Lynn Walsh: Feature: Preisinflation – die Krankheit des Kapitalismus

[eigene Übersetzung des englischen Textes auf der Website der Socialist Party vom 16. Juli 2008]

Die Preise für Lebensmittel und Brennstoffe steigen sprunghaft an, ebenso die Gas- und Stromrechnungen der Haushalte. Niemand bestreitet, dass die Hauptursache dafür die Explosion der Weltmarktpreise für Öl, Lebensmittel und andere Rohstoffe ist. Die Bezahlung der Arbeiter*innen hinkt hinterher, und der Lebensstandard bricht stark ein. Dennoch fordern Brown, Darling und andere New-Labour-Minister*innen „Lohnzurückhaltung“! Aber warum sollten die Arbeiter*innen für die Inflation zahlen? Lynn Walsh betrachtet die Ursachen und Folgen dieser Krankheit des Freien-Markt-Kapitalismus.

Einem Forschungspapier des britischen Unterhauses zufolge (08/51 Juni 2008) „wird angenommen, dass ein Lohnwachstum von 4,5% mit dem Inflationsziel der Regierung von 2% vereinbar ist“. Doch zumindest in den letzten fünf Jahren sind die Löhne (nach Angaben der Regierung) mit einer niedrigeren Rate gewachsen, die zwischen 3,5% und 4,3% für die Gesamtwirtschaft lag. Im öffentlichen Sektor stiegen die Löhne zwischen 2004 und 2006 um durchschnittlich 4,3% pro Jahr und seither mit einer geringeren Rate zwischen 3% und 3,8%.

Im Mai erhielten über 90% der Arbeiter*innen in Großbritannien Lohnerhöhungen unterhalb der Inflationsrate. Nach Angaben der Industrial Relations Services lag die Gesamtrate der Gehaltserhöhungen im Mai bei 3,2%, während der Einzelhandelspreisindex (RPI) bei 4,3% lag. („Birmingham Post“, 17. Juni 2008)

Wie in anderen europäischen Ländern ist der Anteil der Löhne am Volkseinkommen (BIP) gesunken. Nach Angaben des Europäischen Gewerkschaftsbundes EGB ist der Lohnanteil am BIP in den 27 EU-Ländern zwischen 1995 und 2007 von 59,6% auf 57,1% gesunken. (Workers Want a Bigger Slice of the Pie [Arbeiter wollen ein größeres Stück vom Kuchen], „The Guardian“, 26. März 2008)

Die Arbeiter*innen können also nicht für die jüngste Beschleunigung der Inflation verantwortlich gemacht werden. Im Gegenteil, die Ausbeutung der Arbeiter*innen hat sich generell verschärft. Der Anteil der Profite am Volkseinkommen ist auf ein Rekordhoch gestiegen, während der Anteil der Löhne gesunken ist.

In seinem Schreiben (16. Juni) an den Schatzkanzler Alistair Darling, in dem er die Gründe für den Anstieg der Inflation über das 2%-Ziel hinaus erläuterte, räumte der Gouverneur der Bank von England, Mervyn King, ein, dass „das Lohnwachstum moderat geblieben ist“.

King stellte fest, dass der Preisanstieg überwiegend auf den Anstieg der Energie- und Lebensmittelpreise zurückzuführen ist. „Es gibt keinen verallgemeinerten Anstieg der Preise und Löhne, der durch ein schnelles Wachstum der Geldmenge, die in der Wirtschaft ausgegeben wird, verursacht wird.“

Dennoch ruft King zur Lohnzurückhaltung auf. „Es ist entscheidend, dass die Preise für andere Güter als Rohstoffe, Energie und Importe nicht schneller ansteigen. Das würde passieren, wenn diejenigen, die Entscheidungen über Preise und Löhne treffen, mit einer höheren Inflation in der Zukunft rechnen und dementsprechend handeln würden. Es könnte auch passieren, wenn die Arbeiter auf den Verlust an realer Kaufkraft, der sich aus den höheren Rohstoffpreisen ergibt, reagieren, indem sie deutlichere Lohnerhöhungen fordern.“

Mit anderen Worten: Den Arbeiter*innen, die für den Preisanstieg nicht verantwortlich sind, wird gesagt, dass sie eine Senkung der Reallöhne (inflationsbereinigte Löhne), eine Verringerung ihres Lebensstandards hinnehmen müssen. Warum?

In seiner Rede im Mansion House (18. Juni) vor den Banker*innen und Spekulant*innen der City räumte auch Kanzler Alistair Darling ein, dass „das Lohnwachstum moderat geblieben ist“. Der derzeitige Inflationsdruck, so erklärte er, komme nicht aus der Binnenwirtschaft, wie er es in manchen vergangenen Episoden tat. Die Inflation erklärt sich durch „den dramatischen Anstieg der Preise für Lebensmittel, Kraftstoff, Gas und Strom…“

Also sind selbst nach Darling die Arbeiter*innen klar nicht an der Inflation schuld. Dennoch behauptet New Labours Schatzkanzler, dass „sowohl vom öffentlichen als auch vom privaten Sektor weiterhin Zurückhaltung bei den Löhnen gefordert wird“. Warum wird dies „gefordert“? Von wem?

„Zu inflationären Lohnabschlüssen zurückzukehren würde den Lebensstandard der Menschen eher untergraben als erhöhen, mit einem schädlichen Kreislauf, in dem Lohnerhöhungen durch stetig steigende Preise aufgezehrt würden.“ Deshalb, sagte Darling den Banker*innen und Spekulant*innen der City, „hat die Regierung eine Reihe von mehrjährigen Lohnabschlüssen vereinbart, die jetzt 1,5 Millionen Beschäftigte des öffentlichen Dienstes betreffen“.

Wenn sie damit durchkommen, wird die dreijährige, unter der Inflation liegende Lohnpolitik der Regierung für den öffentlichen Sektor für Millionen von Arbeiter*innen und ihre Familien eine ernsthafte Kürzung des Lebensstandards bedeuten.

Alle Ökonom*innen der Regierung und der Großkonzerne wissen, dass die derzeitige Inflation durch den Anstieg der weltweiten Energie- und Rohstoffpreise verursacht wird, der nun auf die Preise in Großbritannien übergreift. Sie wissen sehr wohl, dass Lohnerhöhungen im Allgemeinen auf Preissteigerungen folgen, da die Arbeiter*innen darum kämpfen, gleichzuziehen.

Aber die Boss*innen fürchten das, was sie als „Zweitrundeneffekt“ bezeichnen, nämlich dass die Arbeiter*innen Lohnerhöhungen fordern werden, um die höheren Lebenshaltungskosten auszugleichen, und dass die Unternehmen dann versuchen werden, die höheren Lohnkosten durch Preiserhöhungen zu decken.

New Labours Ziel ist es, die Profite der Großkonzerne zu schützen und die Last der Inflationsbekämpfung auf die Arbeiter*innenklasse abzuwälzen. Vergangene Erfahrung zeigte jedoch, dass eine solche Lohnpolitik nicht funktioniert. Die Preise ziehen weiter an, die Profite steigen weiter, während die Arbeiter*innen schlechter dran sind.

Lohnzurückhaltung in den 1970er Jahren

Die Labour-Regierung von Harold Wilson und James Callaghan versuchte in den Jahren 1974-79, eine Preis- und Einkommenspolitik zu betreiben. Sie war ein kolossaler Misserfolg. Die Löhne wurden eine Zeit lang gedämpft, vor allem weil die Gewerkschaftsführer*innen mit der Regierung bei der Durchsetzung dieser Politik zusammenarbeiteten. Aber die Bosse fanden Wege, die Beschränkung der Spitzenlöhne zu umgehen. Die Inflation beschleunigte sich weiter und erreichte im Sommer 1975 verheerende 27% (nach dem RPI). Dies lag hauptsächlich an dem enormen Anstieg der Weltölpreise.

Trotz Labours Einkommenspolitik lag die Inflation 1979 immer noch zwischen 10% und 17%. Die tiefe Erosion des Lebensstandards führte zu einer Explosion von betrieblichem Aktivismus mit einer Reihe von Streiks im öffentlichen Dienst. Dies wurde als der „Winter der Unzufriedenheit“ bekannt. Er zerstörte die Glaubwürdigkeit der Callaghan-Regierung, die versucht hatte, die Inflation auf Kosten der arbeitenden Menschen zu kontrollieren.

Trotz Callaghans wirtschaftsfreundlicher Politik wandten sich die Boss*innen gegen Labour, da sie nicht in der Lage sei, „die Gewerkschaften zu kontrollieren“. Bei den Wahlen im Mai 1979 wurde Labour besiegt, und die katastrophale Thatcher-Regierung kam an die Macht.

Heute gibt die Gordon Browns Regierung, die eine Politik des ultrafreien Marktes verfolgt, nicht vor, die Gehälter der Spitzenkräfte einschränken zu wollen oder die Preise kontrollieren zu können. Dennoch werden die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes aufgefordert, Einbußen beim Lebensstandard hinzunehmen.

Anfang dieses Jahres erhielten rund 4.000 Spekulant*innen der City Boni von jeweils über 1 Million Pfund. In jüngster Zeit wurden den Spitzenmanager*innen der BBC, die aus der Rundfunkgebühr finanziert werden, massive Gehaltserhöhungen, Boni und Rentenpakete gewährt. Die leitenden Angestellten erhalten eine 14%ige Gehaltserhöhung, während die durchschnittlichen Mitarbeiter*innen nur 4% bekommen (und 1.800 sind von Entlassung bedroht). Jane Bennett, Direktorin von BBC Vision, erhält eine Gehaltserhöhung von 24%, womit sich ihr Jahresgehalt auf 536.000 £ erhöht. Gleichzeitig wird Jenny Abramsky, die scheidende Direktorin für Audio und Musik, mit einem Pensionspaket von 4 Millionen Pfund verabschiedet, was ihr eine Pension von 190.000 Pfund pro Jahr beschert.

Dennoch sind Brown und Darling entschlossen, sechs Millionen Beschäftigten des öffentlichen Sektors Lohnzurückhaltung aufzuerlegen. „Im New Labours Großbritannien“, kommentiert Dave Prentis, Generalsekretär der Gewerkschaft des öffentlichen Sektors, Unison, „müssen die arbeitenden Armen den Preis für eine im freien Fall befindliche Wirtschaft zahlen, während die Reichen reicher werden. … Sechs Millionen Arbeiter*innen müssen vier Jahre lang eine drakonische Lohnpolitik ertragen, die nur für sie gilt.“

Dave Prentis warnt Brown, dass die Botschaft der jüngsten Unison-Konferenz lautete: „Nehmt unsere Unterstützung nicht als selbstverständlich hin“. In Wirklichkeit gab es eine starke Forderung, dass Unison die Verbindung mit Labour lösen soll.

Trotz der konzernfreundlichen und arbeiter*innenfeindlichen Bilanz New Labours appelliert Prentis weiter an Brown und Co, sich wieder den arbeitenden Menschen und der sozialen Gerechtigkeit zuzuwenden. Doch für diese Art von Appell ist es schon viel zu spät.

Unter der Führung von Kinnock, Blair und Brown ist New Labour durch und durch zu einer Partei der Großkonzerne geworden, die sich der Politik des ultra-freien Marktes verschrieben hat, einschließlich der umfassenden Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen. Es ist an der Zeit, dass Gewerkschaften wie Unison die Verbindung zu Labour lösen und sich der Aufgabe stellen, eine neue Massenpartei der Arbeiter*innenklasse aufzubauen.

Politiken

Abgesehen von seinem allgemeinen Appell an die Labour Party, sich wieder den öffentlichen Diensten zuzuwenden, stellt Prentis nur zwei klare Forderungen: eine Sondersteuer für BP und Shell (die im letzten Quartal 7,2 Milliarden Pfund Gewinn gemacht haben) und Maßnahmen, um die steuerhinterziehenden Immobilienportfolios der Superreichen anzugehen. Dies wären willkommene Maßnahmen, aber sie würden die dringenden Probleme nicht ansatzweise lösen, vor denen die Arbeiter*innenklasse steht.

Wir brauchen eine Politik, die die Arbeiter*innenklasse vor den Auswirkungen einer Krise des anarchischen, Freien-Markt-Kapitalismus schützt. Die Arbeiter*innen sind nicht für die Inflation verantwortlich (wie selbst Brown und Co. zugeben). Die Arbeiter*innen sind nicht verantwortlich für die Kreditklemme, die Rache für rücksichtslose Finanzspekulationen, die jetzt das Wirtschaftswachstum abwürgt. Ebenso wenig sind die Arbeiter*innen für das Platzen der Immobilienblase verantwortlich, die mit Finanzspekulationen zusammenhing.

Wir können nicht akzeptieren, dass die Last der Krise auf die Arbeiter*innenklasse abgewälzt wird.

– Als erster Schritt zur Bekämpfung der Inflation vom Standpunkt der Arbeiter*innenklasse aus die Einsetzung von Volksausschüssen unter Einbeziehung von Gewerkschaften und Verbraucher*innengruppen, die die Preise überwachen und die realen Lebenshaltungskostensteigerungen für die arbeitenden Menschen messen.

– Öffnung der Bücher der Unternehmen, insbesondere der großen Unternehmen, die die Wirtschaft dominieren, um ihre tatsächlichen Kosten, Profite, Vorstandsgehälter und Boni usw. zu ermitteln.

– Einführung einer gleitenden Lohnskala, um den Arbeiter*innen einen automatischen Ausgleich für die gestiegenen Lebenshaltungskosten zu bieten. Sofortige Anhebung des Mindestlohns auf 8 Pfund pro Stunde, mit regelmäßigen Erhöhungen, um Preissteigerungen auszugleichen. Erhebliche Erhöhung der Renten und anderer Leistungen, um die Inflation auszugleichen.

– Sofortige Einführung einer „Spekulationssteuer“ für die Öl- und Gasunternehmen, die aus den jüngsten Preissteigerungen riesige Profite erzielt haben. Dies sollte ein erster Schritt zur Verstaatlichung der Vermögenswerte der großen Öl- und Gasunternehmen sein, die als öffentliche Unternehmen unter Arbeiter*innenkontrolle und -verwaltung geführt werden sollten, um die Bedürfnisse der Mehrheit der Gesellschaft zu erfüllen.

– Wiederverstaatlichung der Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgungsunternehmen, die unter demokratischer Arbeiter*innenkontrolle und -verwaltung geführt werden und den Bedürfnissen der Gesellschaft dienen.

– Verstaatlichung der Banken und Finanzinstitute, um billige Kredite für die geplante Entwicklung der Industrie und des Dienstleistungssektors sowie billige Kredite für den Wohnungsbau und kleine Unternehmen bereitzustellen.

– Verstaatlichung sollte mit einer Minimalentschädigung auf der Grundlage von erwiesener Bedürftigkeit der Aktionär*innen erfolgen.

Diese Maßnahmen, zusammen mit der internationalen Zusammenarbeit mit den Arbeiter*innen in anderen Ländern, wären Schritte in Richtung einer demokratischen sozialistischen Planung der Wirtschaft, der einzigen Antwort auf das vom Profit beherrschte Chaos des Kapitalismus.

Die realen Lebenshaltungskosten

Warum gibt es eine Beschleunigung der Inflation in Großbritannien? Der Hauptgrund ist zweifellos der Anstieg der weltweiten Ölpreise, die sich im letzten Jahr verdoppelt haben und jetzt zwischen 140 und 150 Dollar pro Barrel schwanken. Dies hat sich zu den Preise an den Zapfsäulen durchgefressen: Unverbleites Benzin kostet etwa 1,20 Pfund pro Liter, Diesel 1,30 Pfund.

Der Anstieg der Ölpreise in den letzten zwei oder drei Jahren spiegelte die wachsende Nachfrage aus schnell wachsenden Volkswirtschaften wie China, Indien und – bis zu ihrer jüngsten Verlangsamung – den Vereinigten Staaten wider.

Die Nachfrage stieß an die Grenzen der bestehenden Kapazitäten bei der Ölförderung, dem Transport und der Raffinierung. Dies spiegelte den Mangel an Investitionen in neue Produktionsanlagen wider.

Als der Ölpreis in den 1990er Jahren bei nur 10 Dollar pro Barrel lag, waren die fünf großen Ölgesellschaften, die den weltweiten Vertrieb beherrschen, nicht daran interessiert, in weitere Raffinerien, Tankerflotten oder erneuerbare Energiequellen zu investieren.

Hinter dem jüngsten phänomenalen Anstieg der Ölpreise steht jedoch eine Orgie der Spekulation an den Ölterminmärkten. Seit der Subprime-Hypothekenkrise und der Kreditklemme konnten superreiche Spekulant*innen mit dem Handel mit Aktien oder Hypothekenkrediten keine so großen Profite mehr erzielen. Also haben sie sich dem Öl, den Mineralien, den Lebensmitteln und anderen Rohstoffen zugewandt.

Alle sind in ihrem täglichen Leben auf diese lebenswichtigen Rohstoffe angewiesen. Aber die Spekulant*innen, die an den Rohstoffbörsen spekulieren, haben sie in Finanzwerte verwandelt, was ihre Preise in die Höhe treibt und die weltweite Inflation anheizt.

Auch die Erdgaspreise, die nach der Politik der Europäischen Union (EU) an die Ölpreise gekoppelt sind, sind im letzten Jahr um 160% gestiegen. Zusammengenommen haben die Öl- und Gaspreiserhöhungen zu einem Anstieg der Gas- und Stromrechnungen der Haushalte um (mindestens) 10% beigetragen. Gleichzeitig machen die fünf großen globalen Unternehmen, die die privatisierten Versorgungsunternehmen beherrschen, enorme Profite. Auch die Wassergebühren sind – unabhängig von den Ölpreisen – scharf angestiegen.

Biokraftstoffe

Die Weltmarktpreise für Nahrungsmittel sind im letzten Jahr um 60% in die Höhe geschossen. Auch hier sind die gestiegenen Ölkosten ein wichtiger Faktor, da sie sich auf die Kosten für landwirtschaftliche Betriebsmittel wie Düngemittel und Transport auswirken, die einen großen Teil der Lebensmittelpreise in den Geschäften ausmachen. Offiziell sind die Lebensmittelpreise im Einzelhandel um 8% gestiegen, aber die tatsächliche Zahl ist viel höher.

Der rasche Anstieg der Biokraftstoffe in jüngster Zeit hatte auch eine starke Wirkung auf die Lebensmittelpreise. Dies ist eine Nebenwirkung des teureren Öls. Mit der Behauptung, Biokraftstoffe seien eine umweltfreundliche Alternative zu fossilen Brennstoffen (Öl, Gas, Kohle usw.), haben die Großkonzerne landwirtschaftliche Ressourcen für die Kraftstoffproduktion abgezweigt. Dies hat zu einem Mangel an Nahrungsmitteln geführt, insbesondere von Getreide (Weizen, Mais usw.) und pflanzlichen Speiseölen.

Auf dem jüngsten G8-Gipfel haben die führenden kapitalistischen Politiker*innen nun zugegeben, dass diese kurzsichtige Politik zu Nahrungsmittelknappheit und Preissteigerungen geführt hat. Tragischerweise treffen die schlimmsten Auswirkungen einige der ärmsten Menschen der Welt, die bereits an Unterernährung leiden, wenn nicht gar verhungern.

Ein weiterer Faktor, der die Preise in Großbritannien in die Höhe treibt, ist die Abwertung des Pfunds in den letzten Monaten. Zwar konnte es seinen Wert gegenüber dem ebenfalls fallenden US-Dollar halten, aber gegenüber anderen wichtigen Währungen (insbesondere dem Euro) hat das Pfund seit seinem Höchststand im Juli letzten Jahres 12% an Wert verloren.

Seit die Kreditklemme zuzubeißen begonnen hat, haben überseeische Investor*innen und Spekulant*innen begonnen, das Vertrauen in die schwächelnde britische Wirtschaft zu verlieren. Ein schwächeres Pfund bedeutet, dass die Preise für viele importierte Waren in Pfund höher sind. Dies betrifft insbesondere Lebensmittelimporte aus den Ländern der Eurozone.

Zahlen und Fiktion

Nach dem Verbraucherpreisindex (VPI) der Regierung, der offiziellen Messgröße für die Inflation, stiegen die Preise im Jahr bis Juni um 3,8% (gegenüber 2,1% im Dezember 2007). Der größte Teil dieses Anstiegs wurde durch die Preise für Lebensmittel, Kraftstoffe und Gas verursacht. Gleichzeitig stieg der Einzelhandelspreisindex, der ein breiteres Spektrum von Preisen, einschließlich der Wohnkosten, misst, im Juni auf 4,6% (gegenüber 4% im Dezember letzten Jahres).

Der rasante Anstieg der Lebensmittel- und Kraftstoffpreise wird vor allem Rentner*innen und Geringverdienende treffen. Jüngste Zahlen zeigen, dass die Zahl der in Armut lebenden Rentner*innen im Zeitraum 2006-07 um 300.000 auf 2,5 Millionen gestiegen ist.

Die Zahl ist sogar noch höher, wenn die Wohnkosten mit einbezogen werden. Gleichzeitig stieg die Zahl der Kinder, die unterhalb der Armutsgrenze leben, um 100.000 auf beschämende 2,9 Millionen.

Für die meisten Menschen sind die Inflationszahlen der Regierung ein schlechter Witz, ein Fantasieland im Vergleich zur Realität der aktuellen Lebenshaltungskosten. Ein Grund dafür ist, dass die Warenkörbe, auf denen der Verbraucherpreisindex und der Einzelhandelspreisindex beruhen, nicht wirklich repräsentativ für die durchschnittlichen Ausgaben sind, insbesondere für die unteren Einkommensgruppen.

Zunächst einmal enthält der Verbraucherpreisindex (anders als der Einzelhandelspreisindex) keine Hypothekenzinsen, Mieten, Gemeindesteuern oder die BBC-Fernsehgebühr.

Reale Preise

Eine weitere Verzerrung besteht darin, dass der Verbraucherpreisindex einige Waren (wie Plasmafernseher, Elektrogeräte usw.) enthält, deren Preise zwar gesunken sind, die aber immer mehr zu Luxusgütern werden. Bei Geringverdiener*innen, Rentner*innen und anderen Sozialleistungsempfänger*innen nehmen die Kosten für Lebensmittel, Wohnung, Gas und Strom sowie Verkehr einen immer größeren Teil ihres Einkommens in Anspruch.

Zwei Zeitungen, der „Daily Mirror“ und die „Mail“, haben kürzlich ihre eigenen Preiserhebungen veröffentlicht. Beide kamen in etwa zu den gleichen Zahlen. Der „Mirror“ berichtet, dass die Gesamtinflation im Jahr bis Mai 15,6% beträgt, mehr als das Fünffache der offiziellen Rate. Lebensmittelpreise steigen um 15% und Kraftstoffpreise um 22%. Der Lebenshaltungskostenindex der „Mail“ zeigt, dass Familien jährlich 1.200 Pfund mehr aufbringen müssen, nur um finanziell auf der Stelle zu treten.

Im Vergleich zu 2003/04 sind die monatlichen Haushaltsfestkosten um 45% gestiegen. Die Benzinkosten sind um 29,4% höher, während die durchschnittlichen Energierechnungen um 110% gestiegen sind. Die durchschnittliche Gemeindesteuer ist um 25% gestiegen.

Die große Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst and Young hat herausgefunden, dass einer typischen Familie nach der Bezahlung des Lebensnotwendigen weniger als 20% ihres Bruttoeinkommens verbleiben, verglichen mit 28% im Jahr 2003/04. Sie warnen, dass angesichts möglicher Zinserhöhungen und noch höherer Kraftstoffkosten „das Schlimmste noch bevorstehen könnte“.

Das Zusammendrücken der Verbrauchsausgaben, die bereits von Marks and Spencer (mit einem Umsatzrückgang von 5,5% im Vereinigten Königreich in den letzten drei Monaten) und anderen Geschäften signalisiert wurde, wird die britische Wirtschaft näher an eine ernsthafte Rezession heranführen.

Einmal mehr droht eine „Stagflation“: langsames oder sogar negatives Wachstum in Verbindung mit einer höheren Inflation. Weder Gordon Brown noch die Großkonzerne haben darauf eine Antwort.

Höhere Zinssätze, traditionell die Haupt-Regierungswaffe gegen die Inflation, würden die Weltmarktpreise für Öl und Lebensmittel nicht sofort eindämmen. (Mit der Zeit werden diese Preise ohnehin sinken, wenn die Weltwirtschaft in eine Rezession versinkt).

Aber wenn es bereits eine ernsthafte Kreditklemme gibt, würden höhere Zinssätze die Verbraucherausgaben und Unternehmensinvestitionen einschränken, die Immobilienkrise verschärfen und die Rezession verschlimmern.


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