[23. Januar 1934, eigene Übersetzung des russischen Textes. Korrekturen von russischen Muttersprachler*innen wären sehr willkommen]
Die Mehrheit der britischen Sektion brachte den Wunsch zum Ausdruck, dass ihr Beschluss an alle Sektionen versandt werde. Da dieser Beschluss eine Reihe ernsthafter Fehler enthält, erachten wir es für erforderlich, ihn mit den folgenden Kritiken zu versehen.
Das Nationalkomitee entfaltet hauptsächlich den Gedanken, dass die auf der Unterordnung der Minderheit unter die Mehrheit beruhende Disziplin in einer Organisation eingehalten werden muss. In solch allgemeiner Form ist dieser Gedanke ebenso unstreitig wie inhaltslos. Disziplin fällt nicht vom Himmel. Zu ihr muss erzogen werden. Echte Disziplin ist nur unter der Bedingung einer anerkannten Führung möglich, die in einer Reihe von wichtigen Etappen ihre Fähigkeit bewiesen hat, eine Lage richtig einzuschätzen und die erforderlichen praktischen Schlussfolgerungen zu ziehen. Die britische Sektion ist eine der jüngsten Sektionen; ihre Mitgliederzahl erreicht keine vierzig. Ihre Arbeit lief hauptsächlich auf individuelle Propaganda hinaus. Unter diesen Bedingungen konnte von der Schaffung einer festen anerkannten Führung keine Rede sein; der Weg zu ihr war noch lang.
Beim In-den-Vordergrund-Stellen der Frage der formalen Disziplin, die an und für sich sehr wichtig ist, vergisst das Nationalkomitee, dass sich die Disziplin nicht auf den nationalen Rahmen beschränkt. Das IS, das alle unsere Sektionen vertritt, die jetzt einige tausend Mitglieder zählen, hat sich einhellig für den Beitritt der britischen Sektion zur ILP ausgesprochen. Mit der Unterstützung aller Sektionen in dieser Angelegenheit hätte das Internationale Sekretariat die Frage von Anfang an auf die Ebene der formalen Disziplin stellen können. Warum hat es das nicht getan? Eben weil es die geringe politische Erfahrung der britischen Sektion im Voraus eingeschätzt hat und alles vermeiden wollte, was einen scharfen Konflikt hätte herbeiführen und die britische Sektion aus unserer Organisation ausschließen können. Umgekehrt wollte das IS der britischen Sektion die Möglichkeit geben, von einer reinen Zirkel-, propagandistischen Periode zu einer breiteren politischen Tätigkeit mit möglichst wenig Erschütterungen überzugehen. Leider hat das Nat. Komitee die britische Situation die Lage nicht verstanden, einen sektiererischen Konservatismus gezeigt und die Sache bis zur Spaltung gebracht. Die politische Verantwortung für die Spaltung liegt allein bei der Mehrheit, die die einmütigen Anweisungen unserer internationalen Organisation missachtet hat. Dazu muss man hinzufügen, dass das Verhalten des Nat. Komitees es der Minderheit, die sich in der Auseinandersetzung mit der erdrückenden Mehrheit unserer internationalen Organisation solidarisch zeigt, schwer macht, ihre Aufgabe zu erfüllen.
Besonders unangenehm ist der Ton, in dem das Nat. Komitee über andere Sektionen und über unsere internationale Organisation als Ganzes spricht. Überall scheint es ein Unverständnis der Prinzipien des Bolschewismus zu geben, daher Fraktionszusammenstöße und so weiter. Im Gegensatz dazu verfolgt allein das Nat. Komitee der britischen Sektion eine richtige Organisationspolitik. Das Unverständnis für die realen politischen Verhältnisse, die jede konservative Gruppe kennzeichnet, ist für die weitere Entwicklung der Mehrheitsgruppe äußerst bedrohlich. Den Fraktionskampf mittels einer Spaltung zu beseitigen, ist eine sehr einfache Kunst, die jedoch nichts mit dem Bolschewismus oder dem Marxismus allgemein gemein hat, sondern das Produkt der epigonenhaften Karikatur des Bolschewismus ist. Gerade mit solchen Methoden hat die Komintern alle Sektionen und sich selbst zugrunde gerichtet. Die britische Kommunistische Partei war immer der schwächste Teil der Komintern; unsere britischen Genossen haben keine anderen Erfahrungen gemacht als die der britischen Kommunistischen Partei, umso mehr sollten sie auf die Stimme anderer Sektionen hören, die in einer größeren Arena arbeiten und viel mehr Erfahrungen gesammelt haben.
So oder so, die Spaltung ist eine Tatsache. Eine Spaltung bedeutet, dass es keine organisatorische Beziehung zwischen den beiden Gruppen gibt. Es kann keine Rede davon sein, dass das Nationalkomitee die Arbeit der Minderheit kontrolliert, denn eine solche Kontrolle würde diese Arbeit unmöglich machen. Beide Gruppen werden sich fortan gleichberechtigt und völlig unabhängig voneinander der internationalen linken Opposition anschließen. Das Schicksal jeder der Gruppen wird durch ihre zukünftige Arbeit bestimmt werden. Das IS wird die Tätigkeit jeder der Gruppen genau beobachten, um, wenn möglich, ihre Vereinigung auf einer neuen politischen Stufe vorzubereiten.
Internationales Sekretariat
23. Januar 1934.
Schreibe einen Kommentar