[10. November 1932, eigene Rückübersetzung des französischen Textes]
Büyükada, 10. November 1932
Werter Genosse Grylewicz!
Ich habe soeben den „Offenen Brief“ erhalten, den Sie mir übermittelt haben und der von den ungarischen Freunden an Landau geschickt wurde. Die Bitterkeit, die in diesem Brief zum Ausdruck kommt, ist verständlich. Politisch gesprochen verdient das jedoch nicht die Leidenschaft, die von den Verfassern des Briefes verschwendet wird. Die Elemente der Landauer Art können ihre spezifische „Funktion“ nur insoweit erfüllen, als wir ihnen Aufmerksamkeit schenken. Wenn wir sie ihrer eigenen Mittelmäßigkeit überlassen, werden sie vernichtet.
Aber ich wollte noch ein paar Worte zu einem anderen Thema sagen, das im Offenen Brief angesprochen wurde. In Bezug auf mich behaupten die ungarischen Genossen, dass ich Bela Kun angeblich „verteidigt“ und ihm sogar vor Lenins Angriff „das Leben gerettet“ hätte. Ich muss zugeben, dass diese Anspielung für mich sehr mysteriös ist. Da unsere ungarischen Freunde der Sache offenbar große Bedeutung beimessen, möchte ich keine dunklen Flecken hinterlassen.
Gerade jetzt veröffentlichen wir in der nächsten Ausgabe des Russischen Bulletins große Auszüge aus Lenins heftiger Rede gegen Bela Kun im Plenum des Exekutivkomitees der KI am Vorabend des Dritten Weltkongresses. Wenn die ungarischen Genossen diese Auszüge lesen (die Rede wird derzeit im Archiv des Exekutivkomitees der KI geheim gehalten), werden sie feststellen, dass Lenin die Lanzen gegen Bela Kun in einem Ton der völligen Solidarität mit mir bricht und diese Solidarität fast in jedem Absatz unterstreicht. Lenin spricht von Bela Kuns Dummheiten, von seinen gefährlichen ultralinken Extravaganzen, und dann wieder von den Dummheiten, auf die sich Bela Kun spezialisiert hat. Es ist möglich, ja sogar wahrscheinlich, dass meine Worte maßvoller waren. aber ich bestreite ausdrücklich, dass es zwischen Lenin und mir jemals irgendeinen Konflikt über Bela Kun gegeben hat. Lenin, der Bela Kun gut kannte, hielt ihn für einen mutigen Kämpfer, der aber überhaupt keinen Kopf hatte. Ich hatte nie die Gelegenheit, Bela Kuns kämpferische Qualitäten persönlich zu überprüfen. Aber was die Tatsache betraf, dass er keinen Kopf hatte, stimmte ich Lenin voll und ganz zu.
Da ich keinen direkten Kontakt zu den ungarischen Genossen habe, bitte ich Sie, ihnen diese Zeilen zu schicken, damit sie mir genau mitteilen können, was sie zum Thema Bela Kun sagen wollten.
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