Alejandro Rojas untersucht die Gründe für die Niederlage der FSLN und zieht Lehren für künftige Kämpfe
[Militant International Review, Nr. 43, Frühjahr 1990, S. 29-32]
Die jüngste Wahlniederlage der sandinistischen FSLN in Nicaragua wird eine große Enttäuschung für Aktivist*innen der Arbeiter*innenbewegung international sein. Sie hat besonders die Jugend von Zentral- und Südamerika geschockt und desorientiert, die das sandinistische Regime begeistert unterstützt hat. Aus ihm zogen sie Ermutigung und Inspiration, da sie sie als sozialistische Revolution wahrnahmen, die den mächtigen ,Gringo Yanki’-Imperialismus bekämpfte.
Ortegas Niederlage gegen die 13-Parteien-Koalition UNO kam sowohl für die FSLN-Führung als auch die nicaraguanische Bourgeoisie und ihre Hintermänner, den US-Imperialismus, überraschend.
Der Sieg der UNO-Kandidatin Violeta Chamorro war der Sieg der Konterrevolution. UNO wird trotz der Teilnahme von zwei ,kommunistischen’ Parteien von verschiedenen bürgerlichen Parteien beherrscht, von denen die Unabhängige Liberale Partei die größte ist. Sie war in der jüngsten Periode in Wirklichkeit die politische Stimme der Contras.
Wie bei allen Siegen und Niederlagen kann man entscheidende Lehren lernen, die den Kampf gegen Großgrundbesitz und Kapitalismus stärken können. Vom allerersten Anfang der Revolution an, als die FSLN die Macht übernahm, haben „Militant’ und „MIR’ gewarnt, dass das Versagen der Sandinistas bei der Vollendung der Revolution und dem Sturz von Kapitalismus und Großgrundbesitz schließlich den Weg für die Konterrevolution bereiten würde. Dieser Prozess ist klar auf dem Weg. Ob er vollendet werden wird, ob die Bourgeoisie volle Kontrolle wieder erlangen und die Errungenschaften der Revolution abbauen und einen relativ stabilen Staatsapparat errichten wird, wird von vielen Faktoren abhängen, nicht zuletzt von internationalen Entwicklungen. Der Zeitpunkt des Beginns der kommenden Weltrezession und das Tempo der Entwicklung der Revolution im Rest des südlichen Amerika wird entscheidend sein.
Marxist*innen haben eine Verantwortung, die Wahrheit zu sagen, auch wenn sie wenig schmackhaft ist. Zweifellos entspringt diese Niederlage direkt aus den Fehlern der FSLN-Führung und ihrer Politik der Beschwichtigung des US-Imperialismus und der Anpassung an Großgrundbesitz und Kapitalismus. Trotz der Kontrolle der Sandinistas über den Staatsapparat nach der Revolution von 1979, schafften sie es nicht, Großgrundbesitz und Kapitalismus zu stürzen und ließen die Mehrheit (60%) der Wirtschaft in privaten Händen. Aber weder Imperialismus noch die nationale Bourgeoisie akzeptierten einen Staatsapparat, der nicht ihr eigener und daher unzuverlässig war. Den Sandinistas blieb die schlechteste aller möglichen Welten: eine Wirtschaft nicht unter ihrer Kontrolle und offen für die Sabotage durch Kapitalist*innen und Imperialismus, in Verbindung mit der militärischen Offensive der von den USA unterstützten Überbleibsel der Somoza-Staatsmaschine in der Form der Contras.
Das Ergebnis war eine wirtschaftliche Katastrophe, für die die nicaraguanischen Massen die Rechnung zahlen mussten. In Wirklichkeit wurden alle anfänglichen nach der Revolution erreichten Errungenschaften beseitigt. Das USA erlegten 1985 ein Handelsembargo auf, das die sich verschlechternde Wirtschaftslage noch mehr verschlimmerte. Mehr als 50% des Bruttosozialprodukts wurden für Rüstungsausgaben ausgegeben, die Wirtschaft brach einfach zusammen. Im Verlauf von 1989 allein schrumpfte die Industrie um 29% und es gab 39 aufeinander folgende Abwertungen. Die Inflation stieg 1988 auf ein Rekordniveau von 33.600% im Jahr, was 1989 zu einem massiven Kürzungspaket führte.
Der private Verbrauch fiel seit 1981 um 70%, die Reallöhne um 90%. Im März 1989 konnten man mit einem durchschnittlichen Arbeiterlohn bloß 12% der Gebrauchsgüter eines Haushalts kaufen. Die Arbeitslosigkeit ist jetzt höher als unter Somoza und der Lebensstandard tatsächlich niedriger. Der Lebensstandard in Nicaragua ist so weit gefallen, dass der Nation das niedrigste Pro-Kopf-Einkommen in der ganzen westlichen Halbkugel blieb, niedriger als auf Haiti! Dieser Zusammenbruch und das Fehlen einer von den Sandinistas angebotenen Perspektive für einen Ausweg war die zugrundeliegende Ursache für die Wahlniederlage. Die nicaraguanischen Massen wurden kampfmüde, sowohl wirtschaftlich als auch militärisch. In den letzten zwei Jahren des Kampfs gegen Somoza wurden 50.000 getötet. Seitdem starben weitere 35.000 im Krieg gegen die Contras.
Die FSLN-Führung hat argumentiert, dass sie angesichts der wirtschaftlichen und militärischen Macht des US-Imperialismus keine Alternative habe. Solche eine Behauptung berührt den Kern der Analyse und Perspektiven, die sie vom ersten Beginn an für die Revolution übernommen hatten.
Die russische Revolution vom Oktober 1917, unter der Führung von Lenin und Trotzki, lieferte ein klassisches Modell, wie die Revolution in einem rückständigen Land entlang gesunder Linien voranschreiten könne. Die schwache nationale Bourgeoisie, die mit dem Imperialismus verbunden war, war unfähig zur Vollendung der Aufgaben der bürgerlichen Revolution, die sich stellten – das heißt: der Entwicklung der Industrie, der Lösung der Bodenfrage, der nationalen Unabhängigkeit und der Errichtung einer parlamentarischen oder bürgerlichen Demokratie.
Die russische Revolution stellte heraus, dass diese Aufgaben die geschichtlich der kapitalistischen Klasse zugefallen waren, in so rückständigen Ländern jetzt dem Proletariat zufielen, das die armen Bäuer*innen und andere ausgebeutete Schichten hinter sich ziehen und die Leitung der Gesellschaft übernehmen konnte, selbst wenn es in der Minderheit war. Nachdem es die Aufgaben der bürgerlichen Revolution erledigt hatte, würde die Revolution unter der Führung der Arbeiter*innenklasse unvermeidlich zu den in der sozialistischen Revolution gestellten Aufgaben weitergehen, deren Erfolg und künftige Entwicklung von der Entfaltung der Revolution in den fortgeschrittenen kapitalistischen Ländern abhängen würde. Es war die Isolation der russischen Revolution nach einer Reihe von Niederlagen der Arbeiter*innenbewegung in entscheidenden Ländern wie Deutschland, die den Weg für die politische Konterrevolution und das Wachstum der stalinistischen Bürokratie bereitete.
In der Nachkriegsperiode entwickelte sich eine weitere Wendung in der Entfaltung der kolonialen Revolution. In einer Reihe von Ländern wurde der Sturz von Kapitalismus und Großgrundbesitz durchgeführt, aber auf verzerrte Weise. Da die Gesellschaft in einer Sackgasse war, kamen Guerillaarmeen auf der Grundlage der Bäuer*innenschaft an die Macht, oft mit massiver Unterstützung in den Städten, wo aber das Proletariat mangels marxistischer Führung nicht bewusst an der Spitze der Revolution stand. Eine Alternative war, dass Teile des alten Staatsapparats den Massendruck nutzten und eingriffen und Maßnahmen zum Sturz von Großgrundbesitz und Kapitalismus durchführten. Die Errichtung eines staatlichen Produktionsplans stellte einen massiven Fortschritt dar. Diese Regime genossen zwar wie im Fall Kubas Massenunterstützung, waren aber keine Arbeiter*innendemokratien. Die Staatsmaschine, die errichtet wurde, war die der bürokratischen Regime des proletarischen Bonapartismus, die sich auf einen staatlichen Produktionsplan stützten, aber ohne dass das Proletariat das Management und die Planung der Gesellschaft unternahm.
Der Sturz der Somoza-Diktatur im Juli 1979 war das Ergebnis des spontanen Aufstands in den Städten. Da jede Alternative zur FSLN fehlte, wurde sie an die Macht gestoßen, das Proletariat übernahm aber nicht bewusst die Leitung der Gesellschaft. Die FSLN war aber in diesem Stadium und während einer langgezogenen Periode danach ungeheuer populär und genoss Massenunterstützung.
Es wurde jedoch von Anfang an ein grundlegender Widerspruch erzeugt. Der geschaffene Staatsapparat war nach dem Modell Kubas, aber die Wirtschaft blieb anders als auf Kuba von der Bourgeoisie beherrscht, trotz mancher Verstaatlichungen, besonders der alten Somoza-Landgüter und -Fabriken. Der vorherrschende Flügel der FSLN-Führung folgte der sogenannten Zwei-Etappen-Theorie einer Periode kapitalistischer Entwicklung und Zusammenarbeit mit dem sogenannten ,fortschrittlichen Flügel’ der nationalen kapitalistischen Klasse.
Aber die nicaraguanische Bourgeoisie und der US-Imperialismus akzeptierten die Sandinistas nicht, die zwar die kapitalistisch beherrschte Wirtschaft verteidigten, aber eine neue Staatsmaschine bildeten, die auf den Kräften der Revolution beruhte. Sie war aus dem Blickwinkel der Bourgeoisie unzuverlässig und drohte in irgendeinem Stadium die soziale Revolution unter dem Druck von unten zu vollenden, wenn auch in verzerrter Form. Angesichts ihrer Zusammensetzung am Beginn der Revolution fühlten weder der US-Imperialismus noch die nationale Bourgeoisie, dass sie solch eine Staatsmaschine integrieren und zur Verteidigung ihrer eigenen Interessen verwenden könnten. Sie versuchten daher systematisch, ihn zu untergraben und zu stürzen
Wie ihre kubanischen Gegenstücke stellte sich die FSLN eine Periode kapitalistischer Entwicklung vor. Unter dem Einfluss der Krise und dem Druck der Massen überlegten sie jedoch in verschiedenen Phasen, Kapitalismus und Großgrundbesitz zu stürzen. Nach 1979 und wieder 1985 gingen sie zur Bürokratie in Moskau, um Zustimmung zu erlangen. Bei jeder Gelegenheit erhielten sie einen Korb.
Erneut wurde die Rolle der stalinistischen Bürokratie im Prozess der Weltrevolution enthüllt. Sie lehnte die Durchführung der Revolution ab, selbst auf verzerrte Weise, weil das das Gleichgewicht umkippen würde, das sie für sich und den Imperialismus suchten. Gorbatschow erklärte in seinem Buch ,Perestroika’: „Rechte Kräfte stellen unsere Interessen in Lateinamerika als die Absicht dar, eine Reihe von sozialistischen Revolutionen dort anzuzetteln. Unsinn! Die Weise, wie wir uns seit Jahrzehnten verhalten haben, beweist, dass wir nichts Derartiges planen. Wir wollen weder seine Rohstoffe noch seine billigen Arbeitskräfte. Wir wollen keine Anti-US-Haltungen ausbeuten, geschweige denn sie anheizen, wir wollen auch nicht die traditionellen Verbindungen zwischen den USA und Lateinamerika aushöhlen.“ ([engl. Ausg.] S. 187 f.)
In Kuba blieb Castro 1960 wegen des Boykotts der USA, die vor der Verstaatlichung 90% der Wirtschaft beherrschten, keine Alternative, als die Revolution trotz der Opposition aus Moskau zu vollenden. Moskau nahm Kuba in seine Einflusssphäre auf, nachdem es vor der vollendeten Tatsache des Sturzes des Kapitalismus stand. In Nicaragua ging die FSLN nicht diesen Weg, sondern versuchte systematisch, eine Verständigung mit der nicaraguanischen Bourgeoisie zu finden und den US-Imperialismus zu besänftigen, indem sie seinen Forderungen ein Zugeständnis nach dem andren machte.
Die Folge war die Wahlniederlage, die einen über einen Zeitraum stattfindenden Prozess widerspiegelte. Die Massenbeteiligung an den CDSs (Sandinistische Verteidigungskomitees), die auf ihrem Höhepunkt 500.000 erreicht hatte, war dramatisch gefallen. Diese Körperschaften spielten nie die selbe Rolle wie die Sowjets in Russland, die als Organe der Kontrolle und Verwaltung durch die Arbeiter*innenklasse dienten. Sie spiegelten zwar die Begeisterung wider, die für die Revolution bestand, dienten aber als Transmissionsriemen für die Entscheidungen des FSLN-Direktoriums, wo die Macht konzentriert war.
Die professionelle Armee wurde auf 80.000 zusammen mit einer 10.000 starken Polizeitruppe erhöht, während die ,Volksmiliz’ verkleinert wurde. Die Massenorganisationen der FSLN wurden immer weniger demokratisch, die Beweise für Privilegien im Lebensstil der Führer*innen nahmen zu — bei wachsender Armut der Massen.
Kürzlich fiel die Moral der sandinistischen Aktivist*innen und Unterstützer*innen dramatisch, was die Wirkungen der sowohl wirtschaftlichen als auch militärischen Erschöpfung und das Fehlen einer Perspektive für einen Weg vorwärts zeigte. Ein Interview mit einem Ex-Sandinisten, Pablo, spiegelt wider, was passierte. Er erklärte einfach: „Ich war ein Radioingenieur. Ich, ein Radioingenieur, ein Kämpfer in der Revolution, ein sandinistischer Brigadekommandant musste auf den Abfallhaufen gehen und Papier zum Verkaufen sammeln, um meine Kinder zu ernähren. Nicht ich habe mich geändert, die Sandinistas haben mich im Stich gelassen. Ich bin immer noch ein Revolutionär.“ (,The Independent’, 27. Februar 1990)
Die wachsende politische Degeneration der FSLN spiegelte sich in der ,Amerikanisierung’ ihrer Wahlkampagne wider. Unter der Parole „Alles wird besser werden“ wurde alles angeboten außer einem Programm, um die Revolution vorwärts zu bringen. Der Jugend (52% der Bevölkerung sind zwischen 16 und 28 Jahre) wurden auf Wahlkundgebungen kostenlose Kondome in den Farben der FSLN gegeben und ein Poster mit dem Text „das erste Mal ist schön, wenn man es mit Liebe macht“.
Der US-Imperialismus beobachtete, wie sich diese Entwicklungen über einen Zeitraum entfalteten. Anfänglich hielten sie sich aus Angst vor den Folgen im Rest von Zentral- und Lateinamerika vor einer militärischen Intervention zurück. Sie fürchteten auch, dass sie nach einem anfänglichen militärischen Sieg im Lauf der Zeit in einen neuen Guerillakrieg verwickelt würden, den sie nicht würden gewinnen können. Angesichts einer sandinistischen Führung, die ein Programm der Beschwichtigung der Interessen des Kapitalismus wählte, war die vorherrschende Sicht der Strateg*innen des US-Imperialismus, die sandinistische Führung einfach für sie die Arbeit machen zu lassen. Die Wahl Chamorros hat solch eine Strategie bestätigt.
Nur die von Lenin und Trotzki im Verlauf der Russischen Revolution angewandten Methoden boten eine Aussicht auf den Sieg über den Imperialismus und die Verteidigung der Revolution. Die Vollendung der Revolution mit dem Sturz von Großgrundbesitz und Kapitalismus und der Errichtung einer wirklichen Arbeiter*innendemokratie hätte zweifellos ein Handeln des US-Imperialismus provoziert. Mit einer internationalistischen Perspektive hätte jedoch ein bewusster Appell für die Ausbreitung der Revolution auf den Rest Zentralamerikas und vor allem Lateinamerikas gemacht werden können, das eine mächtigere Arbeiter*innenklasse hat. Damit wäre das Gespenst einer Niederlage des US-Imperialismus und der ersten Schritte der Entfaltung der Weltrevolution aufgekommen. Nur solch eine Alternative hätte den nicaraguanischen Massen die Aussicht auf Beteiligung an der Niederlage der hauptsächlichsten imperialistischen Macht der Welt geboten.
Wie die Russische Revolution zeigte, war es mit solch einer Perspektive und mit Vertrauen ins internationale Proletariat möglich, nicht nur eine, sondern 21 ausländische Interventionsarmeen zu besiegen. Das Proletariat und die armen Bäuer*innen konnten sogar noch größere Opfer als die nicaraguanischen Massen zur Verteidigung der Revolution bringen, weil sie bewusst waren und auf die Entwicklung der Weltrevolution vertrauten. Das Scheitern der internationalen Revolution bereitete zwar den Weg für die politische Konterrevolution in Form der stalinistischen Bürokratie, führte aber immer noch nicht zum Verlust der sozialen Revolution und der durch die verstaatlichte Planwirtschaft gesicherten Errungenschaften. Jetzt hat die Sackgasse der stalinistischen Bürokratie jedoch dazu geführt, dass zumindest ein Teil der herrschenden bürokratischen Clique die Idee der Planwirtschaft aufgegeben hat und versucht, Markt und Privateigentum an den Produktionsmitteln wiederherzustellen.
Aber für die sandinistischen Führer*innen war die Revolution, in den Worten eines der ,radikalsten’ FSLN-Führer*innen, Tomas Borge, „eine nationale Angelegenheit“. Diese Herangehensweise führte zur Ankunft der Konterrevolution und dem möglichen Verlust der Errungenschaften der Revolution selbst.
Die Wahlen sind klar eine ernste Niederlage, eine, die hätte vermieden werden können, wenn sich die FSLN auf die Ideen von Lenin und Trotzki und auf eine klare Perspektive für die internationale sozialistische Revolution gestützt hätte. Sie stellt jedoch nicht die Errichtung einer vollständig stabilen Lage durch die Bourgeoisie dar. Mit 42% der Stimmen ist die FSLN immer noch die bei weitem größte Partei der Versammlung und eine mächtige Kraft. UNO ist eine sehr instabile Koalition.
Die UNO-Führung beabsichtigt jetzt klar, ihre eigenen Vertreter*innen in den Staatsapparat zu integrieren. Die um Daniel Ortega gruppierte Mehrheit der FSLN-Führung wird wahrscheinlich mit der Bourgeoisie bei der Schaffung einer zuverlässigeren Staatsmaschine zusammenarbeiten. Erschöpfung durch den Krieg macht es wahrscheinlich, dass sie Erfolg haben werden. In der Tat entwickelte schon vor den Wahlen der sandinistische Staat Tendenzen zu einem bürgerlich-bonapartistischen Regime, das mit den Kapitalist*innen zusammenarbeitete, Streiks verbot und den Forderungen des US-Imperialismus zustimmte, zum Beispiel der Freilassung früherer Mitglieder von Somozas Nationalgarde und selbst der Rückkehr von ein paar ehemaligen Contra-Führer*innen nach Nicaragua.
Unter den gegenwärtigen Bedingungen wird solch ein Prozess weitergehen. Er wird jedoch nicht völlig glatt verlaufen. Die FSLN wurde als Koalition verschiedener Strömungen geschaffen und gegensätzlicher Druck auf sie ging weiter. Es ist gut möglich, dass ein Teil der FSLN, vielleicht um Tomas Borge, der an der Spitze der Streitkräfte steht, in Konflikt geraten wird und eine Spaltung sich in der Armee entwickeln wird. Wenn der Imperialismus und die Bourgeois zu schnell vorgehen würden, könnten sie leicht einen Gegenschlag von Teilen der Jugend rund um die FSLN erzeugen, die erneut den Weg des Guerillakampfes einschlagen könnten.
Der US-Imperialismus wird jetzt Maßnahmen für Investitionen in der Wirtschaft ergreifen, um die Lage zu stabilisieren. In der Tat war das ein Faktor, der der UNO mangels durch die Sandinistas angebotener Alternative Unterstützung gebracht hat. Bush hat ein sofortiges Hilfspaket von 300 Millionen US-Dollar angeboten. Solch eine Investition würde der neuen Regierung Raum geben, um Zugeständnisse zu machen. Das kann nach einem so verheerenden Zusammenbruch über einen gewissen Zeitraum eine Wirkung haben.
Mit dem Beginn einer neuen Weltwirtschaftskrise wird Nicaragua jedoch wie ganz Zentral- und Südamerika ernsthaft getroffen werden. Es wird unvermeidlich zu neuen Umwälzungen und Kämpfen kommen, die wahrscheinlich in einem Stadium die Bourgeoisie dazu drängen werden, zu unbarmherzigeren Herrschaftsformen zu greifen, wenn sie ein zuverlässige Staatsmaschine schaffen kann, auf die sie sich stützen kann. Wie weit sich solch ein Prozess entwickeln wird, hängt von der Geschwindigkeit ab, mit der sich die Bewegung in Nicaragua vom letzten Jahrzehnt an Kämpfen erholt, und vom Tempo der sich in ganz Lateinamerika entfaltenden Revolution.
Wenn die Lehren aus der Erfahrung der nicaraguanischen Revolution gelernt werden, können sie einen künftigen Sieg der Massen in ganz Zentral- und Lateinamerika und die Errichtung einer Sozialistischen Föderation der Lateinamerikanischen Staaten ermutigen.
Schreibe einen Kommentar