abend überfielen sie den Keller und den Schultheiß, nahmen ihnen die Schlüssel der Stadt ab und sperrten sie in einen Schweinestall. Dann wurde die Sturmglocke geläutet und Boten nach allen Ortschaften gesandt, welche die Bauern aufzufordern hatten, in die Stadt zu kommen. Den folgenden Morgen eilten diese zahlreich herbei. Bürger und Bauern entwarfen, jeder Teil für sich, ihre Beschwerden und sandten sie zur Abstellung an die Grafen. Diese antworteten Anfangs sehr hochfahrend, besannen sich aber, als sie sahen, welchen Umfang der Aufstand annahm, rasch eines Besseren und ließen sich auf Unterhandlungen ein. Sie versprachen zu tun, was andere Herren auch tun würden und führten überhaupt eine sehr gemäßigte und versöhnliche Sprache; nur von den zwölf Artikeln wollten sie Nichts wissen. Die Bürger erklärten sich befriedigt, nicht so die Bauern. Diese rotteten sich zusammen und rückten mit dem Haufen, der sich im Schüpfer-Grund gesammelt hatte, 8000 Mann stark vor Schloss Neuenstein, wo der Graf Albrecht saß. Ohne Widerstand nahmen sie das Schloss ein und die Gemahlin des Grafen, der nach Langenburg geritten war, gefangen. Alle Vorräte des Schlosses wurden weggenommen, und auf die Drohung, Schloss und Städtchen Neuenstein niederzubrennen, bequemten sich die Grafen, den nächsten Tag ins Bauernlager zu reiten und in die christliche Brüderschaft und auf die zwölf Artikel zu schwören. Der Haufe war über diesen billigen Sieg und die Demütigung der Grafen so erfreut, dass er das Ereignis mit 2000 Flintenschüssen feierte, eine sehr unnütze und unkluge Verschwendung, denn das Pulver war bei den Bauern meist sehr rar. Als kurz darauf die Bauern von den Grafen Pulver und Geschütz verlangten, weigerten sie sich, es herauszugeben, weil im Vertrag davon nichts stünde.

Erst als ihnen die Blutrache zu Weinsberg zu Ohren kam, kamen sie dem Verlangen eiligst nach; sie schickten aber nur zwei Notschlangen und einen halben Zentner Pulver. Die Grafen fühlten sich, seitdem sie in den Bund geschworen, verhältnismäßig sicher und gaben nicht, was sie nicht unbedingt mussten. Die Bauern ihrerseits waren genötigt, sie als Bundesmitglieder zu schonen, und so wurden sie als Freunde ihnen weit gefährlicher, als sie es als Feinde je hätten werden. können. Mit zahlreichen anderen Adeligen erging es ihnen nicht besser. Die Folgen blieben nicht aus.

* * *

In dem Gebiet der Schenken von Limburg, die ihren Sitz in Gaildorf hatten, war ebenfalls der Aufruhr in hellen Flammen ausgebrochen. In allen Ortschaften wurden Versammlungen abgehalten und die Bauernschaften zum Anschluss an die vereinigten Haufen im Schüpfer-Grund aufgefordert. Wer nicht freiwillig mitgehen wollte, wurde dazu gezwungen. Im Gaildorfer Haufen gab es eine Anzahl verwegener Gesellen, er wurde wegen seiner Feindseligkeit gegen den Adel bei diesem verrufen.

Mitte März waren auch die Bauern der Reichsstadt Hall aufgestanden, Anfangs gelang es dem Rat, sie zu beruhigen, aber es währte nicht lange. In der Nacht vom 2. auf den 3. April brach der Aufstand aus, den nächsten Abend zählten die Aufrührer schon an die 3000 Mann. Die Hallschen Bauern zeichneten sich vor anderen Bauernschaften, namentlich den Rothenburgern, durch Ungeübtheit und Unerfahrenheit in den Waffen aus; sie fassten die Revolte sehr gemütlich auf. Die Hauptsache war ihnen, den Pfaffen Kisten und Kasten zu fegen, und dieses Vorhaben besorgten sie mit anerkennenswertem Eifer. Dagegen fuhren sie ihre Haken- und andere Büchsen wie Scheite Holz auf einem Wagen hinter sich her, Wachen auszustellen war ihnen eine unbekannte oder unbequeme Sache. Diese Sorglosigkeit führte zu einem Vorfall, welcher der heiterste des sonst an traurigen Vorfällen so reichen Krieges wurde. Sie lagerten Montag, den 3. April, Nachts dicht bei Hall, um nächsten Morgen den Hallschen Rosengarten in Westheim, wo wertvolle Sachen lagerten, zu plündern. Gegen Morgen, als Alles im tiefsten Schlafe lag, knallt plötzlich ein Schuss über das Lager, dem mehrere andere rasch folgen. schon bei dem ersten Schuss entstand ein Zappeln unter den Bauern, als ob es ein Ameisenhaufen wäre und ein Daddern, als wäre es ein Haufen Gänse.“ Der Eine schreit: flieht! Flieht! ein Anderer: sammelt Euch, steht! Aber als wieder ein Blitz durch die Dunkelheit leuchtet, werfen sie sich Knall und Fall auf den Boden. Hie fallen sechs, da zehn, dort noch viel mehr, dass man meint, sie wären alle erschossen.“ Dann beginnt ein allgemeines Davonrennen und Laufen: in wenigen Minuten war Alles auseinander gestoben, und dem kleinen Häuflein Haller, das aufs Geratewohl die fünf Schüsse abgefeuert und zu seiner eigenen Überraschung diese Verwirrung angerichtet, fiel das ganze Lager mit sechs Wagen Proviant und Munition, Frucht, Mehl, Wein, Brot, Hühner, Fleisch usw. in die Hände. „Hasenstephan,“ so erzählt ein Augenzeuge von dieser komischen Szene, der erst so freudig war, floh am ersten, desgleichen die anderen Heerführer. Es war kein Bauer getroffen, denn das Geschütz ging alles zu hoch. Nur etliche alte Bauern, die nicht schnell genug fortkommen konnten, wurden gefangen. Kein größeres Wunder und Laufen habe ich mein Lebtag nie gesehen; es ward Keiner geschossen, und waren die Lahmen gerade, die Alten jung, liefen Alle gleich so sehr sie mochten. Sie hatten die Pfaffen zu hinderst in ein Glied gestellt, bei denen ich als Gefangener auch war.“ Die zum Zuge Gezwungenen stellten sich die nächsten Tage vor dem Rat und baten um Verzeihung, die sie auch erhielten, die Andern flüchteten und schlossen sich den verschiedenen Haufen der Nachbargebiete an.

Im unteren Neckartal blieben die Bauern hinter ihren Brüdern anderwärts nicht zurück. Hier war es Jacob Rohrbach, im schwäbischen Dialekt Jäcklein Rohrbach genannt, ein Weinwirt zu Böckingen in unmittelbarer Nähe von Heilbronn, der den Aufstand angezettelt hatte und leitete. Jäcklein Rohrbach war aus einem alten reichsfreien Geschlecht, ein noch junger Mann, intelligent, trotzig und verwegen, in der ganzen Gegend wegen seiner beständigen Händel mit Pfaffen und Behörden bekannt und deshalb bei den Bauern in großem Respekt. Jäcklein war einer der Eingeweihten des Bundes, sein Wirtshaus zu Böckingen der Sammelplatz aller Unzufriedenen. Er hatte in vielen Orten des unteren Neckartals geheime Gesellschaften gegründet, die blind seinen Befehlen gehorchten. Mit Wendel Hipler war Jäcklein schon länger bekannt, da Hipler seit 1524, bei der Nähe seines Wohnorts, Wimpfen, häufig in Geschäften Heilbronn besuchte.

Aber nicht bloß auf dem Lande, auch in der Stadt gab es der Unzufriedenen nicht wenige. Des Bäckers Wolf Leyphaim Haus, der wie Jäcklein, eine Weinwirtschaft hatte, war der Versammlungsort der unzufriedenen Städter, und auch die in die Stadt kommenden Bauern. verkehrten dort. Alle Operationspläne wurden hier gemeinsam besprochen.

Ein persönlicher Streit Jäckleins mit dem Stiftvikar zu Wimpfen wegen rückständiger Gült gab die erste äußere Veranlassung zum Aufruhr. Es war für die Streitsache zwischen Beiden ein Gerichtstag in Böckingen angesetzt, auf dem der Vikar persönlich erscheinen wollte. Aber er empfing rechtzeitig die Warnung, dass es ihm schlecht gehen würde, Jäcklein habe das ganze Dorf auf seiner Seite. Der Vikar beschwerte sich bei dem Rat zu Heilbronn. Dieser beschloss, den Ratsherrn Berle zum Beistand des Vogts nach Böckingen hinaus zu senden. Berle fand den Ort mit Bewaffneten gefüllt und musste unverrichteter Sache abziehen. Nun versuchte der Dechant des Stifts, zwischen seinem Vikar und Jäcklein Rohrbach zu vermitteln, erhielt aber die grobe Antwort: „Er solle nebst allen Stiftsherren ihn im Hintern lecken und sich die Weile nicht lang werden lassen; denn er wolle sie bald suchen und es solle ihm dann kein Vertrag schmecken, denn der, den das Stift mit den Bauern gemacht.“ In der Nacht auf den 2. April, Sonntag Judica, ging Jäcklein nach dem benachbarten Flein und gab das Signal zum Aufstand. 800 Bauern und die Verschworenen von Heilbronn traten hierauf zusammen und hielten eine Volksversammlung. Darin ging es sehr lebhaft zu und wurden insbesondere heftige Drohungen gegen die Deutschherren in Heilbronn, die gottlosen Leute, deren Häuser Hurenhäuser seien“ laut. Jäcklein wurde zum Hauptmann der Bauern im Neckartal erwählt. An demselben Tage Abends rückte er mit 300 Mann in Böckingen ein und sandte von hier aus Boten in die Umgegend, um Zuzug, namentlich nach Sontheim. Die Orte, die sich nicht anschließen wollten, wurden durch Drohungen gezwungen. Auf Botschaft der Dehringer kam er diesen mit 1500 Mann zu Hilfe und wandte sich von da nach dem allgemeinen Sammelplatz, dem Schüpfer-Grund im Odenwald.

Bei dem Haufen Jäckleins befand sich ein Weib, das weit und breit unter dem Namen „die schwarze Hofmännin“ bekannt war. Sie war von einem fanatischen Hass gegen den Adel beseelt und suchte diesen auch in Andern zu entflammen. Die schwarze Hofmännin war Jäckleins vertraute Freundin und Ratgeberin, sie war in alle Pläne eingeweiht, kannte alle Verbindungen und war stets geschäftig, neue anzuknüpfen. Ihr Einfluss war groß; allgemein schrieb man ihr Zauberkünste und die Kunst zu wahrsagen zu; sie selbst gebärdete sich, als stehe sie mit höheren Mächten in Verbindung und werde von ihnen inspiriert, und das Volk glaubte daran. schon zur Zeit des „armen Konrad“ war sie rührig und geschäftig gewesen und hatte den Bauern zugerufen: „Es wird recht also gehen, es muss sein, denn Gott will es also haben!“

Als nun Jäckleins Haufe nach Öhringen aufbrach und von dort nach Schöntal im Schüpfer-Grund marschierte, war es die schwarze Hofmännin, die mit jugendlicher Kraft dem Zug vorausschritt und die Bauern durch Zurufe ermunterte. „Seid nur keck, rief sie, und gutes Muts, ich habe euch gesegnet, dass euch weder Spieß, noch Hellebarde, noch Büchse zu kann.“

Im Schüpfer-Grund hatte sich unterdessen ein gewaltiger Haufe gebildet, der sich „das evangelische Heer“ oder auch „der helle lichte Haufe“ nannte. Oberster Hauptmann war Georg Metzler, Wirt zu Ballenberg, zwei Stunden von Krautheim. Wie Jäckleins Wirtschaft der Versammlungsort der Verschworenen für das Neckartal war, so war die Metzlers der Versammlungsort für die Verschworenen im Odenwald. Metzler genoss in der ganzen Gegend ein großes Ansehen und daher kam es, dass man ihm die oberste Hauptmannschaft übertrug, obgleich er gar keine militärische Fähigkeiten besaß, was ein großer Fehler war. Es scheint, dass Metzler dieses Amt auch nur im Einverständnis mit Wendel Hipler angenommen, der den Plan hatte, an Metzlers Stelle Götz von Berlichingen zu sehen, ein Plan, dem Metzler geneigt war und der jedenfalls verhindern sollte, dass Florian Geyer oberster Hauptmann wurde.

Auf den 4. April hatte Georg Metzler eine allgemeine Versammlung nach Schöntal ausgeschrieben, einem reichen Zisterzienser-Kloster im Jagstgrund, und alle Bürger- und Bauernschaften aufgefordert, sich dem „evangelischen Heere“ anzuschließen. Dem Kloster ging es bei dieser Gelegenheit sehr schlecht. Die ganzen Vorräte, darunter 21 Fuder Wein, wurden weggenommen und die Kirche total zerstört. Aber die Zinsbücher suchten die Bauern vergebens, die hatten die schlauen Mönche rechtzeitig nach Frankfurt geschafft, worüber die Bauern so erbittert waren, dass sie das Kloster niederbrennen wollten.

In Schöntal wurde unter den versammelten Hauptleuten und Räten ein Operationsplan entworfen und Wendel Hipler zum Kanzler des Bundes ernannt. Ein Teil des Haufens zog der Verabredung gemäß nach Franken, der Haupthaufe, darunter Florian Geyer mit seiner schwarzen Schar und Jäcklein Rohrbach mit den Neckartalern, richtete seinen Marsch auf Neckarsulm, zwei Stunden seitwärts von Weinsberg, das man erobern wollte.

Während die Bauern, 6000 Mann stark, in Neckarsulm einrückten und sich dort lagerten, hatte die österreichische Regierung zu Stuttgart den Grafen Ludwig von Helfenstein mit 70 Rittern und Reisigen eiligst nach dem befestigten Weinsberg geworfen. Am 12. April dort angekommen, schrieb Helfenstein sofort zurück, dass er gegen die Macht der Bauern nichts machen könne, wenn nicht eiligst Verstärkung komme. Diesem ersten Briefe folgten verschiedene nach, einer dringender als der andere. Um Zeit zu gewinnen unterhandelte der Graf mit den Bauern, beging aber dabei die Gewissenlosigkeit, dass er während der Unterhandlungen seine Reiter in der Umgegend umher schwärmen und alle Bauern, die ihnen in die Hände fielen, niederstoßen ließ. Dieses brachte die Bauern in Wut.

Die Aufregung wurde gesteigert durch die gleichzeitig eingegangenen Nachrichten von der Niederlage ihrer Brüder an der Donau, und wie der Truchsess im Oberland mit den Gefangenen verfahren, wie er senge und brenne, Jacob Wehe von Leipheim und Andere habe hinrichten lassen und sich überhaupt durch die größte Grausamkeit auszeichne. Die Herren hatten absichtlich das Gerücht über die bei Wurzach Ermordeten übertrieben und sie auf 7.000 angegeben, hoffend, damit die Bauern zu erschrecken und einzuschüchtern. Die entgegengesetzte Wirkung war die Folge.

Am Karfreitag sandten die Bauern dem Grafen Helfenstein eine Aufforderung zur Übergabe der Stadt, welche dieser trotzig und hochmütig beantwortete. Darauf beschlossen die Bauern den Sturm. Durch die Frau eines Weinsberger Bürgers, der es gelungen war, sich hinauszustehlen, hatten sie die Kunde erhalten, dass sie auf einen Teil der Bürgerschaft rechnen könnten. Semmelhans von Neuenstein, der in der Burg gefangen gelegen, aber ausgebrochen war, teilte ihnen mit, dass die Besatzung des Schlosses nur acht Mann stark sei, die anderen lägen in der Stadt.

Am Ostersonntag rückte das Bauernheer 8000 Mann zählend gegen die Stadt. Der Helfensteiner war von der Absicht der Bauern durch einen Heilbronner Bürger unterrichtet und hatte so gut als möglich seine Vorkehrungen getroffen. Die Besatzung des Schlosses, in dem auch seine Frau und sein Kind und seine Kostbarkeiten sich befanden, hatte er auf dreizehn Mann verstärkt; er hielt die Einnahme desselben durch die Bauern für unmöglich.

Um 9 Uhr Vormittags rückten diese auf den Weinsberg gegenüberliegenden Schemelberg und sandten zwei Parlamentäre nach der Stadt, um sie zum letzten Mal zur Übergabe aufzufordern, widrigenfalls Schloss und Stadt gestürmt und Niemand darinnen geschont werden solle. Allem Kriegsgebrauch zuwider ließ Dietrich von Weiler die Parlamentäre mit Büchsenschüssen empfangen, die einen derselben schwer verwundeten. Der Übermut der Ritter war noch so groß, dass sie an den Ernst der Bauern nicht glauben wollten. Die Schüsse auf die Parlamentäre gaben das Zeichen zum Angriff. Florian Geyer mit seiner schwarzen Schar schwenkte von dem Haufen ab und rückte auf die Burg. Das Vordertreffen der Bauern marschierte geraden Weges auf die Stadt, hinter diesem im Sturmschritt der noch zurückgebliebene Haupthaufe. Die alte Hofmännin, wie immer den Bauern vorausmarschierend, feuerte sie durch Zurufe und Prophezeiungen zum Kampfe an: „Die feindlichen Büchsen werden euch nichts schaden,“ rief sie, indem sie mit dem Stecken ihre Zeichen in die Luft machte. Jäcklein Rohrbach griff mit seinem Haufen das untere Tor an und versuchte dasselbe einzuschlagen; die auf der Mauer wehrten sich wie Verzweifelte und verursachten den Bauern manchen schaden, das reizte aber nur um so mehr ihre Wut. Während man am unteren Tore einzudringen versuchte, und bereits zwei von den drei Toren eingeschlagen hatte, war es Florian Geyer mit seiner schwarzen Schar, unterstützt von den Heilbronnern, gelungen, das Schloss zu erstürmen, und von dort wehten jetzt zum Zeichen des Sieges der Bauern Fahnen. In demselben Augenblicke arbeiteten Bürger und Bauern von innen und von außen an der Öffnung einer kleinen Seitenpforte, und als diese fiel, brachen die Bauern durch diese, von dem Schloss und gleich darauf auch durch das untere Tor in die Stadt. „Geht in eure Häuser mit Weib und Kind, so soll euch nichts widerfahren“ schrien die Bauern den Bürgern zu, und diese gehorchten. Um so schlimmer erging es den Rittern und Reisigen. Wen die Bauern von diesen ergriffen, den schlugen sie nieder; am wildesten waren die Böckinger und die Bauern des Weinsberger Tals. Eine Anzahl Ritter und Reisige hatte sich in die Kirche eingeschlossen und zum Teil den Turm erstiegen, unter den letzteren Dietrich von Weiler. Die Bauern schlugen die Kirchtüre ein und metzelten alles was sie fanden nieder, dann stürmten sie die Turmtreppe hinan. Dietrich von Weiler stieg auf den Turmkranz und erklärte, sich gefangen zu geben und 30.000 Gulden zahlen zu wollen. Als Antwort traf ihn eine Kugel tödlich in den Hals, er sank und wurde von den Bauern, die hinter ihm den Turm erstiegen hatten, noch röchelnd hinunter auf den Kirchhof geworfen.

Georg Metzler und Andreas Remy von Zimmern eilten herbei und gaben den Befehl, keinen Ritter noch Reisigen mehr zu töten, dadurch kamen der Graf von Helfenstein und eine kleine Zahl Ritter und Reisige in Gefangenschaft. Um 10 Uhr Morgens war der Sturm vorüber, die Einnahme der Stadt hatte keine Stunde gedauert. Die Bauern plünderten Kirche und Schloss und erbeuteten in letzterem eine große Menge Kostbarkeiten; nachdem sie es ausgeleert, zündeten sie es an. Jäcklein, Endres Remy und ihr Anhang, hielten unterdes in der Mühle Rat, was mit den in ihre Hände gefallenen Gefangenen geschehen solle. Es wurde beschlossen, sie in die Spieße zu jagen, eine Strafe, die als entehrend angesehen wurde und nur bei Kriegsknechten gebräuchlich war. Sofort machte man sich ans Werk.

Ludwig von Helfenstein mit noch dreizehn vom Adel und mehreren Knechten wurden auf eine Wiese beim Untertor geführt und ihnen dort das Urteil vorgelesen. Die Gräfin von Helfenstein, eine uneheliche Tochter des verstorbenen Kaisers Maximilian, die mit ihrem zweijährigen Söhnchen auf dem Arme zugegen war, warf sich bei diesem Urteil vor Jäcklein auf die Knie, hielt ihm ihr Kind entgegen, und bat flehentlich um des Grafen Leben. Aber Jäcklein und die Seinigen waren unerbittlich. Die Taten des Truchsess und die meuchlerischen Überfälle des Grafen, die er noch vor wenigen Tagen an den Bauern verübt, hatten sich zu tief in die Bauernherzen eingefressen, sie lechzten nach Rache und Blut. Vergebens bot der Graf eine Lösungssumme von 30.000 Gulden. „Und gäbst Du uns 2 Tonnen Goldes, so müsstest Du dennoch sterben“ war Jäckleins Antwort.

Auf Jäckleins Befehl bildeten die Bauern eine Gasse, Hans Waldner von Neckargartach schlug die Trommel. Die Bauern hielten ihre Spieße vor, ein reisiger Knecht war der erste, der fiel, sein Herr der zweite, dann kam an den Helfensteiner die Reihe. Nachdem er gebeichtet und von Frau und Kind Abschied genommen, trat er vor die Gasse. Melchior Nonnenmacher, der früher ihm oft zur Tafel geblasen, nahm ihm den Federhut vom Kopfe und setzte ihn sich auf, indem er rief: „Das hast Du nun lange genug gehabt, ich will auch einmal ein Graf sein!“ und mit den Worten: Hab ich Dir einst lange genug zu Tanz und Tafel gepfiffen, so will ich Dir jetzt erst den rechten Tanz pfeifen“ schritt er, die Zinke blasend, vor ihm her bis zur Gasse. Beim dritten Schritt war der Graf eine Leiche. Die Anderen folgten, nur einer der Reisigen wurde freigelost. Die schwarze Hofmännin, die diesem furchtbaren Schauspiel beigewohnt, stieß dem Grafen das Messer in den Bauch, trat den Toten mit dem Fuße und nannte ihn einen Schelm. Remy von Zimmern steckte die Helmfedern des Grafen sich auf den Hut, Jäcklein Rohrbach legte Koller und damastene Schaupe des Grafen an und trat höhnend mit den Worten vor die Gräfin: „Frau, wie gefalle ich euch jetzt in der damastenen Schaupe?“ Der verzweifelten Gräfin nahm man ihr Geschmeide, riss ihr die kostbaren Kleider vom Leibe, setzte sie mit ihrem Kinde und ihrer Kammerfrau auf einen Mistwagen und schickte sie mit den Worten nach Heilbronn: „In einem goldenen Wagen bist Du nach Weinsberg gefahren; in einem Mistwagen fährst Du heraus.“ Der größte Teil des Bauernheeres und der Hauptleute erfuhr erst, was mit den Gefangenen geschehen, als die Tat vorüber war.

Während nämlich Jäcklein Rohrbach und Andere die geschilderte Exekution an den Gefangenen vollstreckten, hielten die Hauptleute Kriegsrat. In diesem stellte Florian Geyer die Forderung, dass man nicht mit dem Adel paktiere, sondern ihn gleich den Pfaffen behandle. Alle festen Häuser müssten ausgebrannt, und Adel wie Pfaffen den Bauern gleich gemacht werden. Der Edelmann dürfe nicht mehr wie eine Türe haben, gleich dem Bauern. Darum müssten alle Herrensitze, weltliche und geistliche, zerstört und nur ein einziger Stand hergestellt werden, der Stand der Gemeinfreien.“ Dieser revolutionäre Standpunkt fand im Rate großen Widerstand, insbesondere von Wendel Hipler. Die Majorität der Hauptleute wollte nur die Pfaffen abgetan haben, mit dem Adel, von dem sie behaupteten, er habe ähnliche Ursachen zur Klage gegen die Fürsten wie die Bauern, müsse man sich vertragen. Auch tauchte hier abermals der früher schon in Schöntal ausgesprochene Gedanke auf, Götz von Berlichingen an die Spitze zu stellen, weil er vermöge, die Edelleute zu ihnen zu bringen.“ Man wollte also im Grunde eine andere Auflage des Hutten-Sickingenschen Planes, nur, dass diesmal die Bauern die Kastanien aus dem Feuer holen sollten, während dort der Adel die Hauptarbeit selbst zu tun bereit gewesen war.

Der prinzipiell verschiedene Standpunkt, den Florian Geyer gegen Wendel Hipler und die Majorität des Bauernrats einnahm, war auch die Ursache zur Hintansetzung des ersteren im Kommando. Dass die Bauern keinen besseren militärischen Führer und keinen redlicheren Mann bekommen konnten, als Florian Geyer war, das musste Allen klar sein, denn das hatte er genügend bewiesen. Warum also stellte man einen Mann wie Georg Metzler, der gar keine militärischen Kenntnisse besaß, an die Spitze? Und warum versuchte man, da seine Unbrauchbarkeit offenkundig war, statt durch Florian Geyer, ihn durch Götz von Berlichingen zu ersetzen, zu dem die Führer selbst kein rechtes Vertrauen besaßen und dem die Masse geradezu Feind war? Die Antwort ist: Florian Geyer ging den Führern und namentlich Wendel Hipler zu weit. Georg Metzler war ein Werkzeug Hiplers und mit Götz von Berlichingen war Hipler seit langen Jahren befreundet und in den Zielpunkten einverstanden. Florian Geyer hingegen war ein unabhängiger, energischer Charakter, der sich durch diplomatische Kniffe nicht blenden ließ und von Vermittlung nichts wissen wollte.

Da Florian Geyer einsah, dass er nicht mit Hipler und noch weniger mit Götz zusammenwirken konnte, zog er es vor, sich von dem „evangelischen Heer“ zu trennen und sich den Haufen in Franken anzuschließen. So verlor der helle Haufe seinen vorzüglichsten Führer, um ihn bald darauf gegen einen Zweifelhaften, der später ein Verräter wurde, einzutauschen.

Von Weinsberg wandte sich der „helle lichte Haufe“ nach Heilbronn. Diese Stadt sollte nach Ansicht der Führer der Hauptstützpunkt für die Bewegung in Süddeutschland werden. Die Führer rechneten darauf, dass es gelänge, sie in den Bund zu bringen, obgleich der Rat, der halb aus den Geschlechtern, halb aus den Zünften zusammengesetzt war, für nichts weniger als den Bauern freundlich gelten konnte. Auch war die Stadt Mitglied des schwäbischen Bundes und hatte als solches einen Gesandten in Ulm. Der Aufruhr der Bauern ringsum, wie die Unzufriedenheit eines Teiles der Bürgerschaft, machten dem Rat die Herrschaft schwierig, gaben aber den Bauernführern Hoffnung, in Heilbronn den gewünschten und notwendigen Stützpunkt der Bewegung zu finden.

Von Neckarsulm aus stellten die Bauern fünf Forderungen an die Stadt, dahin gehend, 1. sie (die Bauern) die Geistlichen in der Stadt strafen zu lassen, wobei es hauptsächlich auf die Deutschherren abgesehen war, die in der Stadt ein reiches Ordenshaus besaßen und mehrere Bauern erstochen hatten; 2. ihnen Geschütz zu geben; 3. ihnen Hilfe zu leisten; 4. Niemand in die Stadt zu nehmen, der wider sie (die Bauern) sei, und 5. die 12 Artikel anzunehmen.

Der bedrohte Kommentur wandte sich in seiner Angst an den Rat und dieser rief die Gemeinde zusammen. Die Bürgerschaft erklärte, sich weder des Kommenturs und der Kommentherren, noch der Mönche, Pfaffen und Nonnen annehmen zu wollen; ferner erklärte sie zu dem Rat, wider die Bauern stehen zu wollen, wenn diese Unrechtes verlangten, dagegen solle der Rat sie von allem unterrichten und schwören, stets nur im Einvernehmen mit der Gemeinde handeln zu wollen.

Nach einigem Zögern und Unterhandeln musste der Rat die Wünsche der Bürgerschaft erfüllen. Der Kommentur hielt es für geraten, sich heimlich nach Heidelberg davon zu machen, ohne dass er das deutsche Haus der Stadt übergeben oder für das Ordens-Besitztum Schutzmaßregeln getroffen hatte.

Als einzelne Rotten der Bauern in der Nähe der Stadt sich zeigten, versuchte der Rat, die Bürgerschaft zum Ausfall zu bewegen; sie erklärte ihm, dass sie gegen die Bauern nicht ziehen wolle; ja es wurden Stimmen Laut, die riefen: „es tue kein gut, man werfe den Rat über das Rathaus hinab und jage die Herren, wie die zu Weinsberg durch die Spieße.“ Es kam auch zu tumultuösen Auftritten gegen den Rat und der Tumult wuchs, je näher die Bauern kamen. Die zahlreichen Weingärtner waren die unruhigsten; Einzelne gingen den Bauern entgegen und luden sie ein, in die Stadt zu kommen.

Der Rat hatte alle Tore verschlossen und das Geschütz auf die Mauern fahren lassen. Auf der Mauer kam es zwischen der Rats- und der Bauernpartei zu heftigen Reden. Man weigerte sich zu schießen, viele luden ihre Büchsen nur mit Papier, andere schütteten Wasser ins Pulver, und Claus Creßlins Frau warf gar einen Anhänger des Rats von der Mauer herab. Einem Ratsherrn, der die Tore verwahren lassen wollte, riefen die Frauen zu: „sie wollten lieber den Bauern helfen“, und einem Ratsboten drohten sie, ihn totzuschlagen. Mittlerweile hatte der Rat Kunde erhalten, dass die Bauern auf die Stadt übel zu sprechen seien und Alles zu Grunde zu richten drohten, falls man ihnen nicht öffne. Das bestimmte ihn, Boten zur Unterhandlung den Bauern entgegen zu senden.

Die Bauern rückten heran; an ihrer Spitze sah man wieder die schwarze Hofmännin schreiten; sie hatte den Fluch über die Stadt ausgesprochen und den Rat als „Bösewichter und Buben“ bezeichnet. Vor der Stadt angekommen, verlangte Georg Metzler Proviant; nach einigem Zandern bewilligte ihn der Rat. Darauf verlangte Georg Metzler den Eintritt in die Stadt. Der Rat widerstand, aber die Gemeinde, teils eingeschüchtert, teils mit den Bauern sympathisierend, erklärte sich dafür. So wurden die Tore geöffnet und die Bauern zogen ein.

Die Folge dieses Einzugs war, dass die Stadt die zwölf Artikel annahm, und in den Bund der Bauern eintrat. Die Klöster und geistlichen Häuser wurden schwer gebrandschatzt, das Deutschordenshaus total ausgeplündert. In letzterem hatte Jäcklein einen Stand aufgeschlagen und in der Stadt bekannt machen lassen, dass alle Beute verkauft werde. Alt und Jung, Mann und Weib rannten herbei und schleppten das billig Erworbene heim. Der Deutschorden schätzte später seinen schaden auf 20,700 Gulden.

Samstag, den 22. April brach der helle Haufe von Heilbronn wieder auf. Die Stadt war genötigt, zu dem Haufen ein Fähnlein zu stellen, das Hans Flüx kommandierte. Mehrere Frauen zogen in Wehr und Waffen gleichfalls mit.

Jäcklein Rohrbach und Remy von Zimmern, die Anstifter des Weinsberger Blutgerichts, trennten sich bei dem Abmarsch von Heilbronn mit ihren Scharen vom hellen lichten Haufen und zogen nach dem Kraichgau, um sich dem württembergischen Haufen anzuschließen. Ursache dieser Trennung war die Spaltung, die durch die Weinsberger Vorgänge zwischen Jäcklein Rohrbach und Wendel Hipler und seiner Partei ausgebrochen war. In Wendel Hiplers Plan, mit dem Adel möglichst gute Freundschaft zu halten und ihn zu gewinnen zu suchen, war das rücksichtslose, gewalttätige Vorgehen Jäckleins ein dicker Strich. So lange Jäcklein im Haufen war, konnte er an die Verwirklichung seines Planes nicht denken, denn die Weinsberger Vorgänge hatten den ganzen Adel entsetzt, und Götz von Berlichingen war neben Jäcklein jetzt ebenso unmöglich, wie er es früher neben Florian Geyer gewesen. In den Beratungen, die der Kriegsrat der Bauern zu Weinsberg und Neckarsulm gepflogen und in Heilbronn fortgesetzt hatte, war die Spaltung zum Ausbruch gekommen und hatte die Trennung Jäckleins veranlasst.

Die Beratungen der Hauptleute und Räte des „hellen lichten Haufen“ wurden in Gundersheim, wohin man gekommen war, fortgesetzt. Um eine bessere Ordnung im Haufen herzustellen und stets kriegstüchtige Leute zu besitzen, machte Wendel Hipler zwei sehr vernünftige Vorschläge. Die Bauern sollten nicht wie bisher, nachdem sie vier Wochen gedient, nach Hause gehen dürfen, sondern gezwungen sein, bis zur Beendigung des Kriegs bei dem Haufen zu bleiben. Ferner solle man alle Landsknechte, die sich anbieten würden als kriegserfahrene Leute, gegen Sold annehmen. Der Kriegsrat stimmte diesen Vorschlägen zu, aber nicht die Gemeinde. Die Bauern hassten die Landsknechte, weil sie viel unter ihrem Druck zu leiden gehabt, und dann fürchteten sie bei der Beute zu kurz zu kommen. Der zweite Vorschlag gefiel ihnen nicht, weil sie Weib und Kind, Haus und Feld im Stiche lassen sollten und weil sie glaubten, genug getan zu haben, wenn sie mit den eigenen Herren Abrechnung gehalten. Ihre Kurzsichtigkeit und ihr Lokalpartikularismus verhinderte sie zu begreifen, dass damit gar nichts getan war; dass wie die Herren in ganz Deutschland sich gegenseitig unterstützten, das Gleiche von ihrer Seite geschehen musste. Allein Wendel Hipler redete vergebens, seine Vorschläge wurden verworfen.

Dagegen gelang es ihm, einen anderen Vorschlag, und zwar seinen lang gehegten Lieblingsplan, wenn auch erst nach hartem Widerstande durchzusehen, nämlich Götz von Berlichingen zum obersten Hauptmann des evangelischen Heeres“ zu machen.

Götz von Berlichingen war einer der verwegensten Raubritter seiner Zeit. In einer seiner vielen Fehden hatte er eine Hand verloren und trug jetzt eine solche von Eisen. Schwager Franz von Sickingens, war er mit diesem in dessen Unternehmung wider die Fürsten verwickelt gewesen; dem schwäbischen Bund hatte er Urfehde schwören müssen; der Bund war ihm verhasst, weil es dessen wesentlichste Aufgabe war, den Reichsfrieden zu erhalten und dem Raubadel das Handwerk zu legen. In Folge seiner vielen Fehden und Kriegszüge hatte sich Götz einen berühmten Namen gemacht, und da er mit einer gewissen äußerlichen Biederkeit auch das Streben verband, dem Unterdrückten beizustehen, wenn dieses ihm zu einem guten Vorwand zu einer Fehde wider einen ihm Verhassten verhalf, so genoss er selbst einige Sympathie bei dem gemeinen Mann.

Es ist kein Zweifel, dass Wendel Hipler und Götz schon lange mit einander in vertraulicher Beziehung standen und ein fertiger Plan abgekartet war. Das Sickingensche Unternehmen sollte in neuer Gestalt wieder aufleben. Dass der Adel allein es nicht durchzuführen vermochte, hatte Sickingens Zug gezeigt, die Bauernerhebung sollte benutzt werden, um dieses Ziel zu erreichen.

Götz war schon in Schöntal im Schüpfer-Grund bei den Bauern gewesen, um durchzusetzen, dass man seinen Bruder, der in der Nähe von Schöntal auf dem Schloss Jagsthausen saß, und dessen Hintersassen sich den Bauern angeschlossen hatten, ungestört ließ. Das gelang ihm durchzusetzen mit Hilfe von Hiplers Einfluss. Götz ließ auch hier Äußerungen fallen, dahin lautend, dass er den Bauern gegen die Fürsten helfen und die Edelleute zu ihnen bringen wolle und könne. Es galt den Boden für den Plan zu ebnen. Kurz darauf schrieb er eine Versammlung der fränkischen Adeligen aus, um sich mit ihnen über ihre Stellung zu den Bauern zu verständigen. Die Vorgänge von Weinsberg vereitelten den Plan. Der Adel war entsetzt und im Gegensatz zu Götz ‚ Ansicht entschlossen, sich auf die Seite der Fürsten zu stellen. scheinbar tat Götz dasselbe. Er bot dem Kurfürsten von der Pfalz seine Dienste an, und bat ihn, seine Habe und seine Vorräte sicher nach Heidelberg geleiten zu lassen. Doch dies war nur Schein, um sich für alle Fälle den Rücken zu decken; denn als der Kurfürst von der Pfalz einen Geleitsmann, in der Person Wilhelms von Habern, mit einer Anzahl Reiter sandte, um Götz‘ Wünschen nachzukommen, fand er ihn nicht daheim, seine Frau hingegen im Wochenbett und von nichts wissend, weshalb dieselbe die Abfuhr des Hausrats verweigerte. So musste Habern unverrichteter Sache umkehren. Auch will Götz den Brief, worin ihm der Kurfürst auf sein Anerbieten, in seine Dienste zu treten, bejahend antwortete, nicht empfangen haben, weil seine Schwiegermutter, die den Brief in Empfang genommen und aus demselben ersehen, dass er Weib und Kind, Haus und Hof verlassen wolle, ihn im Einverständnis mit seiner Frau unterschlagen habe. Auch das scheint leere Ausflucht. Wollte Götz seine Habe und seine Vorräte nach Heidelberg schaffen lassen, so konnte er nicht Weib und Kind in dem leeren Schloss zurücklassen, am allerwenigsten dann, wenn er in die Dienste des Kurfürsten, der Bauern Feind, trat. Dadurch würde er seine Familie der Rache der Bauern geopfert haben. Götz musste, als er sah, wie wenig der Adel auf seine Wünsche einzugehen geneigt war, vorsichtig verfahren, er musste die Möglichkeit einer Niederlage der Bauern ins Auge fassen und darum tat er nicht bloß die erwähnten Schritte bei dem Kurfürsten von der Pfalz; er habe auch, so sagte er später aus, als er in Schöntal erfahren, dass die Bauern einen Zug auf Würzburg zu unternehmen gedächten, dem Bischof von Würzburg eine Warnung durch einen Boten zukommen lassen, der aber merkwürdiger Weise auch nicht angekommen war. Götz spielte ein zweideutiges Spiel und suchte sich für jeden Fall den Rücken zu decken.

Am 24. April wurde Götz zu Gundersheim in die „evangelische Brüderschaft“ aufgenommen und leistete den Eid. Wenige Tage danach drangen Wendel Hipler und der mit ihm und Götz befreundete Hans Reyter von Bieringen im Bauernrate mit dem Antrag durch, Götz zum Feldhauptmann zu erwählen. Auch wurde beschlossen, den Adel zur Hilfe und Unterstützung aufzurufen.

Als der Bauernrat mit beiden Anträgen vor den Haufen trat, gab es ein großes Geschrei und viel Tumult. „Wir haben einen Bauernkrieg, was bedürfen wir des Adels? Und wozu Götz zum Hauptmann? Er gönnt uns nichts Gutes. Warum hängt man ihn nicht an einen Baum?“ so und ähnlich schrie es aus dem Haufen. Wendel Hipler redete vergebens, er fand keinen Anklang; erst Jörg Metzler und Hans Reyter bewogen die Mehrheit zur Zustimmung. Darauf wurde eine Deputation abgesandt, um Götz von seiner Wahl in Kenntnis zu sehen und ihn zu der Annahme derselben zu veranlassen. Götz hatte von dem Widerstand gegen seine Wahl gehört; teils aus wirklicher Bedenklichkeit, teils um den Schein zu wahren, als hätten die Bauern ihn gezwungen, setzte er der Annahme der Wahl Weigerungen entgegen und nahm sie endlich nur unter Verwahrungen an.

Götzens echte Raubritternatur kam alsbald zum Vorschein. Er machte dem Bauernrat den Vorschlag, statt, wie beabsichtigt, auf Würzburg zu ziehen, zunächst die Reichsstadt Hall einzunehmen. Den reichen Bürgern war er nicht minder Gram wie den Fürsten, das Bürgerpack zu demütigen, sagte seinem raubritterlichen Herzen besonders zu. Sein Vorschlag fand aber im Bauernrat keinen Beifall. Dagegen bekämpfte Götz die Absicht, vors Würzburger Schloss zu ziehen, um dieses zu belagern, und hierin hatte er Recht. Man solle den Feinden die Bäuche wenden und nicht den Rücken, sagte er; damit zielte er auf den schwäbischen Bund. Statt nach Würzburg vor das befestigte Schloss, den Frauenstein, zu ziehen und die Zeit mit der Belagerung zu vertrödeln, mussten sich die Bauern gegen den einzigen Feind, der in jenem Augenblick ein organisiertes Heer gegen sie im Felde hatte, den schwäbischen Bund wenden, sich mit dem württembergischen Haufen vereinigen, die Haufen vom Schwarzwald, aus Oberschwaben und dem Allgäu heranziehen und das Heer des Truchsess zu vernichten suchen, ehe er sich mit anderen Fürsten, namentlich mit dem Pfalzgrafen, dessen Rüstungen ihrem Ende nahten, vereinigen konnte, und dadurch übermächtig wurde.

Unbegreiflicherweise fand dieser Gedanke bei den Bauern kein Gehör, der Zug auf Würzburg wurde beschlossen.

Götz suchte bald in seiner neuen Stellung seinen Einfluss nach einer Seite geltend zu machen, wo er auf starken Widerstand stieß. Es war nämlich sein eifrigstes Bestreben, die Burgen und Häuser seiner adeligen Kumpane vor Verlegungen und Plünderungen zu schützen. Die Bauern sollten diese unangetastet lassen, dagegen war er ganz einverstanden, wenn sie die Klöster heimsuchten, und er genierte sich auch nicht, von der Beute seinen Anteil einzusacken und erobertes Klostergut den Bauern billig abzukaufen. Die Bauern waren mit dieser Rücksichtnahme auf die adeligen Burgen und Sitze ganz und gar nicht einverstanden, und mehr als einmal kam es zwischen ihnen und Götz zu heftigen Szenen, wenn sie seine Befehle nicht respektierten.

Bereits fing auch die Spaltung an, ihre schlimmen Früchte zu tragen, die zwischen dem hellen lichten Haufen des Odenwalds und Neckartals und dem fränkischen Heere, richtiger ausgedrückt, zwischen Wendel Hipler und Götz von Berlichingen einerseits und Florian Geyer andererseits ausgebrochen war. Auf dem Marsch durch das Mainzer Oberstift nach Buchen kam der helle Haufe in ein Gebiet, das Florian Geyer kurz zuvor durchzogen hatte und wo er alle Orte zum fränkischen Haufen hatte schwören lassen. Der helle lichte Haufe wollte diesen Vertrag nicht anerkennen und zwang seinerseits die Orte, wieder zu ihm zu schwören. Das erweiterte den Riss und führte zu offener Feindschaft.

Mit Jäcklein Rohrbach kam es gleichfalls zu einer unangenehmen Auseinandersetzung. Dieser hatte den Zaber- und Kraichgau aufgeboten und lagerte im Kloster zu Maulbronn, von wo aus er auf lebhafte Beschwerde seiner Böckinger über die Anmaßungen des Heilbronner Rats diesem schrieb und die Anordnungen des letzteren, als dem Vertrag zuwider, angriff. Der bei dem hellen Haufen anwesende Heilbronner Rat, Hans Berle, musste es aber durchsehen, dass Götz von Berlichingen und Jörg Metzler als oberste Feldhauptleute Jäcklein eine derbe Zurechtweisung zukommen ließen, die mit den Worten schloss: „Wenn Du wider solches tätest (nämlich gegen ihre Abmachungen handeln) müssten wir gegen Dich vorgehen, dessen wir lieber vertragen sein wollten; danach habe Dich zu richten.“

Nachdem der helle Haufe von Buchen ausgerückt war, nahm er im reichsten Kloster des Odenwalds, zu Amorbach, sein Hauptquartier. Wendel Hiplers wie Götz von Berlichingens Wunsch war es schon lange, die zwölf Artikel möglichst unschädlich zu machen, damit man um so leichter den Adel zum Bunde bringe. Wendel Hipler wagte es aber nicht und Götz durfte und konnte noch weniger daran denken. Wurde er doch selbst von den Hauptleuten, die ihn gewählt, mit solchem Misstrauen betrachtet, dass sie übereingekommen waren, jeden seiner Schritte aufs Sorgfältigste zu überwachen. Hans Berle, der Heilbronner Ratsherr, der als ein geschickter Unterhändler galt, kam Beiden wie gerufen, ihm wurde die heikle Arbeit übertragen und zum Lohne dafür das erwähnte Schreiben an Jäcklein abgeschickt.

Berle, Hipler, Götz und Heinrich Maler von Wimpfen, bildeten die Kommission. Die Änderungen waren in der Hauptsache folgende: der sechste, siebente, achte und zehnte Artikel, von den Fronden, den Güterabgaben, den Hofgülden und dem Güterbesitz handelnd, also die vier wichtigsten Artikel, sollten suspendiert werden. Der zweite, vierte, fünfte und elfte Artikel erhielten eine viel mildere Fassung. Damit nicht genug, beschloss man folgende Zusätze. Erstens: Keiner solle ohne Bescheid plündern, noch hinaus zu Haufen zu ziehen aufmahnen, bei Leibesstrafe. Zweitens sollten Zinse, Gülten und schulden ohne Widerrede bis zur Reichsreform fortgezahlt werden; drittens sollte die Güter der weltlichen und geistlichen Obrigkeit Niemand beschädigen dürfen, die Obrigkeit des Fleckens solle die geistlichen Güter zur Hand nehmen (sequestrieren); viertens solle kein weltlicher oder geistlicher Herr beleidigt werden; und fünftens endlich solle Jeder allen Obrigkeiten in Städten, Dörfern und Flecken gehorsam sein, verdiente Strafe hinnehmen, Rat und Gericht gegen mutwilligen Frevel beistehen.

Mit diesen Abänderungen, die man eine „Deklaration“ nannte, waren die zwölf Artikel so gut wie beseitigt und damit das Programm, das man selbst beschworen, vernichtet. Die Bauern sollten um die Frucht ihres Kampfes von den eigenen Führern betrogen werden.

Die Deklarationsmacher ahnten wohl, welch einen Sturm ihr sauberes Werk hervorrufen musste, wenn es bekannt würde. Man sandte darum, nachdem die Majorität der Hauptleute den Abänderungen zugestimmt, Hans Berle in die rückwärts gelegenen Orte, um die Deklaration dort zunächst zur Annahme zu bringen, und hoffte dann mit dem Haufen leichter fertig werden zu können. Als Hans Berle in dieser Mission nach Löckingen kam, ging es ihm schlecht. Die schwarze Hofmännin trat ihm entgegen: „Das ist derer von Heilbronn Anrichten, schrie sie. Bei dem Leiden Gottes! der Berle will euch betrügen, ihr werdet verführt und betrogen; ich selbst will ein Messer in ihn stechen. und wer das tun will, der stehe zu mir, ich will zum ersten Hand anlegen.“ Hans Berle machte sich eiligst aus dem Staube.

Andere Gemeinden schickten Boten ins Lager und ließen sagen: „es käme ihnen seltsam vor, dass sie jetzt schon, da sie kaum frei ausgeschritten wären, den Hals wieder unter das alte Joch beugen sollten. Sie wollten meinen, sie führten Krieg um ihre Freiheit; nun sei ihnen geschrieben worden und geboten, sie sollten eben tun wie vorhin.“ Dadurch wurde die Deklaration im Lager erst ruchbar und der Sturm brach los. Götz, Berle und Hipler waren, wohl aus Vorsicht, nicht zugegen. Der Haufe schrie, man solle Götz sein Haus verbrennen und ihn selbst zu Tode schlagen. Andere gaben dem Heilbronner Rat die schuld und wollten zurück und mit ihm abrechnen. Ein Teil der Odenwälder kehrte vor Zorn um und zerstörte die Schlösser Wildenberg und Limpach, die sie auf Götz‘ Andringen verschont hatten. Wieder Andere schlugen vor, alle Fürsten, Pfaffen und Herren, die nicht auf die 12 Artikel schwüren, Hipler und Götz zum Trotz, totzuschlagen. Das Heilbronner und mehre andere Fähnlein zogen sogar vom Haufen ab und handelten auf eigene Faust.

Als Götz ins Lager zurückkehrte, konnten die Hauptleute ihn nur mit Mühe vor schweren Tätlichkeiten schützen, aber er musste die heftigsten Drohungen und Schimpfworte anhören.

Die Hauptleute des hellen lichten Haufens versprachen, es künftig so zu halten, dass die Grafen und Herren, die auf dem Zuge nach Würzburg etwa in den Bund träten, zugleich auf die 12 Artikel und die Deklaration verpflichtet werden sollten. Mit diesem Kompromiss, den die Führer leicht eingehen konnten, ließen sich die Massen beschwichtigen.

* * *

Bei dem Umsichgreifen der Bewegung in Oberschwaben, auf dem Schwarzwald, im Hohenloheschen, dem Unterneckartal und Odenwald konnte auch das dazwischen liegende Herzogtum Württemberg nicht ruhig bleiben. Die verhasste österreichische Regierung war ein Grund mehr zum Aufstand. Die Bewohner der Uracher, Münsinger, und Blaubeurer Alb waren die ersten, die unruhig wurden. Am 6. April sammelten sich bei Pfullingen an 1000 Bauern und nötigten die Stadt, ihnen die Tore zu öffnen.

Der desorganisierte Zustand, in den die österreichische Regierung das württembergische Land versetzt hatte, begünstigte die Erhebung. Von den zahlreichen Schlössern und Vesten, womit das ganze Land besät war, waren die allermeisten ohne Besatzung, ohne Geschütz und Munition. Was an Geld und Truppen hatte aufgebracht werden können, war nach Italien geschafft worden. Von allen Seiten liefen bei der Regierung in Stuttgart Klagen der Vögte ein und das Verlangen, ihnen Geld und Mannschaft und sonstige Unterstützung zu senden.

Die Regierung war in Verzweiflung. Die Nachrichten von den Vorgängen in Weinsberg warfen sie vollends nieder.

Am Ostersonntag, den 16. April, an dem Tage, wo der helle Haufe des Neckartales und Odenwaldes Weinsberg einnahm, strömten die Bewohner des Bottwartales, unter denen die Erinnerungen an den armen Konrad noch lebendig waren, in Tausenden auf den Wunnenstein und schlugen hier ein Lager auf. Matern Feuerbacher, ein angesehener und beliebter Weinwirt im Bottwartal, dessen Wirtschaft selbst der Adel besuchte, wurde, obgleich widerwillig, ihr Hauptmann. Er wäre lieber in seiner Behausung geblieben, aber die Bauern ließen ihn nicht los. In gleicher Weise, und gleichzeitig mit den Bottwartalern, hatten sich die Bewohner der zahlreichen und volkreichen Ortschaften des Zabergaus auf dem Heuchelberg versammelt und Hans Wunderer von Pfaffenhofen zu ihrem Führer ernannt. Die Fackeln und Wachtfeuer, die von den beiden Bergen während verschiedener Nächte hintereinander weit in die Lande leuchteten, und von den zahlreichen Herrensitzen ringsum gesehen werden konnten, verbreiteten dort Schrecken und Furcht. Sie mochten dem Adel als die Totenfackeln erscheinen, die ihm zum Untergange leuchteten; sie waren die drohenden Zeichen, dass das niedergetretene und geknechtete Volk, des Joches endlich müde, nach seinem Menschenrechte griff.

Die Regierung zu Stuttgart, die von den Ansammlungen Kunde erhalten, sandte eiligst Boten auf den Wunnenstein, um durch das alte Mittel der Unterhandlung die Bauern hinzuhalten. Diese ließen sich nicht darauf ein, sondern setzten ihre Beschwerden auf und schickten diese, nebst der Aufforderung, die 12 Artikel anzuerkennen, durch die Boten nach Stuttgart. Der Haufe, der in wenig Tagen 3000 Mann stark geworden war, rückte vom Wunnenstein nach Laufen, wo das Hauptquartier genommen werden sollte. Auf dem Marsche dorthin kam es zwischen Matern Feuerbacher und dem Haufen zu Differenzen, die auf kurze Zeit seine Absetzung herbeiführten. Er hatte sich hartnäckig der Plünderung mehrerer Schlösser widersetzt, und darüber war der Haufe so aufgebracht, dass die Majorität seine Absetzung durchsetzte, doch wurde er nächsten Tages im Lager zu Laufen aufs Neue gewählt.

Die Stuttgarter Gesandten waren unterdes wieder ins Lager gekommen und schlugen den Bauern zur Erledigung ihrer Beschwerden einen Landtag vor. Der Vorschlag wurde mit Entrüstung zurückgewiesen und die Gesandten mussten unverrichteter Sache abziehen.

Im Lager zu Laufen fanden sich auch die Zabergauer ein, ingleichen schloss sich Jäcklein Rohrbach hier an. Vereinigt ca. 6000 Mann stark, nannten sie sich den „hellen christlichen Haufen„. Ein Ausschuss von 32 Mann wurde Matern Feuerbacher als oberstem Heerführer an die Seite gesetzt, in allen wichtigen Fragen aber hatte der gesamte Haufe zu entscheiden. Nach allen Seiten gingen Boten aus, um Dörfer und Städte zum Anschluss und Zuzug aufzufordern. Dann brach der Haufe nach Stuttgart auf. Dies war für die Regierungsmitglieder das Signal zur Flucht; sie eilten nach Tübingen.

Nach der Flucht der Regierung von Stuttgart berief der Rat eine Bürgerversammlung auf den Markt und ließ durch sie einen Ausschuss von 27 Mann aus ihrer Mitte wählen. Man beabsichtigte, alle benachbarten Ämter zur Hilfe gegen die Aufrührer aufzufordern, sandte auch eine Deputation in das Lager der Bauern nach Bietigheim ab, um nochmals zu versuchen, sie zur Einwilligung für Einberufung eines Landtags zu bestimmen, und ihnen für diesen Fall die Unterstützung der Stadt in Aussicht zu stellen. Theus (Matthäus) Gerber war Sprecher der Deputation. Feuerbacher wies die Vorschläge zurück, die Stadt solle die 12 Artikel anerkennen als Grundlage für eine „christliche Reformation“.

Den nächsten Tag, den 23. April, sandten die Bauern ein Ultimatum in die Stadt und bewilligten ihr nur 36 Stunden Bedenkzeit.

Es war ihnen verraten worden, dass der Rat sie hinhalten wolle, bis das im Anzug begriffene Heer des Truchsess eingetroffen sei. Den 25. April rückten die Bauern vor die Stadt. Eiligst sandte diese Theus Gerber ihnen entgegen und ließ bitten, sie mit Einquartierung zu verschonen. Ein ausbrechendes Gewitter ließ es aber den Bauern wünschenswert erscheinen, sich recht bald in die Stadt zu quartieren, und so rückte der Haufe mit Matern Feuerbacher an der Spitze und mit Jäcklein Rohrbach und den anderen von Weinsberg so Gefürchteten im Gefolge in die Stadt ein.

Die Bauern behandelten Stuttgart sehr milde; nur das in der Nähe gelegene Kloster Bebenhausen musste ihnen seine reichen Vorräte und Weinkeller Preis geben. Die Stuttgarter Pfaffenschaft zahlte im Ganzen nur 400 Gulden Brandschatzung. Nach zweitägigem Aufenthalt rückte der Haufe von Stuttgart wieder ab nach dem Rems- und Filztale, um den Gaildorfer Haufen vom Einfall ins Württembergische abzuhalten.

Der Gaildorfsche Haufe, der sich Anfangs aus den Ortschaften der Schenken von Limburg und der Reichsstadt Hall rekrutierte, und dem. sich später die Dorfschaften der Reichsstadt Gmünd angeschlossen hatten, war wegen seiner Plünderungssucht nicht bloß von Adel und Pfaffen gefürchtet. Er hatte unter anderen das reiche und uralte Kloster Murrhardt, und das eben so reiche Kloster Lorch, geplündert und letzteres verbrannt. Dasselbe Schicksal wie Lorch teilte die berühmte Kaiserburg Hohenstaufen, die das Gmünder Fähnlein in einer Nacht überfiel, einnahm und in Asche legte. Die Flammen der Hohenstaufenburg, die im ganzen Schwabenland von allen Burgen am weitesten sichtbar war, hatten einen so furchtbaren Eindruck auf den Adel hervorgebracht, dass viele seiner Glieder sich beeilten, in die Genossenschaft des Haufens einzutreten, um ihre Burgen vor einem ähnlichen Schicksal zu bewahren; selbst die Schenken von Limburg folgten diesem Beispiel.

Der Gaildorfsche Haufe, der sich zum Unterschied von anderen Haufen, auch der gemeine helle Haufen nannte, hatte sich auf Schorndorf gewandt und diese Stadt zum Eintritt in den Bund aufgefordert. Der Schorndorfer Rat nebst dem Vogt, die sich vergeblich um Hilfe an die Regierung zu Tübingen und den schwäbischen Bund gewandt, und die in ihrer eigenen Bürgerschaft die Mehrheit der Bauernsache zugetan sahen, riefen, um dem Gaildorfer Haufen zu entgehen, Matern Feuerbacher mit seinem Haufen in die Stadt, der sie besetzte. Am 29. April trafen der Gaildorfer Haufe und der helle christliche Haufe Materns bei Schorndorf zusammen. Matern forderte die Gaildorfer auf, das Württembergische zu verlassen, „da die Württemberger ihre Klöster und Kästen selber fegen könnten“. So zeigte sich auch hier engherzigster Partikularismus, und zwar in einem Augenblick, wo den Württembergern der Kampf mit dem Heere des Truchsess nahe bevorstand. Dieser partikularistische Zug geht durch den ganzen Bauernkrieg, die Bewohner einer Landschaft betrachteten alle anderen als „fremde Nationen“, – so nannten sie sie wörtlich und das verhinderte jedes rechte Zusammenwirken, das der Vereinigung der Gegner gegenüber so notwendig war.

Der helle christliche und der Gaildorfer Haufe trennten sich. Letzterer wandte sich zum Anschluss an das fränkische Heer, das mittlerweile den Namen der „schwarze Haufe“ angenommen. Der helle christliche oder württembergische Haufe rückte, nachdem er noch verschiedene Orte, darunter Göppingen, in die Verbrüderung aufgenommen, nach Kirchheim, Hohenneuffen und Urach. Theus Gerber, der mit einem Fähnlein Stuttgarter dem hellen christlichen Haufen sich angeschlossen hatte, nahm Kirchheim ein. Gegen Feuerbachers ausdrücklichen Befehl ließ Wunderer, der zweite im Kommando, das Schloss Teck in Flammen aufgehen, auch kamen Plünderungen vor, ohne dass Feuerbacher etwas dagegen tun konnte. Die Bauern trugen kein Verlangen, ihre Herren im Besitz der reichen Vorräte zu lassen, die sie mit ihrem Schweiß und Blut aufgehäuft hatten.

Am 3. Mai schrieb Matern Feuerbacher aus dem Lager zu Nürtingen dringende Briefe an die Haufen im Allgäu, am Bodensee und auf dem Schwarzwald und fordert sie zum eiligen Zuzug auf, da der Truchsess mit dem Heere des schwäbischen Bundes im raschen Anzuge sei.

An demselben Tage erhielt Matern Feuerbacher einen Brief des Herzogs Ulrich, worin dieser anfragte, wie der Haufe sich zu ihm stelle. Ulrich hatte nach seiner Niederlage im Februar bald wieder neue Verbindungen mit den Bauern anzuknüpfen versucht, war aber lange Zeit zurückgewiesen worden. Endlich gelang es ihm am 21. April, in einer Abteilung des Hegauer Haufens, unter der Hauptmannschaft Hans Blenklers, Eintritt zu erlangen und leistete er den Eid in die evangelische Brüderschaft. Auf Antrag Theus Gerbers beschloss der helle christliche Haufe, dem Herzog eine ausweichende Antwort zu erteilen.

Mit Ende des April war im Württembergischen die Bewegung so mächtig geworden, dass täglich starke Zuzüge im Lager zu Nürtingen anlangten. Das Selbstvertrauen der Bauern wurde dadurch wesentlich gehoben.

Das Gäu, die Gegend, die sich am Saume des württembergischen Schwarzwalds hinzieht, war in vollem Aufstand, das Böblinger und Leonberger Amt wurden in die Bewegung mit hineingerissen, in Kurzem waren 3000 Mann beisammen, die am 5. Mai ins Lager zu Nürtingen einrückten.

Auf dem württembergischen Schwarzwald, in der Gegend von Sülz, Rottweil und Tuttlingen hatte sich ein großer Haufe unter Thomas Mayer von Vogelsberg gesammelt. Der Haufe zog in verschiedenen Abteilungen auf dem ganzen württembergischen Schwarzwald umher und nahm Städte und Dörfer freiwillig oder gezwungen in den Bund auf. Jeder Ort musste, je nach seiner Bevölkerungszahl, ein bestimmtes Kontingent zum Haufen stellen. Anfangs Mai waren 8000 Mann beisammen, mit denen Thomas Mayer vor Sulz zog und die Stadt einnahm. In diesem Augenblick trafen die Boten Matern Feuerbachers ein, der sie nach Nürtingen rief, und sie machten sich sogleich auf den Weg, um der Aufforderung zu folgen.

Während der helle christliche Haufe bei Nürtingen lagerte, um sich für die Schlacht mit dem Truchsess vorzubereiten, war Jäcklein Rohrbach nach dem Zabergau und in die Umgegend des Aspergs gegangen und bot dort die Massen zum Zuzug auf. In der gleichen Absicht war Anton Eisenhut nach dem Kraichgau und dem Bruchrain, der dem Kurfürsten von der Pfalz gehörte, gekommen. In Kurzem hatte er 1200 Mann gesammelt und zog damit nach Heidelsheim, zwischen Bruchsal und Bretten, das er einnahm, worauf er auch Sinsheim eroberte. Der Kurfürst von der Pfalz trug bei Eisenhut auf gütliche Auseinandersetzung an; er stellte eine Verschreibung auf eine allgemeine Amnestie aus und gab das feste Versprechen, die Beschwerden auf dem nächsten Landtag zu heben. Eisenhut und die Bauern gingen darauf ein. Wir werden sehen, wie der Pfalzgraf sein Versprechen hielt.

* * *

Der Geist der Revolution hatte sich über immer weitere Gebiete ausgedehnt. In Worms hatten sich die Bürger gegen den Bischof erhoben, dem Domkapitel die Urkunden abgedrungen, diese zerrissen und die Fetzen in den Kot geworfen. Darauf hatte der Bischof die Stadt verlassen und die Bürger hatten sich in Folge dessen an den Pfalzgrafen um Vermittlung gewandt.

Lebhafter und ernsthafter ging es in Frankfurt her. Dort hatten sich Montag den 10. April 600 Bürger der Neustadt und von Sachsenhausen versammelt, um gegen die neu aufgelegten Messkarren-Hellersteuer zu protestieren. Die Bürgermeister, die um zu beruhigen herbeieilten, bekamen, statt ihren Zweck zu erreichen, ein ganzes Register von Anklagen zu hören. Das Beispiel der 600 wirkte ansteckend. Wenige Tage nach jenem ersten Vorgang versammelte sich der größte Teil der Bürgerschaft in Waffen auf dem Rossmarkt und entwarf ihre Beschwerdeartikel, deren es nicht weniger als 46 wurden, davon allein 13 gegen die Pfaffen. Der Rat machte Schwierigkeiten, er hatte bisher alle möglichen Privilegien genossen, sich die eigenen Taschen auf Kommunekosten gefüllt, kurz, ein echtes patrizisches Willkürregiment geführt. Auch die Pfaffen klagten und jammerten. Aber die Bürgerschaft gab nicht nach, sie drohte mit Gewalt, sich ihr Recht zu nehmen, und die Tausende von versammelten Bewaffneten zeigten den Herren, dass die Drohung Ernst war. So unterwarfen sie sich schweren Herzens und stellten am 22. April eine Urkunde aus, worin sie alle Forderungen „für sich und ihre Nachkommen auf ewige Zeiten“ bewilligten. Ein Zehner-Ausschuss wurde Seitens der Bürgerschaft eingesetzt, der die Ausführung der Artikel zu überwachen hatte. Dieser ging unter anderem bei der Geistlichkeit von Haus zu Haus und befahl ihnen, ihre Konkubinen zu entlassen.

In Mainz versammelte sich am Abend des 25. April eine Anzahl bewaffneter Bürger und befreite vier Prediger der neuen Lehre, die im Gefängnis lagen. Am nächsten Morgen boten sie die ganze Stadt auf, zum Aufruhr wider den Erzbischof und das Domkapitel. Bürgerschaft eilte herbei, verschloss die Tore, führte das Geschütz von den Wällen auf den Dietmarkt und drohte, die geistlichen Häuser niederzuschießen, wenn das Domkapitel nicht ihre Forderungen, die sie in 31 Punkten aufgesetzt hatte, bewillige. Der Erzbischof war bei Beginn der Bewegung aus der Stadt entflohen, und das erschreckte Domkapitel bewilligte ohne Zögern sämtliche Forderungen.

Auch weiter den Rhein hinab war Alles auf. Am 23. April rückten die Bauern des Rheingaues auf ihre Mallstadt, die Lützelaue bei St. Bartholomä, setzten ihre Beschwerden und Forderungen auf und reichten sie ebenfalls bei dem Mainzer Domkapitel ein. Es waren 31 Artikel, worin sie unter anderem verlangten: freie Lehre des Evangeliums; statt des Zehnten den Dreißigsten; geistliche und weltliche Güter sollten die Bede geben und Gemeindedienst verrichten wie alle anderen Bürger; Jeder nur da gerichtet werden können, wo er sesshaft sei; die alten Testamente und Brüderschaften sollten aufhören und ihnen weder Gült noch Zins mehr gegeben werden; alle Grundzinse sollten ablösbar sein; kein Jude, Bettelmönch und Stationierer im Rheingau mehr geduldet werden; die Klöster sollten aussterben, die Palliengelder aufhören; Wasser, Weide und Wild sollten frei sein, jeder Bauer und Bürger für sein Bedürfnis Bau- und Brennholz empfangen usw. Das Domkapitel verlangte eine drei bis viertägige Bedenkzeit. Ein Teil der Versammelten wollte sie bewilligen, die Mehrzahl widersetzte sich und verlangte sofortigen Entscheid, namentlich da man vernommen, dass die Mainzer schon am 25. April ihre Forderungen bewilligt erhalten hatten.

Die Unzufriedenen zogen auf das sogenannte Wacholderfeld, eine kleine Stunde vom Rhein, und forderten die Ritterschaft auf, sich bei ihnen einzufinden und ihre Forderungen zu unterstützen. Die Ritterschaft, die, wie überall, gegen die Pfaffen sehr feindlich gesinnt war und von dem Bündnis mit den Bürgern und Bauern auch Vorteil für sich zu erlangen hoffte, stellte sich ein und schwor mit in den Haufen. Der Stellvertreter des Erzbischofs, der Fürstbischof von Straßburg, von den Bauern vorgeladen, erschien auf dem Wacholderfelde und sah sich gezwungen, alle Forderungen zu unterschreiben.

Wie in Frankfurt und Mainz, so kam im Frühjahr 1525 in fast allen Städten längs des Rheins und der Mosel und ebenso in Westfalen die Bewegung in Gang. Überall war es die tiefe Unzufriedenheit mit dem städtischen und bischöflichen Regiment, welch letzteres in den Rheinlanden in besonderer Blüte stand. In Poppart, Koblenz, Bonn, Trier, Köln, Wesel, Düsseldorf, Kleve, Münster und anderen Städten war es unruhig und machte das Volk seine Rechte geltend. Doch kam es nirgends zu gewaltsamen Ausbrüchen von größerer Bedeutung.

Von Worms rheinabwärts waren es hauptsächlich die Städte, die in Gärung und Aufruhr geraten waren, von Worms rheinaufwärts war es fast umgekehrt. In der Pfalz, dem Bistum Speyer, der oberen. und unteren Markgrafschaft Baden, dem Breisgau bis hinauf nach Basel, überall sammelten sich zahlreiche Haufen der Bauern. Viele Klöster und Schlösser wurden eingenommen und geplündert, teilweise auch zerstört. Wie der Kurfürst von der Pfalz den Aufstand im Bruchrain unter Eisenhut gedämpft, indem er mit diesem einen Vertrag abschloss. wonach eine allgemeine Amnestie gewährt und ein Landtag alle Beschwerden der Bauern untersuchen und abstellen sollte, so betrat er mit Erfolg den gleichen Weg bei den aufrührerischen Haufen anderer Gebiete seiner Herrschaft. Bei Wachenheim und Winzingen hatten sich allein 8000 Mann aufgestellt, mit denen er in der angedeuteten Weise Frieden schloss, und um zu zeigen, dass es ihm Ernst sei, berief er sofort auf Pfingsten den Landtag nach Heidelberg ein und schrieb auch an die Herren und Amtleute seiner Herrschaft „den Vertrag nichts zu tun.“ In Wirklichkeit war alles nur Schein, er war entschlossen, den Vertrag zu brechen, sobald er es mit Erfolg könne.“

Im Bistum Speyer war die Zahl der bewaffneten Bauern auf 5-6000 angewachsen. Die reichen Klöster des Bistums bekamen ihre Hand schwer zu fühlen, die Bauern zogen von Kloster zu Kloster und ließen sich’s wohl sein. Da in der Stadt Speyer ebenfalls die Gärung sehr bedenklich war und ein Ausbruch drohte, hielt es der Bischof für klug, der Aufforderung der Bauern zu folgen und von Heidelberg, wohin er sich geflüchtet, in ihr Lager zu reiten, um einen Vertrag mit ihnen abzuschließen. Dieser kam auch zustande, und um die Bauern zu schnellerem Abzug zu bewegen, ließ er ihnen ins Lager von Rheinhausen 200 Malter Brot, 25 Fuder Wein und für 100 fl. Fleisch aus Speyer senden. Der Haufe ging einstweilen nach Hause, die Hauptleute und die Kanzlei hingegen nahmen ihren Sitz in Bruchsal, um gegebenen Falls bei der Hand zu sein.

Gleich dem Pfalzgrafen und dem Bischof von Speyer gelang es dem Markgrafen Philipp von Baden, den in seinen Landen, in der unteren Markgrafschaft, ausgebrochenen Brand zu stillen. Am 22. Mai wurde ein Vertrag zu Renchen abgeschlossen, worin den Bauern in der Hauptsache bewilligt wurde: freie Predigt des Evangeliums, Aufhebung des kleinen Zehnten, Herabsetzung des Heu- und Hanfzehnten auf den Zwanzigsten, Aufhebung der Stolgebühren, Freizügigkeit, unbeschränkte Heiratsfreiheit, Jagdfreiheit, Rückgabe der Almanden (Gemeindebesitzungen), Aufhebung des Todfalls und noch eine Reihe anderer minder wichtiger Freiheiten und Erleichterungen. Der Markgraf war der einzige Fürst, der auch nach dem unglücklichen Ausgang des Kriegs seinen Bauern den Vertrag hielt.

Im Breisgau gingen die Dinge nicht so glatt ab. Hans Müller von Bulgenbach, der, wie oben mitgeteilt, sich von Herzog Ulrich getrennt hatte, war entschlossen, die Hauptstadt des Breisgau, Freiburg, wohin eine große Menge oberrheinischer weltlicher und geistlicher Herren mit ihrer Habe sich geflüchtet hatten, einzunehmen und in die evangelische Brüderschaft zu zwingen. Gleich den anderen Heerführern hatte er in allen Orten, die er durchzog, eine Anzahl der waffenfähigen Ortsbewohner, wo sie nicht freiwillig sich anschlossen, zum Mitzug gezwungen, und sein Haufe war dadurch sehr stark geworden. Auf dem Marsche nach Freiburg machten die verschiedenen Abteilungen es sich zur Pflicht, mit Klöstern und Herrenburgen möglichst aufzuräumen. Recht schlecht erging es namentlich der durch ihren Reichtum weit und breit berühmten Abtei St. Blasien. Sechs Tage lang lagen die Hauensteiner, die eigenen Untertanen der Abtei, im Kloster und machten sich gute Tage. Alles was nicht niet- und nagelfest war, wurde mitgenommen. Aus dem Fensterblei wurden Flintenkugeln, aus den Glocken Kugeln für die Geschütze gegossen.

Am 11. Mai brach der Haufe Hans Müllers auf und traf am 13. Mai im Stadtgebiet von Freiburg ein. Hierher rückten auch nach und nach die Haufen, die sich in der oberen Markgrafschaft Baden und dem Breisgau gebildet hatten. Da war ein Haufe, der sich in der Umgegend des Kaiserstuhls, zwischen Freiburg und dem Rhein, zusammengetan, diesem schloss sich der Haufe des Vogts von Munzingen an. Beide Haufen rückten vor Kenzingen und nahmen hier einen dritten Haufen auf, der aus den Ortschaften der Ortenau bestand und Georg Heid von Lahr zum Hauptmann hatte. Alle drei Haufen zusammen waren 12.000 Mann stark. Ein vierter Haufe war in der oberen Markgrafschaft, in der Gegend von Badenweiler, zusammengetreten; er brach eine Anzahl Schlösser des Markgrafen Ernst, als dieser nach Freiburg entfloh und sich weigerte, die zwölf Artikel anzuerkennen. Ein fünfter Haufen endlich hatte sich bei Hochberg gebildet und dem Kloster Tennenbach einen Schaden verursacht, den dieses später auf 30.000 Gulden schätzte.

Am 17. Mai waren sämtliche Haufen um Freiburg konzentriert, man zählte von den Türmen der Stadt zwanzig verschiedene Fahnen im Bauernlager. Hans Müller von Bulgenbach hatte den Oberbefehl. schon am 15. Mai hatte er die Stadt aufgefordert, sich zu ergeben, am 16. schrieb er abermals und forderte sie auf, sechs Ratsmitglieder und sechs aus der Gemeinde zur Unterhandlung ins Lager zu senden, wenn nicht, wolle man die Stadt stürmen.

Da der Rat keine Antwort gab, rückte das Heer näher vor die Stadt und schloss sie so eng ein, dass Niemand weder heraus noch hinein konnte. Mit List gelang es den Bauern, das Blockhaus auf dem Schlossberg zu gewinnen. Ihr Geschütz schafften sie während der Nacht an Stricken hinauf, verschanzten es und begannen am nächsten Morgen die Beschießung der Stadt, die sehr wirksam war. Der junge Adel versuchte auszufallen, ward aber zurückgeschlagen. Die Zünfte, die man zur Verteidigung zusammenberufen hatte, waren unsicher, so blieb dem Rat nichts anderes übrig, als zu kapitulieren. Am 23. Mai ergab sich die Stadt und trat in den Bund der Bauern ein; als Brandschatzung hatte sie 3000 Gulden zu zahlen, welche die geflüchteten Adeligen und Geistlichen aufzubringen hatten. Am 24. Mai zogen die Bauern schon wieder von Freiburg ab; sie waren von ihren Brüdern in Oberschwaben und am See um eilige Hilfe angegangen worden.

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Die Unruhen im Breisgau hatten auch in Basel und in der Landschaft gezündet. Hier wie am ganzen Oberrhein und im Elsass waren es die Prädikanten, welche das Feuer geschürt. Am 3. Mai rückten die Bauern der Dörfer um Basel in beträchtlicher Zahl vor die Stadt. Um die eigenen Bürger vom Zuzug zu den Bauern abzuhalten, sah sich der Rat genötigt, bei den Zünften umher zu schicken und die feste Versicherung zu geben, dass alle Beschwerden über sein Regiment in befriedigender Weise erledigt werden sollten. Da die Bauern mit Gewalt drohten, fand es der Rat für klug, sich auf Unterhandlungen einzulassen. Abgesandte von Zürich, Bern, Luzern und Solothurn vermittelten dieselben. Die Mehrheit der Bauern ließ sich darauf ein und zog heim, nachdem man ihnen die Aufhebung des kleinen Zehnten, des Todfalls und der Leibeigenschaft, Freizügigkeit, Fronnachlässe und anderes mehr bewilligt hatte.

Eine nicht geringe Zahl der Baseler Bauern, darunter die Häupter, hatten sich nach dem Elsass gewandt, das in hellen Flammen stand. Das Elsass war um jene Zeit in eine Anzahl verschiedener Herrschaften zerstückelt. Die mächtigste war die österreichische, die zu Ensisheim ihren Sitz hatte. Außerdem hatte der Herzog von Württemberg die Herrschaft Mömpelgard, und ebenso besaß der Bischof von Straßburg große Gebiete; auch gab es verschiedene Reichsstädte, die zahlreiche Dörfer besaßen und eine Menge kleiner weltlicher und geistlicher Gebiete.

Die Elsässer Bauern hatten ihre besonderen 12 Artikel, die sich von denen diesseits des Rheins durch Kürze und größere Schärfe auszeichneten. Nach diesen Artikeln verlangten sie: 1. die Freiheit, das Evangelium nach der rechten Meinung gepredigt zu erhalten; 2. weder großen noch kleinen Zehnten zu geben; 3. keinen Zins und keine Gülten mehr; wo einer 20 fl. geliehen habe, solle er jährlich einen Gulden Zins geben, bis die schuld wett sei; 4. alle Wasser sollten frei sein; 5. Wälder und Holz frei; 6. das Wildbret frei sein; 7. Aufhebung der Leibeigenschaft; 8. keinen Fürsten und Herrn, als der ihnen gefalle; 9. Gericht und Recht wie es von Alters her gewesen; 10. einen Amtmann nach ihrem Belieben einzusehen; 11. Aufhebung des Todfalls; 12. Rückgabe der Allmenden, sowohl Matten als Äcker, an die Gemeinden.

Im Sundgau und in der Grafschaft Mömpelgard war man zunächst auf. Die Sundgauer wurden durch 3000 Schweizer unterstützt, die gegen das Verbot ihrer Stadtherren die Grenze überschritten hatten. In Ensisheim herrschte große Verwirrung. Es fehlte hier wie überall der Regierung an Truppen und Ausrüstung, und gleichwohl suchten Adel, Mönche und Nonnen in Menge dort ihre Zuflucht. Des Erzherzogs Landvogt, ein Herr von Rapoltstein, wusste nicht wie er sich helfen sollte. Die Absicht der Bauern, Ensisheim zu belagern, wurde zunächst und unkluger Weise aufgegeben, sie hielten die Stadt für fester wie sie war, und rückten vor Sulz und Gebweiler, die sie beide, am 10. und 12. Mai, einnahmen und in den Bund huldigen ließen..

Im Bistum Straßburg hatte sich schon in den Osterfeiertagen bei der Abtei Altdorf ein Haufe gesammelt, der sofort 1100 Mann zählte. Ein anderer Haufe trat bei Dampach zusammen. Bei Ebersheim-Münster bildete sich ein dritter Haufe, ein vierter im Willertal. Alle diese Haufen quartierten sich in den Klöstern ein. Die Bewohner der Dörfer Mittelweyer, Beblen und Sigolsheim rotteten sich zusammen und fielen in das Kloster Bur. Als der Vogt von Reichenweyer ihnen darüber Vorstellungen machte, antworteten sie ihm: „Traun, es ist viel besser wir tun’s, als dass fremde Bauern kämen und täten solches.“ Diese Logik galt überall im ganzen Krieg. Sobald eine Burg oder ein Kloster geplündert wurde, konnte man sicher sein, dass die Untertanen des Grundherrn die eifrigsten bei dem Geschäft waren. Das konnte man ihnen schließlich nicht übelnehmen, waren doch sie es, welche die Vorräte hatten schaffen müssen, und warum sollten sie diese Fremden in die Hände fallen lassen? – Bei Barr hatte sich ebenfalls ein Fähnlein gesammelt. Alle die hier aufgezählten Haufen vereinigten sich unter dem Namen des Altdorfer oder niederen Haufen.

Der Haufe teilte sich in verschiedene Unterhaufen, um überall die Orte in den Bund aufzunehmen. Am 10. Mai rief der oberste Hauptmann, Erasmus Gerber, sie alle zusammen und der Haufe lagerte sich jetzt, 14.000 Mann stark, vor Berken, das sich ihm sofort ergab.

In dem stark befestigten Rappoltsweiler saß Ulrich von Rapoltstein, der Sohn des österreichischen Landvogt zu Ensisheim, und versuchte vergebens die aufgeregte Bürgerschaft zu beruhigen. Die Bürger bemächtigten sich der Tore und hielten den Junker gewissermaßen gefangen. Ein Ausschuss von 150 Mann entwarf ihre Beschwerden, die Junker Ulrich an seinen Vater schickte, der ihm riet, nachzugeben und die Artikel anzunehmen. Aber die Bürger waren damit nicht beruhigt. Als am 13. Mai ein Teil der Bauern vor die Stadt rückte, öffneten sie, trotzdem sie das entgegengesetzte Versprechen Ulrich von Rapoltstein gegeben, den Bauern die Tore und nahmen sie in die Stadt auf. Dem Junker, der in einem Hause beim Weine saß, kreideten sie einen Galgen an den Fensterladen.

Den 14. Mai rückten die Bauern von Rappoltsweiler ab und vor Reichenweyer, das sich ebenfalls sofort ergab, als es sah, dass Bretten und Rappoltsweiler ihnen nicht widerstanden hatten. Jede der drei Städte musste eine Anzahl Mannschaften stellen und in den Bund schwören.

Ende April erhob sich der Haupthaufe, der zu Altdorf lagerte, um Straßburg zu überraschen und einzunehmen. Eine Anzahl Bürger wollte ihm die Tore öffnen. Der Anschlag wurde verraten. Darauf rückte der Haufe, 20.000 Mann stark, vor Elsass-Zabern, die Residenz des Bischofs von Straßburg. Pfaffen und Adel schickten Boten an den Herzog von Lothringen, um die Stadt zu besehen, aber die Bürgerschaft war dem entgegen. Am 13. Mai öffnete sie den Bauern die Tore und schwur in den Bund.

Mittlerweile hatte sich auch im Lothringischen bei Saargemünd ein Haufen von 4000 Bauern gebildet; ein anderer großer Haufen hatte ein Lager bei Neuburg vor dem Hagenauer Forst, dem sich als vorgeschobene Posten der Kolbenhaufen, auch der Beschorenenhaufen genannt, bei dem Kloster Stürzelbrunn, und der Kleeburger Haufen bei Weißenburg anschlossen. Das ganze Elsass und ein Teil von Lothringen waren ein großes Bauernlager, und der Schrecken, den die Bauern verbreiteten war so groß, dass man selbst ihren Einfall in Frankreich fürchtete.

Dieser gewaltigen Bauernmacht konnten die inländischen Herren unmöglich widerstehen, sie wandten sich flehend und Hilfe suchend an den Herzog Anton von Lothringen, der aus dem berüchtigten Hause der Guisen stammte. Dieser, nach Blut und Rache lechzend, folgte dem Hilferuf. Er raffte an 30.000 Mann aus aller Herren Länder zusammen, mit denen er den Bauern entgegenzog. In seinem Heere befanden sich unter anderem 2000 italienische Schützen und eine Anzahl Fähnlein niederländischer Landsknechte, ferner eine Masse Mordgesindel aus der Auvergne und Bourgogne, das jeder Schandtat fähig und weit und breit berüchtigt war, endlich Albanesen, Stratioten und Piemontesen.

Am 6. Mai rückte der Herzog von Nancy nach dem Elsass ab. Als Erasmus Gerber dies vernahm, sandte er ihm durch einen Boten einen Brief, worin er ihm versicherte, dass man gegen sein Land nichts beabsichtige, und ihn ersuchte, in die evangelische Brüderschaft einzutreten. Die Antwort des Herzogs war, dass er dem Boten als „Majestätsbeleidiger“ den Kopf abschlagen ließ. Wenige Tage danach nahmen die Bauern einen seiner Unterheerführer, den Ritter von Braunbach, gefangen. Statt Repressalien zu üben, ließen sie ihn gegen 2000 Gulden Lösegeld frei. Eine Abteilung des Lothringischen Heeres marschierte auf Saargemünd. Die dort verschanzten Bauern zogen sich bei ihrer Annäherung zurück. Der Herzog rückte durch die Vogesenpässe auf Zabern zu. Erasmus Gerber sandte ihm, trog der schlimmen Erfahrung, einen zweiten Brief, in dem er um eine Unterredung mit dem Herzog bat. Dieser hielt das Anerbieten für ein Manöver, um ihn hinzuhalten, und lehnte es ab. Es ging nämlich das Gerücht, es rückten 30.000 Bauern dem Haufen bei Zabern zu Hilfe, zugleich erfuhr der Herzog, dass 4000 bereits in Lupfstein angekommen seien.

Gegen diese dirigierte er eine Abteilung des Heeres nebst Geschütz. Der Kampf entbrannte. Die Bauern schlugen sich mit großer Tapferkeit. Um sie zurückzudrängen, ließ der Prinz von Guise Feuer in die Wagenburg werfen, hinter die sie sich verschanzt hatten. Darauf zogen die Bauern kämpfend sich ins Dorf zurück. Erst nach langem harten Kampfe gelang es der Reiterei, in das Dorf zu brechen. Die Bauern warfen sich jetzt in die Kirche und in die Häuser und lehnten jede Aufforderung zur Übergabe ab. Da ließen die feindlichen Heerführer das Dorf an vier Seiten anzünden und verbrannten Alle, die darinnen waren; die zu entfliehen versuchten, wurden niedergestochen.

Erasmus Gerber hatte, sobald er den Anzug des Lothringers erfuhr, sofort nach allen Seiten um Zuzug gesandt. Den 18. Mai erhielt Wolf Wagner, der Hauptmann des vor Ammersweiler liegenden Haufens, die Aufforderung Gerbers. Der eine Teil wollte ohne Zögern aufbrechen, aber der andere Teil, der seine eigene Heimat durch den Abzug entblößt und in Gefahr glaubte, ließ das nicht zu. Es wurde Sturm geläutet und diejenigen, welche dem Rufe folgen wollten, wurden gezwungen, zu bleiben. Der ganze Haufe, 12.000 Mann stark, belagerte Kaisersberg, während ihre Brüder bei Zabern schmählich zu Grunde gingen.

Mangel an Lebensmitteln, verbunden mit der Befürchtung, die einzelnen Haufen möchten durch die Übermacht des Herzogs aufgerieben werden, wie der schlimme Eindruck, den die Niederlage bei Lupfstein auf das Bauernheer gemacht, ließen Erasmus Gerber die Schwäche begehen, mit dem Herzog auf freien Abzug zu unterhandeln. Dieser ging nur unter der Bedingung darauf ein, dass sie ihre Waffen niederlegten, 100 Geiseln stellten und sich in ihre Heimat begäben. Diese Bedingungen wurden angenommen. Nächsten Tages, den 17. Mai, rückte der Graf von Salm in die Stadt und besetzte sie. Während dies geschah, waren Boten Gerbers mit Briefen in die Hände des Herzogs gefallen, worin er die Verbündeten jenseits des Rheins aufforderte, ihn zu erwarten und Lebensmittel und Waffen herbeizuschaffen, um wieder ins Elsass zurückzukehren und den Kampf von Neuem aufzunehmen. Dies gab dem Herzog die erwünschte Veranlassung, den Vertrag als gebrochen zu betrachten. Als die waffenlosen Bauern durch die aufgestellten Reihen der Landsknechte zogen, fing einer derselben mit einem Bauer Streit an. Es kam zu Tätlichkeiten, die das Signal zu einem allgemeinen Angriff auf die Wehrlosen gaben. Die Bauern stürzten nach der Stadt zurück, um ihre Waffen zu holen, die Landsknechte drangen mit ihnen ein, die Besatzung hieb ebenfalls auf die Bauern los und so entstand ein entsetzliches Blutbad, in dem 16-18.000 umkamen. Darauf wurde die Stadt von den Lothringischen Banden geplündert, Frauen und Jungfrauen vor den Augen ihrer Männer und Väter geschändet, die Männer teils misshandelt, teils getötet.

Als der Truchsess von dem Siege des Lothringers hörte, war er höchst erfreut und riet dem Erzherzog, die Lothringer über den Rhein zu ziehen und nach dem Allgäu zu senden. Nicht Menschlichkeit, wohl aber schwerwiegende politische Gründe hielten den Erzherzog ab, des Truchsessen Rat zu befolgen. Der Lothringer war schwer wieder aus dem Lande zu bringen, wenn er ihn erst hereingerufen und ihm den Sieg verdankte. Als die vor Kaisersberg lagernden Bauern die Nachricht von dem Blutbad bei Babern empfingen, da gereute sie, leider zu spät, ihr Zaudern, und sie waren jetzt Alle einig und entschlossen, dem Feind entgegenzuziehen. Man kam überein, ihn am sogenannten Landgraben zu empfangen. Die Unterelsässer zogen, sei es im Eifer oder aus Missverständnis, über den Landgraben hinaus bis in die Nähe von Schlettstadt. Als den nächsten Tag die Oberelsässer eintrafen, fanden sie ihre Brüder nicht. Die Unterelsässer stießen bei Scherweiler auf das Lothringische Heer. Sofort setzten sich die Bauern in einer ausgezeichneten Stellung fest und stellten sich in Schlachtordnung auf; das zahlreiche Geschütz, das sie bei sich hatten, wurde ebenfalls gut postiert.

Jetzt aber zeigte sich furchtbar verhängnisvoll die Torheit, dass man überall die Herren mit in den Bund genommen und sie teilweise zu Hauptleuten ernannt hatte. Die Herren spielten im entscheidenden Augenblick die Verräter. Einige derselben, die das Kommando führten, stellten den Haufen so auf, dass er das Vorteilhafte seiner Stellung zum guten Teile einbüßte. Bei den Oberelsässern zeigte sich der Verrat in anderer Gestalt. Als diese durch Boten unterrichtet wurden, dass ihre Brüder angegriffen würden, eilten sie, obgleich erst 1800 Mann beisammen waren, über den Landgraben ihnen zu Hilfe. Da sprengte der Vogt zu Reichenweyer, der auch mit in den Bund getreten war, heran und suchte sie durch leere Reden zurückzuhalten. Die Bauern merkten, was er vorhatte und er musste eilig davonjagen, um nicht erschlagen zu werden. Sie kamen an, als die Schlacht schon in vollem Gange war. Diese war erst Abends 7 Uhr entbrannt. Die Lothringer, die das Terrain nicht kannten und die feste Stellung der Bauern sahen, wollten Anfangs nicht angreifen. Da halfen ihnen der Vogt von Reichenweyer und andere Verräter aus den Herrenkreisen, dass sie die Bauern umgehen konnten. Vergebens wurde der Pass von Scherweiler durch die Lothringer mit Sturm zu nehmen versucht und dabei das Dorf in Brand gesteckt, damit es ihnen zum Kampfe leuchte. Der Sturm wurde zweimal zurückgeschlagen, obgleich die schlechte Bedienung des bäurischen Geschützes dem Feinde wenig Schaden verursachte. Während nun die Landsknechte von vorn den Sturm auf den Pass unternahmen, hatte die feindliche Reiterei mittlerweile die Bauern umgangen und fiel ihnen in den Rücken. Dieser Umstand brachte eine solche Verwirrung hervor, dass die Bauern in der Dunkelheit auf einander schossen. Kämpfend zogen sie sich hinter ihre Wagenburg zurück. Darauf krochen die Italiener im Lothringer Heer unter die Wagen und hoben sie mit dem Rücken in die Höhe, auf diese Weise der Reiterei den Einbruch ermöglichend. Nach dreistündigem, schweren Kampfe war die Niederlage der Bauern entschieden, obgleich sie wie die Löwen gekämpft. Die feindliche Übermacht war zu gewaltig. Klafterweise lagen die Leichen der Bauern übereinander geschichtet, 5000 von ihnen waren erschlagen, 3000 vom Heere des Herzogs. 2000 Bauern war es gelungen, sich durchzuschlagen. So hatten 7000 Bauern 30.000 Lothringern aufs Heldenmütigste widerstanden und nur die ungeheure Übermacht vermochte sie zu besiegen.

Die Nacht über blieb die Lothringische Reiterei zu Pferde, weil das Heer einen Überfall befürchtete. Den nächsten Tag aber eilte der Herzog, erschreckt über den Widerstand, den er gefunden, wie den schweren Verlust, den er erlitten, zum Lande hinaus, nachdem er im Lager zu Zabern noch 300 Männer hatte hinrichten lassen. Wären die Bauern durch ihre Niederlagen nicht zu sehr eingeschüchtert gewesen, sie hätten ihn mit Leichtigkeit in den Vogesenpässen überfallen und mit seinem Heer vernichten können. Des Herzogs Furcht vor diesem Schicksal war groß.

Mutlos gemacht durch die furchtbare Niederlage, unterwarf sich das obere Elsass und der Sundgau der österreichischen Regierung zu Ensisheim. Im Vertrag war den Rädelsführern unparteiisches Gericht und den Bauern milde Bestrafung zugesagt. Aber die Regierung brach den Vertrag und ließ Viele hinrichten, martern und hängen. Auch der Adel, der erst sich so feig geduckt, überfiel jetzt die Bauern und machte nieder, so viel er konnte. Auf diese Gewalttaten hin erhoben sich die Sundgauer von Neuem, Schweizer eilten ihnen zahlreich zu Hilfe und schon waren sie daran, Ensisheim zu belagern, als die Eidgenossen und der Markgraf Philipp von Baden sich ins Mittel legten und einen neuen Vertrag zu Stande brachten.

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Müntzer war Anfangs März 1525 wieder nach Mühlhausen zurückgekehrt, wohin Pfeiffer ihm schon einige Monate vorausgeeilt war. Müntzer trat jetzt als Volksprediger in und außerhalb der Stadt auf und ging dabei in der revolutionärsten Weise Fürsten und Herren zu Leibe. Das Landvolk flutete in der Stadt aus und ein und setzte auch die Bürgerschaft in die größte Aufregung. Vergebens wandte sich der Rat an den Erzherzog von Österreich und an die verbündeten Städte Erfurt, Goslar und Nordhausen um Hilfe, er erhielt als Antwort nur Achselzucken und leere Verheißungen.

Am 17. März versammelten sich die Bürger in Wehr und Waffen und setzten den alten Rat ab. An seiner Stelle wurde ein neuer, der sogenannte „ewige Rat“ gesetzt, der seinen Namen daher hatte, dass er im Gegensatz zu dem alten Rat, der aus vier wechselnden Kollegien bestand, ein einziges Kollegium bildete. Doch traten weder Müntzer noch Pfeiffer in den neuen Rat, übten aber beide einen großen Einfluss auf seine Beschlüsse. Pfeiffer blieb Prediger an der Kirche St. Nikolai, Müntzer an der Marienkirche.

Müntzer war mit seinem jungen Weibe und seinem Kinde in den von seinen Insassen gesäuberten Johanniterhof gezogen, wo er seine Wohnung nahm. Von hier aus stand er in beständigem Verkehr mit den Führern der Bewegung in ganz Deutschland, hier gingen die Boten nach und von allen Richtungen mit Briefen und Aufträgen aus und ein. Müntzer entfaltete eine wahrhaft fieberhafte Tätigkeit. Sein nächstes Ziel war, die revolutionäre Bewegung in Mitteldeutschland, die Hessen, ganz Thüringen und Sachsen bis zur Elbe ergriffen hatte, zu organisieren und überall anzueifern und zu leiten. Da er wohl einsah, dass der Erfolg nicht bloß von den Massen, sondern auch von einer tüchtigen Ausrüstung abhing, hatte er im Barfüßer-Kloster zu Mühlhausen eine Geschützgießerei errichten lassen, wo er Geschütze vom schwersten Kaliber gießen ließ. Pfeiffer übte unterdes die Bauern in den Waffen und machte kleine Streifzüge nach den Herrensitzen und Klöstern der Umgegend.

Der Stand der Bewegung in Mitteldeutschland war folgender. Im Fuldaischen, in der Buchen, eine Landschaft, welche die Ausläufer des Harzes, die mit prächtigen Buchen bedeckt sind, durchziehen, woher der Name kommt, ferner im Hessischen in der Gegend von Vach, Friedewald und Hersfeld, waren in verschiedenen Abteilungen an die 10.000 Bauern versammelt. Oberster Hauptmann des Fuldaischen Haufens, wie er sich nannte, war Hans Dolhopt oder Dolhofer, ein Uhrmacher. Der Verwalter des Fuldaer Stifts, der Coadjutor Johannes, ein Sohn des Grafen von Henneberg, ließ sich zwingen, in die Brüderschaft einzutreten. Die Bürger von Fulda hatten sich mit den Bauern verbündet und die in und um die Stadt liegenden Klöster geplündert und verwüstet. Ein anderer Haufen von 5000 Bauern, der Hersfeld belagerte und es auch eroberte, zwang die Stadt zum Eintritt in den Bund und richtete die Aufforderung an alle hessischen Städte, das Gleiche zu tun. Der Landgraf Philipp von Hessen, der durch eine Botschaft die Bauern zum Auseinandergehen mahnen ließ, erhielt zur Antwort: das würden sie nicht tun, er solle gleichfalls in den Bund treten.

Ein Teil des Fuldaer Haufens war nach Vach an der Werra gezogen, ihm schlossen sich die Bauern aus den Ämtern Salzungen, Breitenbach, Gerstungen, Kreuzburg und der Eisenacher Gegend an. 8000 Mann stark zog der Haufe die Werra entlang, Klöster und Burgen plündernd und verwüstend. Bei Ichtershausen im Gothaischen lagerte ein anderer Haufen von 4000 Mann. Die Bürger von Waltershausen und die Bauern der umliegenden Ortschaften hatten in der Woche nach Ostern sich zusammengetan, die reiche Abtei Reinhardsborn total zerstört, die Erbgruft der Landgrafen von Thüringen verwüstet und die Bibliothek des Klosters mit allen Urkunden verbrannt. Ein anderer Bauernhaufen, 8-9000 Mann stark, hatte sich bei dem Kloster Ilmen im Schwarzburgischen gesammelt.

Am 28. April rückten 4000 Eichsfelder Bauern vor das damals zum Erzstift Mainz gehörige Erfurt und begehrten Einlass. Derselbe musste ihm gewährt werden, da ein Teil der Bürger sich rottete und sich auf ihre Seite schlug. Den Klöstern und Pfarrhäusern ging es dabei sehr schlecht, auch wurden überall die mainzischen Wappen heruntergerissen, die Gerichtshäuser und das Zollhaus zerstört.

Müntzer hatte seine Boten namentlich auch in das Vogtland, die Zwickauer Gegend und das Erzgebirge geschickt, und mit gutem Erfolg. Um Plauen im Vogtland vereinigten sich an die 8000 Mann. Bei Elterlein traten 1500 Bauern und Bergleute zusammen und zogen auf die Güter des Abts von Grünhain. Annaberg wurde eingenommen und das Schloss geplündert. Ein anderer Haufen aus der Zwickauer Gegend rückte in das Kloster zu Aue und leerte es; die Kirche zu Raschau wurde niedergerissen. Die Bauern um Wolkenstein, Marienberg und Annaberg sammelten sich in besonderen Haufen und spielten Geistlichen und Edelleuten übel mit.

Bei Gera und Ronneburg hatten sich 4000 Bauern zusammengefunden, ferner 2000 bei Saalfeld, 3000 bei Neustadt und Pößneck. Wie überall, so richteten auch diese Haufen ihre Tätigkeit gegen Güter und Besitzungen der geistlichen und weltlichen Herren. Im Coburgischen brannten die Bauern in wenigen Wochen mehr als 24 Klöster und Burgen nieder. In der unmittelbaren Nähe von Mühlhausen, in der Grafschaft Hohenstein, im Schwarzburgischen, Klettenburgischen und Mansfeldschen waren überall ebenfalls die Bauern auf, und wo es nicht recht nach Wunsch ging, sandte Müntzer Briefe und Boten und feuerte an. Den Mansfeldschen Bergknappen, die sich durch ihren Herrn hinhalten ließen, schrieb er durch einige seiner Freunde einen Brief in dem es unter anderem hieß: Seid nicht verzagt, nicht nachlässig, schmeichelt nicht länger den verkehrten Fantasten, den gottlosen Bösewichtern. Fahrt an und streitet den Streit des Herrn. Es ist hohe Zeit. Haltet eure Brüder alle dazu, dass sie göttliches Zeugnis nicht verspotten; sonst müssen sie alle verderben. Das ganze Deutsch-; Französisch- und Welschland ist erregt. Der Meister will ein Spiel machen, die Bösewichter müssen dran. Zu Fulda haben sie in der Osterwochen viel Stiftkirchen verwüstet. Die Bauern im Klettgau, im Hegau, im Schwarzwald sind auf, als dreißigtausend stark, und wird der Haufe je länger je größer. Allein das ist meine Sorge, dass die närrischen Menschen sich nicht verwilligen in einen falschen Vertrag, darum dass sie den Schaden noch nicht erkennenC … Nur dran, dran, dran. Es ist Zeit. Die Bösewichter sind verzagt wie die Hunde. Reget die Brüder an, dass sie zu Fried kommen, und ihr Gezeugnis halten. Es ist über die Maßen hoch, hoch vonnöten: dran, dran, dran! Es ist des Wesens viel, euch zum Ebenbilde. Ihr müsst dran, dran, es ist Zeit. Balthaser und Barthel! Krumpf Velten und Bischof, gehet feine an. Diesen Brief lasset den Berggesellen werden. Selbst wollte ich den Brüdern Unterricht geben, dass ihnen das Herz viel größer sollte werden, denn alle Schlösser und Rüstung der gottlosen Bösewichter auf Erden. Dran, dran, dran! weil das Feuer heiß ist. Lasset eure Schwerter nicht kalt werden von Blut; schmiedet Pinkepank und den Amboss Nimrods, werft ihm den Turm zu Boden. Es ist nicht möglich, dieweil sie leben, dass ihr der menschlichen Furcht sollt loswerden.“

Als Luther die Bewegung immer weiter um sich greifen sah, hielt er es für notwendig, selber einzuschreiten. Er reiste nach Stollberg, Nordhausen, Erfurt, Weimar, Orlamünde, Kala, Jena und andere Orte und predigte wider den „Mordpropheten“. Aber er musste mit Schrecken gewahr werden, dass sein Einfluss bei der Masse verschwunden war. Er musste viel bittere Worte hören, in Orlamünde, wo man ihn vor wenig Jahren mit Begeisterung aufgenommen, wurde er sogar mit Kot beworfen und musste er die Flucht ergreifen.

Müntzers Plan war, nicht eher loszuschlagen, bis er vollkommen fertig gerüstet war und namentlich die in den Waffen geübten Mansfelder Bergleute an seiner Seite hatte. Die thüringischen Bauern waren nicht, wie die fränkischen, schwäbischen und elsässischen in den Waffen geübt, sie mussten erst einigermaßen darin ausgebildet werden. Endlich fehlte es an dem nötigen Pulver. Müntzer hatte deshalb einen Boten mit 900 Gulden nach Nürnberg gesandt, um es von dort herbeizuschaffen. Als es zur Entscheidung kam, blieb der Bote aus.

Gegen seinen Willen wurde Müntzer zum frühen Losschlagen gezwungen und zwar durch Pfeiffer. Letzterer war in einem Eifer, der ihm alle ruhige Überlegung nahm und ihm längeres Warten unerträglich machte. Alle Vorstellungen Müntzers waren vergebens. Pfeiffer erklärte grade heraus: wenn er ihn nicht ziehen lasse, werde er gegen ihn auftreten. Pfeiffer hatte sich durch seinen Eifer einen großen Anhang verschafft, der ungeduldig des Augenblicks harrte, wo er über die Burgen und Klöster herfallen, sie vernichten und Beute machen könnte. So musste Müntzer gegen seine bessere Überzeugung nachgeben. Pfeiffer zog ins Eichsfeld, wo Klöster und Edelhöfe in Menge waren und kehrte in Kurzem mit Beute beladen zurück. Müntzer zog mit 400 Mann nach Langensalza, von dort nach Heiligenstadt, das er in den Bund aufnahm, und nach Duderstadt, das ebenfalls in den Bund eintrat. Pfeiffer, der mittlerweile wieder nach der entgegengesetzten Seite gezogen war, hatte eine Anzahl Burgen erobert und sie zerstören lassen. Nach dem 12. Mai gab es vom Harz bis an die Einmündung der Unstrut in die Saale nicht ein Kloster mehr, das nicht den Besuch der Bauern empfangen hatte und geleert worden war.

Unterdessen hatte der einundzwanzigjährige Landgraf Philipp von Hessen, der eifrige Freund Luthers und Melanchthons, seine Lehnsleute nach Alsfeld entboten und war von dort mit einem stattlichen Heere in Hersfeld eingezogen. Die Bauern zogen sich bei seinem Nahen auf Fulda zurück. Am 3. Mai traf der Landgraf vor der Stadt ein und fand die Bauern auf dem Frauenberg gelagert. Sie setzten sich zur Wehr, aber das zahlreiche Geschütz des Landgrafen warf sie in die Stadt zurück, aus der sie sich mutig verteidigten. Als aber der Landgraf eine Anzahl Häuser in der Stadt niederschießen ließ, öffneten ihm die mutlos gewordenen Bürger die Tore. Der größere Teil der Bauern entfloh. 1500, die in den Schlossgraben sich geworfen, ließ der Landgraf einschließen und zwei Tage lang ohne Speise und Trank dort zubringen. Erst am dritten Tage ließ er sie heraus; sie waren so verhungert, dass sie um das Spülicht der Schlossküche sich rauften. Hans Dolhopt, ihr oberster Hauptmann, und einige andere Führer wurden gefangen, darauf enthauptet und ihre Köpfe über den Toren auf Spieße gesteckt. Die Andern ließ der Landgraf halb verhungert sich heim schleppen. Das Bistum Fulda musste 4000 Goldgulden für Beute-Lösung und 15.000 für Kriegskosten bezahlen; sämtliche Untertanen wurden mit schweren Geldstrafen belegt und ihnen ihr Vieh genommen. Außerdem musste das Stift den Landgrafen als Lehnsherrn anerkennen.

Der Landgraf, der in solch harter Weise strafte, hat in der Geschichte den Namen „der Großmütige“ erhalten. Er liebte es sehr, mit seiner Bibelbelesenheit zu prunken und zu prahlen. Auch ist es für ihn wie für seine Freunde Luther und Melanchthon bezeichnend, dass er in späteren Jahren neben seiner ersten Frau eine zweite, jüngere, heiratete und zu dieser Doppelehe sich den Dispens der Reformatoren erbat und erhielt. Schwerlich konnte der unfehlbare Papst mit den Geboten des „Evangeliums“ ärger umspringen, als es hier seitens der Reformatoren geschah. Doch die Religion ist ja nur für das Volk da, für die hohen Herren ist sie nur Mittel zum Zweck.

Bei der Niederlage der Fuldaer Bauern zeigte sich einmal wieder die bäuerische Beschränktheit und Kurzsichtigkeit im übelsten Lichte. Während der Landgraf die Fuldaer niederschlug, standen wenige Stunden davon auf der Hohenrhön 4000 Mann und rührten sich nicht, und zu derselben Zeit hielten die oberfränkischen Bauern in dem nur sechs bis sieben Meilen entfernten Neustadt Beratungen.

Der Landgraf zog von Fulda auf Eisenach, wo er mit dem Herzog von Braunschweig zusammentraf. Beide nahmen die Stadt ein und ließen 24 Bürger und Bauern, darunter einen Prädikanten, auf dem Marktplatz enthaupten. Darauf kam Langensalza an die Reihe, wo der Herzog Georg von Sachsen 41 enthaupten ließ und 7000 Gulden Strafgelder einzog.

Die Niederlagen von Fulda, Eisenach und Langensalza hatten in Thüringen großen Schrecken verbreitet. Der Graf Albrecht von Mansfeld hatte bis jetzt durch alle möglichen Versprechungen die Bergknappen vom Zuzug zu Müntzer abgehalten, des letzteren Lage war dadurch keine rosige. Seine Vorbereitungen waren noch lange nicht so weit gediehen, um eine Schlacht mit einem wohl gerüsteten Gegner mit Aussicht auf Erfolg bestehen zu können. Er selbst verstand vom Kriegshandwerk nicht das Geringste, und kein Mann war vorhanden, der als Kriegsverständiger die Leitung hätte übernehmen können. Müntzer sah seine Niederlage voraus; er geriet begreiflicher Weise in große Aufregung, die sich am deutlichsten in den Briefen zeigt, die er in den letzten Tagen vor der Entscheidungsschlacht an die Grafen Albrecht und Ernst von Mansfeld schrieb. Er suchte sich künstlich über seine Lage zu täuschen und durch eine Art wahnsinniger Wut, in die er sich versetzte, seine Umgebung mit fortzureißen. Eine Stelle in dem Briefe an den Grafen Ernst von Mansfeld wird dies bestätigen: „Du sollst in sicherem Geleit, deiner offenbaren Tyrannei dich vor uns entschuldigen,“ heißt es darin, wirst du ausbleiben, so sollst du ausgereutet werden. Wirst du dich nicht demütigen vor den Kleinen, so sage ich dir, der ewige lebende Gott hat es geheißen, dich von dem Stuhl, mit der Gewalt die uns gegeben, zu stoßen; denn du bist der Christenheit nichts nütze, du bist ein schädlicher Staubbesen der Freunde Gottes. Gott hat es von dir und deinesgleichen gesagt, dein Nest soll ausgerissen und zerschmettert werden…“ Unter den obwaltenden Umständen war das die Sprache eines Mannes, der durch die Stärke der Ausdrücke gegen seinen Feind zu ersehen suchte, was ihm an reeller Macht gebrach.

Der Haufe, der sich bei Vach gebildet, war auf Frankenhausen gezogen; dorthin entbot Müntzer alles was er an Mannschaft in der Eile auftreiben konnte. Es waren höchstens 8000 Mann zusammen, zum großen Teil schlecht bewaffnet und schlecht diszipliniert, als das Heer der verbündeten Fürsten mit 2600 Reisigen, 6000 Mann Fußtruppen und entsprechendem Geschütz heranrückte. Der Kurfürst Johann von Sachsen war mit weiteren 800 Reisigen und 2400 Mann Fußtruppen im Anzug. Das war eine Macht, welcher der best bewaffnete und kriegsgeübteste Bauernhause, wenn er nicht ungleich stärker, als der Münzersche war, nicht widerstehen konnte.

Müntzer hatte sich mit seinem Haufen auf einer Anhöhe vor Frankenhausen aufgestellt – seit jener Zeit der Schlachtberg genannt – und sich hinter einer starken Wagenburg und tiefen Gräben verschanzt. Die Fürsten, die ihr Heer in Schlachtordnung aufgestellt, ließen den Bauern Gnade anbieten, wenn sie ihre Hauptleute, vor allem Müntzer, auslieferten. Das furchtbare Heer der Fürsten hatte den Meisten im Haufen einen solchen Schrecken eingejagt, dass ein Teil dazu geneigt war. Eine kleine Zahl Adeliger, die gezwungen im Müntzerschen Haufen mitzogen, unterstützten und nährten nach Kräften diese Stimmung. Auf ihren Antrieb wurde eine Deputation ins fürstliche Lager geschickt, um für Alle Gnade zu erlangen. Die Fürsten, die während der Unterhandlungen das ganze Lager der Bauern durch ihre Reisigen umstellt hatten, verlangten jetzt Ergebung auf Gnade und Ungnade mit dem Versprechen, möglichst milde zu verfahren, ausgenommen gegen Müntzer und seinen Anhang. Sie bewilligten drei Stunden Bedenkzeit. Abermals sandten die Bauern eine Deputation, um auch für Müntzer Gnade zu erlangen. Die Fürsten schlugen das Gesuch ab und drohten, ohne weiteres vorzugehen. In Folge dessen stieg so die Aufregung und die Unentschiedenheit im Lager, dass ein Edelmann und ein Geistlicher es wagen konnten, offen zum Verrat aufzufordern. Müntzer ließ beide sofort enthaupten. Darauf hielt er eine zündende Ansprache, um der Menge Mut einzuflößen und sie zum Kampfe zu begeistern. Dabei kam ihm zustatten, dass plötzlich ein Regenbogen am Himmel entstand, das Zeichen, das Müntzer in seiner Fahne führte, und dieses legte er als ein Zeichen der göttlichen Hilfe und des göttlichen Beistandes den Bauern aus.

Währenddem hielt der Landgraf Philipp ebenfalls eine mit Bibelstellen fleißig gespickte Rede, und zwar an die Landsknechte. Sie enthielt einige recht interessante Stellen. Da hieß es: Es gebeut Gott die Obrigkeit zu ehren, dann aber soll man vornehmlich sie ehren, wenn sie Ehre vornehmlich bedarf. Nun bedarf die Obrigkeit dann am meisten Ehre, wenn sie geschmäht wird, vielleicht auch geschmäht hat; so sollen Untertanen solche Schmach der Obrigkeit helfen tragen, zu Ehren bringen und decken, wie Sem den bösen Noah deckte … Was tun aber diese Bösewichter? Sie decken nicht unsere Fehler, sondern machen sie mehr rüchig, ja lügen auch viel dazu. Denn es ist erdichtet und erlogen, dass wir nicht die Gerichte bestellen. Mord und Räuberei in Ländern nicht wehren, so wir doch nach unserem Vermögen beflissen sind, friedlich Regiment zu halten. Nun ist gering die Bürde, die die Untertanen an Geld oder Zins tragen gegen die Sorge und Mühe die wir tragen. Aber jedermann achtet seine Beschwerden am größten.“ Man sieht, der Landgraf hatte bei Luther gelernt; und was er über die Sorgen und Mühen der Fürsten sagt, gegen die jene der Untertanen gering seien, wem fallen da nicht unsere Bourgeois ein, die täglich versichern, dass die Arbeiter ein Götterleben führen im Vergleich zu ihnen.

Noch ehe die bewilligte dreistündige Frist gänzlich abgelaufen war, rückte das Heer der Fürsten von allen Seiten auf die Wagenburg der Bauern heran, zugleich wurde das gesamte Geschütz ins Feuer gesetzt, was auf die Bauern einen solchen Eindruck machte, dass Viele vor Schreck niederstürzten, andere so bestürzt waren, dass sie nicht wussten, ob sie kämpfen oder davonlaufen sollten. Mit leichter Mühe durchbrach das feindliche Heer die Wagenburg und richtete ein furchtbares Blutbad an. Ein Teil der Bauern retirierte nach Frankenhausen, andere suchten die nahen Wälder zu erreichen, nur ein kleiner Teil setzte sich zur Gegenwehr und kämpfte verzweifelt. Aber mit den Bauern, die sich in die Stadt warfen, drangen zugleich auch die fürstlichen Reiter ein und nun begann in Kirchen, Klöstern und Häusern ein förmliches Gemetzel. Der durch die Stadt fließende Bach wurde zum Blutbach. An 5000 Bauern wurden erschlagen. 300 Gefangene wurden vor das Rathaus geführt, um ohne alle Untersuchung enthauptet zu werden. Den Weibern, die um ihre gefangenen Männer flehten, rief ein Reisiger zu: ihre Männer würden geschont, wenn sie einen alten Geistlichen mit seinem Kaplan, die unter den Gefangenen waren, erschlügen. In ihrer Verzweiflung folgten sie diesem Wink und erschlugen die Geistlichen mit Knütteln. Die 300 Gefangenen wurden alle, mit Ausnahme derer, für die ihre Frauen baten, hingerichtet.

Müntzer war gleichfalls in die Stadt geflohen und hatte sich in einem der nächsten Häuser versteckt, indem er sich als schwer Kranker mit verbundenem Haupte in einer Bodenkammer in ein Bett legte. Der Knecht eines in demselben Hause einquartierten Ritters fand Müntzer und frug ihn, wer er sei; er antwortete: ein kranker Mann, der schon lange Zeit im Fieber liege. Unglücklicherweise entdeckte der Knecht Müntzers Tasche und darin Briefe des Grafen Albrecht von Mansfeld, dadurch war er verraten und wurde vor die Fürsten geführt. Diese höhnten ihn und ließen ihn foltern und überlieferten ihn alsdann seinem Todfeind, dem Grafen Ernst von Mansfeld als Beutepfennig, der ihn auf einen Wagen schmieden, nach seinem Schloss Heldrungen führen und dort in den Turm werfen ließ. Hier wurde er abermals auf die Folter gespannt, um Bekenntnisse von ihm zu erpressen. Was er aussagte, schadete Niemand. Auch schrieb er von hier aus dem Burgverließ an seine Freunde zu Mühlhausen und bat sie, um weiteres Blutvergießen zu verhüten, die Stadt zu übergeben. Ferner bat er dringend in diesem Briefe, seinem Weibe das Gütchen, das sie habe, und seine Bücher und Kleider auszuhändigen und sie „um Gotteswillen“ nichts entgelten zu lassen. Luther und Genossen hatten die Lüge verbreitet, er habe die Beutegelder an sich genommen und sich bereichert.

Nach der Niederlage bei Frankenhausen hatten die Mühlhausener eiligst an alle Haufen in Thüringen geschrieben und sie aufgefordert, ihnen rasch zu Hilfe zu kommen. Aber statt Folge zu leisten, stritten sich die Bauern in den verschiedenen Lagern unter einander um untergeordnete Dinge und ließen Mühlhausen im Stich. Am 19. Mai begann dessen Belagerung. Sobald Bresche geschossen war und sich keine Hilfe zeigte, neigte die Majorität der Bürger zur Übergabe. Die Fürsten hatten der Stadt Schonung versprochen, wenn sie sich unbedingt unterwerfe und die Rädelsführer ausliefere. Pfeiffer fand es für gut, unter solchen Umständen an Flucht zu denken. In der Nacht vom 24. auf den 25. Mai entwich er mit 400 Mann, um sich nach Oberfranken durchzuschlagen. Die Bürger, darüber bestürzt, sandten am nächsten Morgen 600 Frauen mit zerrissenen Kleidern und nackten Füßen und 500 Jungfrauen mit Wermutkränzen auf dem Haupte zu den Fürsten und ließen sie um Gnade anflehen. Diese nahmen die weiblichen Bittsteller nicht ungünstig auf, erklärten aber, dass ihre Männer selber kommen müssten. Darauf zogen diese Nachmittags barhäuptig und barfuß, mit weißen Stäben in der Hand, ins Lager, überreichten den Fürsten die Schlüssel der Stadt und beugten dreimal vor ihnen die Knie. Aber die Fürsten fassten die Milde doch etwas anders auf, als die Bürger. Einmal Herren der Stadt, ließen sie den Bürgermeister und eine Anzahl Bürger enthaupten, darauf wurden den Bürgern sämtliche Waffen abgenommen, die Schatzkammer geleert, die Außenwerte der Stadt dem Boden gleichgemacht, der Charakter als Reichsstadt ihr genommen und sie zur Fürstenschussstadt degradiert. Ferner musste sie an jeden der sieben Fürsten, die im Bündnis waren, 300 Goldgulden jährlichen Tribut zahlen, mit 40.000 Goldgulden die Ausplünderung und Zerstörung abkaufen und den Edelleuten im Eichsfeld und Schwarzburgischen Entschädigung leisten. Das waren für jene Zeit enorme und fast unerschwingliche Lasten.

Bei der Einnahme der Stadt beging auch einer der Edlen gegen Müntzers Frau die nichtswürdige Rohheit, ihr einen entehrenden Antrag zu machen. Luther, der in diesem Falle der sicherste Bürge ist, schreibt darüber: Als ich gehört habe, dass zu Mühlhausen unter etlichen großen Hansen einer habe das arme Weib Thomas Müntzers, das nun eine Witwe und schwangeren Leibs ist, zu sich gefordert, für ihr auf die Knie gefallen und gesagt: Liebe Frau, lass mich dich stieren. O, eine ritterliche adelige Tat, an einem elenden, verlassenen, schwangeren Weiblein begangen, dass ist ja ein kühner Held, der dreier Ritter wohl wert wäre.“

Müntzer wurde aus dem Turme von Schloss Heldrungen ins Lager nach Mühlhausen geschleppt und im Beisein der Fürsten neben dem Wagen, an den man ihn geschmiedet hatte, enthauptet. Noch in seiner letzten Stunde hielten es die Fürsten für angemessen, ihn wegen seiner religiösen Ansichten zur Rede zu sehen und mit ihm zu disputieren. Aber Müntzer blieb fest und empfing ruhig den Todesstreich. Sein Kopf wurde auf einen Pfahl am Schadeberg gesteckt und der Rumpf gespießt. Gleichzeitig mit ihm fiel Pfeiffers Kopf, der bei Eisenach verwundet und mit 92 der Seinen gefangen genommen worden war. Pfeiffers Kopf wurde auf einen Pfahl am hohlen Weg nach Bollstedt gespießt. Luther empfing die Nachricht von der Hinrichtung Müntzers mit großer Freude, sein verhasstester Feind war beseitigt.

So war der kühnste und revolutionärste Kopf des Bauernkriegs in Müntzer gefallen. Was er erstrebt, ging in der Unreife des Zeitalters zu Grunde, aber das Gesunde seiner Ideen lebte fort und lebt noch heute, und geht seiner Verwirklichung entgegen.

Die Lüge und Verleumdung setzte sich auf sein Grab. Namentlich waren es Luther und seine Freunde, die selbst noch nach seinem Tode ihn zu beschimpfen nicht müde wurden. Ihnen ist es vorzugsweise zu verdanken, dass Müntzer noch nach Jahrhunderten in den Augen der Meisten, die seinen Namen hören, als Narr oder als Elender erscheint. Doch dass Männer, die für die unterdrückte Menschheit gekämpft und Alles für sie geopfert, geschmäht und verleumdet werden, weil sie unterlegen sind, ist keine Errungenschaft und Eigenschaft der Neuzeit erst, das ist von jeher so gewesen. Die Reaktion tritt stets das Andenken Derjenigen in den Kot, die sie zu fürchten Ursache gehabt hat, und das irregeleitete und in Unwissenheit gehaltene Volk glaubt nur zu häufig seinen Unterdrückern und ahmt ihr Beispiel nach. Das Schicksal Müntzers, seine Herabsetzung und Anschwärzung veranlasste einen wahrheitsliebenden Geschichtsschreiber, Hammersdörfer, schon im vorigen Jahrhundert auszurufen: „Hätte Müntzer Glück gehabt, so würde sein Name neben dem von Stauffacher und Tell prangen. Das Glück verließ ihn, und er starb unter dem Beile des Henkers. Wäre Luther nicht glücklich gewesen, wir würden ihn gewiss nicht in dem Lichte betrachten, in dem ihn jetzt wenigstens halb Europa sieht. Man möchte sich oft wirklich schämen, Geschichtsschreiber zu sein.

Sobald die Fürsten wieder obenauf waren, begann, wie immer, das rachsüchtige Morden. Im Lager bei Germer wurden 26, im Lager von Tungeda 50, in Sangerhausen 12, in Leipzig 8 enthauptet; in letzterer Stadt wurden außerdem 15 gestäupt und der Stadt verwiesen, 300 ins Gefängnis geworfen. In Zwickau wurde ebenfalls eine Anzahl Beteiligter hingerichtet. Als einer der dortigen Geistlichen bei dem Kurfürsten von Sachsen um ihr Leben bat, war Luther sehr ungehalten darüber. In Arnstadt wurden 9 hingerichtet und 44 ins Gefängnis geworfen, die Stadt verlor alle ihre Freiheiten und musste 4000 fl., die umliegenden Orte 15.000 fl. Strafe zahlen. Im Meißnischen und längs der Elbe wurden die Bauern mit schweren Geldstrafen gebüßt; dagegen wurde im Erzgebirge, namentlich in Annaberg und Grünhain, nach dem Herzensgelüst der Herren geköpft, gehenkt, eingekerkert, gestäupt und des Landes verwiesen. Vielen wurden ihre Güter eingezogen, Andere mit harten Geldstrafen belegt. Ähnlich ging es in jedem Dorf und jeder Stadt zu, soweit der Arm der siegenden Fürsten reichte.

* * *

Gleichwie in Franken, südlich des Mains, die Bauern sich überall erhoben hatten, so war dasselbe nordwärts desselben geschehen. Mitte April hatten die Bürger von Münnerstadt und die Bauernschaften rings um dasselbe ein festes Lager in dem nahe gelegenen Kloster Bildhausen bezogen. Hans Schnabel von Münnerstadt und Hans Schaar von Burglaur wurden Hauptleute. In Aschach und Kissingen bildeten sich kleinere Haufen, die gleich dem bei Bildhausen sich eifrig über die Klöster hermachten.

Der Bischof von Würzburg, dem es bei dem allgemeinen Aufstand in seinen Landen nicht geheuer wurde, hatte die Grafen und Edelleute auf den 6. April zu sich nach Würzburg beschieden, um zu beraten, was zu tun sei. Nur ein Teil kam. Unter den Fehlenden befand sich der Graf von Henneberg, der Erbmarschall des Hochstifts. Er wurde auf Freitag nach Ostern nach Würzburg zitiert und sagte zu kommen zu; als aber der angesetzte Tag kam, blieb er aus. Über sein Verhalten befragt, gab er an, er habe kein Geld, Niemand wolle in seine Dienste treten und er bedürfe 4000 Gulden. Diese Summe sandte ihm der Bischof, und sie kam am 27. April in Schleusingen, wo er Hof hielt, auch wirklich an. Aber der Graf war nicht zu Hause, und erst nach einigem Zögern nahm seine Frau das Geld in Empfang. Der Henneberger befand sich unterdes im Bildhäuser Lager, wo er mit den Bauern unterhandelte und am 3. Mai in ihre Brüderschaft schwor. Das geschah natürlich nicht aus Sympathie, sondern aus Egoismus und Berechnung. Der Graf von Henneberg, der Lehensmann des Bischofs von Würzburg war, spekulierte auf dessen Sturz und hoffte, mit Hilfe der Bauern, unabhängiger Reichsfürst zu werden. Er tat also, was der Markgraf Kasimir von Ansbach, der Erzherzog Ferdinand von Österreich und mancher Andere ihrer Art noch taten; er suchte die Bauernrevolution für sich auszubeuten.

In Würzburg selbst waren unter der Anführung von Hans Bermeter und Anderen kurz nach einander verschiedene Aufläufe vorgekommen, die den Bischof veranlassten, die über der Stadt liegende Beste zu verproviantieren und sich mit seinem Kapitel und seinen Räten dorthin zu begeben. Einen mit Drohungen begleiteten Vermittlungsversuch seines Gesandten Rotenhans wiesen die Bürger mit Entrüstung zurück, sie besetzten eiligst alle Tore der Stadt, bemächtigten sich des Geschützes und zehrten auf Kosten der wohlgefüllten Keller der Geistlichen.

In seiner Verlegenheit schrieb der Bischof auf den 30. April einen Landtag in die Stadt aus, um die Beschwerden zu heben. Am 2. Mai ritt er selbst, nachdem er die nötigen Weisungen für die Verteidigung des Frauenbergs gegeben, begleitet von einigen Räten, in die Stadt. Alle Ämter, bis auf 13, waren vertreten. Der Bischof sah sich gezwungen, auch die Bauern zum Landtag einzuladen, aber die Hauptleute des Tauberhaufens gaben zur Antwort: man wolle die Zeit nicht mit Beratungen verschwenden, der Haufe werde in Kurzem selbst nach Würzburg kommen. Gleichzeitig hatten sie an die zu Bildhausen geschrieben, auf Würzburg zu ziehen. So zerschlug sich der Landtag. Die Bürger gaben dem Bischof freies Geleite auf seine Burg. Die Frauen waren darüber so voll Zorn, dass sie riefen: „hätten sie gewusst, dass ihre Männer so einfältig wären, den Bischof wieder aufs Schloss zu lassen, so hätten sie sich selbst rottiert und ihn gefangen genommen.“ Am 5. Mai machte sich der Bischof vom Frauenberg heimlich fort, nachdem er die Burg mit ihren 244 Mann Besatzung den Befehlen Rotenhans übergeben.

Der Zug der verschiedenen Haufen auf Würzburg hatte die Bauern in der Markgrafschaft Ansbach, im Eichstädtischen, in der Nürnberger Gegend erst recht aufwägisch gemacht. Im Eichstädtischen, wo an 5000 Mann zusammengekommen waren, gelang es dem Herzog von Bayern, sie rasch zu zerstreuen. Der Markgraf Kasimir konnte seiner Bauern nicht so leicht Herr werden. Schlau und gewissenlos wie er war, zog er es darum vor, auf einem Landtag ihnen alle möglichen Zusagen zu machen, um sie zu beruhigen. Viele gingen darauf ein, aber nicht Alle. An der unteren Aisch, nördlich von Schwabach, hatten sich 3000 Mann vereinigt, die umherzogen und mehrere Dutzend Klöster und Herrensitze zerstörten, zum Teil verbrannten. Auch bei Osthofen hatten sich 1500 zusammengefunden. Die Gegend von Bayreuth, Wunsiedel und Hof war gleichfalls im Aufstand. Unter solchen Umständen knüpfte der Markgraf freundliche Unterhandlungen mit den Führern vor Würzburg an und gab sich den Anschein, als beabsichtige er eventuell, in den Bund der Bauern einzutreten. Er hoffte dadurch leichter die Aufgestandenen zu beruhigen.

Nicht weniger schlau wie Kasimir verfuhr der Nürnberger Rat. Nach allen Seiten hin gute Worte gebend, beeilte er sich, die Hauptbeschwerden der Bürgerschaft zu beseitigen, und ebenso gewährte er seinen Bauern einige Erleichterungen, wodurch es ihm gelang, offenen Aufruhr zu hintertreiben.

Im Bambergischen gingen die Bauern mit Klöstern und Burgen sehr wild um. Binnen acht Tagen zerstörten und verbrannten sie allein von den letzteren nicht weniger als 70, auch blieb kein Kloster im Bistum verschont. Die Bauern im Bambergischen hatten sich in vier verschiedenen Lagern organisiert. Der eine Haufe lag vor der Altenburg bei Bamberg, der andere bei Hochstätt an der Aisch, der dritte bei Ebermannstadt und Kirchehrenbach, der vierte bei Lichtenfels am Main.

Der „Tauberhaufe„, oder, wie er sich auch nannte, das „fränkische Heer„, war am 28. April von Ochsenfurt aufgebrochen. Mit einer Strenge, wie sie bisher noch nicht von ihnen geübt worden war, fielen die Bauern in die Burgen und Klöster und zerstörten sie. Es war Florian Geyer, der die Befehle dazu erließ. Allnächtig sah man den Himmel durch brennende Schlösser und Klöster gerötet. 6. Mai traf Florian Geyer mit dem fränkischen Heer vor Würzburg ein. Die nächsten Tage folgte der helle lichte Haufe vom Neckartal und Odenwald unter der Anführung von Götz von Berlichingen und Georg Metzler. Aus Kissingen und Umgegend rückten ebenfalls an die 2000 Mann heran.

An demselben Tage, wo Florian Geyer und das fränkische Heer vor Würzburg eintrafen, den 6. Mai, hatte der Bildhäuser Haufe auf einer Beratung in Neustadt den Zuzug auf Würzburg beschlossen. Da wurde er von den Meiningern zu Hilfe gerufen. Der Kurfürst von Sachsen hatte sich von Frankenhausen weg gewandt, um mit seinem Heere über Eisenach und Meiningen nach Coburg zu ziehen. In Coburg hatten sich die vom Bischof von Würzburg abgefallenen Adeligen versammelt, darunter der Henneberger. Sobald die verschiedenen Niederlagen der Bauern dem abtrünnigen Adel bekannt geworden waren und seine Spekulation zu Wasser zu werden drohte, hatte er sich wieder seinem alten Herrn, dem Bischof, genähert. Der Henneberger hatte vor den Bauern seinen Abfall zu verbergen gewusst. Als nun nichts ahnend der Bildhäuser Haufe 7000 Mann stark auf Meiningen zog und seine Weinwagen mit geringer Bedeckung vorausgeschickt hatte, überfiel diese plötzlich bei Dreißigacker der Graf von Henneberg, nahm sie weg und tötete 40 Mann der Bedeckung. Der Haufe zog sich auf Bildstein zurück; aber ehe er sich noch verschanzt hatte, wurde er von dem Heer des Kurfürsten angegriffen. Mit einigen hundert Mann und einigen Geschützen Verlust traten die Bauern den Rückzug nach Meiningen an. Die feigen Meininger verrieten jetzt die Bauern und knüpften mit dem Kurfürsten Unterhandlung wegen der Übergabe ihrer Stadt an. Hans Schnabel, der Hauptmann des Haufens, der dies erfuhr, wollte fliehen. Zum Dank für die auf ihr Ansuchen gebrachte Hilfe nahmen ihn die Meininger gefangen und überlieferten ihn dem Kurfürsten, der ihn wiederum dem Henneberger übergab, welcher ihn gefangen setzte. Die Gefangennahme des Hauptmanns brachte den Haufen in Auflösung. Die Bauern ließen das Geschütz im Stich und eilten nach Hause. So war der Sieg den Herren leicht.

Die Besatzung des Frauenbergs bei Würzburg hatte durch Abgeordnete den Bauernheerführern gegenüber sich bereit erklärt, die zwölf Artikel anzunehmen, wenn man ihnen Zeit lasse, sich mit dem Bischof zu verständigen. Die Würzburger Bürger wollten davon nichts wissen, sie verlangten, dass das Schloss zerstört und ihre Stadt eine freie Reichsstadt werde. Florian Geyer war derselben Ansicht, das Schloss müsse wie die anderen gebrochen werden. Götz von Berlichingen dagegen, der eine persönliche Feindschaft gegen den Bischof von Bamberg und die Nürnberger hatte, die er als Städter hasste und deren Reichtum ihn locken mochte, war für das Anerbieten, das wahrscheinlich auf sein Anraten erfolgte. Er drang aber nicht durch. Die Besatzung schlug einen anderen Weg ein. Götz‘ freundliche Gesinnung, um nicht zu sagen sein Einverständnis mit der Besatzung des Frauenbergs war offenbar, die gleiche Gesinnung hatte auch der im Bauernlager befindliche Graf Wertheim. Mit Letzterem knüpfte jetzt der auf dem Frauenberg gebietende Domprobst Unterhandlungen an, indem er versuchte, den Odenwälder Haufen vom fränkischen Heere zu trennen. Er bot den Hauptleuten des Odenwälder Haufens 3000 Gulden und jedem Bauer einen halben Monatssold an, wenn sie dagegen den Bischof gegen Anerkennung der zwölf Artikel in die Brüderschaft der Bauern aufnähmen und die Veste schirmten. Diese Bereitwilligkeit der Herren zum Eintritt in den Bauernbund zeigt, wie wenig Bedeutung sie auf diese Formel legten; sie sagten sich, und von ihrem Standpunkt mit Recht, sind wir nur erst in dem Bund und mit unserm Eigentum geschützt, so werden wir auch die Mittel finden, uns wieder herauszuhelfen. Je größer die Zahl der Herren im Bauernbunde wurde, um so schlimmer war es für diesen. Durch ihr Ansehen und ihre soziale Stellung mussten sie allmählich den Haupteinfluss gewinnen, und durch die Kenntnis aller Vorgänge im Bauernheer waren sie in der Lage, ihre Standesgenossen außerhalb zu unterrichten und den Verrat zum Untergang der Bauernsache zu spinnen. So rechneten auch die Herren auf dem Frauenberg.

Das Geldanerbieten wurde ruchbar und rief große Aufregung hervor. Die feindlichen Gegensätze zwischen Götz von Berlichingen und Florian Geyer platzten heftig auf einander und der Streit der Führer blieb nicht ohne Wirkung auf die Haufen. Götz und sein Anhang sahen sich genötigt, um Aufruhr im Bauernheer zu vermeiden, auch ein zweites Anerbieten der Besatzung des Frauenbergs zurückzuweisen.

Die Bauern hatten unterdes sich auf dem Niklasberg, dem Frauenberg gegenüber, verschanzt und begannen am 14. Mai das Feuer. Aber ihre Stellung war zu entfernt und die Geschütze waren nicht weittragend und schwer genug, um dem Schlosse merklichen Schaden zuzufügen. Stärker litt dieses durch die Beschießung aus der Stadt vom Blehenturm und Augustiner Kloster aus; dagegen konnten die vom Schloss auch bequem in die Stadt hinunter schießen.

Am 15. Mai Abends, zwischen 9 und 10 Uhr, griff ein Haufe Bauern mit Leitern, Steigzeug, Beilen und sonstigem Sturmgerät versehen die Burg an, um sie, bevor noch Bresche geschossen war, im Sturm zu nehmen. Die Hauptangreifer waren die aus Florians schwarzer Schar. Es begann ein furchtbarer Kampf. Die aus der Burg warfen Pech- und Schwefelkränze, Pulverklöße und Steine auf die Stürmer und beschossen diese von allen Seiten. Der Sturm wurde abgeschlagen. Ein zweiter misslang ebenfalls. Nachts 2 Uhr war alles vorüber. In den Schlossgräben und in den Schanzen lagen 400 Tote oder Schwerverwundete; die außerhalb der Schanzen lagen, hatten die Stürmenden mitgenommen. Am nächsten Morgen kamen Boten aus dem Lager und baten um Waffenstillstand bis Nachmittags 2 Uhr, um die Verwundeten aus den tiefen Gräben zu holen und die Toten zu beerdigen. Dagegen forderte die Schlossbesatzung Waffenstillstand bis um Mitternacht, auch sollten die Bauern sich den Schlossgräben nicht nähern. Auf diese Forderung gingen die Bauernheerführer nicht ein und so mussten die Verwundeten elend verschmachten und verderben.

Der Sturm auf das sehr feste Schloss, bevor Bresche geschossen war, war eine Tollheit, er musste enden wie er geendigt hatte. Auf wen fällt die Verantwortung? Darüber schweigt die Geschichte. Tatsache ist, dass Florian Geyer bei dem Sturm nicht zugegen war. Dieser hatte im Gegenteil die Unmöglichkeit erkannt, ohne schweres Geschütz gegen das Schloss etwas ausrichten zu können und hatte beantragt, dass eine Botschaft nach Rothenburg gesandt werde, um die zwei vortrefflichen Belagerungsgeschütze dieser Stadt zu holen. Er und der Schultheiß von Ochsenfurt waren dorthin gesandt worden, und es gelang ihnen nicht bloß, das Geschütz mit der nötigen Munition zu erhalten, sondern auch 600 Mann Verstärkung. Während Florian Geyer weg war, wurde der unsinnige Sturm unternommen, er wurde in der Hauptsache von seinen eigenen Leuten ausgeführt. Vor Würzburg aber kommandierte Götz, ohne Götz‘ Einwilligung konnte der Sturm nicht stattfinden. Als kriegserfahrener Mann wusste er, dass er nutzlos war, und bei seiner notorisch freundlichen Gesinnung gegen Die im Schloss konnte ihm nichts daran liegen, das Schloss im Sturm nehmen zu lassen, er hatte vielmehr, wenn der Sturm von Erfolg hätte sein können, das Interesse, ihn zu verhindern. Dass dies nicht geschah, dass die Abwesenheit Florian Geyers zum Sturm benutzt wurde, und man seine eigenen Leute, die besten im ganzen Heere, dazu verwandte, lässt keinen Zweifel, dass Götz aus Rache gegen Geyer und aus Verrat gegen die Bauernsache so handelte. Durch den Sturm glaubte er die Vernichtung von Florian Geyers schwarzer Schar zu erreichen, durch die schweren Verluste im Lager Schrecken zu verbreiten und zu beweisen, dass die Belagerung des Frauenbergs eine Verkehrtheit war, dass es besser war, wie er gewollt, die Anerbietungen der Besatzung anzunehmen und weiter auf Nürnberg und Bamberg zu ziehen. Um alles dieses durchsetzen zu können, musste aber Florian Geyer beseitigt werden, und dies gelang durch seine Sendung nach Rothenburg.

Tags nach dem Sturm, am 16. Mai, kam Florian Geyer mit dem Geschütz und den 600 Rothenburgern im Lager an und wurde mit Jubel begrüßt. Die Geschütze wurden den 18. in Position gebracht und schossen in kurzer Zeit ein gewaltiges Stück des Mauerwerks zusammen. Aber ehe man weiter handeln konnte, war Wendel Hipler von Heilbronn eingetroffen und brachte Hiobsnachrichten, die den ganzen Plan änderten.

* * *

Auf dem Zuge nach Würzburg war schon im Lager zu Amorbach beschlossen worden, dass ein Ausschuss aller Bauernhaufen zusammenberufen werden sollte, um die „Reichsreform“ zu beraten. Ehe man also noch wirkliche Erfolge irgendwo erzielt hatte, gab man sich schon solchen Plänen hin. Heilbronn, der Wohnort Hans Berles, wurde als Sitz des Ausschusses erkoren. Wendel Hipler, Locher aus Rülzheim und Hans Schickner aus Weißlensburg bildeten den „gelehrten Bauernrat“, um die papierne Verfassung zu entwerfen. Der kurmainzische Keller Weigand in Miltenberg hatte für schätzbares Material gesorgt, indem er ganze Aktenstöße, gefüllt mit Vorschlägen, einsandte. Außerdem hatte der Ausschuss eine Menge Fragen seitens der Bauernhauptleute zur Beantwortung überkommen, Fragen, die sich auf die Heeresorganisation, die Art der Kriegführung, die Zusammensetzung der Haufen usw. bezogen. Unbekümmert um das, was um sie her vorging, machten sich die Bauernräte daran, einen Reichs-Reformationsentwurf auszuarbeiten, der in folgende 14 Punkte zusammengefasst war:

1) Alle Geistlichen hohen und niederen Standes und Namens werden reformiert und erhalten ziemliche Notdurft; ihre Güter werden zu gemeinem Nutzen eingezogen.

2) Alle weltlichen Herren werden reformiert, damit der arme Mann nicht über christliche Freiheit von ihnen beschwert werde. Gleiches schleuniges Recht für den Höchsten wie den Geringsten. Fürsten und Edle sollen die Armen schützen und gegen ein ehrliches Einkommen sich brüderlich zu ihnen halten.

3) Alle Städte und Gemeinden werden nach göttlichen und natürlichen Rechten und nach christlicher Freiheit reformiert Alle Bodenzinse sollen ablösbar sein.

4) Kein Doktor des römischen Rechts darf zu einem Gericht oder in eines Fürsten Rat zugelassen werden. Nur drei Doktoren des kaiserlichen Rechts sollen auf jeder Universität sein.

5) Kein Geistlicher hohen oder niederen Standes darf im Rat des Reichs sitzen oder von Fürsten und Kommunen als Rat gebraucht werden; keiner kann ein weltliches Amt bekleiden.

6) Alles bisherige weltliche Recht ist ab und tot, es gilt nur das göttliche und natürliche Recht, wonach Reich und Arm gleichstehen. Es sind 64 Freigerichte, 16 Landgerichte, 4 Hofgerichte und 1 kaiserliches Kammergericht im Reich einzusetzen, die aus Beisitzern aller vier Stände gebildet werden, doch so, dass das Volk in jedem Gericht vier Stimmen mehr hat.

7) Alle Zölle und Geleite, mit Ausnahme der Zölle für Brücken, Wege und Stege, hören auf.

8) Alle Straßen sind frei, das Umgeld ist aufgehoben.

9) Alle zehn Jahre nur eine Steuer, die Reichssteuer.

10) Nur eine Münze im Reich.

11) Gleiches Maß und Gewicht im Reich.

12) Beschränkung des Wuchers der großen Wechselhäuser.

13) Freiheit des Adels vom geistlichen Lehnsverband

14) Aufhebung aller Bündnisse der Fürsten, Herren und Städte: überall nur Schirm und Schutz des Kaisers.

Eine republikanische Verfassung, wie sie Müntzer und Florian Geyer erstrebten, war das nicht. Fürsten, Adel und Geistlichkeit sollten ihr Haupteinkommen und ihre unabhängige Stellung verlieren mit – ihrer eigenen Zustimmung. Da waren viele Bauern klüger wie die gelehrten Herren. Die Bauern meinten: „es wolle sich nicht reimen, dass man Wolfshaar unter die Schafwolle zu verschleichen beabsichtige; die eingepflanzte Natur lasse sich den Habicht mit der Taube niemals vereinigen.“ Das war sehr richtig geurteilt und gilt heute noch. Viele haben das aber na; 350 Jahren noch nicht begriffen.

Mitten in ihren Beratungen zu Heilbronn wurden die Verfassungsmacher durch die schlimme Botschaft aufgescheucht, dass der württembergische Haufe bei Böblingen total geschlagen worden sei. Ein flüchtiger Hauptmann des Haufens überbrachte ihnen die Kunde. Darauf warfen sich Wendel Hipler und die anderen Räte so eilig auf ihre Pferde, dass sie die Sättel vergaßen. Sie eilten nach Weinsberg. Von Weinsberg schrieb Hipler sofort die Nachricht nach Würzburg; dann schrieb er nach Öhringen, ins Jagst- und Kochertal und alle Ortschaften der Umgegend und forderte zu eiligem Zuzug auf. Von den Grafen von Hohenlohe verlangte er, ihm schleunigst Geschütz und Kriegsgerät zu senden, das hatte nun gute Weile, die Grafen wussten, was die Uhr geschlagen hatte. Von Weinsberg eilte er nach Laufen, um dort einen Sammelpunkt für den geschlagenen württembergischen Haufen und „die frischen Zuzüge zu errichten, er musste diesen aber nach Weinsberg verlegen, da er bald merkte, dass die Städte, allen voran Heilbronn, bereits dem Truchsess ihre Unterwerfung angezeigt hatten. Sobald nämlich der Rat von Heilbronn sichere Kunde von der Niederlage des württembergischen Haufens hatte, sandte er sofort Hans Berle, der soeben noch als Ratgeber im Verfassungsausschuss gesessen, mit einem anderen Ratsherrn dem Truchsess entgegen. Man sieht auch hier wieder, die bürgerlich-liberale Charakterlosigkeit ist nicht modernen Datums. Von Weinsberg eilte Hipler, nachdem er Alles angeordnet, nach Würzburg, um dort Hilfe zu holen, wo er, wie erwähnt, am 18. Mai eintraf.

* * *

Wir verließen den Truchsess, wie er, nach Abschluss des Vertrags von Weingarten mit den Oberschwaben und dem Seehaufen, auf Hohentwiel gegen Herzog Ulrich zog, aber durch Boten des schwäbischen Bundes zu Ulm genötigt wurde, sofort ins Württembergische aufzubrechen, wo, wie ebenfalls mitgeteilt wurde, Matern Feuernbacher mit dem württembergischen oder hellen christlichen Haufen bei Nürtingen sich gelagert, und von dort aus nach allen Seiten seine Aufforderungen um eiligen Zuzug erlassen hatte.

Der Truchsess war in Eilmärschen ins Württembergische eingerückt und hatte ein Lager am Wurmlinger Berg zwischen Rottenburg a. N. und Tübingen bezogen. Hier musste er drei Tage liegen bleiben, weil unter den Landsknechten Meuterei ausgebrochen war. Sie hatten einen ganzen Monatssold ausstehen und die letzten Eilmärsche hatten sie erbittert. Der württembergische Haufe war unterdes von Nürtingen über Degerloch nach Herrenberg gerückt. Unter den Hauptleuten herrschte Spaltung. Matern Feuerbacher, der von vornherein nicht mit ganzer Seele bei der Sache war und stark zum Adel neigte, wollte, gleich Theus Gerber, mit dem Truchsess unterhandeln, und letzterer war in Rücksicht auf die Meuterei seiner Landsknechte dazu bereit. Gegen die Unterhandlung erhob sich sehr entschieden Hans Wunderer von Stocksberg und er verhinderte sie. Wunderer hatte auch den Zug auf Herrenberg durchgesetzt, damit man sich desto leichter mit den Schwarzwäldern vereinigen konnte. Thomas Maier mit den württembergischen Schwarzwäldern schloss sich hier auch an. Herrenberg, das sich den Bauern nicht ergeben wollte, wurde nach sechsstündigem Kampfe genommen. Der Truchsess, von dem Sturm auf Herrenberg unterrichtet, rückte am 9. Mai mit Heeresmacht heran und stellte sich den Bauern gegenüber auf. Abends sandten die Bauern einen Boten ins Lager und ließen ihm für den nächsten Tag eine Schlacht ankündigen; als aber der Morgen kam, waren die Bauern verschwunden. Die Botschaft war eine List, um sich unbemerkt zurückziehen und Verstärkung abwarten zu können. Plündernd und brennend zog der Truchsess nach Weil im Schönbuch.

Auf dem Rückzug hatten die Bauern bei Böblingen über die Zulassung des Herzog Ulrich beraten und mit Mehrheit sich dafür entschieden. Matern Feuernbacher war für Vermittlung mit dem Truchsess und Annahme des Anerbietens, einen Landtag einzuberufen. Er wurde darüber heftig angegriffen und für einen Augenblick als Verräter für abgesetzt erklärt. Schließlich wurde doch mit Mehrheit eine Botschaft an den Truchsess beschlossen und Theus Gerber, Thomas Maier und vier Bürgermeister dazu gewählt. Der Truchsess ließ sich auf Unterhandlungen ein, obgleich er an 2500 Reiter, 8-10.000 Mann Fußvolk und eine ausgezeichnete Artillerie bei sich hatte, während die Bauern zwar 15.000 Mann zählten, aber verhältnismäßig geringes Geschütz und fast gar keine Reiterei besaßen. Sein Plan war der alte, er wollte die Bauern sicher machen und sie dann überfallen, und sein Plan gelang, unterstützt durch Verrat.

Am 12. Mai, Morgens 7 Uhr, sollten die Bauern über die Vermittlungsvorschläge abstimmen. Als sie Morgens sich versammelten, sahen sie die Reiterei des Truchsess heranrücken. Sofort stellten sie sich in Schlachtordnung auf. Die Bauern hatten, trotz der Überraschung, sich gut postiert und fochten mit Vorteil gegen das Heer des Truchsess – bereits in die dritte Stunde, als die verräterische Übergabe von Böblingen, das den Stützpunkt des Vordertreffens der Bauern bildete, ihr Schicksal entschied. Der Vogt von Böblingen ließ nämlich den Truchsess mit einem Teil des Heeres in die Stadt, die Bauern kamen ins Schwanken und unterdes war es der feindlichen Reiterei gelungen, sie von zwei Seiten zu fassen. Das Bauernheer wurde durchbrochen und in wilde Flucht geschlagen. Wie anderwärts, so begann auch hier das unbarmherzigste Morden. Über die Zahl der Toten weichen die Angaben sehr ab, sie belief sich auf mindestens 4-5000. Als die Bauern schon in voller Flucht waren, sah man in der Ferne Herzog Ulrich mit seiner Reiterei und einer Bauernschar herankommen. Die Niederlage der Württemberger zwang ihn, umzukehren.

Gegen den Vogt von Böblingen, als den Verräter, war die Wut der Bauern und Bürger so groß, dass er seines Lebens nicht sicher war und nach Pforzheim flüchten musste. Thomas Maier war gefangen genommen worden und wurde in Tübingen enthauptet; Matern Feuernbacher wurde in Rottweil gefangen, aber nicht ausgeliefert; Theus Gerber gelang es, obgleich er verwundet war, zu entkommen, Viele Hunderte der schwerer Gravierten flohen nach der Schweiz und ins Straßburgische. Dagegen hatte der Truchsess einen Gefangenen gemacht, an dem er und die Ritter grausam ihre Rache kühlen konnten. Das war Melchior Nonnenmacher, derselbe, der dem Helfensteiner auf seinem letzten Gang in die Spieße der Bauern vor Weinsberg höhnisch die Zinke geblasen hatte. In Sindelfingen war er gefangen genommen worden. Ex wurde vor die Herren geführt, und mit einer eisernen Kette an einen Baum gebunden, so dass er zwei Schritte um denselben laufen konnte. Dann wurde rings um ihn ein Scheiterhaufen errichtet, zu dem der Truchsess und die Ritter selbst das Holz trugen. Derselbe wurde angezündet, und nun sahen die Herren lachend zu, wie der Pfeifer schreiend und brüllend vor Schmerz in immer rascherem Tempo um. den Baumstamm lief, bis er, langsam gebraten, tot zusammenstürzte.

Dasselbe grausame Schauspiel wiederholte sich wenige Tage danach bei Neckargartach mit Jäcklein Rohrbach. Dieser war auf seinem Zuge vom württembergischen Haufen ins Zabergau und die Gegend des Aspergs, um dort die Bauern zum Zuzug aufzufordern, vom Vogt des Aspergs gefangen genommen worden und wurde jetzt dem Truchsess abgeliefert. Auch er wurde am 20. Mai, in derselben Weise wie der Pfeifer, an einer Kette an einen Baum gebunden und langsam gebraten. Trommeln und Pfeifen spielten ihm dazu auf und die „Edlen“ standen dabei und ergötzten sich.

Aber die Rache des Adels war noch nicht befriedigt. Am 21. Mai zog der Truchsess vor Weinsberg. Weiber, Kinder und Greise wurden mit Gewalt heraus geschleppt und die Stadt mit allem Hab, Gut und Vieh der Bewohner an allen Ecken angezündet und angesichts der verzweifelten Bewohner niedergebrannt. Dasselbe Schicksal erfuhren sämtliche Ortschaften im Weinsberger Tal.

Der Sieg des Truchsess hatte plötzlich wieder all den großen und kleinen Herren, die bisher sich geduckt und den Bauern schön getan, Mut gemacht; sie suchten sich jetzt für die ausgestandene Angst und Demütigung zu rächen. Der Pfalzgraf, der seinen Bauern die schönsten Versprechungen und Zusicherungen gegeben, hatte in aller Stille mächtige Rüstungen gemacht. Da er aber ein gar frommer lutherisch gesinnter Mann war, hielt er es für angemessen, sich zuvor für seine Taten die Absolution und Zustimmung eines Pfaffen zu holen, und so wandte er sich an Melanchthon und klagte ihm seine Not. Darauf antwortete der christliche Reformator: Es wäre vonnöten, dass solch ein wild ungezogen Volk, als die Deutschen sind, noch weniger Freiheit hätte, als es hat; was die Obrigkeit tut, daran tut sie Recht, wenn die Obrigkeit daher Gemeingüter und Waldungen einzieht, so hat sich Niemand dawider zu setzen, wenn sie den Zehnten der Kirchen nimmt und anderen gibt, so müssen sich die Deutschen ebenso gut darein fügen, wie die Juden sich von den Römern die Tempelgüter nehmen lassen mussten. Dass die Bauern nicht mehr leibeigen sein und die bisherigen Zinse nicht geben wollen, ist ein großer Frevel. Es ist ein solch ungezogen, mutwillig, blutgierig Volk, dass man es billig viel härter halten sollte.

Diese Lehren fielen auf fruchtbaren Boden. Am 23. Mai brach der Pfalzgraf mit 1800 Reitern und 4500 Mann zu Fuß in den Bruchrain ein, überfiel Malsch, den Hauptsitz des Aufstandes und brannte es nieder. Alle Dörfer wurden geplündert und ihnen die Herden weggenommen. Im Schloss Kießlau wurden vier Bauern geköpft, Bruchsal überfallen und 70 Bürger gefangen gesetzt. Anton Eisenhut, mit dem er zuvor feierlichst den Vertrag abgeschlossen, wurde mit mehreren Anderen gefangen und geköpft, dem Bruchrain eine Strafe von 40.000 fl. auferlegt. Dann zog der Pfalzgraf dem Truchsess zu Hilfe, um ähnliche Taten im Geiste Melanchthons zu vollbringen.

* * *

Sobald Wendel Hipler nach Würzburg gelangt war, bot er Alles auf, den hell lodernden Streit der beiden Parteien im Bauernlager zu dämpfen und Alle zu raschem gemeinsamen Handeln zu vereinigen. Nach langwierigen mehrtägigen Beratungen kam man endlich überein, nur 4000 Mann vor Würzburg zu lassen, mit dem übrigen Heer aufzubrechen und bei Krautheim ein festes Lager zu beziehen.

Am 23. Mai brach der helle lichte Haufe unter Götz von Berlichingen und Georg Metzler, 7000 Mann stark, vor Würzburg auf. Florian Geyer erklärte sich bereit, auf das erste Zeichen mit den Franken sofort zu folgen.

Die Demoralisation war in dem Odenwälder Haufen ausgebrochen. Es fehlte das Vertrauen zu sich selbst und namentlich zu den Führern. Die Niederlagen ihrer Brüder hatte ebenfalls Viele mutlos gemacht, bereitwillig folgte ein Teil der Aufforderung ihrer Ortschaften, nach Hause zu kommen, und zog ab. Am 24. Mai Nachts war der helle lichte Haufe in Krautheim angekommen, musste es aber auf die Nachricht von dem Anzuge des Truchsess sofort wieder verlassen. Die Hauptleute schickten Eilboten nach allen Seiten, an die fränkischen Orte, die Hegauer, Herzog Ulrich, selbst über den Rhein in die Pfalz und nach dem Elsass. Ein Teil des Heeres setzte sich in Neckarsulm fest, um dort das Heer des Truchsess zu empfangen und hinzuhalten, bis die herannahenden Verstärkungen einträfen. Den anderen Teil führte Götz von Berlichingen in verräterischer Absicht auf einem Seitenmarsch nach Löwenstein und von dort nach Dehringen zurück, wodurch der Odenwälder Haufe und 5000 zur Verstärkung heranziehende Franken sich verfehlten, und ergriff dann mit zehn Begleitern während der Nacht die Flucht, die Irregeführten ihrem Schicksal überlassend.

Der Truchsess, durch den Verräter Götz von Berlichingen vom Stand der Dinge unterrichtet, eilte auf Neckarsulm. Er glaubte die Stadt leer zu finden. Er täuschte sich. Es kam zu einem heftigen fünfstündigen Kampfe. Der Truchsess suchte die Stadt zu stürmen. Der Sturm wurde abgeschlagen. Die Nacht machte dem Kampfe ein Ende. Während der Nacht rückten die 5000 Franken heran, um das Heer des Truchsess zu überfallen. Die weit auseinandergehenden Wachtfeuer desselben täuschten sie über dessen Stärke, sie wagten nicht anzugreifen und zogen sich zurück. Als am nächsten Morgen die in Neckarsulm sich ohne die erwartete Hilfe sahen, mussten sie kapitulieren. Ein großer Teil von ihnen schlug sich durch, von den Gefangenen wurden 60, die hauptsächlich bei Weinsberg beteiligt waren, mit Stricken je zwei und zwei aneinander gefesselt und 13 noch desselben Tages, die anderen die folgenden Tage hingerichtet. Böckingen, Sontheim und Kirchhausen wurden niedergebrannt und die Männer, die aus den brennenden Häusern kamen, erstochen. Dehringen wurde mit 2000 Gulden gestraft, Klaus Salws Haus, in dem die ersten Zusammenkünfte der Verschworenen stattgehabt, wurde niedergerissen und eine Anzahl Bürger und Bauern hingerichtet. Ähnliches geschah in all den Orten, durch die der Truchsess kam; niedergebrannte Dörfer und an den Landstraßen liegende Leichname zeigten den Weg, den er und sein Heer genommen.

Der Truchsess war auf Möckmühl gerückt, um den hellen Haufen von Würzburg abzuschneiden. Hipler und Metzler waren ihm zuvorgekommen und hatten Königshofen an der Tauber besetzt. Am 2. Juni, Nachmittags 4 Uhr, als die Bauern eben bei der Mahlzeit saßen, rückte des Truchsess Heer aus dem Schüpfergrund hervor. Die Bauern, 8000 Mann stark mit 33 Geschützen, ergriffen eiligst die Waffen und stellten sich auf der Höhe oberhalb Königshofen auf. Die Schlacht begann, aber das Geschütz, durch bestochene Geschützmeister bedient, traf so schlecht, dass die feindliche Reiterei hart an der Höhe, auf der die Bauern standen, sich hinziehen und an einer zugänglichen Stelle dieselbe erreichen konnte. Das Einbrechen der Reiterei, „der Bauern Tod“, brachte Verwirrung unter den Haufen, er stob auseinander. 2-3000 erreichten einen dichten runden Wald, in dem sie sich festsetzten und von dort aus vielen Schaden anrichteten. Indes die feindliche Reiterei umstellte den Wald, zugleich rückten 1500 Büchsenschützen hinein und schossen und schlugen nieder, was ihnen in den Weg kam. Wer von den Bauern aus dem Wald lief, den hieben die Reiter nieder. 500, die zu Gefangenen gemacht wurden, ließ der blutgierige Truchsess wider alles Kriegsrecht niedermetzeln.

* * *

Die Franken hatten währenddem die Belagerung des Frauenbergs fortgesetzt, aber ohne etwas zu erreichen. Ein großer Teil der Bauern war auf Urlaub zu seiner Feldarbeit gegangen, und die zurückgeblieben waren, taugten meist nicht viel. Das lange müßige Lagern vor der Veste hatte demoralisierend gewirkt. Um das Übel voll zu machen, hatte sich die Bambergsche Bauernschaft schließlich doch von ihrem Bischof überlisten lassen und am 27. Mai einen Vertrag geschlossen, in Folge dessen 10.000 Bauern der Bewegung verloren gingen. Ende Mai tagte in Schweinfurt ein schwach besuchter Landtag der fränkischen Städte, auf dem Florian Geyer Namens des fränkischen Heeres erschien. Er wurde von dort mit einer Botschaft an Markgraf Casimir gesandt, um diesen in die evangelische Brüderschaft zu bringen; so hatte der schlaue Hohenzoller sich in das öffentliche Vertrauen einzuschleichen gewusst. Auf dem Wege zum Markgrafen empfing Florian Geyer die Nachricht von der Niederlage bei Königshofen und die Order zur Umkehr. Ein 4000 Mann starker Haufe von der Belagerungsarmee war von Würzburg auf Friedrichsfeld gerückt, deren Kommando Florian Geyer übernehmen sollte. Durch Verräterei war die Besatzung des Frauenbergs von Allem, was in der Stadt und im Bauernlager vorging, genau unterrichtet. Sobald sie erfuhr, dass Florian Geyer mit einigen tausend Bauern und dem Rest seiner schwarzen Schar nach dem Odenwald abrückte, sandte sie den bischöflichen Marschall dem Truchsess eiligst entgegen, von dessen Anzuge sie ebenfalls Kunde hatte, um ihn von dem Marsche Florian Geyers zu unterrichten. Zwei Stunden diesseits von Giebelstadt traf der Marschall den Truchsess und die verbündeten Fürsten mit ihrem Heere.

Florian Geyer konnte noch immer nicht an die Königshofer Niederlage glauben, da jede bestimmte Nachricht fehlte, auch besaß er nicht die geringste Ahnung von der Nähe des Truchsess. Letzterer hatte sich auf die Kunde von Geyers Anzuge mit seiner Reiterei in einem Walde in den Hinterhalt gelegt und fiel unversehens Florians Haufen in den Rücken. Der verursachte Schreck und die Überraschung im Bauernheere war bei dem plötzlichen Hervorbruch der feindlichen Reiterei so groß, dass der größte Teil des Haufens nach allen Seiten floh, hart verfolgt von den Reitern. Nur die 600 Mann der schwarzen Schar sammelten sich um Florian Geyer und zogen sich, fest geschlossen, alle Angriffe der Reiterei blutig zurückweisend, in das Dorf Ingolstadt. 200 warfen sich in den Kirchhof und die Kirche, die Übrigen in das Schloss. Und jetzt begann einer der furchtbarsten und blutigsten Kämpfe des ganzen Kriegs. Jeder Fuß breit Erde wurde von den Schwarzen aufs Hartnäckigste verteidigt. Endlich wurde der Kirchhof gestürmt, die Kirche in Brand geschossen, aber noch aus den Flammen heraus verteidigten sich die Bauern, bis der letzte Mann von ihnen gesunken war.

Wie um die Kirche, so entbrannte der Kampf um das Schloss. Vor diesem hatte der Pfalzgraf, der mit im feindlichen Heere war, das ganze Geschütz auffahren lassen. In Kurzem war unter dem furchtbaren Feuer eine 24 Fuß breite Bresche entstanden. Aber der Sturm, den die Fürsten unternahmen, wurde blutig zurückgewiesen, mehr als 100 der Stürmenden fielen. Ein zweiter Sturm wurde vorbereitet. Die schwarze Schar, die fast ihr Pulver verschossen hatte, ließ die Stürmenden bis in den Schlosshof dringen, dann stürzte sie sich mit ganzer Wucht auf die Angreifenden und schlug sie zum zweiten Male blutig zurück. Das feindliche Geschütz spielte von neuem und riss ganze Mauern nieder. Der dritte Sturm musste gelingen, denn die Schwarzen hatten kein Pulver mehr. Aber er kostete die Feinde dennoch viel Blut. Nach langem Ringen war endlich das Schloss erobert; 206 Leichen der Verteidiger lagen auf engem Raume hart beieinander. Aber Florian Geyer war es in der Dunkelheit, die mittlerweile hereingebrochen war, gelungen, mit nahezu 200 Mann zu entkommen. Er gelangte mit seiner kleinen Schar ins Gebiet der Stadt Hall, wo er hoffte, den Gaildorfschen Haufen noch intakt zu finden. Die Gerüchte von den verhängnisvollen Niederlagen hatten ihn auseinandergetrieben. Florian Geyer hielt sich mit den Seinen in den Wäldern versteckt, er hoffte, noch einmal den Aufruhr entzünden zu können, aber am 9. Juni wurde er auf einer Waldhöhe in der Nähe von Hall aufgespürt, mit Übermacht angegriffen und getötet, fechtend mit dem Reste seiner Getreuen gegen einen Feind, den sein eigener Schwager, Wilhelm von Grumbach, führte. So starb mitten im Kampfe für die Sache des unterdrückten Volks, für die er gelebt und wie kein Anderer bis zum letzten Atemzuge gekämpft, der größte Held des Bauernkriegs. Dass er, ein Mann des Adels, ein Sohn der herrschenden Klasse, mit seinem Herzblut für die Armen und Elenden eintrat, im Kampf für sie verblutete, muss ihn in den Augen des Volks nur um so höher stellen, sein Andenken ihm um so teurer machen.

* * *

Wie ein Wüterich zog der Truchsess mordend, sengend und brennend auf Würzburg zu. Seine Stimmung war nicht die beste, sein Heer hatte in den verschiedenen Kämpfen gewaltig gelitten. Trotz aller Verstärkungen, die er auf seinem Zuge durch den sich ihm anschließenden Adel erhalten hatte, zählte es vor Würzburg nur 6000 Mann; allerdings hinreichend genug, um die noch im Felde stehenden Bauernhaufen mit leichter Mühe auseinander zu sprengen.

In und bei Würzburg lagen im Ganzen noch 5000 Mann. Am 5. Juni rückte der Truchsess vor die Stadt. Die Bauern hätten vor der Übermacht des Truchsess sich zurückziehen und Verstärkungen suchen müssen, statt dessen blieben sie auf Drängen des Rats in der Stadt. Der Würzburger Rat, die Rache des Truchsess fürchtend, hatte keine andere Absicht, als durch Überlieferung der Bauern, namentlich ihrer Führer, sich und die Stadt selbst mit möglichst günstigen Bedingungen loszukaufen. So spielte überall die Niedertracht und der Verrat. Heimlich schloss der Rat mit dem Truchsess einen Vertrag. Letzterer umstellte mit seiner Reiterei um 7 Uhr die Stadt und rückte um 8 Uhr Morgens in dieselbe ein. Bürger und Bauern mussten sich auf drei verschiedenen Plässen aufstellen, sie wurden sofort von der feindlichen Reiterei umzingelt und nun hielt der Truchsess Gericht. Hauptleute wurden herausgegriffen, die Anderen mussten die Waffen niederlegen und wurden entlassen. 81 ließ der Truchsess hinrichten, Andere ins Gefängnis werfen und mit schweren Geldbußen strafen. Die Stadt musste 8000 Gulden bezahlen. Pfaffen und Adel des Stifts schätzten ihren Schaden auf 218.715 Gulden, die sie auf dem Wege der Brandschatzung von ihren Untertanen eintrieben. Acht Tage lang brandschatzten die Fürsten die Umgegend von Würzburg.

Gleich dem Truchsess wütete der Markgraf Casimir im Ansbachischen. In Kitzingen ließ er 100 Bauern in einen Keller sperren. Am nächsten Morgen ließ er 62 davon die Augen ausstechen und verbannte sie zehn Meilen weit von Kitzingen, wo sie bettelnd und wehklagend an den Landstraßen lagen und Viele in Kurzem jämmerlich zu Grunde gingen. Es würde zu weit führen, alle die Grausamkeiten einzeln zu erzählen, die jetzt gegen die Besiegten begangen wurden. Hinrichtungen, Augenausstechen, Fingerabhauen, Folterungen, Niederbrennen der Häuser und Verbannungen, Brandschatzungen wurden Monate lang, ja selbst noch nach Jahren ins Werk gesetzt. Die Adeligen, die während des Aufruhrs mit den Bauern am freundlichsten waren, wurden jetzt in der Regel die schlimmsten. Zahlreiche Dörfer wurden gänzlich niedergebrannt, den Bauern ihr Hab und Gut genommen und ihr Vieh weggetrieben. Das Morden und Verwüsten war in manchen Gegenden so furchtbar, dass die Herren auf viele Jahre hinaus sich selbst den größten Schaden verursachten, weil es an Händen fehlte, das Feld zu bestellen und den armen Menschen an Mitteln, die Geräte wieder anzuschaffen, geschweige die Abgaben entrichten zu können. Im Ansbachischen hatte der Bruder des Markgrafen auf des letzteren Geheiß so gewütet, dass Witwen und Waisen der Gemordeten ihm nachliefen, ihn verfluchten und ihm zuriefen: „ob denn schon alle Bauern geschlachtet seien“. Hans Schnabel, den Hauptmann des Bildhäuser Haufens ließ der Bischof von Würzburg hinrichten, im Ganzen hatte der fromme Herr auf einer Rundreise in seinem Bistum 256 Hinrichtungen vollziehen lassen, und als er nach Würzburg zurückkehrte, folgten noch 13 in der Stadt nach.

Während so in Franken gewütet wurde, hatten sich in der Rheinpfalz neuerdings 8000 Bauern zusammengetan, die bei der Annäherung des Pfalzgrafen sich nach Pfedersheim warfen. Durch ein schlaues Manöver gelang es dem Pfalzgrafen, sie aus der Stadt und in einen Hinterhalt zu locken, wo er ihnen 1500 Mann erstach. Den Anderen gelang es, sich wieder in die Stadt zu werfen. Nächsten Tages, den 24. Juni, ließ der Pfalzgraf dieselbe heftig bombardieren, so dass sie sich ergeben musste. Als die Reisigen des Pfalzgrafen die Bauern vor die Stadt führten, suchte ein Teil derselben zu entfliehen, das gab den Reisigen Veranlassung, ein Gemetzel der Wehrlosen zu veranstalten, in dem abermals 800 Mann umkamen. Von den Übriggebliebenen suchte der Pfalzgraf noch 80 aus und ließ sie hinrichten. Darauf nahm er einen Raub- und Plünderungszug durch sein eigenes Land vor, wobei er fleißig köpfen und hängen ließ und schleppte 200.000 Gulden, die er seinen Untertanen gestohlen, nach Heidelberg, um sie mit seinen Mätressen und Höflingen zu verschweigen. So handelte einer der frommen Freunde Luthers und Melanchthons.

Im Oberland war seit dem Ende April erfolgten Abzug des Truchsess nach Württemberg der kleine Krieg unausgesetzt im Gange gewesen. In Haufen bis zu einigen Tausend zogen die Bauern in der Gegend von Ulm, im Ries, im Oberallgäu hin und her und taten Klöster und Schlösser ab. Es sei hier ergänzend bemerkt, dass die Allgäuer den Vertrag ihrer Abgesandten mit dem Truchsess nachträglich nicht anerkannt hatten. Den Bauern entgegen sandte der schwäbische Bundesausschuss zu Ulm kleinere Scharen Reisiger, die hie und da in kleinen Scharmützeln mit den Bauern zusammentrafen. Im Allgemeinen war es Taktik der Bauern, sich nicht auf offenen Kampf einzulassen; sobald ein Reisiger-Zug sich nahte, zogen sie sich in die Wälder zurück. Die Bündischen ihrerseits vergalten die Plünderungen der Bauern in Klöstern und Schlössern damit, dass sie die Dörfer plünderten und häufig niederbrannten. Der Krieg war ein gegenseitiger Verwüstungskrieg im schlimmsten Sinne des Worts.

Der Truchsess zog von Würzburg durch das Rothenburgische und Ansbachische, über Nördlingen durch das Ries, überall schreckliche Spuren seiner Rache hinterlassend nach dem Allgäu, um dort den Aufstand gleichfalls niederzuwerfen.

Unerwartet stieß er mit seinem Vortrab bei Schrattenbach auf 6000 kampfbereite Allgäuer. Die Übermacht und die feste Haltung der Bauern machte ihn stutzig, er wusste, dass er es mit kriegsgeübten Feinden zu tun hatte. Er zog es vor, den Angriff zu unterlassen und das Hauptheer heranzuziehen. Nach einem kurzen Gefecht zogen sich die Bauern zurück und nahmen hinter der Luibas auf einer Anhöhe eine feste Stellung. In wenig Tagen hatten sie sich auf 23.000 Mann verstärkt, worunter eine große Zahl kriegsgeübter und gut bewaffneter Männer, ihr Geschütz war ebenfalls zahlreich und gut. Der Truchsess seinerseits hatte sein Heer bis auf 14.000 Mann gebracht. Noch einmal konnte ein entscheidender Schlag durch die Bauern geführt werden, aber es kam nicht dazu. Der Verrat, der auf ihrer Seite in dem ganzen Krieg eine so große Rolle gespielt, fand sich auch hier wieder in ihren Reihen. Walter Bach, ihr oberster Hauptmann und mehrere andere einflussreiche Führer ließen sich durch große Geldsummen kaufen. Die Schüsse, die spät am Abend des 21. Juli der Truchsess in das Bauernlager abfeuern ließ, wurden für Walter Bach der Deckmantel, um den ganzen Pulvervorrat, unter dem Vorwand, er sei in Brand geschossen worden, in die Luft sprengen zu lassen. Während der Nacht führte er und der ebenfalls bestochene Kaspar Schneider zwei von den drei Haufen, aus denen das Bauernheer bestand, unter der Angabe, den Truchsess zu umgehen, aus dem Lager weg, und zur selben Zeit verließen die bestochenen Büchsenmeister die Geschütze. Nach erfolgtem Abzuge machten sich die verräterischen Hauptleute heimlich aus dem Staube. Die Haufen erkannten erst, dass sie verraten seien, als sie vernahmen, dass das Heer des Truchsess unmittelbar hinter ihnen sei. Von Schrecken erfasst, verliefen sie sich binnen einer halben Stunde in die Täler und Wälder der Berge. Nur der dritte Haufe, unter dem Knopf von Luibas, zog sich, als er den Verrat entdeckte, in Ordnung zurück und erreichte den Kollenberg oberhalb Kempten. Dort oben waren die Bauern unangreifbar, aber der Truchsess fand ein anderes Mittel, sie zu überwältigen. Er ließ aus allen umliegenden Orten das Vieh und alles Bewegliche wegführen, über 200 Höfe und eine Anzahl Dörfer, in denen die Familienangehörigen der auf dem Kollenberg versammelten Bauern wohnten, in Flammen aufgehen, und durch seine Reiterei ihnen jede Zufuhr von Lebensmitteln abschneiden. Der Hunger wie das Elend und die Not ihrer Angehörigen zwangen sie, sich zu ergeben. Sie mussten die Waffen niederlegen, mit weißen Stäben durch das feindliche Lager gehen, 6 Gulden Brandsteuer für jedes Haus geben und aufs Neue ihren Herren huldigen. Einige zwanzig, die als Rädelsführer galten, wurden enthauptet. Dem Knopf von Luibas gelang es, zu entfliehen, aber er wurde in Bludenz gefangen, nach Bregenz in langes und hartes Gefängnis geworfen, dort oftmals gefoltert und schließlich an einen Baum gehängt.

Am Bodensee und im Hegau wurde gleichzeitig mit dem Allgäu der Aufstand gelöscht. Nach dem Bodensee hatte sich von Freiburg i. B. aus Hans Müller von Bulgenbach mit einer Abteilung begeben. Aber als der Erzherzog von Österreich eine starke Heeresabteilung ihm entgegenschickte, fand es Hans Müller, wahrscheinlich ebenfalls bestochen, für geraten, zu entfliehen. Die meisten Bauern gingen nach Hause, der Rest, der sich an der Hilzinger Steige verschanzt hatte, wurde nach zweistündigem harten Kampfe geschlagen und auseinandergetrieben. Hans Müller von Bulgenbach wurde später gefangen genommen und zu Lauffenburg hingerichtet; er war den Herren zu unbequem. Plünderungen, Verwüstungen, Hinrichtungen und Brandschatzungen folgten, wie anderwärts, auch hier für die Orte um den Bodensee und bildeten das Finale.

So war der so hoffnungsvoll begonnene Befreiungskampf überall niedergeschlagen; nur in Tirol, den österreichischen Herzogtümern und dem Erzbistum Salzburg lebte er noch eine Weile fort. Der besseren Übersicht wegen geben wir Entstehung und Verlauf desselben erst jetzt.

* * *

Der Aufstand, den im Jahre 1515 die Bauern der Herzogtümer Steiermark, Kärnten und Krain unter der Kriegslosung die „Stara Prauwa“, zu deutsch: „die alte Gerechtsame“, unternommen hatten, und der damals blutig und grausam durch den kaiserlichen Feldhauptmann Sigmund von Dietrichstein niedergeschlagen worden war, hatte keine Besserung der Lage der Bauern zur Folge gehabt. Kaiser Maximilian war 1519 gestorben, ihm nachfolgte sein Enkel Kaiser Karl V., der aber bei der Größe seines gewaltigen Reichs, das neben Deutschland und Italien die spanische Krone mit ihren ungeheuren amerikanischen Kolonien umfasste, die Verwaltung seiner österreichischen Erblande seinem Bruder, dem Erzherzog Ferdinand, übertrug, um später ihm dieselben als Eigentum zu überweisen.

Jetzt war ein neuer Herr da, aber das alte System und die alte Schinderei und Bedrückung blieb. Die Regierung hatte nicht leugnen können, dass die Lage der Landbevölkerung eine sehr gedrückte war, sie hatte auch den Versuch gemacht, eine neue Ordnung zu entwerfen, aber sie blieb auf dem Papier. Es genügt zu wissen, dass Sigmund von Dietrichstein, der grausame Unterdrücker des windischen Bundes, noch Landeshauptmann in Steiermark war.

Als mit dem Beginn der zwanziger Jahre die neue Lehre immer mehr sich ausbreitete, Prädikanten ganz Süddeutschland bereisten und namentlich auch ins Salzburgische kamen, fiel dieselbe in den österreichischen Herzogtümern Steiermark, Ober- und Unterösterreich, Kärnten und Krain auf fruchtbaren Boden. Im Erzherzogtum Österreich, zwischen Wien und Wiener Neustadt, waren es besonders die Weinbergarbeiter, die in Gärung kamen. Die Behörden berechneten, dass binnen wenigen Stunden 8-10.000 derselben versammelt sein könnten. Einen starken Anhang fand die Bewegung auch unter den zahlreichen Bergknappen der Eisen-, Silber-, Quecksilber- und anderer Bergwerke und der Salinen.

Der Erzherzog, der in Tirol saß, wo er alle Hände voll zu tun hatte mit den unzufriedenen Tirolern und dem Aufstand in den vorderen Landen, in Schwaben, dem Breisgau und dem Elsass, suchte durch Unterhandlungen den drohenden Ausbruch in seinen Herzogtümern hinzuhalten. Er berief die Stände derselben ein, die beraten sollten, wie den Beschwerden abzuhelfen und einem allenfallsigen Aufstand zu begegnen sei.

In den Landtagen saßen die Feinde der Bauern und des armen Mannes, der Adel, die Geistlichkeit und die Vertreter der Städte. Die Letzteren waren die einzigen, welche die Sache der Bauern bis zu einem gewissen Grade vertraten; sie hatten selbst viel arme Leute in ihren Gebieten, die unter Umständen ihnen gefährlich werden konnten, darum wollten sie nichts davon wissen, als aus der Mitte der Stände der Antrag kam: falls die Bauern sich nicht gütlich wollten zur Ruhe verweisen lassen, solle man sie mit Gewalt dazu zwingen. Schließlich behielt die versöhnliche Stimmung die Oberhand, nicht weil man der Bauern Recht anerkannte und ihnen ernstlich hätte helfen wollen, sondern nur, weil man die Unmöglichkeit fühlte, vor der Hand mit Gewalt etwas ausrichten zu können. Die Unterdrücker und Ausbeuter des Volks geben nur nach, wo sie müssen, die sind stets betrogen, die auf das gute Herz oder auf die Einsicht und Gerechtigkeitsliebe ihrer Feinde rechnen oder daran glauben.

Auch der Erzherzog Ferdinand, obgleich knirschend vor Wut und nach Rache dürstend, fand es für klüger, die Miene des freundlichen, wohlwollenden Herrn anzunehmen und alle möglichen Versprechungen zu machen. Im Stillen aber machte er die äußersten Anstrengungen, um die nötige bewaffnete Macht auf die Beine zu bringen und gab heimlich Befehle „wider alle Hauptleute und Rädelsführer, wo die ankommen oder betreten werden, mit Spießen, Schinden, Vierteilen und aller grausamen Straf zu handeln und vorzufahren“. Da kam die Tigernatur zum Vorschein, die nach Blut und Rache lechzte.

Bei der augenblicklichen Hilfs- und Mittellosigkeit des Erzherzogs suchte Sigmund von Dietrichstein auf seine Kosten eine angemessene Streitmacht wider die Bauern zusammenzubringen. Letztere hatten unterdes einen „christlichen Bund“ gestiftet, sich bewaffnet vereinigt und eine Anzahl Schlösser und Flecken eingenommen. Dietrichstein wollte nach Judenburg ziehen, aber die drohende Haltung der Bauern um Leoben und der Eisenerz-Arbeiter der anstoßenden Täler, die in dem Augenblick aufgestanden sein würden, wo er aufbrach, hinderte ihn daran. Er gab sich die größte Mühe, die Arbeiter vom Vordernberg und Innernberg zur Ruhe zu bringen. Die vom Innernberg hatten eine Anzahl Abgeordneter Dietrichsteins gefangen genommen; sie gaben sie erst heraus, nachdem er ihnen versprochen, dass er nichts gegen sie unternehmen und nicht, wie er gedroht, ihre Dörfer verbrennen werde.

Bald darauf vernahm Dietrichstein, dass die Bauern vom Enstal im Anzug und die Bauern des Kammertals aufgestanden seien und dass in der Nähe von Schladming 10.000 Mann sich versammelt hätten. Er beschloss, letztere mit seinen 5000 Mann anzugreifen. Bei Goiß fand er sie gelagert. Während er durch eine Abteilung seines Heeres einen seitwärts auf einem Berge lagernden Bauernhaufen angreifen und vertreiben ließ, warf er sich mit der Hauptmacht auf den Haupthaufen. Die Bauern empfingen ihn mit einer wirksamen Geschützsalve, die das Fußvolk sofort in Verwirrung und zur Flucht brachte. Eine zweite Salve unter die in seinem Heere befindlichen Böhmen, die ihren Hauptmann schwer verwundete, warf auch diese in die Flucht und diese rissen alle Anderen mit sich. Auf seinem Rückzug musste Dietrichs Heer durch ein enges Felstal ziehen, das die Bauern mit einer sogenannten Staudach besetzt hatten, von wo herunter sie schwere Steine auf die Fliehenden warfen. Dietrichstein selbst wurde schwer getroffen und kam arg geschunden und gequetscht in Ehrenau an. Sein Verlust war bedeutend. Indes kam ihm aus Kärnten bald Verstärkung zu und er rückte den Bauern wieder entgegen. Reustl, der Hauptmann der Bauern, der nur 6000 Mann bei sich hatte, sah ein, dass er der Übermacht nicht widerstehen konnte und zog sich in eine feste Stellung zurück. Hier wagte ihn Dietrichstein nicht anzugreifen, er knüpfte also Unterhandlungen Reustl durchschaute Dietrichsteins Plan und wollte von Unterhandlungen nichts wissen, aber die Mehrheit des Haufens war anderer Ansicht und ließ sich zu einem Vertrag herbei. Darauf zog Reustl mit dem kleineren Teil des Haufens. über den Tauern ins Lungau und Pongau und vereinigte sich mit den Salzburgern.

Das Erzbistum Salzburg genoss unter den vielen deutschen Gebieten und Landschaften am Ausgang des Mittelalters den nicht beneidenswerten Ruf, seit lange zu den bedrücktesten zu gehören. Das Pfaffenregiment zeigte sich hier in seiner ganzen Hässlichkeit. Schon 1462 waren die Pinzgauer gegen den Erzbischof aufgestanden und hatten ihm einige Burgen zerstört. Sie wurden unterdrückt und mussten schwer büßen. 1478 erhob sich die Grafschaft Ortenburg und diesmal waren es die Pinzgauer, die sich zu Schergen des Erzbischofs hergaben, die Ortenburger überfielen und sie zerstreuten. Im Jahre 1510 war es die Stadt Salzburg, die des erzbischöflichen Joches müde war, aber der damals regierende Erzbischof wusste sich zum Herrn der Unzufriedenen, zu denen damals der ganze Rat gehörte, zu machen. Er lud den Rat zu einem glänzenden Abendessen in sein Schloss und ließ, als sämtliche Ratsmitglieder anwesend waren, sie durch Bewaffnete überfallen, binden und in ihren leichten Hofkleidern in der kalten Winternacht nach der Veste Werfen transportieren. Die Stadt musste auf ihre hauptsächlichsten Privilegien verzichten und der Erzbischof war jetzt ihr unumschränkter Herr. Die gefangenen Ratsherren, die anfangs hingerichtet werden sollten, wurden zu hohen Geldstrafen begnadigt, mehrere von ihnen starben bald in Folge des grausamen Transports.

Der 1519 zur Regierung gelangte Erzbischof war der Kardinal Matthäus Lang, gleich seinen Vorgängern ein ausschweifender, verschwenderischer und dabei lügenhafter und gewissenloser Patron, dem Niemand Glauben und Vertrauen schenken konnte. Grimmiger Verfolger der neuen Lehre, hatte er, ohne es zu wollen, deren Ausbreitung dadurch befördert, dass er, zur besseren Ausbeute seiner Bergwerke, Bergleute aus dem Sächsischen und Mansfeldischen hatte kommen lassen. Der harte materielle Druck in Verbindung mit der grausamen Verfolgung der neuen Lehre riefen eine bedenkliche Gärung hervor. Der Erzbischof dachte einem Aufstand zuvorkommen zu müssen. Er reiste rasch nach Tirol, warb dort einen Haufen Kriegsvolk und rückte mit diesem eilig vor die Stadt. Unvorbereitet, wie diese war, musste sie sich bedingungslos unterwerfen und alle ihre Urkunden und Verschreibungen ihm aushändigen, die er nach Gefallen zerriss oder abänderte. Wie in Salzburg trieb er es an den anderen Orten des Erzstifts.

Einige seiner Taten machten besonders böses Blut. Er hatte unter anderem einen lutherischen Priester gefangen nehmen lassen und zu lebenslänglichem Gefängnis verurteilt, das derselbe im Faulturm zu Mittersill im Pinzgau verbüßen sollte. Zu sichererem Transport ließ er den Priester auf ein Pferd schmieden; Gerichtsdiener begleiteten ihn. In einem Dorf im Berchtesgadenschen, das der Zug passierte, ging es im Wirtshaus lustig zu. Die Reiter machten Halt und traten ein. Um den gefangenen Geistlichen entstand ein Auflauf, man hatte Mitleid mit ihm und auf sein Bitten befreite man ihn, ohne dass die Begleiter es zu hindern vermochten. Der Erzbischof ließ den Haupttäter, einen jungen Bauern Namens Stöckl und einen anderen Bauern einziehen und beide ohne alle Rechtsform in Salzburg heimlich hinrichten. Der Brüder des Stöckl wurde des Erzbischofs tödlichster Feind. Tag und Nacht lief er auf allen Höhen und Ortschaften im Gebirge umher und stachelte die Bauern zum Aufruhr an.

Die zweite Tat des Erzbischofs war eine neue und harte Steuer. Zunächst zwang er einige wohlhabende Bürger Salzburgs zu einem Darlehn von 10.000 Gulden, die sie auf Nimmerwiedersehen geben mussten. Dann nahm er verschiedene goldene Kirchengeräte weg und erhob weitere 30.000 Gulden auf den Rat seiner Räte durch ein Umgeld.

Diese Maßregeln trieben die Unzufriedenheit auf die Spitze. Zuerst sammelten sich die Gewerke und Bergknappen von Gastein und Umgegend und setzten ihre Forderungen auf. Sie sandten Boten nach Rauris, Radstadt und alle Gerichte und forderten Bürger und Bauern zum Eintritt in den christlichen Bund der evangelischen Brüderschaft auf.

Dem Aufruf der Gasteiner leistete die Bewohnerschaft des Erzstifts freudigst Folge. Auf allen Bergen leuchteten die Signalfeuer, die sogenannten Kreitfeuer, Notschüsse wurden abgefeuert und von Dorf zu Dorf läutete die Sturmglocke. Aus allen Tälern und von allen Höhen kamen die Bauern herbei geströmt, jeder mit dem bewaffnet, was er zur Hand hatte. Im Dorfe Golling, fünf Stunden von Salzburg, bezogen sie ein Lager. Kaspar Praßler, Weitmooser, Michael Gruber, Melchior Spät und Ludwig Alt waren ihre Hauptleute. Kaspar Praßler wurde oberster Hauptmann des Haufens.

Der erschreckte Erzbischof sandte Boten ins Bauernlager und ließ sie in freundlichem Tone zum Auseinandergehen auffordern, ihre Beschwerden sollten sie durch einen Ausschuss ihm vortragen lassen. Die Bürgerschaft von Salzburg hingegen sandte heimlich zu ihnen, bestärkte sie in ihrem Vorgehen und forderte sie auf, nach der Stadt zu kommen. Des Erzbischofs Anerbieten wiesen sie zurück, dagegen rückten sie auf Hallein vor, dessen Bürgerschaft sich ihnen anschloss.

Der Erzbischof flüchtete auf das über Salzburg thronende Felsenschloss, das er zuvor mit Lebensmitteln reichlich hatte versehen lassen. Von dort konnte er, wenn es Not tat, die Stadt mit Bequemlichkeit beschießen.

Freitag vor Pfingsten, als eben die Bürger auf dem Markt zur Beratung versammelt waren, entdeckten einige den Stadtrichter Gold, eins der verhasstesten Werkzeuge des Erzbischofs, der fliehen wollte. Er wurde vom Pferde gerissen und übel zugerichtet. Um ihn weiteren Misshandlungen zu entziehen, ließ ihn der Rat ins Gefängnis führen. Auf die Folter gebracht, verriet er Pläne des Erzbischofs, die das Volk nur noch mehr erbitterten und es veranlassten, nur um so mehr auf der Bauern Hilfe zu dringen. Pfingstmontag Abend rückten diese in die Stadt. Ihr erster Besuch galt dem erzbischöflichen Hof. Der Erzbischof hatte weder seine Papiere noch Urkunden und dergleichen mitgenommen, alles fiel den Bauern in die Hände und wurde vernichtet. Kurz nach dem Einzug der Bauern in Salzburg rückten auch die Knappen von Rauris, Gastein, Kitzbühel und anderen Orten ein. Es wurde nun beschlossen, dass die Bauern an ihre Feldarbeit gehen, die Knappen aber gegen Sold unter den Waffen bleiben und die Belagerung der Veste übernehmen sollten.

In Tirol war ebenfalls die Unzufriedenheit mit dem Bestehenden schon seit lange vorhanden und hatte sich hie und da in kleinen Aufläufen und vereinzelten Gewalttätigkeiten Luft gemacht. Die Ähnlichkeit der Natur des Landes mit der Schweiz gab den sozialen Zuständen des Landes auch große Ähnlichkeit mit denen der Schweiz. Das Gebirgsland ist der Unabhängigkeit der Menschen günstig; es verhinderte, dass dort die Leibeigenschaft in solcher Ausdehnung und mit solchem Druck wie anderswo sich fühlbar machte. Das gebirgige Land, das zum größten Teil sich nur zur Weide eignet, und nur hie und da gestattet, mühsam ein paar schmale Äckerchen dem Boden abzuringen, bedingte eine sehr zerstreut wohnende Bevölkerung. Gebirge und Wälder gaben den Flüchtigen unerreichbare Schlupfwinkel. Die Wohnung des Bauern war nicht selten ebenso unzugänglich wie das feste Schloss des Adeligen. Das waren Verhältnisse, die weder für Adel noch für Pfaffen viel Verlockendes hatten; beide Stände fanden bei den Tiefbewohnern reichere Ernte und ein vergnüglicheres Leben, als unter den armen Bewohnern der Tiroler Berge. Erst später, als die um sich greifende Reformation die Klöster und Pfründen der Pfaffen zu Tausenden aufhob, ward das durch barbarische Gewaltmaßregeln der Habsburger von Ketzerei gesäuberte Tirol der Hauptzufluchtsort des Pfaffentums, dessen Herrschaft begünstigt und bis heute erhalten wurde durch die beschränkte materielle Entwicklung des Landes und seine Abgeschlossenheit vom Weltverkehr. Die starre Großartigkeit der Alpennatur, verbunden mit der sich dort besonders geltend machenden Übermacht der Naturkräfte über die schwache Kraft des Einzelnen, erwecken in dem Menschen das Gefühl der Ohnmacht und der Schwäche und befördern und erhalten in ihm den Hang zu dem Glauben an das Übernatürliche, welcher der Religion und ihren Dienern zugute kommt.

Die Folge der Armut und Unzugänglichkeit des Landes war, dass Ritterburgen und Klöster im Tirol des Mittelalters verhältnismäßig dünn gesäet, die Leibeigenschaft wenig bekannt und viele Lasten, die sonst der Bauer anderwärts zu leisten hatte, dem Tiroler Bauer fremd waren. Deshalb war aber seine Lage keine beneidenswerte. Hatte er weniger Lasten, so hatte er auch weniger Einkommen, und das Wenige musste er sich meist mit größerer Anstrengung erringen, als der Bauer anderwärts, er musste also auch die geringste Steigerung seiner Lasten ungleich schwerer empfinden. Und an der Steigerung der Lasten fehlte es hier so wenig wie anderswo. Regierung, Pfaffen und Adel hatten in den letzten Jahrzehnten ihre Ansprüche bedeutend erhöht, alle Artikel waren durch den Wucher, den die Fugger und andere große Handelsgesellschaften trieben, in einer unverhältnismäßigen Weise verteuert worden. Tirol war der Lieblingsjagdgrund des österreichischen Fürstenhauses, das Wild wurde deshalb im Übermaß gehegt und zerstörte die dürftigen Saaten. Gründe genug, um zur Unzufriedenheit zu reizen. Als nun im benachbarten Schwaben die Gärung immer größer wurde, Lutherisch gesinnte Prediger und Münzersche Prädikanten auch in die Tiroler Berge drangen und namentlich unter den Bergknappen von Hall und Schwaz starken Anhang fanden, da griff auch die Aufregung unter der Tiroler Bevölkerung immer weiter um sich, so dass es der Erzherzog Ferdinand für notwendig fand, selbst nach Innsbruck zu eilen, um den drohenden Brand zu verhüten.

Die hier geschilderten Verhältnisse betrafen hauptsächlich Vordertirol oder Deutschtirol und Vorarlberg, wesentlich anders waren die Dinge in Südtirol. In den fruchtbaren und weinreichen Gegenden dieses Landstrichs hatte, neben zahlreichem Adel, vor allem die Geistlichkeit sich eingenistet und fett gesogen. Dort saßen neben den Bischöfen von Trient und Brixen mit ihren Kapiteln und zahlreichen Klöstern auch die Deutsch-Ordensherren mit großen Besitzungen. Hier waren die Freibauern eine Ausnahme, die Leibeigenschaft war vorherrschend, und der ganze Druck des Feudalsystems und der Pfaffenherrschaft lastete schwer auf dem Landmann.

Die revolutionäre Frühlingsluft des Jahres 1525 hielt auch in den Tiroler Bergen ihren Einzug. Die Bauern scharten sich zusammen. und setzten ihre Beschwerden auf. Es waren neunzehn Punkte, die in der Hauptsache mit denen anderer Gegenden übereinstimmten, sie richteten sich gegen die geistliche Gewalt nicht weniger wie gegen die weltliche, gegen die Regierung und den Adel. Die Tiroler leisteten gleich bei dem Beginn des Aufstandes ihren Brüdern im übrigen Deutschland, besonders in Schwaben, einen großen Dienst. Da der Krieg Karls V. mit Franz I. von Frankreich in Italien zu Ende war, hatte der Erzherzog starke Heeresabteilungen von dort berufen, um sie nach Schwaben und dem Elsass zu schicken. Die Tiroler verwehrten ihnen den Durchzug durch ihre Pässe und der Erzherzog musste gute Miene zum bösen Spiel machen und sie den Umweg über Graubünden nehmen lassen.

Der Erzherzog, der nur zu gut wusste, was für eine böse Suppe für ihn ein Aufstand in Tirol mit seinen unzugänglichen Felsen und seinen zähen, tapferen und waffengeübten Bewohnern werden musste, nahm die freundlichste Miene vor und gewährte die geforderten Freiheiten und die Abstellung der Beschwerden, soweit sie in seiner Macht lagen, sofort; das Übrige sollte ein einzuberufender Landtag entscheiden. Die Vordertiroler gaben sich damit zufrieden. Nicht so die Vorarlberger, die durch die Nähe der Allgäuer und Oberschwaben zu revolutionärem Vorgehen angeregt waren. Auf die Aufforderung der erzherzoglichen Gesandten, die Beschlüsse des Landtags abzuwarten, antworteten ihre Hauptleute: sie würden in einigen Tagen ihre Antwort nach Innsbruck selber bringen. Schlimmer noch lagen die Dinge in Südtirol. Dort war namentlich der Zorn groß gegen die üppigen und übermütigen Geistlichen. In der Umgegend von Brixen vereinigten sich die Bauern, stürmten den bischöflichen Palast in der Stadt und alle Häuser der Geistlichen. Auch der Landkommenthur der DeutschordensballeiD erhielt ihren unliebsamen Besuch und das deutsche Haus zu Bozen ward geplündert und zerstört.

Die Südtiroler empfingen in Michael Gaismayer, der früher Sekretär des Bischofs zu Brixen, jetzt Zollbeamter zu Klausen war, einen der ausgezeichnetsten Führer, die der ganze Bauernkrieg aufzuweisen hat. Gaismayer war ein Mann von hoher Intelligenz und Festigkeit des Charakters, großem persönlichen Mut, in Staats- wie in Kriegsgeschäften wohl erfahren und von revolutionärem Eifer durchdrungen. Gaismayer, der Hauptmann der Südtiroler wurde, bildete sofort aus den den Pfaffen abgenommenen Geldern eine Kriegskasse. Peter Päßler und Sebastian (Wastl) Maier wurden seine Unterhauptleute.

Der Erzherzog hatte in seinem Dienste mehrere hohe Beamte, wie den Spanier Gabriel von Salamanca und den Geheimrat Fabri, vom Volk der Kontrollen-Schmid genannt, die sich beide durch ihre Bedrückungen allgemein verhasst gemacht hatten. Gaismayer erließ ein Manifest, in dem er sehr geschickt den Hass gegen diese Beiden und die Bischöfe von Trient und Brixen auszunutzen verstand. „Die vier Männer, die zu ihrem eigenen Nutzen das Volk regierten,“ sagte er in diesem Manifest, „seien die Bischöfe von Trient und Brixen, auch der vor Hochmut stinkende ketzerische afrikanische Bösewicht Gabriel von Salamanca und der Kontrollen-Schmid, den man Fabri nenne. Diese wollten sie in des Fürsten Rat nicht leiden, denn er habe ohne diese Verräter und Schälke in seinem Lande, Edle und Unedle, genug, mit welchen gute Ordnung möchte ausgerichtet werden. Wenn Schmid (Fabri) schinden und schaben wolle, solle er die Klöster und Geistlichen schinden und schaben; sie wollen solche Schinderei an sich nicht gestatten, noch das Geld oder Gut aus dem Land wegführen lassen. Der Bösewicht Salamanca habe sich in drei Jahren aus ihrem blutigen Schweiß ein Fürstentum errichtet, er habe eine Herrschaft für 10.000 fl. in Burgund gekauft, seine Freunde mit sich an den Hof gebracht und großmächtig gemacht.…“ Zum Schluss sagte er: „sie wollten fleißig Aufsehen halten, dass Fabri und Salamanca nicht dem Lande entwichen.“ Gaismayer fand es, in Rücksicht auf die Stimmung der Tiroler für den Erzherzog, für angemessen, diesen persönlich zunächst möglichst aus dem Spiel zu lassen und seine Räte für Alles verantwortlich zu machen. Deshalb wurden auch, als jetzt die Bauern der verschiedenen Täler daran gingen, die Schlösser einzunehmen, die des Erzherzogs geschont.

Gaismayer und die Bauernausschüsse schrieben auf den 22. Mai nach Meran einen großen Volkstag aus. Der Erzherzog verbot denselben. Dagegen beeilte er sich, den Landtag, den er erst auf den 16. Juni ausgeschrieben, schon auf den 23. Mai nach Innsbruck zusammenzuberufen. Auch sandte er in alle Täler und zu allen Haufen Botschafter, um sie zur Ruhe und zum Auseinandergehen zu bewegen, vergaß aber dabei nicht, sich auf alle Fälle vorzusehen und mit Gewalt zu rüsten. Er ließ Erbstücke und Güter versetzen und sandte sein Silberzeug in die Münze. Unter dem Vorwand, das Land gegen das Eindringen der schwäbischen Bauern und der Venetianer zu schützen, sollte der Landsturm in der Stärke von 20.000 Mann aufgeboten werden, wovon er 5000 sofort nach Innsbruck rief.

Die zu Neustift an der Eisack, im Pustertal, im Etschtal und den Nebentälern des letzteren versammelten Bauern nahmen den Stillstandsvertrag an; aber als sie sahen, dass die Regierung ihre Rüstungen fortsetzte, hielten sie sich nicht gebunden und von Neuem erscholl die Sturmglocke durch die Täler.

Der am 23. Mai zusammentretende Landtag hatte die allgemeinen Beschwerden erledigt und der Erzherzog bereitwillig alle Forderungen desselben zugestanden. Dahin gehörten die Forderungen in Bezug auf Maß und Gewicht, Handel, Zölle, Steuern und die Handwerksordnung. Der kleine Feldzehnten und die doppelten Zinse sollten aufgehoben sein. Jagen und Fischen solle freigegeben, alle Fronden, die nicht wenigstens fünfzig Jahre schon bestanden, sollten ab sein, die freie Predigt des Evangeliums und der Vorschlag der Pfarrer solle gewährt werden. Allen Gemeinden sollte jede Strafe wegen des Aufstandes erlassen sein. Was sonstige Beschwerden waren, so sollten diese auf einem Landtag zu Michaelis in Bozen erledigt werden.

Nordtirol unterwarf sich, aber nicht Südtirol. Die Aufständischen im Bistum Trient zogen unter ihren Hauptleuten, Simon von Padello und Nicolo del Victor, umher, nahmen die Schlösser und Klöster ein und erschlugen mehrere hohe Beamte. Die Übermacht des Erzherzogs überwältigte sie. Die gefangenen Rädelsführer wurden gehängt oder enthauptet, ihre Häuser niedergerissen und alle Beteiligten schwer gebrandschatzt. Im Trientischen ging es noch ärger zu, dort wurden Gefangenen Nasen und Ohren abgeschnitten, andere gevierteilt und gespießt, wieder anderen wurde das Herz aus dem Leibe geschnitten und ihnen um den Mund geschlagen und ihr Leib zerstückt; die Gefangenen, die freigelassen wurden, empfingen ein Brandzeichen auf die Stirn. Gaismayer, der gleich nach dem Landtag nach Innsbruck zur Verantwortung geladen war, beabsichtigte Folge zu leisten; als er aber sah, wie der Erzherzog den Vertrag hielt, zog er vor zu flüchten.

Wir verließen oben die steirischen Bauern, wie ein Teil von ihnen unter ihrem Hauptmann Reustl nach dem Gefecht bei Goiß sich über den Tauern ins Salzburgische gezogen und mit den Salzburgern sich vereinigte, während der andere Teil sich dem Vertrag mit Dietrichstein unterworfen hatte. Dietrichstein hatte kurz darauf nach Wien um Geld geschrieben, um seine fremden Söldner ( Böhmen, Ungarn, Ratzen) bezahlen zu können. Die Antwort lautete, er solle die Rädelsführer hart strafen, alle ohne Unterschied bis aufs Mark brandschatzen, dann habe er Geld. Diese Weisung, die dem Vertrag zuwiderlief, wurde nichtsdestoweniger von Dietrichstein gewissenhaft befolgt. Seine Truppen. wüteten wie Kannibalen, es wurde gespießt, gevierteilt und geschändet, Frauen und Jungfrauen wurden die Brüste abgeschnitten und schwangeren Frauen die Kinder aus dem Leibe geschnitten. Wie sich später zeigte, war der Erzherzog mit diesen Blutbefehlen vollständig einverstanden, ja er selbst hatte sie vorher gegeben. In Folge dieser Grausamkeiten hatten sich viele steirische Bauern und Bergknappen mit den hart auf der Grenze, unter Michael Graber, lagernden Salzburgern vereinigt. Dietrichstein lagerte mit seinen Banden in dem steirischen Städtchen Schladming und forderte von hier Gruber auf, die österreichischen Untertanen herauszugeben. Gruber antwortete: darauf könne er nur auf Befehl der Oberen im Hauptquartier in Salzburg eingehen. Von dort kam der Antrag auf einen achttägigen Waffenstillstand, den Dietrichstein mit der Voraussetzung anzunehmen gedachte, dass sein Nachfolger im Oberbefehl, der in den nächsten Tagen eintreffen sollte, an den Vertrag nicht gebunden sei und dann die ahnungslosen Bauern überfallen könne. Den 3. Juli wollte Dietrichstein seine Antwort absenden. Diesmal aber waren die Ritter die Betrogenen. Die Bauern hatten während der Nacht einen für unmöglich gehaltenen Seitenzug über das Gebirge gemacht und fielen Morgens gegen 5 Uhr unversehens in das Lager vor der Stadt und in das Städtchen selbst ein. Die Bauern waren so glücklich, dass sie das ganze Geschütz eroberten und das Heer zum größten Teil erschlugen oder gefangen nahmen und den Rest versprengten. Was nicht deutsch konnte, wurde erstochen. 3000 Feinde blieben tot, darunter ein großer Teil des steierischen und kärntnerischen Adels. 18 Adelige wurden in der Kirche gefangen, auch Dietrichstein war in Gefangenschaft geraten.

In den Kreis der Bauern geführt, trat ein Knappe als Kläger wider ihn auf, hielt ihm seine Schandtaten vor und verlangte, dass er durch die Spieße gejagt werde. Der ganze Bauernhaufe, an 4000 Mann, erhob dafür die Hände. Nur Michael Gruber und die zu den Bauern übergegangenen deutschen Landsknechte waren dagegen und diese bewahrten ihn vor dem schimpflichen aber wohlverdienten Schicksal. Dietrichstein und die anderen 18 Adeligen wurden mit Bauernröcken und Bauernhüten bekleidet und auf Ackergäulen reitend in das Schloss Werfen als Gefangene transportiert; 32 der gefangenen Böhmen und Ratzen hingegen wurden als Sühneopfer für 32 Bauern, die Dietrichstein hatte hinrichten lassen, enthauptet. Die Milde, welche die Bauern dem Mordbrenner Dietrichstein und seinen Helfershelfern, den gefangenen Adeligen erwiesen, wurde ihnen später sehr schlecht gedankt. Das ist dem Volke von jeher so geschehen.

Die Vorgänge bei Schladming veranlassten den Erzherzog, die Anträge der Landstände der fünf Herzogtümer eiligst zu genehmigen, und diesem Umstand war es zu danken, dass in kurzer Zeit die Ruhe wieder hergestellt war. Selbst Brandschatzungen, die der Erzherzog gewünscht, ließen die Städte und ein großer Teil des Adels bei ihren Bauern nicht zu, sie fanden die Maßregel bei der allgemeinen Stimmung zu gefährlich.

Die Dinge in Salzburg standen noch ziemlich auf dem alten Fleck. Die Belagerung der Veste konnte nicht mit Nachdruck betrieben werden, weil es an Belagerungsgeschütz fehlte, und der Versuch, den Felsen zu unterhöhlen, schritt zu langsam vor, um Erfolg zu versprechen. An Praßlers Stelle war Michael Gruber zum obersten Hauptmann ernannt worden. Da kam plötzlich die Nachricht, dass Georg von Freundsberg und der Herzog von Bayern mit 10.000 Mann im Anzug und bereits in unmittelbarer Nähe der Stadt seien. Eilig griffen die Bauern zu ihren Waffen und verschanzten sich in ihrem Lager auf einem Berge. Der Bayernherzog wollte angreifen, aber dem alten kriegserfahrenen Freundsberg war die Sache bedenklich, er riet davon ab. Die Stellung der Bauern war nicht nur sehr fest und geschickt gewählt, sie konnten auch im Falle einer Niederlage sich in die Berge zurückziehen ohne dass es dem Heere möglich war, sie zu verfolgen. Diese Erwägungen entschieden zu Gunsten gütlicher Übereinkunft, wozu noch anderes mitwirkte. Es war dem Herzog von Bayern, wie Freundsberg, kein Geheimnis, dass die Salzburger mit den Schweizern Unterhandlungen angeknüpft, und endlich lag dem Erzherzog von Österreich alles daran, Salzburg zu stillen, weil für seine Lande keine Ruhe zu erwarten war, so lange die Salzburger im Aufstand sich befanden.

Der Vertrag, der zwischen dem Herzog von Bayern und Freundsberg einerseits, und den Salzburgern andererseits abgeschlossen wurde, setzte in seinen Hauptbestimmungen Folgendes fest: Allgemeine Amnestie, auch gegen die Rädelsführer, wenn diese innerhalb eines Monats nach abgeschlossenem Vertrag sich stellten, Beseitigung aller begründeten Beschwerden, Einführung einer festen Landesordnung und Aufhebung aller nicht gesetzlichen Umlagen. Außerdem musste der Erzbischof sich verpflichten, drei Männer, die das Vertrauen der Landschaft besäßen, als Räte anzunehmen. Die Landschaft ihrerseits sollte die Verbrüderungsbriefe ausliefern, das Genommene zurückgeben, alle gesetzlichen Abgaben weiter entrichten, 14.000 fl. Kriegskosten zahlen und zu einem Vergleich wegen des angerichteten Schadens sich bereit erklären. Der Erzbischof war über den Vertrag nicht sehr erfreut, aber die Klugheit gebot, ihn anzunehmen. Es war ihm kein Geheimnis, dass Bayern wie Österreich auf die Einverleibung des ebenso durch seine Naturschönheit wie durch seinen Bodenreichtum berühmten Erzbistums spekulierten. Der Erzherzog, dem bis jetzt die erhofften Bissen, die Bistümer Augsburg, Brixen und Trient, entgangen waren, richtete um so gieriger seine Blicke auf das schöne Salzburg, eine Ablehnung des Vertrags durch den Erzbischof konnte ihm also nur willkommen sein. Ganz ähnlich rechnete Bayern; von letzterem war sogar die Absetzung des Erzbischofs angeregt worden und in der Landschaft selbst waren Stimmen laut geworden, dahin gehend: man werde gegen eine Teilung des Erzbistums nichts haben, wenn man den jetzigen Herrn damit los würde. So nahm der Erzbischof den Vertrag an. Dass er ihn halten würde, darüber bestanden auf allen Seiten schwere Zweifel; hatte der heimtückische Pfaffe doch selbst während der Unterhandlungen es sich nicht versagen können, von seiner Veste einige Male in die Stadt schießen zu lassen.

Am 1. September kam der Vertrag zwischen den Bauern und dem Erzbischof zustande. Diejenigen Bauern, die nicht salzburgisch waren, hatten zuvor die Flucht ergriffen, da man sie von der Amnestie ausgeschlossen. Die Hauptführer der Bauern hatte der Erzbischof für sich gewonnen. Kaspar Praßler machte er zum Bergrichter in Gastein, Michael Gruber, den Führer des Überfalls bei Schladming, zum Hauptmann seiner Leibwache.

Der Erzherzog war als „Handhaber“ des Salzburger Vertrags verpflichtet, für dessen Durchführung Sorge zu tragen, und die Landschaft hatte dem Vertrag gemäß sofort die in Werfen gefangen gehaltenen Adeligen, die seine Lehensleute waren, unentgeltlich freigelassen, aber er handelte ganz entgegengesetzt. Er erklärte jetzt, den Vertrag nicht eher ratifizieren zu wollen, bis man ihm 100.000 fl. für seine Person, und Entschädigung für den in seinen Herzogtümern angerichteten schaden bezahle, den die Salzburger Bauernschaft durch den Aufruhr in seinen Landen angezettelt habe. Er verlangte ferner Rückgabe des bei Schladming eroberten Geschützes, Auslieferung der Schladmingschen Flüchtlinge und der Rädelsführer des Überfalls, und noch mehrere andere, mit dem Vertrag in direktem Widerspruch stehende Forderungen. Ja seine Rache- und Blutgier trieb ihn noch weiter. Mitten im Frieden, im Herbst 1525, ließ er durch den Nachfolger Dietrichsteins, den Grafen Salm, das Städtchen Schladming überfallen und an allen Ecken anzünden. Die Bewohner, die den Flammen zu entfliehen suchten, Männer und Weiber, Kinder und Greise, wurden ergriffen und in die Flammen zurückgestoßen. Stadt und Einwohner wurden vernichtet, die Bauern der Nachbarschaft, soweit sie nicht geflüchtet waren, wurden zu Hunderten an Bäumen aufgehängt und den Entflohenen ihre Güter eingezogen. Das war die Rache eines Ungeheuers für den nach Kriegsrecht vollzogenen Überfall bei Schladming, und der Dank für die Schonung, welche die Bauern dem gefangenen Adel erwiesen hatten. Der Erzherzog hat den traurigen Ruhm, an Grausamkeit selbst den Truchsess und den Markgrafen Kasimir noch überboten zu haben.

Diese Ehrlosigkeit des Erzherzogs, der sich die Zweideutigkeit des Erzbischofs in der Handhabung des Vertrags würdig an die Seite stellte, veranlasste die Bauern, auf neuen Aufstand zu sinnen. Im Pongau an der Enns und im Pinzgau hielten die Bauern wiederum heimlich Versammlungen und trafen ihre Vorbereitungen. Unter den Tirolern fanden sie lebhafte Billigung und Unterstützung, denn treulos, wie gegen die Salzburger, verfuhr der Erzherzog auch gegen sie, sobald er das Land im Rücken hatte. Keine der Bedingungen, welche der Vertrag ihm auferlegte, erfüllte er; von dem Landtag, der im Herbst 1525 wieder einberufen werden sollte, blieb er fern und die versprochene neue Landesordnung blieb auch aus.

Dem Erzherzog von Österreich machte der Erzbischof von Salzburg in allen Stücken es getreulich nach. Zu Ende Januar 1526 hatte er nach Salzburg einen Landtag einberufen, den er ganz aus seinen ergebenen Werkzeugen zusammengesetzt hatte. Dieser sogenannte Landtag bewilligte dem Erzbischof nicht nur 100.000 fl. Schadloshaltung und die Unterhaltung von 2000 Knechten auf Landeskosten, er verfasste auch eine Adresse, worin versucht wurde, den Erzbischof von allem Unrecht weiß zu waschen und die ganze schuld auf die „hergelaufenen, unruhigen und aufrührerischen Leute“ zu werfen. Natürlich war von der neuen Landesordnung, wie anderem, das der Erzbischof verheißen, keine Rede mehr. Der Landtag ging heim, ohne an den Zuständen das Geringste geändert zu haben.

* * *

Gaismayer hatte sich nach der Schweiz geflüchtet, wo er mit den zahlreichen Flüchtlingen der anderen Bauernschaften in fleißigen Verkehr trat und neue Pläne schmiedete. Das Verfahren des Erzherzogs arbeitete ihm in die Hände. Er beschloss, die Losreißung Tirols, Salzburgs und der anderen Alpenlande und ihre Konstituierung zu einem Freistaat, ähnlich der Schweiz, zu versuchen. Unterhandlungen, die er mit den Todfeinden der Habsburger, der Republik Venedig und dem französischen Hofe angeknüpft, bestärkten ihn in seinem Plane.

Im Anfang des Jahres 1526 veröffentlichte er in einer Flugschrift eine neue Landesordnung, die sein Programm enthielt. Der Entwurf zeigt, dass Gaismayer ein Mann von großem Talent und umfassendem Geiste war, ein Mann, der sich ohne Scheu neben die Hervorragendsten seiner Zeit auf dem Gebiete der Staatsverwaltung stellen konnte, der scharfsinnig das Bedürfnis des Landes, für dessen Wohl er kämpfte und arbeitete, erkannt hatte und, was nicht minder wichtig ist, auch zweifellos das Zeug besaß, seine Pläne, so weit es von ihm abhing, durchzuführen. Er forderte in seinem Manifest die volle Gleichheit aller Staatsangehörigen, die Zerstörung aller Schlösser und Befestigungen und der Ringmauern der Städte, um den Gewaltherren jeden Unterschlupf unmöglich zu machen. Abschaffung der Messe, der Bilder in den Kirchen und den Kapellen und freie Lehre des Evangeliums. Jede Gemeinde sollte alljährlich ihre Richter wählen, die jeden Montag Gericht zu halten hätten, keine Streitsache dürfe über zwei Rechtstage hinausgeschoben werden. Die Zentralregierung, die ein Regierungsausschuss sein sollte, sollten alle Landesviertel wählen; in Brixen sollte eine hohe Schule errichtet und drei Lehrer derselben, als Räte, der Regierung zugeteilt werden. Alle ungerechten Zinse und Zölle sollten aufgehoben, der Zehnten zur Bezahlung der Predigt und Unterstützung der Armen verwendet werden; die Klöster sollten aufgehoben und in Spitäler, Krankenhäuser und Kinderversorgungsanstalten verwandelt werden. Das Manifest enthielt ferner Vorschläge über die Verbesserung der Viehzucht und des Ackerbaues, die Austrocknung der Sümpfe, die Anpflanzung von Ölbäumen, Safran, guten Wein- und Getreidesorten, ferner Maßregeln für Kontrollierung der Güte der Waren und billiger Preise, Maßregeln gegen Wucher und Geldverschlechterung, Bau- und Erhaltung der Straßen, Wege, Brücken, Pässe, Land- und Wasserstraßen, die Anlegung und die Ausbeutung der Bergwerke und die militärische Verteidigung. Man sieht, es war in diesem Schriftstück Gaismayers kein Gegenstand von irgend welcher Wichtigkeit für die Wohlfahrt des Landes unberücksichtigt geblieben. Seine Vorschläge, verglichen mit den Verfassungsvorschlägen Hiplers, zeichneten sich ebenso durch Entschiedenheit wie Bestimmtheit und Möglichkeit der Durchführbarkeit vor diesen aus. Allerdings ist, was den letzteren Punkt anbetrifft, festzustellen, dass die Dinge in den deutschen Alpen einfacher lagen als im Reich.

Gaismayer, der sich meist in Tafas, hart an der Tiroler Grenze, aufhielt, hatte von dort aus seine alten Verbindungen angeknüpft, und namentlich seinen Bruder Hans Gaismayer, der in Sterzing wohnte und ein angesehener Mann war, zum Mittelpunkt der Verschwörung gemacht. Michael Gaismayer beabsichtigte, sobald der Aufstand ausbräche, mit Adel und Pfaffen gründlich aufzuräumen, aber auch diejenigen Städte zur Verantwortung zu ziehen, die Adel und Pfaffen wie die Regierung in ihren Unternehmungen und Racheakten gegen das Volk unterstützt hatten.

Michael Gaismayers Plan war, mit Geschütz und Waffen durch das Vinschgau ins Oberinntal zu fallen, Oswald Zengerl sollte gleichzeitig auf Schwaz und ins Unterinntal rücken, und die aus ihrer Heimat vertriebenen Bewohner des Nonstales sollten aus dem Gebirge herab einen Einfall machen und dann in allen Orten die Sturmglocke geläutet werden.

Auf den 31. März Abends sollte das Städtchen Glurns, während der Messe, überfallen werden, aber als die bestimmte Stunde kam, waren die Bauern, die zugesagt hatten, nicht erschienen. Falsche Gerüchte, dass der Aufstand vertagt sei, hatten das ganze Unternehmen durchkreuzt. Durch Boten, die man abgefangen, erhielt die Regierung Kenntnis von dem Plane. Hans Gaismayer wurde zu Sterzing verhaftet, grausam gefoltert, und am 9. April zu Innsbruck als „Landesverräter“ gevierteilt. Michael Gaismayers Hass wurde durch diese Hinschlachtung seines Bruders nur noch mehr entflammt. Mit drei Fähnlein gut bewaffneten Landsknechten wusste er sich heimlich den Weg über das Gebirge zu bahnen und erschien, zur größten Überraschung seiner Feinde, Ende April bei den Salzburgern.

Der Erzbischof von Salzburg hatte seinen Hofmarschall Wigelius von Thurn, Anfangs April 1526, mit einem Haufen Reisigen und Landsknechten gegen die Pinzgauer geschickt. Zwischen Zell und Saalfelden rückten ihm die Bauern entgegen und schlugen ihn in die Flucht.

In kurzer Zeit hatte sich das Land bis an die bayerische Grenze den Bauern angeschlossen. Am 20. April brachten die Bauern dem bischöflichen Heere eine zweite, und zwar diesmal fast vernichtende Niederlage bei. Dasselbe lagerte bei Golling, die Bauern überfielen es mitten in der Nacht und verursachten ihm einen furchtbaren Verlust. Die Zazerbrücke, und der für alle Kriegszüge in jenem Lande so außerordentlich wichtige Pass Lueg, fielen in ihre Hände. Wenige Tage nach dem Überfall bei Golling traf Gaismayer mit seiner Mannschaft bei den Salzburgern ein, begleitet von seinen Freunden Peter Päßler und Wastl Mayer. Gaismayer übernahm die oberste Leitung der Belagerung von Radstadt, das auf der Grenze von Salzburg und den österreichischen Herzogtümern lag, und dadurch sehr wichtig war, auch das Geschütz des Erzherzogs barg.

Die Bauern von Rauris und dem Pongau hatten währenddem eine Reihe Alpenschlösser zerstört und Gastein erobert. Da traf die Kunde ein, dass die früheren Bauernhauptleute, Kaspar Praßler und Michael Gruber, jetzt im Dienste des Erzbischofs, gegen das Pinzgau heranzögen. Der Zug brachte den Verrätern wenig Ehre. 800 Bauern rückten ihnen entgegen und schlugen sie bei Kitzbühel in die Flucht. Kurz darauf erlitten die Erzbischöflichen eine zweite, noch härtere Niederlage. 1000 Mann erzbischöflicher Truppen waren durch das Lungau gerückt, um Radstadt zu entsetzen und zu verproviantieren. Der Weg führte über die von Schnee und Eis starrenden Hochalpen, den Tauern. Die Bauern hatten die Straße mit Verhauen unzugänglich gemacht, der Umstand aber, dass ihre Vorposten bei dem Herannahen der feindlichen Truppen eilig zurückwichen, machte diese kühn, sie stiegen über die Verhaue. Halb erfroren und erstarrt von dem heftigen Schnee und Regenwetter sahen sie sich plötzlich von allen Seiten angegriffen und zurückgeworfen. Von den 1000 Mann kamen 800 um, darunter viele Adelige.

Der schwäbische Bund war, da er zu Hause Alles niedergeschlagen und mit den Empörern aufgeräumt hatte, dem Erzbischof zu Hilfe gekommen. Acht Fähnlein des besten Kriegsvolks zogen vor Salzburg an der Salzach herauf. Bei Kuchel stieß Gaismayer auf sie. Er machte einen verstellten Rückzug und lockte sie damit in ein enges Seitental, griff sie dann plötzlich an und schlug sie, während von den Bergen schwere Steine auf die Fliehenden geschleudert wurden. Ihr Verlust betrug mehrere hundert Mann. Einen gleich großen Verlust erlitten die Feinde bei dem Angriff auf den Pass Lueg.

Tags vor dem feindlichen Sturm auf den erwähnten Pass, am 16. Juni, hatten die Bauern ihren bisherigen obersten Hauptmann Christoph Setzenwein, der das Beispiel von Gruber und Praßler nachahmen wollte und sich mit dem Erzbischof eingelassen hatte, gefangen genommen. Er wurde nebst seinem Profos vor ein Kriegsgericht gestellt, der Verräterei überwiesen und durch die Spieße gejagt. Von jetzt an wurde Gaismayer auch formell oberster Hauptmann des Aufstandes, was er bisher tatsächlich schon gewesen war. Die Siege der Bauern hatten den Erzbischof so erschreckt, dass er aus Salzburg entfloh, der Herzog von Bayern schaffte ihn mit Gewalt wieder heim. Der Schrecken hatte aber noch andere Leute wie den Erzbischof ergriffen. Die Siege der Salzburger wurden von den Bauern ganz Süddeutschlands mit hoher Freude begrüßt, neue Hoffnungen erwachten, mit Schrecken vernahm der schwäbische Bund, dass die Salzburger nach allen Seiten weit in die Lande Boten ausgesandt, die Bauern aufzufordern, sich wieder zu erheben und ihnen zu Hilfe zu kommen. Die gemeinsame Gefahr einigte die unter sich feindlichen Herren; von allen Seiten zogen sie mit überlegenen Streitkräften heran, um den Aufstand zu ersticken.

Am 31. Juni traf Georg von Freundsberg mit einer starken Macht auf die Pinzgauer bei dem Markte Zell. Sie wurden geschlagen und verloren 600 Mann. Dass sie bei dem Rückzug die Brücke über die Salzach abwarfen, rettete sie vor gänzlicher Niederlage. Von der anderen Seite drang auf Radstadt ein starkes österreichisches Heer. Radstadt hatten die Bauern, bei dem gänzlichen Mangel an Belagerungsgeschütz, nicht zu nehmen vermocht. Die Belagerung musste aufgegeben werden. Das Heranrücken übermächtiger Feinde von drei Seiten zwang Gaismayer und seine Hauptleute, dem Haufen zu erklären, dass Jeder sich zu retten suchen solle. Das Lager befand sich bei Altenmarkt; die heranrückenden Feinde waren der Ansicht, dass Gaismayer einen Verzweiflungskampf führen werde, dass er ihnen aber schließlich nicht entkommen könne. Sie freuten sich auf den guten Fang. Die vielen Wachtfeuer in Gaismayers Lager in der Nacht vom 4. auf den 5. Juli bestärkten sie in diesem Glauben, sie hielten Wache, um einen Überfall zurückzuweisen. Als aber der Morgen kam, fanden sie zu ihrer Verwunderung das Lager leer. Die meisten Bauern waren während der Nacht in ihre Täler entwichen. Gaismayer und Päßler aber waren mit sechshundert Mann und mit aller Beute über für unwegsam gehaltene Berge abgezogen. Erzürnt darüber, dass der Gefürchtete, den sie schon so sicher zu haben glaubten, ihnen entwischt war, brannten die Heerführer Altenmarkt nieder.

Gaismayer war über den Raurisser Tauern ins Tirol nach Linz und von dort auf Brunecken im Pustertal, eine Residenz des Bischofs von Brixen, gerückt. Er hoffte, es überrumpeln zu können, täuschte sich aber. Während er vor Brunecken lag, kam Freundsberg mit 8000 Mann herangezogen. Gegen diese Übermacht konnte er keinen Kampf wagen; er brach auf und rückte ungehindert über die Rienz, den Hachelstein, die Abtei Buchenstein und Agort ins Venetianische Gebiet. Freundsberg, der ihm auf diesem verwegenen Marsche nicht zu folgen vermochte, hatte das Nachsehen.

Der kühne Zug Gaismayers erfüllte seine Feinde mit Staunen und Schrecken, das Volk mit Bewunderung. Selbst im Auslande zollte man seinen Talenten und seiner Kühnheit die höchste Anerkennung. Die Republik Venedig wies ihm einen Jahresgehalt von 400 Dukaten und einen Palast in Padua zur Wohnung an. Seine Mannschaft wurde auf Kosten der Republik erhalten, Venedig sah in Gaismayer eine Stütze und einen Bundesgenossen, der nicht zu hoch bezahlt werden konnte, und Gaismayer verfolgte vor wie nach den Plan, mit Hilfe der Venetianer und der Schweizer, und eventuell selbst Frankreichs, seine Heimat, die Alpenlande, zu einem unabhängigen Freistaate zu machen.

Die Salzburger Bauern hatten sich wieder unterwerfen müssen. Die bei dem Aufstande beteiligten Orte und Täler hatten ihre Waffen niederzulegen und für jedes Haus 8 fl. Brandschatzung zu bezahlen. Bei Dazenbach im Pinzgau, wohin die Aufrührer amtlich waren zusammenberufen worden, wurden 27 aus ihrer Mitte hervorgeholt und enthauptet; auch in anderen Orten gab es Hinrichtungen. Die Häuser der Enthaupteten wie der Geflohenen wurden niedergerissen, und in allen Orten die Glocken von den Türmen genommen, um das Sturmläuten zu verhüten.

Die Herren waren Sieger, aber der geschlagene Bauernhauptmann, der drunten in Padua saß, ließ sie nicht zur Ruhe und zum Genusse ihres Sieges kommen. Immer und immer wieder tauchten Gerüchte auf, dass er einen neuen Anschlag plane. Im Volke war er der Held. In den ärmsten und höchst gelegensten Alpenhütten wie in den Hütten der Ebenen des Tieflandes wurde sein Name mit Ehrfurcht genannt, da erzählte sich das Volk mit Begeisterung von seinen kühnen Zügen und hoffte, dass er einst glücklicher wiederkehren und es befreien werde.

Die Gerüchte von neuen Plänen waren nicht unbegründet. Im Frühjahr 1528 war Gaismayer in Zürich, wo zugleich Bevollmächtigte Venedigs, des Herzogs Ulrich von Württemberg, verschiedener Schweizer Kantone und einer Anzahl evangelischer Stände des Reichs versammelt waren. Es handelte sich um einen Bund wider Kaiser Karl V. Diese Pläne zerschlugen sich später. Doch die Existenz Gaismayers lastete wie ein Alp auf der österreichischen Regierung und den Südtiroler Bischöfen. Einer von den letzteren, der Bischof von Brixen, hatte sich schon geäußert: „wäre er in einem niederen Stande, er würde die Regierung von der Last des Gaismayer längst befreit haben.“ Diese Äußerung des blutgierigen Pfaffen deutet an, was geplant wurde. Ein Soldknecht Gaismayers wurde bestochen, seinen Herrn zu ermorden. Der Knecht nahm das Geld, unterließ aber den Mord. Man griff zu anderen Werkzeugen. Zwei Spanier schlichen sich in Gaismayers Wohnung in Padua, schnitten ihm im Schlafe den Kopf ab und entflohen mit demselben nach Innsbruck, um aus den Händen der österreichischen Regierung den Sündenlohn für ihre Schandtat zu empfangen.

Wie Gaismayer, so erging es seinem treuen Päßler. Dieser lag als Hauptmann der Gaismayerschen Truppen in Friaul. Einer seiner Leute, ein Tiroler, Lukas Wyser, wurde bestochen; er erschoss Päßler, schnitt ihm den Kopf ab und eilte damit ebenfalls nach Innsbruck. Gold und Begnadigung waren sein Lohn.

So fügte der Erzherzog zu seinen sonstigen Bluttaten auch noch den Meuchelmord Und diese zwei Meuchelmorde waren es, womit das größte deutsche Revolutionsdrama, der Bauernkrieg genannt, endete.

A Zimmermann schreibt in seiner Geschichte des deutschen Bauernkriegs stets Rottenburg oder Rotenburg, das ist wahrscheinlich die alte Schreibweise. Die Stadt Rottenburg liegt bekanntlich oberhalb Tübingen im Schwarzwald und spielte im Bauernkrieg keine Rolle.

B Zimmermann nennt stets den Heilbronner Ratsherrn Berlin, in Decheles „Beiträge zur Geschichte des Bauernkriegs in den schwäbischen Grenzländern“ wird derselbe Berle genannt und diese Schreibart scheint uns der schwäbischen Heimat seines Trägers mehr zu entsprechen.

C Diese Äußerung in Müntzers Brief bezieht sich auf den Vertrag von Weingarten, den, wie oben geschildert, die oberschwäbischen und allgäuischen Bauern mit dem Truchsess abgeschlossen hatten.

D Ballei hieß ein gewisses Territorium, eine Provinz des Deutschordens, deren er in Deutschland elf hatte. Jede Ballei hatte ihren Landkommenthur und zerfiel in Kommenden. Die Bewohner der einzelnen Ordens-Häuser hießen die Kommentherren. Wie schon früher bemerkt, zeichnete sich der Deutschorden durch ungemeinen Reichtum, seine einzelnen Mitglieder aber durch bodenlos ausschweifendes Leben aus.


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