Ted Grant: Nationaldemokratische Revolution oder proletarische Revolution: Die Aufgaben in Deutschland

[eigene Übersetzung des englischen Textes in Workers International News, Januar-Februar 1947, eine gekürzte Fassung erschien auch in „Unbroken Thread“, S. 135-146]

Die Genossen der IKD (eine Sektion der deutschen trotzkistischen Emigranten) haben auf unsere Kritik ihrer Drei Thesen in einem Artikel mit dem Titel „Zwei Bilanzen geantwortet, der in den Workers International News vom Oktober 1946 veröffentlicht wurde.

Sie korrigieren zwar scheinbar gewisse Irrtümer, z.B. ihre Behauptung: „Die nationale Unterdrückung ist geblieben, nur die Uniformen der Unterdrücker haben sich geändert“, aber sie verstärken ihre grundlegende Revision, die in der Behauptung enthalten ist, dass das, dem wir in Europa gegenüberstehen, nicht die proletarische Revolution war (und anscheinend auch nicht ist), sondern nationale Befreiungskriege und eine Revolution, „die grundlegend gleichbedeutend mit einer demokratischen Revolution ist“. Sie ignorieren die grundlegende Frage, den Klassencharakter der Revolution, und wiederholen höhnend, dass die von der Vierten Internationale zuversichtlich vorhergesagte proletarische Revolution nicht Wirklichkeit geworden ist.

Es ist wahr, sie ist nicht Wirklichkeit geworden. Und eine lehrreiche Diskussion kann und muss über die Gründe geführt werden, warum das Proletariat in der ersten revolutionären Welle nach dem Zweiten Weltkrieg nicht geschafft hat, die Macht zu übernehmen. Aber das macht die Haltung des orthodoxen Marxismus gegenüber dem Klassenkampf in Europa genauso wenig wertlos wie das ähnliche Scheitern des Proletariats, nach dem Ersten Weltkrieg, irgendwo außer in Russland die Macht zu erobern. Lenin und Trotzki erklärten dieses Scheitern mit dem Verrat der Zweiten Internationale, der Sozialdemokratie.

Heute werden die Massen von zwei Verräter,internationalen“ hintergangen, der reformistischen und der stalinistischen – von denen letztere viel furchtbarer ist, da sie durch ihre von der Oktoberrevolution usurpierte Autorität eine viel stärkere Basis hat als sie die Sozialdemokratie jemals besaß. Dieser Faktor stellt dem Proletariat außerordentliche Schwierigkeiten in den Weg. Die Stalinisten haben für den Moment die Bewegung der Massen erfolgreich von der proletarischen Revolution in die Kanäle der „Volksrevolution“ umgeleitet, also in die Kanäle der bürgerlichen Demokratie, wie es die Sozialdemokraten nach dem letzten Krieg machten.

Unsere deutschen Genossen der IKD sollten sich an die Erfahrung von Weimar erinnern. Wenn irgendein höhnischer kleinbürgerlicher Skeptiker Lenin und Trotzki angegriffen hätte, z.B. 1920, und gefragt hätte, wo die versprochene Revolution in Europa sei, hätte er eine treffende aber kaum höfliche Antwort erhalten. Unsere Antwort kann nicht anders sein. Die grundlegende These der IKD, die unsere Genossen aufrechterhalten ohne einen wirklichen Versuch, sie gegen Kritik zu verteidigen, ist, dass der kapitalistische „Rückschritt“ in Europa eine Rückkehr zu dem nötig mache, was sie als „grundlegend gleichbedeutend mit einer demokratischen Revolution“ definieren.

Als Grundlage davon wollen wir noch mal die ursprünglichen Drei Thesen zitieren:

„Die Gefängnisse, die neuen Ghettos, die Zwangsarbeit, die Konzentrations- und sogar Kriegsgefangenenlager sind nicht nur vorübergehende politisch-militärische Einrichtungen, sie sind genauso sehr Formen einer neuen wirtschaftlichen Ausbeutung, die die Entwicklung hin zu einem modernen Sklavenstaat begleiten und als ständiges Schicksal für einen bedeutsamen Teil der modernen Menschheit vorgesehen sind.“

Diese auf dem Höhepunkt des Krieges geschriebene impressionistische Bewertung wurde von den Ereignissen widerlegt.

Die Theorie des kapitalistischen „Rückschritts“ wird auf der Grundlage des vorübergehenden Hervorsprießens von Kleinbetrieben während dem Krieg zum Beweis für eine Rückkehr zum „Sklavenhalterstaat“, dem Mittelalter und der Morgendämmerung des Kapitalismus weiterentwickelt. Durch die Notwendigkeiten des Krieges verursachte vorübergehende Merkmale werden zu ständigen Merkmalen der gegenwärtigen Epoche umgeformt. Die marxistische Theorie der Konzentration der Großindustrie auf Kosten der Kleinindustrie, der Ersetzung der Handarbeit durch Maschinen, der Entwicklung der „freien“ Lohnarbeiter im Unterschied zu Leibeigenen und Sklaven der Vergangenheit wird über Bord geworfen.

Die politische Weisheit der Genossen der IKD fasst sich folgendermaßen zusammen:

„Im Kontrast zur Verwendung komplizierter Maschinerie und im Kontrast zur Konzentration und Überentwicklung einer nur für Kriegszwecke geeigneten Industrie gibt es Zwangsarbeit, das heißt den massenhaften Gebrauch von Handarbeit, die billiger als Maschinenarbeit ist, die Gründung und Ausdehnung kleiner und mittlerer Formen wegen dem Mangel an Konsumgütern, die Wiederherstellung des Handwerks, die Auflösung und den Ruin des Geldsystems … Die politische Lage in diesen systematisch ausgebeuteten Ländern (unter Naziherrschaft) ist vor allem durch die Zerstörung der Arbeiter- und der nichtfaschistischen bürgerlichen Parteien bestimmt.

Schritt für Schritt werden Gewerkschaften, politische und kulturelle Vereinigungen aller Art, religiöse Organisationen etc. nach dem deutschen Muster völlig vernichtet, verändert oder auf irgendeine Weise unter direkte faschistische Kontrolle gestellt. Mit gewissen Ausnahmen, bei denen der Prozess nicht völlig abgeschlossen ist, gibt es nicht länger eine unabhängige traditionelle bürgerliche oder proletarische politische Bewegung oder eine Arbeiterbewegung, und in diesen Ländern (besonders in Polen und der Tschechoslowakei) wird selbst die „nationale“ Bourgeoisie mehr und mehr vernichtet durch solche Mittel wie „Arisierung“, Zwangsverkäufe und direkte Vertreibung.

Von den alten organisierten „Bewegungen“ ist heute nichts übrig als illegale Zirkel, die wenig Verbindung miteinander haben und auf keine Weise als Einheit handeln können… Dadurch dass sie zu dieser Grenze getrieben wird, die durch den Feind täglich enger gezogen wird, ebnet sie alles ein und nimmt eine Richtung, die nicht anders als als „Streben nach nationaler Freiheit“ beschrieben werden kann. In ein paar Ländern (Jugoslawien, Tschechoslowakei, in Teilen Polens etc.) hat dieses Streben die Grenze überschritten und sich in eine wirkliche Volksbewegung verwandelt. An ihr nehmen alle Klassen und Schichten von Arbeiter, Landarbeiter, Bauern, von städtischem Kleinbürgertum (Händler und Handwerker, das heißt die Klassen, die, zusammen mit den Bauern, trotz ihrer großen Zahl Überbleibsel vorkapitalistischer Produktionsweisen sind) bis hin zu Beamten, Priestern, Intellektuellen und Generälen.

Wenn es im von Deutschland beherrschten Europa nicht länger eine organisierte und aktive Arbeiterbewegung gibt und selbst die bürgerlichen Organisationen aus dem Bild sind, kann auch nicht von der Existenz wirklicher revolutionärer Organisationen die Rede sein, soweit sie als vereinigte Strukturen verstanden werden, die (wenn auch illegal) willens und fähig wären, die Entwicklung zumindest mit den Mitteln von richtiger Agitation und Propaganda zu beeinflussen … Wie man es auch sieht, der Übergang vom Faschismus zum Sozialismus bleibt eine Utopie ohne ein Zwischenstadium, das grundlegend gleichbedeutend mit einer demokratischen Revolution ist.“ (Drei Thesen)

Dimitroff und Stalin hätten solch eine Analyse mit kleinen Änderungen unterschreiben können. Die Arbeiterbewegung existiert also immer noch nicht! Die Arbeiterbewegung in Westeuropa wurde nicht zerstört, sondern kommt im Gegenteil stärker aus dem Krieg als sie in ihn eingetreten ist. Es ist wahr, dass die Unterstützer der „Drei Thesen versucht haben, um diese kleine Schwierigkeit herumzukommen, indem sie dekretiert haben, dass die Arbeiterbewegung keine Arbeiterbewegung sei, weil sie nicht von Marxisten geführt wird. Aber in diesem Fall hätte es in Europa seit 1923 keine Arbeiterbewegung gegeben.

„Jetzt, da der Krieg vorbei ist“ schreiben sie, gibt es keine politische Bewegung der Arbeiterklasse (in dem Sinne einer von der Bourgeoisie unabhängigen Bewegung, wobei die Sozialdemokraten und Stalinisten nicht zählen, die für und im Interesse der Bourgeoisie arbeiten), gibt es keine Revolution und gibt es keine Führung der Vierten Internationale.“

(„Zwei Bilanzen“)

Wenn man den Arbeiter Frankreichs sagte, dass ihre Gewerkschaften und politischen Parteien keine Arbeiterbewegung darstellen würden, würde man die verdiente Antwort erhalten! Die IKD haben diese Formulierung natürlich erst kürzlich entdeckt. Vor dem Wiederentstehen der Arbeiterbewegung in Westeuropa haben sie die britische Labour Party und Gewerkschaftsbewegung als die einzige in Europa übriggebliebene Arbeiterbewegung bezeichnet. Die britische Labour Party kann kaum als „marxistisch“ oder der historischen Mission des Proletariats bewusst bezeichnet werden.

Aus dem vorigen kann man klar sehen, dass das neue Argument vorgebracht wird, um die völlige Zurückweisung der ursprünglichen Vorstellungen der Drei Thesen in der wirklichen Welt der brutalen Tatsachen zu verbergen.

Die Wiederentstehung einer Arbeiterbewegung in allen Ländern Europas enthüllt, dass die „Rückschritts“theorie der „Drei Thesen grundlegend falsch war. Unter dem totalitären Deckel des Faschismus kochte der Klassenkampf weiter. Wenn die sozialistische Revolution erreicht werden sollte, konnte sie nur von der Arbeiterklasse als Klasse angeführt werden als dem Kopf der Volksmassen, die gegen die ausländische Unterdrückung und ihre nationalen Vertreter zu Hause kämpften, d.h. gegen die nationale Bourgeoisie und ihre Anhängsel.

Das Proletariat konnte am Schwanz der Bourgeoisie hängen durch die „Bewegung des ganzen Volkes“ (wie es vom Stalinismus in Westeuropa konsequent durchgeführt wurde) oder die Masse des Kleinbürgertums würde auf der Grundlage einer revolutionären proletarischen Politik für das Programm der proletarischen Revolution gewonnen werden. Es gab keinen Mittelweg. Entweder mit der Bourgeoisie oder mit dem Proletariat. das ist die einzige Alternative in der gegenwärtigen Epoche.

Um das Gedächtnis der Leute aufzufrischen, die die Diskussion verfolgt haben, und zum Nutzen derjenigen, die unseren vorigen Artikel nicht gelesen haben, wiederholen wir:

„Sie (Die IKD) ziehen die Schlussfolgerung, dass die Bourgeoisie, durch eine „demokratische“ Revolution immer noch eine fortschrittliche Rolle spielen kann! Es ist wahr, dass sie dies unter dem Deckmantel einer „Volks“bewegung vorbringen, deren Klassencharakter sie nicht definieren. Aber nie in der modernen Zeit hat das „Volk“ oder die „Nation“ als solche eine unabhängige Rolle gespielt. Die kleinbürgerlichen Massen können mit allen ihren Schichten entweder das Proletariat oder die Bourgeoisie unterstützen. Es kann in der modernen Gesellschaft keinen anderen Staat als den des Proletariats oder der Bourgeoisie geben. Lenin entwickelte diese Idee klar, als er schrieb:

„Die ganze politische Ökonomie, wenn irgend jemand irgend etwas aus ihr gelernt hat, die ganze Geschichte der Revolution, die ganze Geschichte der politischen Entwicklung während des ganzen 19. Jahrhunderts lehren uns, dass der Bauer entweder dem Arbeiter oder dem Bourgeois folgt. […]

Wenn ihr nicht wisst, warum, würde ich solchen Bürgern sagen, dann […] denkt nach über die Entwicklung jeder der großen Revolutionen des 18. und 19. Jahrhunderts, über die politische Geschichte eines jeden Landes im 19. Jahrhundert. Sie wird euch das Warum beantworten. Die Ökonomik der kapitalistischen Gesellschaft ist derart, dass nur das Kapital oder das es stürzende Proletariat die herrschende Kraft sein kann.

Andere Kräfte gibt es in der Ökonomik dieser Gesellschaft nicht. 1

Wir fragen die IKD-Genossen: Denkt nur über die Entwicklung Europas seit dem Fall der Nazis nach! Was hat sich entwickelt? Keine Volksbewegung aller Klassen, sondern eine Spaltung der politischen Orientierung entsprechend der grundlegenden Klassenspaltung der Gesellschaft; eine Polarisierung mit den Parteien der Arbeiterklasse auf der einen Seite und denen der Reaktion auf der anderen, bei der das Kleinbürgertum in den christdemokratischen Parteien des Zentrums unruhig zwischen ihnen balanciert, eine Stellung, die sie nicht unbegrenzt beibehalten können. Sie werden entweder nach rechts zu einer neofaschistischen Reaktion gehen oder werden für die proletarische Revolution unter der Führung des Proletariats gewonnen werden.

Die Rolle der EAM in Griechenland

Die Genossen der IKD sagen in ihren „Zwei Bilanzen“:

„Fehler müssen notwendig wiederholt werden und mit der Wiederholung schwerwiegender werden, wenn sie nicht offen untersucht und korrigiert werden. Siehe die britische Sektion und den Kampf in Griechenland. Dieser brach aus, kurz nachdem die RCP eine Resolution zur nationalen Frage entworfen hatte, deren Punkt 5 erklärt, ,alle nationalen Widerstandsbewegungen sind Agenturen der einen oder anderen Gruppe der imperialistischen Mächte‘.

Das gilt für die EAM ebenso, deshalb hätte die RCP gegen die EAM und für Churchill Partei ergreifen müssen, wenn er so blind war, seine eigene Agentur nicht zu kennen. Das wurde nicht gemacht; der Socialist Appeal unterstützte vollständig die EAM und konnte kaum anders handeln. Aber was war mit der Resolution, die sich als im Konflikt mit der Realität erwiesen hatte? Wurde sie revidiert? Nein; es war die Realität, die einer Revision unterzogen wurde. Die Revolte in Griechenland wurde in den Rang einer proletarischen Revolution erhoben. Diese wertvolle Unterstützung konnte die Niederlage der Revolte leider nicht verhindern; daraufhin wurde – wieder ohne irgendeine Untersuchung – entdeckt, dass die EAM letztlich nur eine Widerstandsbewegung war, und Griechenland wird als Beispiel für die verheerenden Folgen vorgeführt, die sich aus der Unterstützung einer nationalen Bewegung ergeben.

Wenn sie so wie hier ,unterstützt‘ wird, indem sie ignoriert wird, bis der Punkt des Aufstands erreicht ist, und dann als proletarische Revolution bejubelt wird, ist das sicher richtig.“

Selbst wenn diese falsche Erklärung der Haltung der RCP, die die Genossen geben, richtig wäre, folgt die Schlussfolgerung, die sie auf der Grundlage ihrer Analyse ziehen, dass die RCP mit Churchill gegen die EAM hätte Stellung beziehen sollen, überhaupt nicht daraus. Attlee und Bevin sind die Agenten der britischen herrschenden Klassen und wir entlarven sie als solche. Aber wenn Churchill und Eden morgen einen Angriff auf die von Attlee und Bevin geführte Arbeiterbewegung machen, werden wir uns Seite an Seite mit Attlee und Bevin gegen Churchill und seine Klasse wiederfinden. Das ist sicher elementar.

Die Haltung der RCP wird jedoch von den IKD-Genossen in dem obigen Zitat etwas verzerrt. Um ein klares Bild der Haltung der RCP gegenüber der Widerstandsbewegung zu gewinnen, möchten wir die entscheidenden Teile der Resolution zur nationalen Frage in Europa zitieren:

„1. Die Revolutionary Communist Party verurteilt und bekämpft die nationale Unterdrückung einer Nation durch eine andere; sie unterstützt das Recht der völligen Selbstbestimmung und politischen Lostrennung jedes national unterdrückten Volkes.

2. In der Epoche des Imperialismus und seiner gegenwärtigen Phase des imperialistischen Krieges verlangen alle objektiven Bedingungen, dass der wirkliche Kampf für nationale Freiheit mit dem Programm der sozialistischen Revolution und dem Kampf für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa verbunden wird.“

Die Resolution verurteilt zugleich mit der Naziunterdrückung die nationale Unterdrückung, die von den Alliierten ausgeübt wird, und bestimmt die Haltung der Revolutionäre gegenüber den Widerstandsbewegungen folgendermaßen:

„4. Die Rolle der europäischen herrschenden Klasse ist klar zu sehen. Sie arbeiteten als Klasse mit den ausländischen Naziunterdrückern zusammen und versuchen jetzt, dieselbe Rolle als Agenten der militärischen Sieger zu spielen – des anglo-amerikanischen Imperialismus und des Kreml. Ohne die aktive Unterstützung des Stalinismus und der Sozialdemokratie hätten die Kapitalisten schon lange allen Anschein von Unterstützung durch die Arbeiter und Bauern verloren. Indem sie die Arbeiterklasse und ihre Organisationen der Führung der Bourgeoisie und dem Programm des anglo-amerikanischen Imperialismus und Stalinismus unterordnen, spielen die sozialdemokratischen und stalinistischen Parteien eine konterrevolutionäre Rolle. Es ist die Pflicht von Revolutionären, zugleich auf allen Stufen des Kampfes die Basis für das Banner des Trotzkismus zu gewinnen und die Rolle dieser Parteien und ihrer Hilfsorganisationen zu bekämpfen und zu entlarven.

5. Trotz ihrer unzweifelhaften Unterstützung durch viele Tausende der besten proletarischen Kämpfer, die in den Widerstandsbewegungen nicht ein Instrument für die Ersetzung eines Herrn durch einen anderen sondern vielmehr das Instrument für den Sturz des Kapitalismus und die Befreiung der Arbeiterklasse sehen, sind diese nationalen Befreiungsbewegungen in Europa heute Agenturen der einen oder anderen Gruppe imperialistischer Mächte. Als Bewegungen sind sie unfähig, wirklich für nationale Freiheit zu kämpfen.“

Das stellt die Haltung der RCP gegenüber der Widerstandsbewegung in die richtige Perspektive. Diese Charakterisierung hat den Test der Ereignisse bestanden und erfordert keine Korrektur. Sie ist klar auch auf die EAM anwendbar. Während des imperialistischen Krieges war die EAM auf der Seite des Anglo-US-Imperialismus gegen den deutschen Imperialismus. Die RCP nahm in der Frage der nationalen Befreiung keine ultralinke Haltung ein. Sie stand unnachgiebig für nationale Befreiung der Völker Europas von den Fesseln des deutschen Imperialismus. Aber wir haben nie unterlassen, davor zu warnen, dass die Führungen der EAM und anderer Widerstandsbewegungen Agenten des Imperialismus waren. Unsere Warnungen wurden durch die Ereignisse bestätigt. Die EAM tat ihr Bestes, um mit dem Imperialismus einen Kompromiss zu schließen und versuchte, die Arbeiterklasse angesichts der monarchistisch-faschistischen Reaktion und ihrer imperialistischen Hintermänner zu entwaffnen. Der Umstand, dass die EAM mit Churchill und den Imperialisten in Konflikt geriet, lag an der Furcht von letzteren, dass die EAM sich nicht als zuverlässiges Instrument bei der Verhinderung der sozialistischen Revolution erweisen würde, und dass Griechenland durch die EAM unter die Vorherrschaft Stalins kommen und so dessen Kontrolle der Balkanhalbinsel abrunden würde.

Der Spott, Churchill sei „so blind, seine eigene Agentur nicht zu kennen“ passt zum Niveau des Rests der Argumentation. Sie hätten ebenso gut fragen können: Warum unterstützten die Trotzkisten die spanische Republik gegen Franco, eine Republik, die sie als Agentur des britisch-französischen Imperialismus und Stalinismus bezeichneten? Oder leugnen die Genossen das vielleicht jetzt und entdecken im Rückblick, dass wir in Spanien auch eine „Volksbewegung“ hatten?

Diese Charakterisierung hielt die Trotzkisten nicht davon ab, die spanischen Ereignisse als Versuch von Seiten der Massen zur proletarischen Revolution zu beschreiben, trotz des Inhalts, der ihm von der Bourgeoisie und den Stalinisten gegeben wurde. Die Bewegung in Spanien war eine proletarische Revolution, die in eine „bürgerlich-demokratische Volksbewegung“ gegen den Faschismus abgelenkt wurde, im Bündnis mit dem „Schatten der Bourgeoisie“, während die Bourgeoisie selbst auf der Seite von Franco war.

So war es mit der EAM in Griechenland. Die Massen unterstützten die EAM. Die Bourgeoisie war mit Churchill, während sich der „Schatten der Bourgeoisie“ mit der stalinistischen Führung vereinigte und so die Massenbewegung in eine bürgerliche Richtung verzerrte. Trotz der stalinistischen Versuche zur „nationalen Einheit“ brach der Klassenkampf durch die „nationale Volksbewegung“. Das führte zum Bürgerkrieg zwischen dem proletarisch-kleinbäuerlichen und dem bürgerlichen Flügel innerhalb der Widerstandsbewegung, sogar als Griechenland unter der Herrschaft der Nazis war.

Nach der sogenannten „Befreiung“ war die faktische Herrschaft in der Hand der Arbeiterklasse, so wie in Spanien nach dem Aufstand der Arbeiter in Barcelona, Valencia und Madrid in den ersten Tagen der Revolte. Die EAM-Führung durchkreuzte die Bewegung der Massen, gab ihre Waffen ab und versuchte, zu einer Übereinkunft mit den Imperialisten zu kommen. Trotz ihrer Versuche zur Kapitulation vor den Imperialisten brach der Bürgerkrieg wegen der Bewegung der Massen aus. Wenn die IKD-Mitglieder leugnen, dass die Revolte in Griechenland ein Versuch zur Machtübernahme auf Seiten des Proletariats war, wie charakterisieren sie diese Bewegung? Eine „Volksbewegung“?

Die Revolte begann als spontane Bewegung auf der Seite der Massen, trotz aller Versuche der EAM, ihren Ausbruch zu verhindern. Der Vorfall, der die Lunte entzündete, war in der sehr geladenen Atmosphäre ein klassisches Ereignis zur Provozierung einer Revolution. Die Schüsse von Seiten der monarchistisch-faschistischen „Sicherheitsbataillone“ auf eine unbewaffnete Demonstration war den Schüssen der zaristischen Truppen auf die vom Popen Gapon geführte Demonstration zum Winterpalais in St. Petersburg 1905 ähnlich. Hätte Lenin die Verschmelzung der Arbeiterbewegung in eine klassenübergreifende Volksbewegung befürworten sollen, statt die Unabhängigkeit des Proletariats zu fordern? Die Frage zu stellen heißt, sie zu beantworten.

Die Schüsse auf dem Verfassungsplatz in Athen säten die Saat des Bürgerkriegs, wie sogar die bürgerliche „Times verstand. Bürgerkrieg zwischen welchen Klassen und für welche Ziele? Für die „Volksrevolution“ oder für die Machteroberung durch das Proletariat? Die EAM war ein klassisches Beispiel für den Volksfrontverrat an der proletarischen Revolution. Wäre die EAM erfolgreich gewesen, hätte das aus dem Kampf hervorgehende Regime nur ein bürgerliches Regime sein können. Alles Gerede von „demokratischer Revolution“, „nationaler Revolution“, „Volksbewegung aller Klassen“ etc. kann letztlich nur eine aufpolierte Version der Volksfrontpolitik sein.

Es kann keine „demokratische Revolution“ geben, die in der Luft schwebt. Die „Volksrevolution“ muss eine Klassenbasis haben. Und so kommen wir wieder da an, wo wir angefangen haben. Bestimme den Klasseninhalt deiner Revolution und dann werden wir wissen, wo du stehst!

Wenn die IKD argumentiert, dass die Revolte keine proletarische Revolution war, sondern eine nationaldemokratische Revolution aller Klassen, dann haben sie keinen Grund, die EAM zu kritisieren. Es folgt, dass die Taktik der Stalinisten in Griechenland richtig war. Es folgt auch, das die IKD Recht hatte, dass es keine proletarische Bewegung in Europa unter den Nazis gab und dass wir eine nationale Volksbewegung hatten, die man nicht als etwas bezeichnen kann, was unter die Führung der Agenten des Imperialismus gekommen ist.

Aus all dem folgt, dass die Stalinisten der Sache des Sozialismus gedient haben, indem sie ihre „Volks“frontbewegungen in Spanien, Frankreich, Griechenland errichteten. Warum braucht man dann die Vierte Internationale? Das ist die unausweichliche Schlussfolgerung, bei der sie ankommen müssen.

Was ist das Ziel der „Demokratischen Revolution“?

Bei der Behandlung der schwer zu fassenden „demokratischen Revolution“, die weder proletarisch noch bürgerlich ist, versucht die IKD aus der unauflösbaren Verwirrung zu entkommen, indem sie den Inhalt folgendermaßen bestimmt:

Grant „kämpft gegen Windmühlen. Zum Beispiel sollen wir (die IKD) angeblich die proletarische Revolution durch die demokratische Revolution ersetzen, während wir in Wirklichkeit sagten, dass die demokratische Revolution in unserer Epoche ,nur durch die Zerschlagung des Rahmens des Kapitalismus verwirklicht werden kann‘.“ (Zwei Bilanzen, unsere Hervorhebung)

Verwirrung über Verwirrung! Wir freuen uns, dass wir von diesen Genossen lernen, dass die „demokratische Volksrevolution“, die nach ihrer Aussage notwendig ist, in unserer Epoche nicht durch die bürgerliche Demokratie vollendet werden kann. Sie behaupten, dass sie jetzt „angeblich“ die proletarische Revolution durch etwas ersetzen. Durch was ersetzen sie die proletarische Revolution? Wollen sie ernsthaft argumentieren, dass alle Klassen, einschließlich der unterdrückten Bourgeoisie in der Volksbewegung den „Rahmen des Kapitalismus zerschlagen“ werden?

Gibt es abgesehen von der proletarischen Revolution irgendeine andere Revolution, die den Rahmen des Kapitalismus zerschlagen kann? Wenn diese Genossen auf marxistische Definitionen festgenagelt werden, kann man sehen, wie sie hin und her rutschen und von ihren Thesen bleibt nur noch Unsinn übrig.

Auf dem Weg zur proletarischen Revolution sind eine Vielzahl demokratischer Forderungen notwendig. Aber wir arbeiten nicht für eine „demokratische Revolution“; unser Ziel ist die Machteroberung durch das Proletariat. Mit Begriffen so Schindluder zu treiben, wie es unsere Genossen machen, ist für Marxisten unzulässig. Wir sagen den kleinbürgerlichen Massen, dass ihre Probleme nur durch die proletarische Revolution gelöst werden können; das Problem irgendwie anders zu stellen, heißt sie zu täuschen und eine „demokratische Schlinge“ für das Proletariat zu schaffen. die bittere Erfahrung des Stalinismus bestätigt das. Aber vielleicht ist es zu harsch, es proletarische Revolution zu nennen, und vertreibt vielleicht das Kleinbürgertum? Warum soll man es nicht „Volksrevolution“ nennen? In manchen Abschnitten können die Argumente der IKD nur so konstruiert werden, während es in anderen zurückgewiesen wird. In Griechenland sagen sie anklagend zur RCP: Ihr habt die Revolte in Griechenland in den Rang der proletarischen Revolution erhoben. So ist die Volksrevolution anscheinend von der proletarischen Revolution verschieden und kann doch gleichzeitig nur durch die „Zerschlagung des Rahmens des Kapitalismus“ erreicht werden. Diese Genossen haben die Stirn, zu sagen, dass wir gegen Windmühlen kämpfen, mit anderen Worten Vogelscheuchen aufstellen!

Was ist dann der Unterschied zwischen der demokratischen Revolution und der proletarischen Revolution? Die wirkliche Antwort ist, dass die Genossen ihr zu verschiedenen Zeiten verschiedene Bedeutungen geben, sie manchmal mit der proletarischen Revolution identifizieren, manchmal mit einer neuen Stufe, manchmal mit man weiß nicht was!

Die Aufgaben in Deutschland

So wie sie die verschiedenen Klassen in Deutschland unter der Naziherrschaft unterschiedslos in einen Topf warfen, so werfen sie jetzt in Bezug auf Deutschland alle von den Alliierten unterdrückten Klassen in einen Topf, um sie in einer „allumfassenden nationaldemokratischen Revolution“ zu vereinigen. Deutschland muss natürlich einen Kampf für nationale Freiheit gegen seine Unterdrücker führen, so wie die von Deutschland unterdrückten Völker demselben Problem gegenüberstanden. Aber die ganze Crux des Problems liegt darin, wie der Kampf für nationale Befreiung geführt werden muss. Die Antwort der Vierten Internationale ist, dass die nationale Befreiung nur mit dem Proletariat an der Spitze der Bewegung erreicht werden kann. Das wird die von den deutschen Marxisten vorgebrachte zentrale Idee sein. Die Klassenlinien werden keineswegs verwischt, sondern betont werden. Nur eine klare kämpferische Klassenpolitik wird das Kleinbürgertum für das Programm der sozialistischen Revolution gewinnen, der unauflöslich mit dem Kampf gegen die alliierten Unterdrücken verbunden ist. Solch ein Kampf kann nur als Klassenkampf geführt werden.

Aber die IKD verwenden wieder absichtlich vage Formulierungen und lassen die Tür weit offen für den schamlosesten Opportunismus und sogar Kapitulation vor der Reaktion. Sie sagen:

„Solange die Vierte Internationale nicht die Unterstützung für alle Bewegungen für nationale Befreiung entsprechend den ,Drei Thesen‘ zum Hauptpunkt ihres Programms für Deutschland macht, wird sie nicht in der Lage sein, den Massen irgendetwas über das Programm der Reformisten hinaus anzubieten – nicht einmal über die Betätigung der Besatzungsbehörden hinaus; denn diese haben deutsche Kapitalisten enteignet (ohne Entschädigung!) und sie obendrein ins Gefängnis geschmissen – siehe das Vorgehen der britischen Militärregierung gegen die Bergwerksbesitzer an der Ruhr“ (Zwei Bilanzen).

Wir können sicher sein, dass die deutschen Arbeiter keine Träne über das Schicksal der Kohlebarone an der Ruhr vergießen werden, ebenso wenig über das der Bourgeoisie insgesamt in den von den Russen besetzten Gebieten. Aber die Forderung der deutschen Trotzkisten in beiden Teilen Deutschlands wird für den Abzug der Besatzungstruppen und für die Leitung und Kontrolle der deutschen Industrie durch die Arbeiterklasse sein. Sich vorzustellen, das Problem der deutschen Wirtschaft könne getrennt werden von der Frage: welche Klasse wird kontrollieren? bedeutet, dem Marxismus den Rücken zuzukehren. Wir können in die Reihen der Sozialdemokratie und Stalinisten nur eindringen, indem wir eine Klassenalternative zur Kapitulation ihrer Führer vor den Alliierten geben.

Der Kampf für Freiheit von nationaler Unterdrückung in Deutschland kann entlang der Linien von Schlageter, dem reaktionären Vorläufer der Nazis geführt werden, oder mit den Methoden von Lenin und Trotzki, entlang von Klassenlinien. Das Kleinbürgertum geht entweder mit der bürgerlichen Reaktion oder mit dem Proletariat. In Russland führten die Bolschewiki einen rücksichtslosen Kampf gegen die, die die Klassenunabhängigkeit des Proletariats in einer „Volksbewegung“ gegen den Zarismus aufgeben wollten. Im Osten [China etc.] prangerten sie die Unterordnung der kommunistischen Bewegung unter die bürgerliche „Volksbewegung“ für nationale Befreiung als größten Verrat an.

Nur das Proletariat könnte, wenn es entsprechend einem unabhängigen Klassenprogramm kämpft, die kleinbürgerlichen Massen für den Kampf für nationale Befreiung gewinnen, der nur ein Kampf für die Macht, d.h. die Diktatur des Proletariats sein kann. Übergangsforderungen würden aufgestellt – verfassungsgebende Versammlung, Vertreibung der Besatzungstruppen, aber sie würden nicht vom Kampf um die Macht getrennt. Ein Ereignis nach dem anderen enthüllt die kleinbürgerliche Denkweise und sogar den reaktionären Inhalt der Ideen der IKD-Genossen.

Vorgestern wurden sie als Impressionisten vom Schauspiel der nationalen Unterdrückung Europas durch die Nazis vom Klassenkompass abgebracht. Dann strampelten sie sich mit der alliierten Besetzung Europas ab. Heute haben sie versucht, ihren letzten Schlupfwinkel in Deutschland zu finden. Aber Deutschland enthüllt wieder gnadenlos, dass die Klassenstruktur der Gesellschaft zu einer politischen Spaltung zwischen den Klassen führt, und keineswegs zu ihrer Vereinigung, auch nicht unter der Ferse eines ausländischen Eroberers, und sogar in einem hochindustrialisierten Land wie Deutschland, dessen Industrie teilweise zerstört wurde.

In ihrer praktischen Tätigkeit in Deutschland schauten die Vertreter der IKD-Position auf Universitätsstudenten und verschiedenen Schichten „nationalistischer Jugend“, ohne Bezug auf die Klasse, um die „nationale Revolution“ zu führen, die angeblich alle Klassen in Deutschland vereinigen sollte! Mit ihrer Konzeption einer zerstörten Arbeiterklasse und (deshalb) der Unfähigkeit des Proletariats, die Nation zu führen, wenden sie den wirklichen Kräften der deutschen nationalen Wiedergeburt ihren Rücken zu. Sie wiesen die Idee zurück, die Vierte Internationale solle sich auf die erneut unter dem Banner der Sozialdemokratie und des Stalinismus organisierte Arbeiterklasse konzentrieren. Diese vertraten nach diesen Skeptikern nur die „alten“ Leute mit Erinnerungen an die Vergangenheit. Die „nationalistische Jugend“ sei die Kraft, die den Kampf für die „allumfassende nationaldemokratische Revolution“ führen würde. Nachdem jetzt die Wahlen in Deutschland abgehalten wurden, was wurde erneut enthüllt? Die hartnäckige Spaltung Deutschlands entlang von Klassenlinien. Die Mittelschicht hat sich wie in den Ländern Westeuropas um das reaktionäre Banner der Christdemokratie gruppiert und ist so ein Gegengewicht der Bourgeoisie gegen das Proletariat geworden.

Aber die Arbeiter haben trotz allem, trotz der Pessimisten der IKD, eisern an ihren Klassentraditionen festgehalten und für die Arbeiterparteien gestimmt. Die wunderbare Regenerationsfähigkeit der Arbeiterklasse, ihr Streben, die sozialistische Revolution zu erreichen, ihr Klasseninstinkt zeigt sich in der Tatsache, dass die Arbeiterorganisationen trotz ihres schrecklichen Verrats einen größeren Stimmenanteil erhielten als bevor die Nazis an die Macht kamen. Es gab keine alternative revolutionäre marxistische Partei, aber die Wahlen beweisen genau die Möglichkeiten für eine echte marxistische Strömung gestützt auf ein internationalistisches Klassenprogramm.

Der Kampf für nationale Befreiung verhindert nicht die unausweichliche Spaltung der Bevölkerung entlang von Klassenlinien und kann es nicht. Und es konnte nicht anders sein. Nationale Unterdrückung schafft die Klassenausbeutung nicht ab, sondern verschlimmert sie nur. Eine revolutionäre Kritik an der Politik des Stalinismus und der Sozialdemokratie, ein gemäß den traditionellen Linien des Marxismus-Leninismus geführter Klassenkampf bietet die größten Möglichkeiten für die Vierte Internationale heute in Deutschland. Selbst die Sozialdemokraten gehen weiter als die IKD. Um die Unterstützung des deutschen Proletariats zu gewinnen, halten die sozialdemokratischen Führer zentristische pseudolinke Reden. Als Folge haben sie die Unterstützung der Masse der Jugend, besonders der Arbeiterjugend, die sich instinktiv auf die sozialistische Revolution als den einzigen Ausweg orientiert. Die Aufgabe der deutschen Trotzkisten wird sein, zu verlangen, dass die sozialdemokratischen Führer ihren Worten Taten folgen lassen. Es gibt natürlich Parteien rechts von den Christdemokraten, die mit der Ideologie des Nationalismus spielen. In jedem Fall sind sie entweder neofaschistisch oder stellen eine Variante extremer Reaktion dar.

Trotzki hat die Stalinisten nicht grundlos für ihr Flirten mit nationalistischer Demagogie und Slogans (im Konkurrenzkampf mit der demagogischen Denunziation des Versailler Vertrags durch die Nazis) gegeißelt. So eine Methode kann den Kampf keinen einzigen Zoll vorwärtsbringen. Sie kann nur der Reaktion in die Hände spielen. Der Kampf für nationale Befreiung muss eine Klassenachse haben und kann nicht von der sozialistischen Revolution getrennt werden. Das Kleinbürgertum kann nicht für die sozialistische Revolution gewonnen werden, indem das Proletariat das kleinbürgerliche „nationaldemokratische“ Programm übernimmt. Das würde nur bedeuten, dass das Proletariat vom Kleinbürgertum (und dadurch vom Großbürgertum) am Schwanz hinter sich hergezogen wird.

Das Kleinbürgertum kann nur für den Kampf gegen nationale Unterdrückung gewonnen werden unter dem Banner des Kampfs gegen den Kapitalismus. Sonst werden sie wieder einmal ein Werkzeug der Reaktion werden, in einer furchteinflößenderen Form. Deutschland wird nicht durch den sogenannten „notwendigen Umweg“ der nationaldemokratischen Revolution in irgendeiner Gestalt oder Form gehen. Wir stützen uns auf die Traditionen von 1918, nicht auf die Traditionen von 1813. Wir können nichts Besseres machen als zu wiederholen, was wir in unserem letzten Artikel sagten und was die Genossen der IKD so eifrig ignorieren:

„Sie appellieren an die von den Motten zerfressene und jetzt reaktionäre Tradition von 1813 etc., sie spielen die traditionelle Rolle der deutschen kleinbürgerlichen Intellektuellen, die Marx so bissig geißelte. Wenn diese Ideen überhaupt eine Rolle spielen könnten, könnten sie nur die Grundlage für eine kleinbürgerliche Reaktion sein. Die nationalistische Reaktion wird ziemlich wahrscheinlich auf diese alte Traditionen zurückgreifen, nachdem sie in ihrer Nazi-Version völlig diskreditiert ist. Die Stalino-Sozialdemokratie, die als Agentin der Eroberer wirkt, wird sich in den Augen der Massen diskreditieren. Wenn die Trotzkisten nicht ein klare internationalistische, revolutionäre Alternative aufstellen, wird der Boden dafür bereitet werden, dass das Kleinbürgertum sich um so eine Plattform schart und erneut ein hilfloses Werkzeug in den Händen der Bourgeoisie wird. Egal wie ,unmittelbar bevorstehend‘ oder nicht die proletarische Revolution in Deutschland jedoch ist, sie ist das Ziel zu dem die ,demokratischen‘ und wirtschaftlichen Forderungen eine Übergangsbrücke bilden und nicht die Brücke zur ,demokratischen‘ Revolution. In Deutschland kann es ebenso wie in Europa keine von der proletarischen Revolution getrennte und losgelöste ,demokratische‘ Revolution geben.

In Europa stehen wir heute nicht am Beginn des Kampfs für ,Demokratie‘ und von ,großen nationalen Befreiungskriegen‘ sondern des Kampfs für die proletarische Revolution und von revolutionären Kriegen gegen alle Versuche der kapitalistischen Intervention.“

Es kann keine andere demokratische Revolution in Deutschland geben als die, die die Alliierten erreicht haben!

In der Tat wird die (selbst teilweise) Wiederherstellung der Industrie in Deutschland, die die Alliierten gezwungenermaßen vornehmen, auch das Selbstvertrauen des deutschen Proletariats wiederherstellen, dessen Stimmung sich schon gezeigt hat durch eine Reihe von großartigen Proteststreiks gegen die „Nationalisten“ (die Bomben gegen die amerikanische Militärregierung geschmissen haben) und die Proteststreiks gegen die Freilassung von Papens, Schachts und anderer Nazis. Die Demonstrationen wurden unternommen, um zu zeigen, dass das deutsche Proletariat der deutschen Reaktion nie wieder erlauben wird, ohne einen heftigen Kampf die Macht zu ergreifen.

Ob schnell oder langgezogen, ob für wirtschaftliche oder demokratische Übergangsforderungen geführt, für ein einiges Deutschland und für eine alle Deutschen frei von alliierter Besatzung umfassende verfassungsgebende Versammlung, egal, welche Forderungen aufgestellt werden, sie können nur Teil des Kampfes für die proletarische Revolution sein, in dem Sowjets und Arbeiterkomitees errichtet werden können.

Auf anderem Wege kann es nur die bürgerliche Konterrevolution in einer demokratischen oder faschistischen Form geben, eine demokratische Konterrevolution, die von den Stalinisten und Sozialdemokraten unter den Bedingungen eines Massenaufruhrs unterstützt werden wird, so wie die Sozialdemokraten sie 1918 unterstützten. Wenn die Position der IKD von der Vorhut des deutschen Proletariats angenommen würde, würde das zu einer gefährlichen Falle für das deutsche Proletariat und neuen Missgeschicken und Niederlagen für die Arbeiterklasse führen.

1 Band XVI, S. 217 der englischen Ausgabe [Rede über den Volksbetrug mit den Losungen Freiheit und Gleichheit auf dem I. Gesamtrussischen Kongress für außerschulische Bildung, 6.-19. Mai 1919, Lenin Werke Band 29, S. 327-365, hier S, 356]


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