Leo Trotzki: Brief an Frankfurter Freunde

[eigene Übersetzung des russischen Textes, verglichen mit der englischen Übersetzung]

Danke für den Brief und für den Ausschnitt aus den „Frankfurter Nachrichten“. Es ist nicht nötig zu sagen, wie mich Ihre Erfolge erfreuen. Auch wenn sie in nächster Zeit nicht zahlreicher zum Ausdruck kommen werden. Ihre Bedeutung ist trotzdem sehr groß. Unter den derzeitigen Bedingungen werden sich in die linke Opposition nicht ein ein Amt suchender Karrierist, ein eine Zeitung suchender Journalist usw. einreihen. Die linke Opposition ist arm und befindet sich unter den Schlägen nicht nur der herrschenden Klassen, sondern auch der Stalinschen Bürokratie. Zu uns gehen nur tief der proletarischen Revolution ergebe Menschen. Diese sind Kaderelemente. Bewaffnet mit den richtigen Methoden werden sie die Bahn zu den Massen finden.

Der Artikel der „Frankfurter Nachrichten“ zeigt, wie auch viele andere Artikel der bürgerlichen Presse, sehr klar, dass der Klassenfeind wunderbar die Gefahr durch jene Politik versteht, die die linke Opposition verteidigt. So sehr auch die Stalinisten über unseren „konterrevolutionären Charakter“ schreien, die Bourgeoisie will ihnen nicht glauben und hält uns – nicht ohne Grund – für ihre unversöhnlichsten Feinde. Die Zukunft wird zeigen, dass sie Recht hat.

Die „Frankfurter Nachrichten“ sprechen über die theoretische Attacke Trotzkis auf den „Hamburger Hafenarbeiter“ Thälmann1. Das Ziel dieser Gegenüberstellung ist allzu klar: auf den Saiten der Selbstliebe der Arbeiter zu spielen und so die offizielle Parteibürokratie gegen den Einfluss der Kritik der Bolschewiki-Leninisten abzuschirmen. Die derzeitige Stalinsche Taktik ist, wie bereits gesagt, viel weniger bedrohlich.

Es ist nicht nötig zu sagen, dass meine Kritik nicht gegen den „Hafenarbeiter“ Thälmann gerichtet war, sondern gegen den sehr hohen Bürokraten, welcher strebt, jedem kritischen Arbeiter mit der Faust den Mund zu stopfen. Aber wenn Stalin diese Operation ungeachtet der Staatsmacht immer weniger gelingt, dann wird Thälmann erst Recht nicht das marxistische Denken im deutschen Proletariat erwürgen.

Ich wünsche Ihnen fernere Erfolge bei der Arbeit.

Ihr L. Trotzki

Prinkipo, 5. November 1932

1 In der englischen Übersetzung hier und im nächsten Absatz: „Thälmanns ,Hafenarbeiter’“, im russischen Text ist der Hafenarbeiter eindeutig im Singular


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