[eigene Übersetzung des englischen Textes in Workers International News, 6. Jg., Nr. 1, Oktober 1945, Zwischenüberschriften nach dem Nachdruck in The unbroken Thread
Der Beitrag unserer deutschen Genossen1 (Probleme der europäischen Revolution, veröffentlicht in der Juli-August-Ausgabe der Workers International News) ist ein Anzeichen für den ,Rückzug’ von den grundlegenden Lehren des Marxismus. Sie haben das leninistische Kriterium, das Klassenkriterium aller in der Gesellschaft stattfindenden Prozesse aufgegeben und eine vorleninistische, sogar vormenschewistische Theorie der ,demokratischen’ Revolution in Europa übernommen. Eine ,nationaldemokratische’ Revolution, die nach dem Zusammenbruch Hitlers jetzt in ganz Europa gegen die Alliierten gerichtet ist!
Es würde unglaublich erscheinen, dass sich nach dem gewaltigen Kampf, den Trotzki für die Vorstellung der Permanenten Revolution gegen die Revisionisten des Stalinismus führte, innerhalb der Reihen der Vierten Internationale eine kleinbürgerlich-demokratische, revisionistische Strömung entwickeln würde. Das ist aber natürlich durch die ununterbrochene Reihe der Niederlagen erklärt, die das Proletariat erfahren hat, und die Isolation, zu der die Genossen in der Emigration verurteilt waren. Sie haben dem Druck der kleinbürgerlichen Reaktion nachgegeben.
Diese Genossen rühmen sich ihres Verständnisses der Dialektik, aber schaffen es nicht einmal, an die Probleme, vor denen sie stehen, aus einem wirklich geschichtlichen Blickwinkel heranzugehen. Von was in was entwickelt sich die Gesellschaft heute? Dass Hitler an die Macht kam, der Krieg und seine Folgen sind eine Widerspiegelung der Sackgasse des Kapitalismus, seines Zerfalls und Niedergangs, seiner Unfähigkeit, ein einziges der Probleme zu lösen, vor denen er steht. Es ist ein Ergebnis des Versagens des Proletariats durch den Verrat seiner (stalinistischen und reformistischen) Führung, den Kapitalismus zu stürzen und die Herrschaft der Arbeiterklasse zu errichten. Nicht einmal die verwirrten Genossen der IKD würden wagen, diesen grundlegenden Sätzen zu widersprechen, aber weil sie die Probleme nicht klar stellen, ziehen sie die fantastischsten Schlussfolgerungen aus der faulenden und modernden Zusammenbruch des Kapitalismus. Sie ziehen die Schlussfolgerung, dass die Bourgeoisie, durch eine ,demokratische’ Revolution immer noch eine fortschrittliche Rolle spielen kann! Es ist wahr, dass sie dies unter dem Deckmantel einer ,Volks’bewegung vorbringen, deren Klassencharaktersie nicht definieren. Aber nie in der modernen Zeit hat das ,Volk’ oder die ,Nation’ als solche eine unabhängige Rolle gespielt. Die kleinbürgerlichen Massen können mit allen ihren Schichten entweder das Proletariat oder die Bourgeoisie unterstützen. Es kann in der modernen Gesellschaft keinen anderen Staat als den des Proletariats oder der Bourgeoisie geben. Lenin entwickelte diese Idee klar, als er schrieb:
„Die ganze politische Ökonomie, wenn irgend jemand irgend etwas aus ihr gelernt hat, die ganze Geschichte der Revolution, die ganze Geschichte der politischen Entwicklung während des ganzen 19. Jahrhunderts lehren uns, dass der Bauer entweder dem Arbeiter oder dem Bourgeois folgt. […]
Wenn ihr nicht wisst, warum, würde ich solchen Bürgern sagen, dann […] denkt nach über die Entwicklung jeder der großen Revolutionen des 18. und 19. Jahrhunderts, über die politische Geschichte eines jeden Landes im 19. Jahrhundert. Sie wird euch das Warum beantworten. Die Ökonomik der kapitalistischen Gesellschaft ist derart, dass nur das Kapital oder das es stürzende Proletariat die herrschende Kraft sein kann.
Andere Kräfte gibt es in der Ökonomik dieser Gesellschaft nicht.“ 2
Das absichtlich unbestimmte Reden der IKD über den Kampf des „ganzen Volkes gegen den nationalen und politischen Unterdrücker“ soll die Kapitulation vor der kleinbürgerlichen Vorstellung der Revolution verdecken. Wenn man sie mit obigem Zitat konfrontierte, wären sie zweifellos gezwungen es zu akzeptieren, zumindest in Worten. Aber was folgt daraus? Was ist der Klassencharakter dieser ,Volks’bewegung? Ist sie proletarisch, ist sie bürgerlich oder ist sie kleinbürgerlich? Mit dem Versuch, über den Klassencharakter dieser Bewegung hinwegzugehen (immer ein Merkmal von kleinbürgerlichem Denken), enthüllt die IKD die Herkunft ihrer Ideen, kleinbürgerliche Kapitulation vor bürgerlicherDemokratie und Imperialismus.
[Eine ,demokratische’ oder proletarische Revolution?]
Indem sie das Versagen des Proletariats beim Sturz des Kapitalismus als Ausgangspunkt nehmen, argumentieren die IKD-Genossen, dass die Gesellschaft so weit zurückgeworfen worden sei, dass sich die von der Französischen Revolution von 1789 gelöste bürgerlich-demokratische Revolution erneut zur Lösung stellt! Was für eine Schlussfolgerung! Vom Versagen des Proletariats (wegen seiner Führung) wenden sie sich zum Kleinbürgertum, zum Volk als Rettung. Aber gerade die Unfähigkeit des Kleinbürgertums, einen neuen Weg zu finden, und seine Raserei öffneten den faschistischen Banden den Weg, auf dem sie an die Macht kommen konnten. Aus dem Kleinbürgertum kann keine Führung kommen. In der modernen Gesellschaft müssen sie Führung in einer oder der anderen Grundklasse der Gesellschaft finden, Bourgeoisie oder Proletariat. Nachdem sie die proletarische Revolution als Lösung verworfen haben findet sich die IKD natürlicherweise im Schlepptau der Bourgeoisie. Aber diese Vorstellungen stellen einen völligen Bruch mit der marxistischen Vorstellung der Epoche dar, die in Lenins Worten eine Epoche von Kriegen und Revolutionen ist, von proletarischen Revolutionen. So wird die Bourgeoisie in Kriege und bestialische Unterdrückung gestoßen, nicht weil es für sie dadurch eine Lösung gebe, sondern weil sie durch die unlösbaren Widersprüche des Systems zu diesen Extremen getrieben werden. Kriege und Unterdrückung können keine Lösung liefern, sondern nur das Problem verschärfen.
Der Sieg der deutschen Imperialisten führte zur Zusammenarbeit der besiegten Bourgeoisie Frankreichs und anderer Länder in Europa mit den Siegern als Juniorpartner bei der Ausbeutung der Massen. Das konnte nur zur Verschärfung des Klassenhasses der Arbeiter nicht nur gegen die ausländischen Unterdrücker sondern auch gegen ihre Agenten zu Hause führen. Das Kleinbürgertum und auch die Arbeiter konnten nichts als Hass für die Trusts und Konzerne empfinden, die ihre Profite über die Fiktion der ,Nation’ stellten. Folglich entstand die Grundlage für ein Bündnis von Proletariat und Kleinbürgertum gegen die ausländischen und einheimischen Unterdrücker, gegen den Kapitalismus.
In den rückständigen Ländern zieht die nationale Bourgeoisie letztlich die Verbindung mit den Großgrundbesitzern und ausländischen imperialistischen Unterdrückern gegen ihre eigenen Arbeiter und Bauern vor, weil sie nach Lenin und Trotzki unfähig zur Lösung der Probleme der bürgerlich-demokratischen Revolution sind. (Besonders letzterer entwickelte diese Idee mit der Theorie der Permanenten Revolution.) Wegen der Unmöglichkeit, dass das Kleinbürgertum eine unabhängige Rolle spielt, konnte nur das Proletariat als Klasse den Kampf gegen die ausländischen Unterdrücker führen und die bürgerlich-demokratische Revolution und den Kampf für nationale Befreiung durchführen. Aber solch ein Kampf konnte seinem ganzen Charakter nach nur zum Sieg der bürgerlichen imperialistischen Konterrevolution oder zur Machteroberung durch das Proletariat führen. Unter solchen Bedingungen ist die Aufgabe des Proletariats und seiner Vorhut die Beibehaltung der Unabhängigkeit von der Bourgeoisie und der Kampf zur Gewinnung der plebejischen Massen auf seine Seite.
Die Ideen der IKD revidieren also die von Trotzki für die chinesische und indischen Revolution entwickelten Konzeptionen und wenden diese revidierten Konzeptionen auf die fortgeschrittenen Länder Europas an!
Die Verwirrung in den Köpfen dieser Genossen zeigt sich an ihrem Beharren auf der Notwendigkeit einer Übergangsrevolution vor der proletarischen Revolution, einer sogenannten ,demokratischen’ Revolution. Darin wiederholen sie alle Fehler von Stalin-Bucharin in der chinesischen Revolution 1925-27. Mit dem Unterschied, dass die stalinistische Clique den Anschein von Berechtigung konstruieren konnte, da die nationaldemokratische Revolution im Osten nicht vollendet war. Aber selbst hier konnten solche Vorstellungen nur zur Katastrophe führen, wie die Erfahrung der Russischen Revolution schon gezeigt hat. Aber eine noch krassere Formulierung als die, die die Stalinisten auf China anwandten, auf Europa anzuwenden, heißt die äußerste Grenze des Revisionismus am Trotzkismus zu erreichen. Wenigstens versuchte Stalin, seine Verwirrung mit der veralteten bolschewistischen Formel der ,demokratischen Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft’ zu verdecken. Das war die einzige Klassenformel, die er finden konnte, um die ,demokratische‘ Revolution zu beschreiben, die er in Asien vorhersah. Unsere deutschen Genossen lassen diese Frage unbeantwortet, weil sie das Problem nicht ausreichend durchdacht haben. Wie wird die demokratische Revolution aussehen? Welche Klasse wird die führende Rolle bei ihrer Verwirklichung spielen? Welche Klasse wird in der Regierung herrschen? Welche Unterschiede gibt es zwischen dem Regime der bürgerlichen Demokratie und dem Regime dieser ,demokratischen’ Revolution?
Die Probleme richtig zu stellen, ist schon die halbe Antwort auf sie. Unsere Genossen haben sich im Nebel kleinbürgerlicher Phrasendrescherei verloren, weil sie nicht die marxistische Methode anwenden.
Es scheint fantastisch, dass es eine Auseinandersetzung um Fragen geben soll, die jeder Anfänger des Trotzkismus verstehen sollte, erst recht Leute mit großen ,theoretischen’ Ansprüchen. Es unterstreicht die Notwendigkeit, die grundlegenden Theorien der Bewegung regelmäßig neu zu bekräftigen, nicht nur zum Nutzen neuer Mitglieder sondern auch für Leute, für die solche Sätze elementar sein sollten.
Bei der Behandlung der Probleme der Permanenten Revolution in Chinabeantwortete Trotzki im Voraus unsere Genossen aus der Emigration und erklärte:
„in China […] nimmt die Frage der nationalen Befreiung einen großen Platz ein. […] Das alles zusammen beweist, daß für China […] die Formel der demokratischen Diktatur“ (als Ersatz für den Kampf für proletarische Diktatur) „eine noch gefährlichere reaktionäre Falle darstellt …“
Und wieder:
„In einer bürgerlichen Gesellschaft mit bereits entwickelten Klassengegensätzen kann es nur entweder eine offene oder eine verhüllte Diktatur der Bourgeoisie geben oder aber die Diktatur des Proletariats. Von einem Übergangsregime kann nicht die Rede sein.“
Unsere Genossen waren nicht in der Lage, ihre Gedanken zu Ende zu denken und so enden sie bei einer Politik, die eine lächerliche Karikatur auf den Stalinismus ist. Sie argumentieren:
„Die Rückwärtsentwicklung des Kapitalismus führte zur Zerstörung der nationalen Unabhängigkeit und demokratischen Freiheiten in den wichtigsten europäischen Nationen. Nirgends ging die Bewegung über die Grenzen von bürgerlichen Forderungen, die ersten Versuche der unterdrückten Massen Europas, die demokratische Revolution zu verwirklichen und nationale Unabhängigkeit zurückzuerobern waren zum Scheitern verurteilt … die zweite Welle der demokratischen Revolution wird viele Hindernisse entfernt finden, die die erste behinderten…“
Wenn die Genossen argumentieren, dass Europa um Jahrhunderte zurückgeworfen worden sei, dass die Aufgabe die Durchführung der bürgerlichen Revolution ist (denn das ist der Klassencharakter der ,demokratischen Revolution’), wie kann sie dann erreicht werden? In der Vergangenheit wurde sie von den plebejischen Massen durchgeführt, die nicht über die Grenzen der bürgerlichen Eigentumsform gehen konnten. Wenn diese sogenannte bürgerliche Revolution vom Proletariat durchgeführt werden soll, dann macht das ganze Schema keinen Sinn. Denn wenn das Proletariat die führende Rolle spielen muss, dann kann die Revolution nur die proletarische Revolution sein, die zur Diktatur des Proletariats führt. Indem er die Stalinisten peitschte, bemerkte Trotzki über den Versuch, die ,Demokratie’ von ihrem gesellschaftlichen Inhalt zu trennen:
„Die Hoffnungslosigkeit der Epigonen äußert sich am krassesten darin, daß sie auch jetzt noch versuchen, die demokratische Diktatur sowohl der Diktatur der Bourgeoisie wie der Diktatur des Proletariats gegenüberzustellen. Das aber bedeutet ja, daß die demokratische Diktatur einen Übergangscharakter, d.h. einen kleinbürgerlichen Inhalt haben muss.“
Wenn die Genossen argumentieren, dass sie für eine bürgerliche Demokratie stehen, dann ist die führende Rolle der Bourgeoisie verstärkt und ihre Kritik an der stalinistischen Linie in Frankreich ist absurd. Die Stalinisten und Reformisten, die in Frankreich und anderen besetzten Ländern eine ,Linie’ entwickelt haben, die der der IKD sehr ähnlich ist, kämpften konsequent für den ,nationalen Befreiungskrieg’ in dem alle Klassen am Kampf für ,Demokratie’ beteiligt waren, ohne ihren gesellschaftlichen Inhalt zu erklären. Folglich ist die schwache Kritik der IKD an der Rolle der ,nationalen Befreiungs’bewegungen völlig irreal. Wenn die Position der IKD richtig wäre, hätten sie den von den alten Arbeiterorganisationen in Europa verfolgten Kurs nicht kritisieren, sondern völlig mit ihm übereinstimmen müssen.
Das Problem mit der IKD ist, dass sie durch die reaktionäre Welle aus der Bahn geworfen wurde und das Hinterteil der Geschichte mit ihrem Gesicht verwechselt. Auf der Suche nach einer unmöglichen ,demokratischen’ Revolution kann sie das Gesicht der frühen Stufen der proletarischen Revolution nicht sehen und setzt die bürgerlich-,demokratische’ Konterrevolution der Periode des Niedergangs der Bourgeoisie mit der demokratischen Revolution ihres Aufstiegs gleich! Sie machen das, weil sie die demokratischen Forderungen des Proletariats mit dem Charakter der Revolution verwechseln, der das Proletariat ins Auge sehen muss. Demokratische Forderungen, das Recht zu streiken und sich zu organisieren, das Recht auf Rede-, Pressefreiheit, Wahlen, verfassunggebende Versammlung etc. etc. sind Teil der Übergangsforderungen des Proletariats im seinem Kampf für die sozialistische Revolution.Diese Forderungen müssen auf das Banner der revolutionären Partei geschrieben werden in seinem Bemühen, die Massen für den Kampf zu mobilisieren und sie in der Notwendigkeit der Machteroberung zu schulen. In jeder Revolution des Proletariats in der modernen Zeit spielte die eine oder andere demokratische Forderung ihren Teil im Kampf des Proletariats gegen die Bourgeoisie. Aber für sich genommen bestimmte das nicht den Charakter des Kampfes, den das Proletariat anfing.
Sowohl die Opportunisten der IKD als auch verschiedene Sektierer wurden im Voraus durch die von den Bolschewiki in der Russischen Revolution angewandte Taktik beantwortet. Hier steuerten die Bolschewiki zwar auf den Oktoberaufstand zu, verbanden dieses strategische Ziel aber mit flexibler Taktik, auf der Grundlage des Verständnisses des gesellschaftlichen Charakters der Aufgaben, vor denen das Proletariat stand. Sie kämpften für demokratische Forderungen, aber dieser Kampf war unlösbar mit dem Kampf für die Diktatur des Proletariats verbunden.
[Führende Rolle des Proletariats]
Unsere Epoche bleibt, selbst in den rückständigen Ländern, die die demokratische Revolution noch nicht vollendet haben, die Epoche der proletarischen Revolution und bürgerlichen Konterrevolution (welches auch immer ihre spezifische Form ist) und überhaupt nicht die Epoche der demokratischen Revolution. Der Sieg des Faschismus ändert in keiner Weise den sozialen Charakter des Regimes, die Wirtschaft des Kapitalismus oder die Rolle der verschiedenen Klassen in der Gesellschaft. Der Sieg im Krieg, die Ausplünderung und nationale Unterdrückung von anderen imperialistischen Ländern durch eine kapitalistische Nation, stellt an sich keine entscheidende Änderung innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft dar. Die Epoche der demokratischen Revolution ist seit langem vergangen. Folglich kann die Politik, die sich auf nicht bestehende Phantome der ,demokratischen Revolution’ stützt, nur der Bourgeoisie in die Hände spielen. Die Tatsache, dass die Stalinisten-Reformisten in Spanien während des Bürgerkrieges und unter der deutschen Besatzung in Europa ihre konterrevolutionär Arbeit unter dem Deckmantel des ,Kampfs für die Demokratie’ durchführten, ist überhaupt kein Zufall.
Solch eine Vorstellung der Aufgaben, vor denen das Proletariat steht kann nicht weniger als eine ,demokratische Schlinge’ sein, um die Bewegung des Proletariats zu erwürgen. Sie stellt eine Idealisierung der Rolle der kleinbürgerlichen Massen dar und weil sie die Kapitulation vor deren Vorstellungen beinhaltet, liefert sie das Proletariat unausweichlich mit gefesselten Händen und Füßen der ,nationalen’ Bourgeoisie aus.
Genau deshalb stellte das, was die Genossen der ,Drei Thesen’ für eine ,trickreiche’ Ausnutzung der sogenannten ,nationalen’ Bewegung durch die Stalinisten halten, den größten Verrat dar. Unsere Genossen kündigen ,bedingungslose Unterstützung’ der ,Widerstandsbewegung’ an. Aber sie erklären nicht, welches Teils der Widerstandsbewegung. Anscheinend weisen sie die Führung durch de Gaulle und die anderen Imperialisten zurück. Aber die bedingungslose Unterstützung der Widerstandsbewegung muss ihrem Wesen nach die Unterstützung der Imperialisten bedeuten, die die Bewegung kontrollierten. Vielleicht meinen sie bedingungslose Unterstützung des stalinistischen Flügels der Widerstandsbewegung? Wir können uns den Schauder vorstellen, den solch ein Vorschlag bei den Genossen der IKD auslösen würde.
Sie landen jedoch selbst im Lager der stalinistischen Theorie, einfach weil sie den sozialen Inhalt der ,demokratischen’ Revolution nicht verstehen oder vergessen haben: die Schaffung des Nationalstaats; der Sturz des Feudalismus und die Einführung bürgerlicher Verhältnisse; die Trennung von Kirche und Staat; die Agrarrevolution.
Was sie sich als den grundlegenden Inhalt der ,Demokratie’ vorstellen: Organisations-, Rede-, etc. -Freiheit ist in Wirklichkeit ein Nebenprodukt des Klassenkampfes des Proletariats gegen die Bourgeoisie. Es ist der Aufbau eines Bollwerks der proletarischen Demokratie im Kapitalismus, Unterstützungspunkte für das neue System im Rahmen des alten. Gerade hierin liegt das wirkliche ,rückschrittliche’ Kennzeichen des Faschismus: das Ausradieren aller unabhängigen Organisationen des Proletariats. Es ist nicht ohne Bedeutung, dass diese Arbeit mit der Verwendung des Kleinbürgertums als Hebel gegen die Arbeiterklasse vollbracht wird. Es stimmt, dass das Kleinbürgertum unter bestimmten Bedingungen eine andere Rolle spielen kann. Aber nur wenn das Proletariat in einem unabhängigen Kampf für die Gewinnung der Mittelschicht auf seine Seite kämpft und sich nicht im kleinbürgerlichen Sumpf auflöst.
Sicherlich führten die plebejischen Massen die bürgerliche Revolution 1789 durch. Aber sie sind unfähig, jemals wieder eine führende Rolle, eine unabhängige Rolle in der Entwicklung der Gesellschaft zu spielen. Sie werden immer ein Anhängsel für eine der beiden Grundklassen sein, die Bourgeoisie oder das Proletariat. Wo sie nicht dem Proletariat folgen, landen sie, wie alle Geschichte zeigt, unausweichlich im Lager der Reaktion. Deshalb kämpft das Proletariat im Kampf für die sozialistische Revolution sowohl unter den Nazis als auch in den ,befreiten’ Ländern und den Alliierten für die Gewinnung des Kleinbürgertums für die sozialistische Revolution mit wirtschaftlichen und auch demokratischen Übergangsforderungen. Es mag viele Ebben und Fluten im Kampf geben. Auf der einen oder anderen Stufe kämpfen die revolutionären Sozialisten vielleicht für örtliche oder nationale Wahlen, Verfassunggebende Versammlungen etc. Aber egal ob er erfolgreich verwirklicht wird oder nicht, der Kampf für diese Forderungen kann nur Episoden auf dem Weg der proletarischen Revolution und dem Programm der Revolution, mit dem sie verbunden werden müssen, darstellen.
[Übergangsforderungen]
Die hoffnungslose Verwirrung und das eklektische Erscheinungsbild der Genossen zeigt sich, wenn sie in einer Passage sagen, dass die ,demokratische Revolution’, die sie sich vorstellen, nur vom Proletariat durchgeführt werden kann, was allem anderem widerspricht, was sie schreiben. Tatsächlich ist es auf die Weise, wie sie sich die ,demokratische Revolution’ vorstellen, nicht ausgeschlossen, dass parlamentarische Demokratie in Westeuropa für kürzere der längere Zeit bestehen wird. Tatsächlich findet dieser Prozess vor ihren Augen in Frankreich, Italien und anderen Ländern statt. Sie sind durch ihre sogenannte ,nationale Frage’ zu sehr geblendet und voreingenommen, um den Prozess zu sehen, der stattfindet, und seine Bedeutung zu verstehen. Nein, Genossen, das ist nicht die demokratische Revolution, sondern die von der Bourgeoisie verwendeten Mittel (demokratische Konterrevolution) im Kampf gegen die proletarische Revolution.
Aber Übergangsforderungen müssen unausweichlich eine Falle für das Proletariat werden, wenn man zulässt, das sie Selbstzweck werden und von der von den Marxisten verfolgten strategischen Politik getrennt werden. So musste unter den Nazis der Kampf für nationale Befreiung mit dem Kampf für die sozialistischen Vereinigten Staaten von Europa verbunden werden. Der Zusammenbruch der Nationalstaaten wirft objektiv das Problem der Vereinigung des Proletariats Europas gegen die Unterdrücker auf.
Die Widerstandsbewegung in den verschiedenen Ländern war eine Klassenbewegung des Proletariats und der unteren Schichten des Kleinbürgertums. Sie war gegen den deutschen Imperialismus gerichtet und hätte unter richtiger Leitung und Führung auch gegen die Quisling-Bourgeoisie gerichtet werden müssen. Die Ereignisse haben gezeigt, dass es die Massenorganisationen waren, die den Kern der Widerstandsbewegung ausmachten. Der Klassengegensatz konnte trotz der stalinistischen Versuche, das Proletariat mit der ,nationalen’ Bourgeoisie zu versöhnen (was nur durch Kapitulation vor ihr geschehen konnte) den Klassenkampf nicht dämpfen, der in Jugoslawien Griechenland, Polen schon vor der Vertreibung der Deutschen in Bürgerkrieg ausbrach. War dies also das Ergebnis der versuchten Durchführung der demokratischen Revolution?
In Wirklichkeit war der sogenannte ,demokratische’ Kampf, der das ganze ,Volk’ vereinigte, selbst ein Beispiel für die schlimmste Karikatur der Volksfrontpolitik und Klassenzusammenarbeit unter dem Vorwand der Einheit mit der Mittelschicht. Es war Einheit im nationalen Kampf mit den Agenten der Bourgeoisie, während die entscheidenden Teile der Bourgeoisie im Lager der ausländischen Unterdrücker waren.
Wie die Genossen in Europa richtig verstanden, konnte der Kampf gegen die ausländischen Unterdrücker nur als Klassenkampf geführt werden, der an die Solidarität der deutschen Arbeiter- und Bauernsoldaten appellierte. Die chauvinistischen Methoden der Stalinisten und Reformisten waren Wasser auf die Mühlen Hitlers. Eine ,demokratische’ Phase in Europa wird sich nicht aus der objektiven Notwendigkeit einer demokratischen Phase der Revolution ergeben, sondern dem Ausverkauf der alten Arbeiterorganisationen. Wenn Stalinismus und Sozialdemokratie auf dem Boden des Programms des Marxismus gestanden hätten, hätte es die Möglichkeit eines unmittelbaren Übergangs zur Diktatur des Proletariats gegeben. Aber das eine, das fehlte, war gerade die revolutionäre Partei, die die Massen mit einem Bewusstsein der sozialistischen Aufgaben erfüllen konnte. Nur die Schwäche der revolutionären Partei und die konterrevolutionäre Rolle des Stalinismus hat dem Kapitalismus eine Atempause gegeben. Die Bourgeoisie hat vorläufig auf die bürgerlich-demokratische Manipulation der stalino-reformistischen Agenten umgeschaltet, weil sie sieht, dass es praktisch unmöglich ist, mit den Methoden der faschistischen oder Militärdiktatur zu herrschen. Das stellt keine demokratische Revolution dar, sondern im Gegenteil eine vorbeugende demokratische Konterrevolution gegen das Proletariat. Unter modernen Bedingungen kann es keine anderen Arten von demokratischen Revolutionen oder Regimes geben. In Deutschland führte die Sozialdemokratie 1918 ihre Henkersarbeit gerade unter der Losung der ,Demokratie’ durch. Aber es gab keine demokratische Revolution, in der verschiedene Klassen die ersetzten, die schon an der Macht waren. Es war eine proletarische Revolution, die von den Agenten der Bourgeoisie erdrosselt wurde.
Ähnlich war das, was Churchill, Roosevelt und Stalin (der das Problem anscheinend viel besser versteht als die Genossen der IKD) in Italien, Griechenland, Deutschland, Frankreich, Belgien fürchteten, nicht die ,demokratische’ Revolution, sondern die proletarische Revolution, wie Churchill klar erklärte.
Nach den jüngsten Erfahrungen in Europa könnten nur die, die die Idee des Klassenkampfs aufgegeben haben, das irgendwie bezweifeln. Unsere Genossen müssen einen eigentümlichen Sinn für Humor haben, wenn sie geradeheraus sagen:
„Die Lage heute ist daher in ihren grundlegenden Zügen die selbe wie die von 1941 und die ,Drei Thesen’ sind nicht nur bestätigt worden, sondern ihre praktischen Vorschläge behalten volle Gültigkeit.“ Um das zu unterstützen, sagen sie uns: „Die nationale Unterdrückung ist geblieben, nur die Uniformen der Unterdrücker haben sich geändert. Für die Franzosen ist ,nationale Unabhängigkeit’ von Gnaden der USA eine Farce und ein immer mehr wachsender Teil des französischen Volks erkennt das… Der amerikanische Imperialismus hat nicht das kleinste Interesse, einen alten imperialistischen Konkurrenten wieder gesund zu machen. Folglich macht er keinen Finger krumm, um die völlig zerbrochene französische Industrie und damit die Unabhängigkeit Frankreichs wieder auf die Füße zu stellen.“
Die Herrschaft Amerikas über Frankreich und das ,befreite’ Europa, die mittels wirtschaftlichem Druck aufrechterhalten wird, mit dem direkt sichtbaren Stiefel der Nazis zu vergleichen, ist lächerlich. Im Bewusstsein der Massen mag es zwar Abneigung gegen Onkel Sam geben, aber der Hass der Massen richtet sich gegen die französische Bourgeoisie, die Trusts und Konzerne. Dieses Gerede, dass sich nur die Uniformen geändert hätten, zeigt, wie weit sich die Genossen von der Wirklichkeit entfernt haben. Die Arbeiterparteien und -organisationen sind in Frankreich legal und die totalitäre Ferse wurde entfernt. Es wäre für den angloamerikanischen Imperialismus ziemlich unmöglich gewesen, Frankreich und die anderen befreiten Länder mit den Methoden der Gestapo und der SS zu beherrschen, und wenn es nur wegen dem Widerstand der eigenen Soldaten dagegen gewesen wäre, eine solche Rolle zu spielen.
So führt der Versuch, eine falsche Position zu rechtfertigen, nur zu weiteren Irrtümern. In Wirklichkeit ist die Lage in Europa aus dem Zusammenbruch das Kapitalismus erwachsen und das Ergebnis des Krieges ist, dass die günstigsten objektiven Bedingungen für den Sieg der proletarischen Revolution geschaffen sind. Alle von Lenin formulierten Bedingungen sind vorhanden: Mangel an Vertrauen und Unsicherheit der herrschenden Klasse, Schwanken und Unzufriedenheit des Kleinbürgertums, Bereitschaft der unzufriedenen Arbeiterklasse, die heldenhaftesten Opfer für den Sturz des Kapitalismus zu bringen. Alles was fehlt, ist die subjektive Bedingung – die revolutionäre Partei
[Die Kapitalisten stützten Hitler]
Die Massen, nicht nur die Arbeiterklasse, sondern eine große Schicht des Kleinbürgertums, schauen zum Kommunismus als dem Ausweg aus der gesellschaftlichen Sackgasse. Aber die Revisionisten und Zaghaften stellen für die sich jetzt entfaltende Periode eine Politik auf, die viel rückständiger und reaktionärer ist, als es selbst die Reformisten von Europa gewagt haben. Die ,Krise’ in Europa besteht nur in der Tatsache, dass die Stalinisten und Reformisten eine Politik der Kollaboration mit der Bourgeoisie beim Aufbau der ,Demokratie’ durchführen. Dagegen sollten die Genossen der ,Drei Thesen’ wirklich keinen Einwand haben. Mit der Orientierung auf eine ,demokratische’ Revolution ist es unmöglich, eine andere Politik durchzuführen.
Wenn die Genossen der ,Drei Thesen’ den stalinistischen Kurs verurteilen, kann das nur an der Macht der Gewohnheit liegen und daran, dass sie ihre Politik nicht bis zu den notwendigen Schlussfolgerungen durchdacht haben.
Die Verschiebung weg von den Ideen der proletarischen Revolution und zur kleinbürgerlichen Kapitulation vor dem Nationalismus kann man am besten in Bezug auf Deutschland sehen. Hier appellieren die Genossen an die Traditionen der nationalen Befreiungskriege 1813-15, der Studentenbewegung (Burschenschaft) und von 1848. Das ist eine völlig reaktionäre und rückschrittliche Bewegung auf Seiten der Genossen. Die großen Traditionen der proletarischen Revolution von 1918, die Tradition von Liebknecht und Luxemburg ist für sie nicht des Erwähnens würdig!
Es ist wahr, dass Deutschland als Folge der Niederlage nationale Unterdrückung und Teilung erleiden wird. Aber nach dem letzten Krieg wurde Deutschland auch auf den Status eines von seinen imperialistischen Konkurrenten unterdrückten Staates herabgedrückt. Trotzdem wurde von der leninistischen Komintern die Betonung auf die Klassenfragen gelegt, wobei die Opposition gegen den Versailler Vertrag beibehalten wurde. Ähnlich können die deutschen Arbeiter heute gegen die ausländischen Unterdrücker nur kämpfen, indem sie gegen die nationale Bourgeoisie kämpfen, die mit den Siegern kollaboriert. Der Kampf gegen nationale Unterdrückung kann nur als Kampf für die proletarische Revolution geführt werden.
Die Genossen haben viel Unsinn über die Änderung des Regimes von den Nazis zu den Alliierten geschrieben, durch den sich nur die Uniformen geändert hätten (wie bei Opportunisten üblich unterstützen sie die Ideen der Ultralinken warm). Sogar in Deutschland selbst ist das nicht so. Die Alliierten waren schnell, wenn auch widerstrebend von der Unmöglichkeit überzeugt, das Nazi-Regime mit den Alliierten an der Stelle von Hitlers Gangstern einfach fortzusetzen. Sie hatten weder die inneren Unterstützungspunkte innerhalb der Bevölkerung noch die Unterstützung der Massen zu Hause noch die Bereitschaft der britischen und amerikanischen Truppen, die Rolle der SS zu spielen. So mussten sie Organisationen und Rechte für das Proletariat erlauben, um eine Basis zu kriegen, auch wenn diese sehr beschränkt sind.
In Deutschland wird es offensichtlich die Pflicht der Trotzkisten sein, für eine Ausdehnung der demokratischen Rechte, gegen die Teilung und Reparationen, gegen die Besetzung Deutschlands zu kämpfen. Aber nicht mehr als der Kampf gegen Versailles kann solch ein Kampf als ,Umweg durch die demokratische Revolution’ betrachtet werden.
Der Kampf für nationale Befreiung Deutschlands kann seinem ganzen Wesen nach nur ein gegen die deutsche Bourgeoisie gerichteter Kampf sein. Die deutsche herrschende Klasse wird nur zu willig sein, die selbe Lakaienrolle für die Alliierten zu spielen, die die französische Bourgeoisie für den Nazi-Imperialismus spielte. Die deutschen Kapitalisten riefen Hitler an die Macht, sie tragen die Verantwortung für die Katastrophe, die Deutschland erlitten hat. Das sollte die Achse sein, um die sich die Propaganda der deutschen Marxisten drehen wird. Weit davon entfernt, getrennt zu sein, kann der Kampf für deutsche Freiheit nur als ein Kampf für die proletarische Revolution gewonnen werden. Die britischen und amerikanischen Truppen werden nur auf Klassenpropaganda, auf die Idee eines sozialistischen Deutschland und eines sozialistischen Europas als Antwort auf den Alptraum von Krieg und Wirtschaftselend, reagieren.
Die Ideen der ,Drei Thesen’ sind durch und durch falsch, besonders für Deutschland. Sie appellieren an die von den Motten zerfressene und jetzt reaktionäre Tradition von 1813 etc., sie spielen die traditionelle Rolle der deutschen kleinbürgerlichen Intellektuellen, die Marx so bissig geißelte. Wenn diese Ideen überhaupt eine Rolle spielen könnten, könnten sie nur die Grundlage für eine kleinbürgerliche Reaktion sein. Die nationalistische Reaktion wird ziemlich wahrscheinlich auf diese alte Traditionen zurückgreifen, nachdem sie in ihrer Nazi-Version völlig diskreditiert ist. Die Stalino-Sozialdemokratie, die als Agentin der Eroberer wirkt, wird sich in den Augen der Massen diskreditieren. Wenn die Trotzkisten nicht ein klare internationalistische, revolutionäre Alternative aufstellen, wird der Boden dafür bereitet werden, dass das Kleinbürgertum sich um so eine Plattform schart und erneut ein hilfloses Werkzeug in den Händen der Bourgeoisie wird. Egal wie ,unmittelbar bevorstehend’ oder nicht die proletarische Revolution in Deutschland jedoch ist, sie ist das Ziel zu dem die ,demokratischen’ und wirtschaftlichen Forderungen eine Übergangsbrücke bilden und nicht die Brücke zur ,demokratischen’ Revolution. In Deutschland kann es ebenso wie in Europa keine von der proletarischen Revolution getrennte und losgelöste ,demokratische’ Revolution geben.
In Europa stehen wir heute nicht am Beginn des Kampfs für ,Demokratie’ und von ,großen nationalen Befreiungskriegen’ sondern des Kampfs für die proletarische Revolution und von revolutionären Kriegen gegen alle Versuche der kapitalistischen Intervention.
Um diesen Artikel zu beenden, könne wir nichts Besseres machen als ausführlich Trotzki über die Probleme der Revolution gegen den Faschismus in Italien zu zitieren. Er sah im Voraus die reaktionäre Argumente des Typs der IKD-Argumente voraus, obwohl er nicht erwarten konnte, dass sie aus den Reihen der Vierten Internationale hervorgehen würden. Trotzki schrieb:
„Welchen sozialen Charakter wird die Revolution gegen den Faschismus haben? Sie verneinen die Möglichkeit einer bürgerlichen Revolution in Italien. Sie haben vollkommen recht. Die Geschichte kann nicht eine ganze Reihe von Seiten zurückblättern, von denen jede Seite ein Jahrzehnt bedeutet. Das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Italiens versuchte früher, mit der Frage fertigzuwerden mit der Erklärung, dass die Revolution weder bürgerlich noch proletarisch sondern eine „Volks-“ (populaire) (d.h. „demokratische“ – E.G.) Revolution sein werde. Dies ist eine einfache Wiederholung der Antwort, die die russischen Narodniki seit Beginn dieses Jahrhunderts auf die Frage gaben, welchen Charakter die Revolution gegen den Zarismus haben würde. Dies ist dieselbe Antwort, die die Komintern für China und Indien gab und gibt. Es ist eine scheinrevolutionäre Neuauflage der sozialdemokratischen Theorie Otto Bauers und anderer, laut welcher der Staat sich über die Klassen erheben kann, d.h. weder bürgerlich noch proletarisch sein kann. Diese Theorie ist tödlich für das Proletariat und die Revolution. In China verwandelte sie das Proletariat in Kanonenfutter für die bürgerliche Konterrevolution.
Die verschiedenen großen Revolution in der Geschichte sind Volksrevolutionen in dem Sinne, dass sie auf ihrem Weg das ganze Volk einbeziehen. Sowohl die Große Französische Revolution als auch die Oktoberrevolution waren im vollen Sinne des Wortes Volksrevolutionen. Aber die erste war bürgerlich, weil sie das Privateigentum einführte, und die zweite war proletarisch, weil sie es umstürzte. Nur hoffnungslos verspätete kleinbürgerliche Revolutionäre sind noch fähig, jetzt die Perspektive einer nicht bürgerlichen und nicht proletarischen Revolution, sondern „Volks-“ (d.h. kleinbürgerlichen) Revolution zu zeichnen. . …
Wenn wir die eine oder andere demokratische Losung aufstellen, müssen wir unversöhnlich gegen alle Aspekte demokratischer Scharlatanerie kämpfen. Eine solche Art minderwertiger Scharlatanerie ist die Losung der italienischen Sozialdemokratie „Demokratische Republik der Werktätigen“. Eine Republik der Werktätigen kann nur ein Klassenstaat des Proletariats sein. Eine demokratische Republik ist ein getarnter Staat der Bourgeoisie.“ [Antwort an die Genossen der italienischen Opposition, 14. Mai 1930, eigene Übersetzung des russischen Textes in Бюллетень Оппозиции, Bjulleten‘ Opposizii, Bulletin der Opposition, Nr. 15-16, September 1930]
Es ist genau dieser Typ von ,demokratischer Scharlatanerie’, den die Unterstützer der ,Drei Thesen’ propagieren, vor dem Trotzki die wirklichen Marxisten warnte. Wenn die Genossen der IKD auf dem von ihnen skizzierten Weg fortfahren, muss es langfristig zu einem Bruch mit dem Marxismus, mit dem Programm der proletarischen Revolution führen.
1 IKD (Internationale Kommunisten Deutschlands)
2 Band XVI, S. 217 der englischen Ausgabe [Rede über den Volksbetrug mit den Losungen Freiheit und Gleichheit auf dem I. Gesamtrussischen Kongress für außerschulische Bildung, 6.-19. Mai 1919, Lenin Werke Band 29, S. 327-365, hier S, 356]
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