Clara Zetkin u.a.: Einladung zum Abonnement

[„Die Gleichheit. Zeitschrift für die Interessen der Arbeiterinnen”, 25. Jahrgang, Nr. 26, 17. September 1915, S. 173]

Der Weltkrieg mit seinen Begleiterscheinungen weist gebieterisch die Frauen des werktätigen Volkes auf ihre Pflicht hin, sich zahlreicher als bisher um das Banner des Sozialismus zu scharen, und von einer klaren, festen sozialistischen Weltanschauung beseelt an der gesellschaftlichen Entwicklung tätig mitzuwirken Denn kein Zweifel: die blutige Auseinandersetzung zwischen den Staaten wird tiefe, lang nachhaltende Spuren in dem wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Leben der Völker hinterlassen, und gerade den breiten Massen werden in der Folge die verantwortungsreichsten weittragenden Aufgaben zufallen.

An der Lösung dieser Aufgaben zielklar und opferfreudig mitzuarbeiten wird auch die Pflicht der Frauen sein. In allen Ländern hat der Krieg helles Licht darauf geworfen, wie wertvoll, wie unentbehrlich die Mitarbeit der Frauen auf wirtschaftlichem Gebiet, wie im öffentlichen Leben ist, wie bedeutungsvoll ihr häusliches Walten. In reichem Maße und mit größter Selbstlosigkeit erfüllen die Frauen in dieser schweren Zeit Bürgerpflichten. In der Zukunft hat das nicht nur noch mehr zu geschehen, sondern dem Eifer, der Hingabe muss auch die Einsicht in das gesellschaftliche Getriebe und Geschehen ebenbürtig sein, und die Zielklarheit des Wollens und Handelns, die daraus erwächst. Eine der vornehmsten Sorgen der Frauen selbst muss dabei sein, ohne Wanken und Schwanken es durchzusetzen, dass sie ihre Bürgerpflichten auf Grund gleichen und vollen Bürgerrechts für alle erfüllen können.

Angesichts der Lage und ihrer Aufgaben gewinnt die Sammlung und Durchbildung der proletarischen Frauen erhöhte Wichtigkeit. Das Werk dieser Sammlung und Durchbildung muss aber von der sozialistischenWeltanschauung beherrscht werden, und zwar von einer sozialistischen Weltanschauung, die sich nicht wie ein schwaches Rohr unter die Ereignisse und Stimmungen des Tages beugt, vielmehr selbst die festen Maßstäbe zur Beurteilung der Ereignisse und Stimmungen gibt. Im Dienst einer solchen geschlossenen, einheitlichen Weltanschauung will die „Gleichheit“ auch in ihrem 26. Jahrgang wirken. Denn weit davon entfernt, eine Abschwächung und Abstumpfung der sozialistischen Auffassung gesellschaftlicher Dinge zu lehren, predigt der Krieg mit gewaltiger Stimme die Notwendigkeit der klarsten Herausarbeitung, der größten Vertiefung der sozialistischen Auffassung, als der unerschütterlichen Grundlage für die künftige Einheit des Erkennens, Wollens und Handelns.

Ihrer grundsätzlichen Anschauung getreu wird die „Gleichheit“ entschieden die Interessen der Proletarierinnen auf durchgreifende Reformen in der bürgerlichen Ordnung vertreten, wird sie jedoch auch jederzeit für die Ablösung dieser Ordnung durch den Sozialismus kämpfen. Als Organ der deutschen Genossinnen will sie die Beraterin der proletarischen Frauen für ihre Beteiligung am Befreiungswerk ihrer Klasse bleiben. Sie wird weiter wie ein Vierteljahrhundert lang mit aller Energie und Schärfe fechten für die volle soziale Befreiungdes gesamten weiblichen Geschlechts, wie sieeinzig und allein in einer sozialistischenGesellschaft möglich ist. Denn nur in einer solchen verschwindet mit den jetzt herrschenden Eigentums- und Wirtschaftsverhältnissen der Gegensatz zwischen Besitzenden und Nichtbesitzenden, der soziale Gegensatz zwischen Mann und Frau, zwischen Kopfarbeit und Handarbeit, verschwindet damit auch der Konflikt zwischen Berufstätigkeit und Mutterschaft in seiner rohen, brutalen Form und mit seinen furchtbaren Folgen. Die Aufhebung der Gegensätze kann jedoch nur das Werk der ringenden Arbeiterklasse sein. Will die Frau des schaffenden Volkes frei werden, so muss sie sich der allgemeinen sozialistischen Arbeiterbewegung anschließen. Diese Verpflichtung den Proletarierinnen zum Bewusstsein zu bringen, die Proletarierinnen für das große Befreiungsringen zu rüsten, das soll wie bisher so auch in Zukunft das Hauptbestreben der „Gleichheit“ bleiben.

Daneben will jedoch die „Gleichheit“ noch weitere Aufgaben erfüllen. Jede Nummer hat zwei Beilagen, von denen die eine der besseren Ausrüstung der proletarischen Frau für die Pflichten als Mutter und Hausfrau wie einer guten bildenden Unterhaltungslektüre gewidmet ist, von denen die andere Kinderlektüre bringt, die in dem heranwachsenden proletarischen Geschlecht sozialistisches Fühlen und Denken fördern soll. Wir hoffen, dass das Blatt sich in seinem 26. Jahrgang die alten Sympathien erhält und neue Freunde erwirbt.

Der Preis der „Gleichheit“ beträgt vierteljährlich ohne Bestellgeld 56 Pfennig.

Probe- und Agitationsnummern werden jederzeit gratis abgegeben. Eine recht weite Verbreitung der „Gleichheit“ hoffen

Die Redaktion und der Verlag.


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