Von Peter Taaffe, Generalsekretär, Socialist Party
[eigene Übersetzung des englische Textes auf der Marxist.net-Website]
Scottish Militant Labour ist ein autonomer Teil der Socialist Party, die eine revolutionäre Partei ist. Die Socialist Party ist die britische Sektion unserer internationalen revolutionären Organisation/Partei, des Committee for a Workers International [Komitee für eine Arbeiter*inneninternationale, CWI].
Das Committee for a Workers International ist auf allen Kontinenten mit offiziellen Sektionen oder Gruppen in 34 verschiedenen Ländern vertreten, mit Sympathisant*innen in vielen anderen. Die Socialist Party und Scottish Militant Labour stützen sich auf ein klares revolutionäres Programm, auf Perspektiven, Strategie und Taktik sowie auf eine eigene revolutionäre Organisation.
Das Ziel der Socialist Party/Scottish Militant Labour und des Committee for a Workers International ist der Aufbau revolutionärer Massenparteien in Großbritannien und auf der ganzen Welt und einer Masseninternationale. Die gesamte Geschichte der Arbeiter*innenklasse bestätigt die Tatsache, dass die sozialistische Revolution, die die größte Veränderung in der Geschichte und zugleich schwierigste sein wird, nicht ohne die Schaffung revolutionärer Massenparteien verwirklicht werden kann, deren Kerne in den angeschlossenen Sektionen des Committee for a Workers International liegen.
Das Programm, die Hauptdokumente und die Beschlüsse des Committee for a Workers International, die von allen angeschlossenen Sektionen akzeptiert werden, werden auf einem Weltkongress demokratisch beschlossen.
Die Notwendigkeit einer Partei ergibt sich aus der Position der Arbeiter*innenklasse, wie sie sich in der kapitalistischen Gesellschaft entwickelt hat. Die Arbeiter*innenklasse ist aufgrund ihrer Rolle in der Produktion und in der Gesellschaft die am stärksten geeinte Klasse. Die Mittelschicht ist zersplittert, ihre oberen Schichten neigen dazu, mit den Kapitalist*innen zu verschmelzen, und ihre unteren Schichten werden durch die Monopolisierung in großem Maßstab in die Reihen der Arbeiter*innenklasse gezwungen.
Jedoch ist die Arbeiter*innenklasse zwar am stärksten geeint, aber dennoch in viele verschiedene Schichten geteilt: Männer und Frauen, entlang von rassischen Linien, Facharbeiter*innen und Ungelernte, Junge und Alte usw. Die herrschende Klasse hat es im Laufe der Geschichte geschickt gelernt, mit diesen Spaltungen zu spielen, um ihre Herrschaft aufrechtzuerhalten. Eine revolutionäre Partei ist dazu da, diese Spaltungen zu überwinden, die Arbeiter*innenklasse für gemeinsame Ziele zu vereinen, für den täglichen Kampf gegen den Kapitalismus und schließlich seinen Sturz und seine Ersetzung durch eine sozialistische Gesellschaft.
Die Bewegung der Arbeiter*innenklasse ist natürlich die Hauptantriebskraft der Geschichte. Aber die Geschichte der Arbeiter*innenklasse in den letzten 150 Jahren zeigt, dass ohne die Rolle des „subjektiven Faktors“, d.h. einer Massenpartei mit einer weitsichtigen marxistischen Führung, die Aufgabe der sozialistischen Revolution eine Totgeburt sein wird.
Im 20. Jahrhundert gab es viele Gelegenheiten für die Arbeiter*innenklasse, die Macht zu übernehmen, die jedoch aufgrund des Fehlens einer revolutionären Massenpartei und -führung und der bewussten konterrevolutionären Rolle der Stalinist*innen und Sozialdemokraten vertan wurden. Im Jahr 1918 hätten die deutschen Arbeiter*innen die Macht übernehmen können, ebenso wie die ungarischen Arbeiter*innen im Jahr 1919.
Andere Beispiele dafür, dass das Fehlen einer revolutionären Massenpartei und -führung zu Niederlagen oder verpassten Chancen für die Arbeiter*innenklasse führte, sind: die revolutionären Umwälzungen in Italien 1920, der Generalstreik in Großbritannien 1926, die chinesische Revolution von 1925-27. In Spanien zwischen 1931-37, kommentierte Trotzki, wäre nicht eine, sondern zehn Revolutionen möglich gewesen, wenn es eine Massenpartei und eine klare revolutionäre Führung gegeben hätte.
Im Mai/Juni 1968 hätte die Arbeiter*innenklasse in Frankreich die Macht ergreifen können, wenn es nicht die führende Vertreter*innen der Kommunistischen Partei und der Sozialistischen Partei gegeben hätte. In Portugal erzwang der Druck der revolutionären Massen zwischen 1974 und 1976 die Übernahme von 70% der Industrie. Die Times, das damals maßgeblichste Organ der britischen Kapitalist*innen, kommentierte, dass der Kapitalismus in Portugal „tot“ sei. Sie hatten jedoch nicht mit der konterrevolutionären Rolle Mario Soares‘, des führenden Vertreters der Sozialistischen Partei, gerechnet, die zusammen mit der falschen Politik der stalinisierten Kommunistischen Partei die Revolution zum Entgleisen brachte.
Nur einmal, 1917 in Russland, hat eine bewusst organisierte Arbeiter*innenklasse die Macht übernommen und die sozialistische Revolution durchgeführt. Dies wäre ohne die Existenz einer revolutionären Partei, der bolschewistischen Partei, und ihrer Führung, in erster Linie Lenin und Trotzki, nicht möglich gewesen. Diese Partei stützte sich auf die Ideen des demokratischen Zentralismus. Dies bedeutet im Wesentlichen eine möglichst umfassende interne Diskussion und Debatte sowohl mündlich als auch in schriftlicher Form (Zugang zum internen Bulletin) und gleichzeitig die Umsetzung der gemeinsam gefassten Beschlüsse durch die gesamte Organisation.
Heute jedoch haben die Kapitalist*innen und Reformist*innen, sowohl die linken als auch die rechten, die Idee des „demokratischen Zentralismus“ mit den Erfahrungen des Stalinismus verbunden. Deshalb ist es jetzt besser, den Begriff „demokratische Einheit“ zu verwenden, um den Charakter des Komitees für eine Arbeiter*inneninternationale und seiner verschiedenen nationalen Sektionen oder Parteien zu erklären.
Die Bedingungen, vor denen wir heute in Großbritannien, Schottland und anderswo stehen, sind nicht die Russlands von 1917. Die demokratischen Rechte der Mitglieder müssen jederzeit gewahrt werden, aber ob der demokratische oder zentralistische Aspekt des „demokratischen Zentralismus“ überwiegt, hängt von der konkreten Lage ab. In dieser Periode erlauben das Tempo der Ereignisse und unsere Fähigkeit, uns offen zu organisieren, noch mehr demokratische Freiheit der Diskussion und Debatte.
Der Charakter des internen Regimes einer revolutionären Partei wird bis zu einem gewissen Grad von den Entwicklungen in der Gesellschaft und der Arbeiter*innenbewegung geprägt. In der Periode nach dem Zusammenbruch des Stalinismus in den 1990er Jahren wurde besonders von der neuen Generation alles in Frage gestellt, was nach „Autoritärem“ schmeckte und den Anschein erweckte, undemokratisch zu sein.
Eine gewisse Feindseligkeit gegenüber allem, was „organisiert“ ist, und besonders, wenn es eine „Top-down“-Herangehensweise hat, ist ein Merkmal der Einstellung der neuen Generation. Dies war mit einer eher „spontanen“ Herangehensweise verbunden und einer Konzentration auf einzelne Themen, die in der Regel über übergeordnete „Netzwerke“ organisiert wurden.
Dies war in gewissem Maße ein günstiger Faktor für uns, denn es eröffnete in dieser neuen Schicht die Bereitschaft, Ideen zu diskutieren, wobei viele in die Reihen unserer Organisation kamen. Aber die zugrundeliegende Annahme aller dieser Bewegungen ist, dass eine allgemeine, „breite“, lockere Bewegung aus sich heraus in der Lage sei, über die Angriffe der Kapitalist*innen zu siegen und ebenfalls die Position der Jugend und der Arbeiter*innenklasse zu verbessern.
Diese Stimmung ist zweifelsohne zu bestimmten Zeiten in die Reihen unserer Organisation übergeschwappt. Dies hat manchmal bedeutet, dass die Wahrnehmung unserer Organisation als klare, eindeutige, revolutionäre Organisation, als Partei, wenn auch als kleine Partei, in den Köpfen einiger Genoss*innen verwischt wurdet. Gezwungen, Aktivitäten mit Einheitsfrontcharakter zu unternehmen, können die Rolle unserer Partei, ihr besonderer, eigenständiger Charakter und die Unterschiede zu anderen Parteien aus den Augen verloren werden, wenn es nicht ständige Bemühungen seitens der Führung gibt, unsere Position gegenüber anderen Organisationen und Tendenzen in Bezug auf Programm, Perspektiven, Strategie und Taktik abzugrenzen.
Paradoxerweise kann die flexible Herangehensweise, die wir gegenüber der Idee einer neuen Arbeiter*innenmassenpartei angenommen haben, eine negative Wirkung auf unsere Reihen haben, wenn es keine klare Vorstellung von dem Unterschied zwischen reformistischen, linksreformistischen oder zentristischen Massenparteien und einer marxistischen revolutionären Partei gibt.
Wir haben besonders in der Namensänderungsdebatte betont, dass wir in dieser Periode eine doppelte Aufgabe haben. Auf der einen Seite haben wir die Aufgabe, die Ideen des Sozialismus zu rehabilitieren und zu popularisieren, das sozialistische Bewusstsein neu zu entwickeln und gleichzeitig unsere revolutionäre Partei aufzubauen.
Wir müssen auch die Gründung einer neuen Arbeiter*innenpartei aufwerfen und für sie kämpfen. Wir müssen uns in dieser Periode auch an Aktivitäten vom Typ einer Einheitsfront beteiligen. Beispiele dafür sind die Aktivitäten von „Breiten Linken“ in den Gewerkschaften und auch der Kampf zur Rettung einer kostenlose Bildung. Wir haben eine lange Geschichte solcher Arbeit: in Liverpool, bei der Poll Tax und in Schottland in der Scottish Socialist Alliance.
In den 1990er Jahren haben wir den Zusammenbruch der Arbeiter*innenmassenparteien hin zu bürgerlichen Formationen und damit den Zusammenbruch der reformistischen Linken erlebt. Es ist daher besonders schwierig, breite Bewegungen anzuführen, vor allem wenn sie einen Massencharakter haben – wie bei der Poll Tax – und gleichzeitig die klaren Unterschiede zwischen den breiten Formationen und unserer Partei zu entwickeln, aufzubauen und zu betonen.
Es ist leichter, diese Gefahr zu vermeiden, wenn es sich um einzelne Themen handelt, wie die Poll Tax, den Kampf gegen Wasserprivatisierung usw. Es ist ein größeres Problem, wenn die revolutionäre Partei in breiteren Formationen allgemeinen politischen Charakters arbeitet, wie z.B. in der Scottish Socialist Alliance , besonders wenn wir die überwältigende Mehrheit der beteiligten aktiven Kräfte darstellen. Sowohl an unserer Peripherie als auch in unseren Reihen kann leicht der Eindruck wachsen, dass es „einfacher“ sei, sich der breiteren Formation anzuschließen, deren Programm dem unseren nahe oder ähnlich ist.
Das ist aber nicht das Ende der Sache. Wir besitzen eigenständige Perspektiven, Strategie und Taktiken für den Aufbau von Massenparteien im nationalen und internationalen Maßstab. Vor allem der internationalistische Charakter, die Zugehörigkeit von Scottish Militant Labour und der Socialist Party zum Committee for a Workers International, kann nicht verwischt werden. Selbst unter solchen Umständen, wo wir in breite Formationen eintreten, müssen wir unsere Parteipresse, getrennte Ortsgruppen, Finanzen usw. beibehalten.
Das schließt nicht aus, dass wir breite Formationen aufbauen, entweder die Scottish Socialist Alliance oder eine breite Partei. Aber es wäre absolut fatal, Maßnahmen aufzugeben, zu schwächen oder [andere] zu akzeptieren, wie gut gemeint sie auch sein mögen, die zur Folge hätten, dass sich der unterschiedene Charakter unserer revolutionären Partei in einer breiten Formation auflöst. Es ist absolut notwendig, dass getrennte Ortsgruppen all derer, die das Committee for a Workers International unterstützen, sich wöchentlich treffen und diskutieren und versuchen, Mitglieder für das Committee for a Workers International zu gewinnen.
Es gibt keine Ein-für-allemal-Taktik für den Aufbau der revolutionären Partei. In der Vergangenheit waren wir gezwungen, eine Vielzahl von Taktiken anzuwenden: Entrismus, offene Arbeit, Fraktionsarbeit in breiten Formationen. Wir schließen Fusionen mit Organisationen nicht aus, wenn eine prinzipielle Übereinstimmung über Programm und Perspektiven erreicht wird.
Flexibilität und Vielfalt in den Arbeitsmethoden werden zweifellos beim Aufbau von Massenformationen des Committee for a Workers International erforderlich sein. Aber zu jeder Zeit muss das Bewusstsein einer eigenständigen revolutionären Organisation oder Partei in den Köpfen unserer Mitglieder von der Führung erzeugt werden.
Wo wir in breiten Formationen arbeiten, ist es wesentlich, dass wir uns getrennt und regelmäßig, vorzugsweise auf wöchentlicher Grundlage, treffen, um den Weg vorwärts zu diskutieren, Mitgliedsbeiträge einzusammeln und für unsere Partei Mitglieder zu gewinnen.
April 1998
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